Stahr, Karl Wolfgang

 

* 2. Mai 1889, Freiberg in Sachsen

† 22. Mai 1948, Offenburg in Baden

 

 

Wolfgang Stahr war der Sohn des Drogisten Robert Stahr und dessen Ehefrau Rosa, geborene May. Er trat nach seinem Abitur am Freiberger Gymnasium Albertinum am 1. April 1911 als Fahnenjunker in die Königlich Sächsische Armee ein. Dabei kam er zum 11. Königlich Sächsisches Infanterie-Regiment Nr. 139 nach Döbeln. Bei diesem wurde er am 6. Mai 1911 vereidigt. Am 1. September 1911 wurde er zum Fahnenjunker-Unteroffizier befördert. Vom 7. Oktober 1911 bis zum 29. Juni 1912 wurde er zur Kriegsschule kommandiert. Dabei wurde er als Angehöriger der 12. Kompanie am 5. November 1911 zum Fähnrich befördert. Nach dem Besuch der Kriegsschule wurde er am 9. August 1912 zum Leutnant befördert. Sein Patent wurde dabei auf den 25. August 1910 (B2b) datiert. Danach wurde er jetzt als Kompanieoffizier in der 9. Kompanie seines Regiments in Döbeln eingesetzt. Vom 1. Juni 1913 bis zum 28. Juni 1913 wurde er zur Ausbildung im Pionier-Dienst zum 2. Pionier-Bataillon Nr. 22 nach Riesa kommandiert. Vom 11. Oktober 1913 bis zum 31. Oktober 1913 wurde er zum Übungskurs der Infanterie-Schießschule auf den Truppenübungsplatz Altengrabow kommandiert. Etwa zu dieser Zeit wurde er als Kompanieoffizier wieder in die 12. Kompanie vom 11. Königlich Sächsisches Infanterie-Regiment Nr. 139 versetzt. Bei Beginn des 1. Weltkrieges Anfang August 1914 kam er dann am 7. August 1914 mit seinem Regiment an die Front. Er hat sich während der Vormarsches durch Belgien und Frankreich im August bei allen Gefechten des III. Bataillons durch seine Unerschrockenheit und Tapferkeit ausgezeichnet.Dort wurde er nach wenigen Wochen am 8. September 1914 durch Infanteriegeschoß am Hals leicht verwundet, blieb aber bei der Truppe. Am gleichen Tag wurde er zum Bataillonsadjutant des III. Bataillons seines Regiments ernannt. Das Eiserne Kreuz 2. Klasse wurde ihm am 14. September 1914 verliehen. Höchste Anerkennung verdiente sein Verhalten beim Angriff auf St. Hilaire in der Champagne am 18. September 1914, wo es galt, im heftigen Infanterie- und Artilleriefeuer wichtige Befehle zu übermitteln. Die Position als Bataillonsadjutant behielt er bis zum 21. Dezember 1914 als er wegen Erkrankung zum Ersatz-Bataillon versetzt wurde. Am 15. Februar 1915 wurde er wieder zum aktiven Regiment ins Feld entsendet, wo er als Kompanieführer Verwendung fand. Am 10. Mai 1916 wurde er zum Oberleutnant befördert. Sein Patent wurde dabei auf den 22. Mai 1916 (F2f) datiert. Das Eiserne Kreuz 1. Klasse wurde ihm am 19. Juli 1916 verliehen. Vom 25. November 1916 bis zum 14. April 1917 wurde er als Kompanieführer zum Rekruten-Depot XIX kommandiert. Danach kehrte er wieder als Kompanieführer zum 11. Königlich Sächsisches Infanterie-Regiment Nr. 139 zurück. Als solcher wurde er am 7. Juni 1917 verwundet, blieb aber wieder bei der Truppe. Am 21. September 1917 ist er während der Schlacht in Flandern in englische Gefangenschaft geraten. Seine mehrmaligen Verwundungen spiegelten sich in der Verleihung des Verwundetenabzeichens in Schwarz wieder. Im Ersten Weltkrieg wurden ihm außerdem neben beiden Eisernen Kreuzen noch einige andere Auszeichnungen, wie das Ritterkreuz des Militär St. Heirnichs-Orden (Oktober 1914) verliehen. Nach dem Krieg kehrte er erst am 3. November 1919 aus der Gefangenschaft zurück. Er wurde danach noch im Herbst 1919 als Oberleutnant in das vorläufige Reichsheer übernommen. Er kam dabei am 11. November 1919 zum Reichswehr-Infanterie-Regiment 38, wo er als Bataillonsadjutant verwendet wurde. Bei der Bildung vom 200.000 Mann-Übergangsheer der Reichswehr Mitte Mai 1920 gehörte er noch immer als Bataillonsadjutant zum Reichswehr-Infanterie-Regiment 38 der Reichswehr-Brigade 19. Sein Vater starb am 26. Mai 1920 in Mulda bei Freiberg. Am 5. September 1920 wurde er als Bataillonsadjutant zum Reichswehr-Infanterie-Regiment 37 versetzt. Bei der Bildung des 100.000 Mann-Heeres der Reichswehr kam er am 1. Januar 1921 als Bataillonsadjutant zum Infanterie-Regiment 11. Am 1. Oktober 1921 wurde er als Kompanieoffizier zur 8. (MG.) Kompanie vom 11. (Sächsisches) Infanterie-Regiment in Leipzig versetzt. Vom 19. Januar 1922 bis zum 13. März 1922 wurde er zu einem Lehrgang zur Ausbildung von Fahr. und Gerätelehrern zur 4. Fahr-Abteilung kommandiert. Vom 13. März 1922 bis zum 18. März 1922 legte er die Wehrkreisprüfung ab. Am 1.Juli 1922 hat er ein neues Rangdienstalter als Oberleutnant vom 27. Januar 1916 (24) zugewiesen bekommen. Fast direkt im Anschluss wurde er am 14. August 1922 mit Wirkung vom 1. August 1922 zum Hauptmann befördert. Als solcher wurde er zum 1. Februar 1923 zum Chef der 15. Kompanie des Ausbildungs-Bataillons seines Regiments in Döbeln ernannt. Er beantragte am 21. Mai 1925 bei seinem Bataillon die Genehmigug zur Verlobung und zur Vermählung. Sein Kommandeur zog daraufhin mehrere Erkundigungen ein. Eine davon kam vom Kdr. des I. Bataillons, Oberstleutnant Alfred Streccius, mit negativen Inhalt zurück. Dieser schrieb folgendes: "1.) Die Familie Stahr ist in Freiberg angesehen und bekannt. Ein Schwager Stahr's, Herr Dr. H. Burckhardt, Redakteur der hiesigen Zeitung verkehrt im Offizierkorps und den ersten Kreisen. Er ist nicht zu verwechseln mit Herrn Oberlehrer Burchhardt, an den Sie sich um Auskunft gewandt haben. Ein anderer zukünftiger Schwager gehört zu einer angesehen Kaufmannsfamilie. Die Tatsache, daß Hauptmann Stahr vie mit Fräulein Mahner verkehrt und sich bei seinem Hiersein, oft mit ohr sehen läßt, ist deshalb nicht unbeachtet geblieben. "Man" spricht darüber! Es steht auch fest und dürfte von Hauptmann Stahr kaum geleugnet werden, daß er mit Fräulein Mahner ein öffentliches Tanzlokal, Tivoli, besucht hat. Stahr's öffentliche Verlobung mit Fräulein Mahner würde daher in den hiesigen Gesellschaftskreisen peinliches Aufsehen erregen. Es steht ferner fest, daß die Mutter Stahr's bisher in Verlobung und Vermählung nicht eingewilligt und nicht die Erlaubnis erteilt hat, daß ihr Sohn seine zukünftige Braut ihr vorstellt oder sie in ihr Haus einführt. Denselben Standpunkt nehmen die anderen Familienmitglieder ein! 2.) Die Familie Mahner gehört achtbaren Handwerkskreisen an. Gegen Fräulein Mahner lässt sich nachweislich nichts Unehrenhaftes sagen. Sie wohnt mit ihrer Mutter in der Domgasse 7 und ist im Einwohnerbuch als "Damenschneiderin" eingetragen. Über ihre weitere Verwandtschaft, ob sie noch Geschwister hat usw. habe ich bisher leider nichts erfahren können. Die beste Auskunftsstelle wäre wohl Superintendent Dr. Lehmann, an den Sie sich bereits gewandt haben, den ich aber absichtlich nicht befragte, um in seinem Urteil selbst unbeeinflußt zu bleiben. Falls ich noch weitere Auskunft über die Mahner'sche Verwandtschaft erteilen soll, bitte ich es mich wissen zu lassen und mir die nötigen Anschriften, soweit Freiberg in Betracht kommt, mitzuteilen. Die Unterlagen würde Hauptmann Stahr wohl am besten selbst geben können. An seine hiesigen Verwandten möchte ich mich erst in letzter Stelle wenden. 3.) Ich halte es für meine Pflicht zum Schluß meine Ansichten über die Folgen der Verlobung und Vermählung Hauptmann Stahr mit Fräulein Mahner kurz zusammen zu fassen: a) Die öffentliche Verlobung würde in hiesigen Gesellschaftskreisen peinlichstes Aufsehen erregen. b) Die gesellschaftliche Stellung des Offizierkorps, die zu festigen ich mich bemüht habe, würde einen schweren Stoß erleiden. c) Die gesellschaftliche Stellung Hauptmanns Stahr nach seinr Vermählung und etwaiger Versetzung hierher, die doch im Bereich der Möglichkeit liegen kann, wäre unhaltbar. d) Die hiesige "Kasinogesellschaft", die seit fast 100 Jahren besteht und sich aus den angesehensten Kreisen Freibergs zusammensetzt, würde, wie ich schon jetzt vertraulich erfahren habe, Hauptmann Stahr mit zukünftiger Gattin nicht aufnehmen! Damit wäre aber ein gesellschaftliches Ärgernis geschaffen, dessen Folgen nicht abzusehen sind." Der Antrag wurde daraufhin von seinem Bataillonskommandeur Major Artur Boltze am 15. Juni 1925 nicht befürwortet und zum Regimentsstab weitergereicht. Er bezeichnete die Familie zwar als achtbare Handwerkerfamilie, aber er schrieb dazu, dass sie nicht den Kreisen entspricht, in denen der Offizier seinen Verkehr oder seine Lebensgefährtin suchen sollte. Er ergänzte dazu, dass die gesellschaftliche Stellung des Offizierkorps des I. Bataillons in Freiberg und des Ausbildungs-Bataillons in Döbeln stark gefährdet würden. Er habe daher die Erlaubnis zur öffentlichen Verlobung nicht erteilt und Hauptmann Stahr darüber unterrichtet. Dieser bat aber um Weitergabe seines Gesuches. Daraufhin trat auch der Regimentskommandeur, Oberst Rudolf Krantz, der Ansicht des Bataillonskommandeurs bei und reichte sein Gesuch am 16. Juni 1925 nicht befürwortend an den Infanterieführer IV weiter. Am 18. Juni 1925 schloß sich auch der Infanterieführer IV, Generalmajor Hermann von Brandenstein, den vorherigen Stellen an und reichte das Gesuch an die 4. Division der Reichswehr weiter. Am 19. Juni 1925 gab der Divisionskommandeur, Generalleutnant Alfred Müller, das Gesuch mit folgendem Zusatz an das HPA weiter: "Es ist selbstverständlich, daß infolge der vorliegenden Verhältnisse seitens des 11. (Sächs.) Infanterie-Regimets die Verheiratung des Hauptmanns Stahr mit Fräulein Mahner nicht befürwortet wird. Gegen den Ruf des Fräulein Mahner ist an sich nichts einzuwenden. Sie entstammt einer achtbaren Familie. Ich bin daher nicht in der Lage, meine Befürwortung zur Verheiratung zu verweigern, würde es aber für die günstigste Lösung halten, wenn Hauptmann Stahr in einen entfernten Wehrkreis versetzt würde. Seine dienstliche Beurteilung läßt dies ohne weiteres zu." Die Erlaubnis zur Verheiratung erhielt er dennoch am 16. Juli 1925. Dabei schrieb der Reichswehrminister, Dr. Otto Geßler folgendes: "Dem Hauptmann Stahr im 11. (Sächsischen) Infanterie-Regiment erteile ich die erbetene Erlaubnis zur Verheiratung mit Fräulein Mahner, bemerke aber, daß ich seine Versetzzung in ein anderes Regiment nicht verfügen werde, da ich es keinem anderen Offizierkorps auferlegen ann, einen Offizier in seinem Kreis aufzunehmen, der seinem jetzigen Kameradenkreis nicht ohne Vorbehalt willkommen wäre. Den Vorgesetzten mache ich es zur Pflicht, darüber zu wachen, ob der Hauptmann Stahr sich und seiner künftigen Ehefrau die Stellung im Offizierkorps zu sichern vermag, die zu erspriesslicher Arbeit in seinem Beruf unerlässlich ist." Die Verlobung wurde aber am 21. April 1926 durch sein Regiment als wieder aufgelöst gemeldet. Vom 17. Oktober 1927 bis zum 15. November 1927 wurde er zur 4. Kraftfahr-Abteilung kommandiert. Nur zwei Tage nach Ende des Kommandos hat er den Militär-Kraftfahrzeug-Führerschein der Klasse 2 erhalten. Vom 3. Oktober 1928 bis zum 10. Oktober 1928 wurde er als Teilnehmer zur Divisionsübungsreise kommandiert. Am 1. April 1929 wurde er als Nachfolger von Hauptmann Egon von Neindorff zum Chef der 10. Kompanie vom 11. (Sächs.) Infanterie-Regiment in Leipzig ernannt. Vom 18. November 1929 bis zum 1. Dezember 1929 wurde er zum Gasschutzlehrgang C nach Berlin kommandiert. Am 30. August 1931 erhielt er folgende Beurteilung von Oberstleutnant Arthur Schwarznecker, Kdr. III./Inf.Rgt. 11: "Vornehmer, gefestigter Charakter; schlichter, ernster und sehr fleißiger Mensch von mustergültigem Pflichtgefühl; leidenschaftlicher und willenstarker Soldat, der alle Dinge mit peinlicher Gewissenhaftigkeit und Gründlichkeit erledigt. Gut begabt, aber geistig nicht sehr elastisch; gutes taktisches Verständnis, aber wenig biegsam bei Änderung der Lage. Besitzt gediegene Kenntnisse und gute Fronterfahrungen auf dem Gebiet der Kompanie-Ausbildung. Sein planmäßiges, durchdachtes Arbeiten findet in den recht guten Leistungen und in dem vorzüglichen Geiste der Kompanie seinen Ausdruck. Frischer, leistungsfähiger Offizier, der straffe Disziplin hält und sich auf seine Kompanie in allen Lagen verlassen kann. Lebt sehr zurückgezogen und sparsam, wegen seines warmen Herzens bei den Kameraden geachtet; liebt und pflegt die gute Musik. Der geborene Kompaniechef, der seine Stelle sehr gut ausfüllt." Am 21. November 1932 wurde vom seinem Regimentskommandeur, Oberst Erich Friderici, gegenüber dem HPA angemerkt, dass seine Versetzung als Major beim Stabe und stellvertretender Bataillonskommandeur nach Freiberg unerwünscht, bzw. dienstlich nicht tragbar wäre. Er wäre für die dem Ausbildungs-Bataillon bevorstehenden neuen Aufgaben besonders geeigmet. Stattdessen wurde Major Fritz Reinhardt in Vorschlag gebracht, dessen Versetzung dorthin, wegen des Schulbesuchs seiner Kinder sehr erwünscht wäre. Am 1. März 1933 wurde er mit Wirkung vom 1. April 1933 zum 16. Infanterie-Regiment nach Osnabrück versetzt. 

Am 20. März 1933 erhielt er folgende Beurteilung von Major Max Horn, Kdr. III./Inf.Rgt. 11: "Hat es weiterhin verstanden, seine eigene Frische und Dienstfreudigkeit auf seine Kompanie zu übertragen. Seine besonderen Fähigkeiten liegen auf dem Gebiet der Organisation und XXX der Ausbildung." Dazu ergänzte am 31. März 1933 Oberst Erich Friderici, Kdr. vom Inf.Rgt. 11: "Einverstanden. Hauptmann Stahr ist ein sehr guter und zuverlässiger Kompaniechef gewesen. Er hätte in dem diesen Herbst einzureichenden Qualifikationsbericht die uneingeschränkte Eignung zum Bataillonskommandeur erhalten, gleichbleibende Bewährung vorausgesetzt."

Am 1. April 1933 (2) wurde er zum Major befördert und gleichzeitig als Nachfolger von Major Friedrich Vüllers zum Kommandeur des Ausbildungs-Bataillons vom 16. Infanterie-Regiment in Osnabrück ernannt. Am 31. August 1933 erhielt er folgende Beurteilung von Oberst Gerhard Glokke, Kdr. vom 16. Inf.Rgt.: "Gefestigter Charakter. Ernst, schlicht, durch und durch Soldat. Weiß sich durchzusetzen. Hat sich mit großem Eifer und der ihm eigenen Gründlichkeit in seine neue Dienststellung eingearbeitet und die Achtung wie das volle Vertrauen seiner Untergebenen schnell gewonnen. Die besonderen Verhältnisse des im Abbau befindlichen Ausbildungs-Bataillons boten ihm bisher wenig Gelegenheit zur Entfaltung, jedoch kamen die reichn praktischen Erfahrungen der bewährten Kompaniechefs der kleinen Truppe voll zu Gute. Mein Urteil über ihm sit somit noch nicht voll abgeschlossen. In der Bataillonsführung auf dem Truppenübungsplatz zeigte er Ruhe, Siherheit und auswachsendes taktisches Verständnis. Als Standortältester bewies er Takt und organisatorische Begabung. Sein erzierherischer Einfluß auf das jüngere Offizierkorps ist zu loben. Füllt seine Stelle bisher gut aus." Dazu ergänzte am 3. September 1933 der Generalleutnant Franz von Roques, Infanterieführer VI, folgendes: "Bei Übungen und auf einer Übungsreise, wobei ich Gelegenheit hatte, ihn kennen zu lernen, zeigte er im allgemeinen gutes militärisches Verständnis ohne besonders hervorzutreten. Als Mensch sympathisch." Dazu ergänzte am 18. September 1933 noch der Generalleutnant Wolfgang Fleck, Kdr. der 6. Division: "Einverstanden! Es ist zu erwarten, daß er auch in größeren Kasernen seine Stelle gut erfüllen wird." Am 2. August 1934 wurde er auf den Führer und Reichskanzler Adolf Hitler neu vereidigt. Am 28. September 1934 erhielt er folgende Beurteilung von Oberst Athos von Schauroth, Kdr. vom 16. Inf.Rgt.: "Füllt seine Stelle als Bataillonskommandeur aus. Wird seine Geeignetheit zu höherem noch nachzuweisen haben." Bei der Erweiterung der Reichswehr zur Wehrmacht wurde er am 1. Oktober 1934 zum Kommandeur vom Infanterie-Regiment Osnabrück ernannt. Nachdem seine Genehmigung durch die Auflösung der Verlobung erlosschen war, stellte er am 13. April 1935 erneut einen Antrag auf Erteilung der Heiratserlaubnis. Die erneute Erlaubnis zur Verheiratung erhielt er am 24. Mai 1935. Er heiratete am 15. Juli 1935 die fast anderthalb Jahre ältere Anna Martha Mahner, Tochter des am 10. August 1920 verstorbenen Feilenhauermeisters Wilhelm Mahner, in Chemnitz. Am 18. August 1935 erhielt er folgende Beurteilung von Oberst Kurt Beuttel, Kdr. vom Inf.Rgt. Osnabrück: "Vornehmer, gefestigter, selbstbewußter Charakter, schlichter, ernster, sehr fleißiger, willensstarker Offizier von mustergültiger Pflichtauffassung, bestimmt und klar in seinen Anordnungen, verantwortungsfreudig. Hat es als Bataillonskommandeur verstanden, seine eigene Frische und Dienstfreudigkeit auf sein Bataillon zu übertragen. Seine besonderen Fähigkeiten liegen auf dem Gebiet der Organisation und Durchführung der Ausbildung als langjähriger bewährter Kompaniechef. Bei Planübungen und Geländebesprechungen beweist er Geschick, gute Kenntnisse der Vorschriften und ausreichendes taktisches Verständnis. Bataillonsführung im Gefecht ist ruhig und sicher. Musikalisch veranlagt. Von seinem Offizierkorps geschätzt. Füllt seine Stelle gut aus."

Zum 1. Oktober 1935 (2) wurde er zum Oberstleutnant befördert. Bei der Enttarnung der Verbände wurde er dann am 15. Oktober 1935 zum Kommandeur des II. Bataillons vom Infanterie-Regiment 37 in Osnabrück ernannt. Am 19. Februar 1936 wurde er mit Wirkung vom 1. April 1936 zur Heeres-Waffenmeister-Schule versetzt. Am 25. März 1936 erhielt er anläßlich seiner Versetzung noch folgende Beurteilung von Oberst Kurt Beuttel, Kdr. vom Inf.Rgt. 37: "Hat auch während der Winterausbildung als erfahrener Front-Praktiker durch seinen persönlichen Einfluß auf die Einzelausbildung erreicht, daß die Kompanien gleichmäßig nach einheitlichen Grundsätzen ausgebildet wurden. Seine aus einfachen Kreisen entstammende Frau hat sich in der kurzen Zeit der noch nicht einjährigen Ehe recht gut in die ihr neuen Verhältnisse eines Offizierkorps eingelebt. Wenn sich der Blick des Oberstleutnant Stahr bei seiner XXX Zurückhaltung noch etwas geweitet hat in Bezug auf die Erfordernisse des Umgangs mit Behörden und Zivilkreisen, zum Regimentskommandeur geeignet.

Auf der Schule wurde er als Lehrgangsleiter verwendet. Am 30. September 1936 erhielt er folgende Beurteilung von Oberst Franz Grabow, Kommandeur der Heereswaffenmeisterschule: "Gefestigter vornehmer Charakter, rücksichtslos wahrer Mann. Hat als fleißiger, erfahrener und willensstarker Kommandeur den I. Lehrgang der Heereswaffenmeisterschule in kurzer Zeit fest gefügt und in der Hand. Leitet die militärische Ausbildung peinlich genau und mit großem Verständnis. Streng, aber gerecht gegen seine Untergebenen, läßt er sich die Erziehung seiner Schüler besonders angelegen sein und schafft ein gutes Verhältnis zwischen Offizieren und Beamten. Bei Kameraden und Untergebenen volles Vertrauen. Im Verkehr mit Behörden und politischen Leitern hat er sich in letzter Zeit zweimal als mein Vertreter mit Erfolg betätigt. Füllt seine Stelle gut aus. Zum Regimentskommandeur geeignet." Am 1. Oktober 1936 ergänzte dazu Generalmajor Franz Barckhausen, Heeres-Feldzeugmeister: "Einverstanden! Über seine Geeignetheit zum Regimentskommandeur kann ich bei seiner kurzen Dienstzeit auf der Heeres-Waffenmeister-Schule noch kein Urteil abgeben. Füllt seine Stelle gut aus." Am 16. September 1937 erhielt er folgende Beurteilung von Oberst Heinrich Strack, Kdr. der HWS: "Gefestigter Charakter. Sympathischer Mensch mit einwandfreien Umgangsformen. Besonders pflichttreuer Offizier. Besitzt große Dienstfreudigkeit und organisatorisches Talent. Hat sich als Lehrgangsleiter bewährt und die militärische Ausbildung, sowie die Erziehung seiner Untergebenen erfolgreich durchgeführt. Ist zur Beförderung sowie für eine Verwendung als Kommandant eines Truppenübungsplatzes geeignet. Bewertung: Füllt seine Stelle gut aus." Dazu ergänzte am 4. Oktober 1937 Generalmajor Franz Barckhausen, Heeres-Feldzeugmeister: "Einverstanden auch mit Beförderungs- und Verwendungsvorschlag."  Daraufhin wurde er zum 1. März 1938 (20) zum Oberst befördert. Am 26. Oktober 1938 erhielt er folgende Beurteilung von Generalmajor Heinrich Strack, Kdr. der HWS: "Hat sich auch weiterhin als Lehrgangsleiter ausgezeichnet bewährt und seine Untergebenen mit großer Umsicht sowie unermüdlichem Fleiß erzogen und ausgebildet. Auf Grund seines hervorragenden Organisationstalents ist er für eine Verwendung als Kommandant eines Truppenübungsplatzes besonders geeignet. Bewertung: Füllt seine Stelle gut aus." Dazu ergänzte am 9. November 1938 Generalmajor Theodor Geib, Feldzeugmeister: "Einverstanden." Er war bei Beginn des 2. Weltkrieges Leiter des Lehrgangs Payerbach bei der HWS. Am 6. November 1939 wurde er mit Wirkung vom 25. Oktober 1939 als Nachfolger von Oberst Wilhelm Behrens zum Kommandeur der Heeres-Waffenmeister-Schule (HWS) in Berlin-Treptow ernannt. Das Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse mit Schwertern wurde ihm am 31. Januar 1941 verliehen. Am 17. Februar 1941 erhielt er folgende Beurteilung von Generalleutnant Theodor Geib, Feldzeugmeister: "Vorbildlich ruhiger und gewissenhafter Offizier. Charakterlich untadelig. Organisatorisch begabt. Fürsorglicher Kommandeur, leitet seine Schule verständnisvoll und sicher. Ist den durch die Kriegsverhältnisse bedingten Schwierigkeiten (große Schülerzahl, Wechsel der Ausbildungsart) gewachsen. Bewertung Füllt seine Stelle gut aus. Empfehlung: Befindet sich in Generalsstelle und ist zur Beförderung zum Generalmajor geeignet. Kommandant eines Truppenübungsplatzes." Am 15. Oktober 1941 gab er sein Kommando über die jetzt zur Heeres-Waffenmeister-Schule I umbenannten Schule in Treptow ab und wurde dafür zum Kommandeur der neuen Heeres-Waffenmeister-Schule II in Offenburg (Baden) ernannt, die anscheinend aus dem Lehrgang IV in Payerbach entstand. Seine neue Schule befand sich in der Artillerie-Kaserne in Offenburg. Die Ernennung wurde am 3. Dezember 1941 mit Wirkung vom 1. November 1941 auch auf das Friedensverhältnis übernommen. Damit hatte er einen Umzug durchzuführen. Er wohnte danach privat in der Luisenstraße 7 in Offenburg, wo er die Telefonnummer 2283 hatte. Am 16. März 1942 wurde er mit Wirkung vom 1. April 1942 (2) zum Generalmajor befördert. Am 1. April 1942 erhielt er folgende Beurteilung von General der Artillerie Theodor Geib, Feldzeugmeister: "Schlichte Persönlichkeit, gefestigter Charakter. Ernst, pflicht- und verantwortungsbewusst. Gute soldatische Haltung, kurz und bestimmt. Hat auf Grund seiner Erfahrungen bei der Heeres-Waffenmeister-Schule I die Heeres-Waffenmeister-Schule II gut aufgebaut und dabei organisatorische Begabung bewiesen. Leitet die Schule verständig mit gutem Erfolg. Bewertung: Füllt seine Stelle gut aus. Empfehlung: Keine Eignung zur nächsthöheren Verwendung, in Auslaufstelle." Am 1. März 1943 erhielt er folgende Beurteilung von General der Artillerie Theodor Geib, Feldzeugmeister: "An der Beurteilung zum 1. Mai 1942 hat sich nichts geändert. Ist frisch und beweglich. Hat sich weiter gut bewährt. Fest verwurzelt im Nationalsozialismus. Hatte in diesem Kriege noch keine Frontverwendung. Starke Seiten: Eifer und Gewissenhaftigkeit Schwache Seiten: keine besonders erkennbare Bewertung: Guter Durchschnitt. Empfehlung: Im Feldzeug-Bereich keine Eignung für nächsthöhere Verwendung zu erwarten. Kommandant einer großen Feldkommandantur. Bei größerem Bedarf auch Kommandeur eines Oberfeldzeugstabes." Das Kriegsverdienstkreuz 1. Klasse mit Schwertern wurde ihm am 1. September 1943 verliehen. Am 23. November 1943 wurde er mit Wirkung vom 1. September 1943 in die Führerreserve OKH versetzt. Seinen Dienst regelte der Wehrkreis III. Am 10. September 1943 wurde er mit Wirkung vom 20. September 1943 zum Militärbefehlshaber in Frankreich (MBF), zwecks Einweisung in die Geschäfte als Feldkommandant, kommandiert. Die Inmarschsetzung sollte zum Hotel Majestic in Paris erfolgen. Mitte Oktober 1943 wurde er mit Wirkung vom 1. September 1943 für das Friedensverhältnis zu den Offizieren zur Verfügung des Oberbefehlshaber des Heeres (Sonstige Offiziere) versetzt, an seiner Verwendung änderte sich dabei aber nichts. Am 25. Oktober 1943 wurde er zum Kommandant der Feldkommandantur 240 (FK 240) in Stalino ernannt. Er hat diese Position aber nie angetreten, da der Standort bereits von der Roten Armee eingenommen war. Am 16. November 1943 wurde er zum Kommandant der Feldkommandantur 239 (FK 239) ernannt. Mit disem Stab wurde er anfangs in Krementschug eingesetzt. Am 1. März 1944 erhielt er folgende Beurteilung von Generalleutnant Hans Kratzert, Korück 585: "Generalmajor Stahr hat sich mit sehr grossem Eifer in die Geschäfte des Feldkommandanten eingearbeitet. Er ist gründlich, fleissig und zuverlässig und hat sch der Bandenbekämpfung mit besonderem Eifer angenommen. Ich halte ihn, obgleich er mir nur kurze Zeit dienstlich unterstanden hat, für einen guten und leistungsfähigen Feldkommandanten, der auch in schwierigen Situationen die Lage beherrschen wird. Körperlich rüstig und leistungsfähig, in seinem Handeln energisch. Steht auf dem Boden des nationalsozialistischen Gedankengutes und versteht es auf seine Untergebenen zu übertragen. Fürsorglicher Vorgesetzter, guter Kamerad. Bisher keine Feindbewährung. Starke Seiten: Sehr fleissig und gewissenhaft. Schwache Seiten: Nicht hervorgtreten. Bewertung: Durchschnitt Empfehlung: Belassung in seiner Stellung." Zum 1. April 1944 wurde er bei der Beförderung zum Generalleutnant übergangen, weil er noch keine Truppe geführt hatte. Zur letzten Beurteilung ergänzte am 12. Mai 1944 General der Panzertruppe Erhard Raus, OB der 4. Panzerarmee: "Mir nicht bekannt geworden." Anfang Dezember 1944 befand er sich zur Behandlung in der Abteilung III vom Reservelazarett IX Breslau, von wo er angeblich erst am 22. Dezember 1944 entlassen wurde. Am 12. Dezember 1944 übernahm er aber bereits zeitweise die Vertretung als Kommandant des rückwärtigen Armeegebiets 585 (Korück 585) für den beurlaubten Generalleutnant Hans Kratzert. Seine Vertretung bei der FK 239 übernahm Major Meißner (eigentlich Kommandant der Ortskommandantur I/259 (OK I/259). Am 30. März 1945 wurde er wieder in die Führerreserve OKH versetzt. Seinen Dienst sollte jetzt der Wehrkreis V regeln, da sich sein privater Wohnsitz in Offenburg befand. Grund war anscheinend eine Abqualifizierung. Seine Nachfolge als Kommandant der FK 239 bei der Heeresgruppe Mitte sollte Oberst z.V. Carl Masera, bisher Chef des Stabes vom Sonderstab III im OKH, antreten. Wegen der Lage wurde er laut Meldung von Oberst Hermann Rath (Adjutant (IIa)), von der Heeresgruppe am 22. April 1945 aber zum HPA nach Traunstein in Marsch gesetzt. Über seine Gefangenschaft bei Kriegesende ist nichts bekannt. Er starb wenige Jahre nach Ende des Krieges am 22. Februar 1948 in Offenburg. Am 27. Februar 1948 wurde er beerdigt.

 

Literatur und Quellen:
Krug, Ottomar Deutsche Generale 1918-1945, Bundesarchiv Freiburg, Signatur MSG 109/10853
Rangliste der Königlich Sächsischen Armee für das Jahr 1911, Dresden 1911
Rangliste der Königlich Sächsischen Armee für das Jahr 1912, Dresden 1912
Rangliste der Königlich Sächsischen Armee für das Jahr 1913, Dresden 1913
Rangliste der Königlich Sächsischen Armee für das Jahr 1914, Dresden 1914
Stellenbesetzung im Reichsheer 16. Mai 1920, Biblio-Verlag 1968
Stellenbesetzung im Reichsheer 1. Oktober 1920, Biblio-Verlag 1968
Stellenbesetzung im Reichsheer 1. Oktober 1921, Biblio-Verlag 1968
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. April 1923, Berlin, Mittler und Sohn 1923
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. April 1924, Berlin, Mittler und Sohn 1924
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. Mai 1925, Berlin, Mittler und Sohn 1925
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. Mai 1926, Berlin, Mittler und Sohn 1926
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. Mai 1927, Berlin, Mittler und Sohn 1927
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. Mai 1928, Berlin, Mittler und Sohn 1928
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. Mai 1929, Berlin, Mittler und Sohn 1929
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. Mai 1930, Berlin, Mittler und Sohn 1930
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. Mai 1931, Berlin, Mittler und Sohn 1931
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. Mai 1932, Berlin, Mittler und Sohn 1932
Stellenbesetzung des Deutschen Reichsheeres nach dem Stand vom 1. Mai 1933
Stellenbesetzung des Deutschen Reichsheeres nach dem Stand vom 1. April 1934
Stellenbesetzung Reichsheer 1. Oktober 1934
Stellenbesetzung Reichsheer 15. Oktober 1935
Stellenbesetzung Wehrmacht 6. Oktober 1936
Stellenbesetzung des Heeres mit Stand vom 12. Oktober 1937
Stellenbesetzung des Heeres 1938
Podzun, H. H. (Hg.): Das Deutsche Heer 1939. Gliederung, Standorte, Stellenbesetzung und Verzeichnis sämtlicher Offiziere am 3. Januar 1939, Bad Nauheim, Podzun 1953
Wolfgang Keilig: Rangliste des deutschen Heeres 1944/1945, Podzun-Verlag 1955 
Wolfgang Keilig: Die Generale des Heeres und die Sanitätsoffiziere im Generalsrang, Podzun-Verlag 1983
Pers 6/1929
Pers 6/300970