Heeresgruppe Mitte

 

1. Lebenslauf:

Die Heeresgruppe Mitte wurde am 22. Juni 1941 zu Beginn des Russlandfeldzuges aufgestellt. Das Heeresgruppenkommando entstand durch die Umbenennung der Heeresgruppe B. Zu Beginn des Rußlandfeldzuges war die Heeresgruppe Mitte die stärkste der drei deutschen Heeresgruppen in Rußland. Sie umfasste 49 Divisionen mit etwa 930 Panzern. Auftrag der Heeresgruppe war es, die zentralen russischen Stellungen zu durchbrechen und weit nach Osten in Richtung Moskau vorzustoßen. Das Nahziel der Heeresgruppe war Smolensk. Bei Beginn des Rußlandfeldzuges am 22. Juni 1941 trat die Heeresgruppe Mitte mit zwei Panzergruppen und mit zwei, später drei Armeen nördlich der Pripjetsümpfe zum Angriff an. Es gelang ihr, die russischen Grenzstellungen schnell zu durchstoßen und nach Osten vorzudringen. Nach der Kesselschlacht bei Bialystok und Minsk wurde die Heeresgruppe geteilt. Die Panzergruppe 2 stieß auf den Dnjepr vor, während die Panzergruppe 3 gegen Witebsk angesetzt wurde. Für den 10./11. Juli 1941 plante die Heeresgruppe Mitte die Dnepr-Überquerung an drei Stellen. Generalfeldmarschall Günther von Kluge erhielt neben seiner 4. Armee auch den Oberbefehl über die Panzergruppen 3 und 4; alle Reserven wurden zu einer 2. Armee unter Generaloberst von Weichs zusammengefasst. Am 10. Juli 1941 wurde der Dnjepr in der Nähe von Orscha mit Panzerkräften überquert, während die Vorhut der 2. Armee noch 120 Kilometer westlich an der weißrussischen Bjaresina stand. Im Raum Roslawl und bei Mogilew kam es zu schweren Kämpfen mit neu aufgestellten russischen Divisionen. Smolensk, das erste Nahziel der Heeresgruppe, wurde am 16. Juli 1941 eingenommen. Am gleichen Tag wurde auch Jelnja genommen, wo sich der deutsche Vormarsch gegen starken russischen Widerstand fest lief. Zwischen Roslawl und Gomel konnte die Panzergruppe 2 zwischen dem 1. und 5. August 1941 noch starke russische Verbände aufreiben.
Zwischenzeitlich hatte Hitler den Schwerpunkt des deutschen Vormarsches verändert. Die Heeresgruppe Mitte musste Verbände an die Heeresgruppe Nord zum Angriff auf Leningrad und an die Heeresgruppe Süd zum Angriff auf die Ukraine abgeben. Erst am 2. Oktober 1941 nahm die Heeresgruppe Mitte ihre Offensive gegen Moskau wieder auf. Für die "Operation Taifun" wurde sie auf 47 Infanterie-Divisionen, eine Kavallerie-Division, 14 Panzer-Divisionen, neun motorisierte Divisionen, sechs Sicherheits-Divisionen und eine SS-Kavallerie-Brigade verstärkt. Die Offensive führte zu den erfolgreichen Kesselschlachten von Wjasma und Brjansk und brachte die deutschen Verbände bis auf 40 km an Moskau heran. Am 5. / 6. Dezember 1941 wurde der deutsche Vormarsch durch die russische Winteroffensive gestoppt und auf die Linie Newel - Rshew - Wjasma zurückgeworfen.
Nachdem die sowjetische Gegenoffensive Anfang 1942 zum Stehen gekommen war, bekam die Heeresgruppe Mitte im Jahr 1942 eine eher passive Rolle zugewiesen. Die deutsche Sommeroffensive 1942 wurde von der Heeresgruppe Süd in Richtung Stalingrad und den Kaukasus geführt, während die Heeresgruppe Mitte lediglich die Flanke der Heeresgruppe Süd deckte. Im Jahr 1943 verlagerte sich der deutsche Schwerpunkt wieder in den Bereich der Heeresgruppe Mitte. Der deutsche Operationsschwerpunkt sah die Bereinigung des Frontvorsprungs bei Kursk vor, um so der Roten Armee die Kraft für eine eigene Offensive zu nehmen. Nach dem Scheitern der Offensive wich die Heeresgruppe in schweren Rückzugskämpfen bis Ende des Jahres 1943 auf die alte russische Westgrenze des Jahres 1939 zurück. Es gelang der Heeresgruppe, das Gebiet Weißrusslands bis zum späten Frühjahr 1944 im Großen und Ganzen zu halten. Dadurch war die Heeresgruppe im Frühsommer 1944 allerdings der am weitesten ostwärts eingesetzte deutsche Großverband und befand sich in einer gefährlich exponierten Lage. Für die Befehlshaber der Heeresgruppe Mitte war klar, dass auch das Gebiet Weißrusslands auf Dauer nicht verteidigt werden konnte. Von den Stäben der Heeresgruppe wurden daher Pläne ausgearbeitet, die einen schrittweisen Rückzug auf eine Frontlinie beinhalteten, die den ungefähr 1000 Kilometer langen weißrussischen Frontvorsprung stark verkürzte. Dadurch sollte eine stärkere Besetzung der so verkürzten Hauptkampflinie (HKL) ermöglicht, Reserven gewonnen und bessere Abwehrmöglichkeiten feindlicher Offensiven geschaffen werden. Die Durchführung dieser Maßnahme wurde durch den Heeresgruppenbefehlshaber Generalfeldmarschall Ernst Busch bei den miteinander konkurrierenden Führungsstellen Oberkommando des Heeres (OKH) und Oberkommando der Wehrmacht (OKW) beantragt. Diese Pläne stießen jedoch auf den Widerstand Hitlers, der seit dem Dezember 1941 persönlich die Leitung des OKH übernommen hatte. Hitler war aus politischen und ideologischen Gründen nicht bereit, Rückzüge in größerem Umfang zuzulassen. Er hatte zwar erkannt, dass die Rote Armee viel stärker geworden war als zu Beginn des Krieges; mit dem von ihm selbst entwickelten Konzept der als Wellenbrecher gedachten „festen Plätze“ meinte er jedoch irrigerweise, die verbliebenen sowjetischen Gebiete starr halten und den Kräftevorteil der Roten Armee wieder zu seinen Gunsten wenden zu können. Im Bereich der Heeresgruppe Mitte waren die Städte Witebsk, Orscha, Minsk, Mogilew und Bobruisk von Hitler am 8. März 1944 als „feste Plätze“ definiert worden. Sie sollten nach seinen Vorstellungen zu einem späteren Zeitpunkt als Ausgangspunkt für eine erneute deutsche Offensive in Richtung Osten dienen. Am 22. Juni 1944 begann die russische Sommeroffensive gegen die Heeresgruppe Mitte, welche diese fast vernichtete. Die von Hitler eingerichteten "festen Plätze" konnten den russischen Vormarsch nicht aufhalten und wurden zu Fallen für die eingesetzten Verbände. Die Heeresgruppe Mitte wurde bis zu 600 km weiter zurückgeworfen. Von 38 eigenen Divisionen waren 28 zerschlagen worden. Die Heeresgruppe hatte 350.000 Mann Verluste zu beklagen, davon 158.000 Mann, die in Gefangenschaft geraten waren. Die deutschen Verbände erreichten zum Spätsommer 1944 die Grenze Ostpreußens. Die Heeresgruppe Nord wurde von der Heeresgruppe Mitte getrennt. Während der schweren Abwehrkämpfe in Ostpreußen wurde die Heeresgruppe am 25. Januar 1945 in Heeresgruppe Nord umbenannt.

Mit Befehl vom 19. Januar 1945 wurde die Heeresgruppe A zum 25. Januar 1945 in Heeresgruppe Mitte umbenannt und die Heeresgruppe Mitte somit ne aufgestellt:
OKH/GenStdH/Op.Abt/Org.Abt. Nr. II/80094/45 g.Kdos. v. 19.1.1945
An
Ob.Kdo. H.Gr. Nord
Ob.Kdo. H.Gr. Mitte
Ob.Kdo. H.Gr. A
Ob.Kdo. H.Gr. Süd
1.) Es werden umbenannt:
a) Ob.Kdo. H.Gr. Nord in "Ob.Kdo. H.Gr. Kurland"
b) Ob.Kdo. H.Gr. Mitte in "Ob.Kdo. H.Gr. Nord"
c) Ob.Kdo. H.Gr. A in "Ob.Kdo. H.Gr. Mitte".
2.) Die Umbenennung tritt mit dem 25.1.1945 00 Uhr in Kraft.

gez. Wenck
Gen.Lt. u. Chef d. Führungsgruppe
Bei den Schlusskämpfen unterstanden der Heeresgruppe die 4. Panzerarmee im Raum Dresden – Görlitz, die 17. Armee an der südschlesischen Oderlinie und die nach Süden anschließende 1. Panzerarmee an den Höhenstellungen entlang Neisse – Jägerndorf – Ratibor – Mährisch Ostrau. In einem Kessel nordöstlich Prag eingeschlossen, ging die gesamte Heeresgruppe bei Kriegsende in sowjetische Kriegsgefangenschaft, nachdem sich ihr Oberbefehlshabers Ferdinand Schörner in seinem Flugzeug abgesetzt hatte.

 

2. Oberbefehlshaber:

Generalfeldmarschall Fedor von Bock Aufstellung - 19. Dezember 1941

Generalfeldmarschall Günther von Kluge 19. Dezember 1941 - 12. Oktober 1943

Generalfeldmarschall Ernst Busch 12. Oktober 1943 - 27. Juni 1944

Generalfeldmarschall Walter Model 28. Juni 1944 - 16. August 1944

Generaloberst Georg-Hans Reinhardt 16. August 1944 -

nach Wiederaufstellung 1945:

Generalfeldmarschall Ferdinand Schörner 17. Januar 1945 - Kapitulation

 

Chef des Generalstabes:

Generalmajor Hans von Greiffenberg Aufstellung - 1. April 1942

Generalleutnant Otto Wöhler 1. April 1942 - 1. März 1943

General der Infanterie Hans Krebs 1. März 1943 - 1. September 1944

Generalleutnant Otto Heidkämper 1. September 1944 - Umbenennung

nach Wiederaufstellung 1945:

Generalleutnant Wolfdietrich Ritter von Xylander Aufstellung - 15. Februar 1945

Generalleutnant Oldwig von Natzmer 17. Februar 1945 - Kapitulation

 

1. Generalstabsoffizier (Ia):

Oberst i.G. Henning von Treskow Aufstellung - 25. Juli 1943

Oberst i.G. Peter von der Groeben 25. Juli 1943 - November 1944

Oberst Albert Schindler November 1944 - Umbenennung

nach Wiederaufstellung 1945:

Oberst i.G. Georg Freiherr von Weitershausen Aufstellung - 20. April 1945

Oberst Albert Schindler 21. April 1945 - Kapitulation

 

3. Gliederung:

a) Heeresgruppentruppen:

Heeresgruppen-Nachrichten-Regiment 537

nach Wiederaufstellung 1945:

Heeresgruppen-Nachrichten-Regiment 558

 

b) unterstellte Großverbände:

Datum Verbände
Juni 1941 9. Armee, 4. Armee
Juli 1941 Panzergruppe 3, 9. Armee, 4. Armee, Panzergruppe 2, z. Vfg. 2. Armee
August 1941 Panzergruppe 3, 9. Armee, 2. Armee, Panzergruppe Guderian
September 1941 Panzergruppe 3, 9. Armee, 4. Armee, Panzergruppe 2, 2. Armee
Oktober 1941 9. Armee, 4. Armee, 2. Panzerarmee, 2. Armee
November 1941 9. Armee, Panzergruppe 3, 4. Armee, 2. Panzerarmee, 2. Armee
Dezember 1941 9. Armee, Panzergruppe 3, 4. Armee, 2. Panzerarmee, 2. Armee
Januar 1942 9. Armee, 3. Panzerarmee, 4. Panzerarmee, 4. Armee, 2. Panzerarmee, 2. Armee
Februar 1942 3. Panzerarmee, 9. Armee, 4. Panzerarmee, 4. Armee, 2. Panzerarmee
Mai 1942 9. Armee, 3. Panzerarmee, 4. Armee, 2. Panzerarmee
Januar 1943 LIX. AK, 9. Armee, 3. Panzerarmee, 4. Armee, 2. Panzerarmee
Februar 1943 3. Panzerarmee, 9. Armee, 4. Armee, 2. Panzerarmee
März 1943 3. Panzerarmee, 9. Armee, 4. Armee, 2. Panzerarmee, 2. Armee
April 1943 3. Panzerarmee, 4. Armee, 2. Panzerarmee, 2. Armee, z.Vfg. 9. Armee
Juli 1943 3. Panzerarmee, 4. Armee, 2. Panzerarmee, 9. Armee, 2. Armee
September 1943 3. Panzerarmee, 4. Armee, 9. Armee, 2. Armee
November 1943 3. Panzerarmee, 4. Armee, 9. Armee, 2. Armee, Wehrmachtsbefehlshaber Ostland
Januar 1944 3. Panzerarmee, 4. Armee, 9. Armee, 2. Armee
Juli 1944 3. Panzerarmee, 4. Armee, 2. Armee, z.Vfg. 9. Armee
August 1944 3. Panzerarmee, 4. Armee, 2. Armee, IV. SS-Panzerkorps
Januar 1945 3. Panzerarmee, 4. Armee, 2. Armee
nach Wiederaufstellung 1945:  
Februar 1945 4. Panzerarmee, 17. Armee, 1. Panzerarmee
Mai 1945 7. Armee, 4. Panzerarmee, 17. Armee, 1. Panzerarmee

 

4. Ersatz:

Für die Ersatzgestellung des ersten Stabes war das Infanterie-Ersatz-Bataillon 67, später Grenadier-Ersatz-Bataillon 67, zuständig. Bei der Wiederaufstellung im Jahr 1945 übernahm dann das Grenadier-Ersatz-Bataillon 192 diese Aufgabe.

 

5. Literatur und Quellen:

Georg Tessin: Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939–1945. Band 14. Die Landstreitkräfte. Namensverbände. Die Luftstreitkräfte. Fliegende Verbände. Flakeinsatz im Reich 1943–1945. Biblio-Verlag, Bissendorf 1980

Werner Haupt: Heeresgruppe Mitte 1941–1945. Podzun-Pallas, Bad Nauheim 1966.

Werner Haupt: Bildchronik der Heeresgruppe Mitte. Podzun-Pallas, Dorheim 1978

Rolf Hinze: Der Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte im Osten 1944. 4. Auflage. Motorbuch, 1994

Franz Kurowski: Die Heeresgruppe Mitte. 28 deutsche Divisionen im Feuerhagel der sowjetischen Sommeroffensive 1944. Witebsk-Bobruisk-Minsk. Podzun-Pallas, Wölfersheim 2001