Artillerie-Regiment 77
Feldpostnummern ab der Mobilmachung: Die Einheiten wurden als Teile vom Artillerie-Regiment 77 in der Feldpostübersicht eingetragen. Der Vermessungs-Truppe II wurde Anfang 1940 gestrichen. Die Batterien der I. Abteilung und deren Kolonnen wurden ebenfalls Anfang 1940 gestrichen und die ganze Abteilung wurde ab Mitte 1940 unter der Nummer des Stabes eingetragen. Mitte 1940 wurde der Eintrag des Stabes der II. Abteilung in II. Abteilung vom Artillerie-Regiment 160 umbenannt. Dabei wurden auch die Batterien und Kolonnen gestrichen. Noch Mitte 1940 wurde der Eintrag der Kolonnen bei der I. Abteilung auf eine gekürzt. 1940/41 verschwand der Eintrag der Kolonne I aus dem Eintrag der I. Abteilung. Dafür wurde noch 1940/41 durch Umbenennung der Kolonne der Artillerie-Abteilung 607 eine neue Kolonne I eingetragen. Dieser Eintrag wurde bereits 1941 wieder in Kolonne Artillerie-Abteilung 607 geändert. Dafür wurde 1941 die 1. Kolonne der Artillerie-Abteilung 641 zur neuen Kolonne I umbenannt. Der Eintrag der Kolonne I wurde am 20. April 1944 gestrichen.
Einheit | Feldpostnummer | Nummer ab 1940 |
Stab I. Abteilung | 19964 | 19964 A |
1. Batterie | 22506 | 19964 B |
2. Batterie | 03916 | 19964 C |
3. Batterie | 05593 | 19964 D |
1. Kolonne I | 05560 | 19964 E bis 1940 |
2. Kolonne I | 10093 | 19964 F bis 1940 |
3. Kolonne I | 10055 | 19964 G bis 1940 |
Stab II. Abteilung | 01648 | - |
4. Batterie | 19930 | - |
5. Batterie | 29755 | - |
6. Batterie | 03559 | - |
1. Kolonne II | 28117 | - |
2. Kolonne II | 10896 | - |
3. Kolonne II | 14425 | - |
Vermessungstrupp II | 10674 gestr. 1940 | - |
Kolonne I | ab 1940 19964 E bis 40/41 ab 40/41 20857 bis 1941 ab 1941 25215 gestr. Apr/44 |
Das Artillerie-Regiment 77 war ein Artillerie-Regiment ohne Regimentsstab.
Die I. Abteilung vom Artillerie-Regiment 77 wurde am 12. Oktober 1937 in Freiburg, im Wehrkreis V, aufgestellt. Die Abteilung entstand aus Abgaben vom Artillerie-Regiment 74 und vom Artillerie-Regiment 75. Die Abteilung wurde als motorisierte Abteilung aufgestellt. Die Abteilung war als Heerestruppe mit leichten Feldhaubitzen ausgestattet. Beim Polenfeldzug wurde die Abteilung als Armeetruppe eingesetzt. Am 30. Januar 1940 auf 15 cm schwere Feldhaubitzen (tschechische Beutewaffen) umgerüstet. Im Frühjahr 1940 wurde die Abteilung beim Westfeldzug eingesetzt. Zu Beginn des Ostfeldzuges wurde die Abteilung beim XXX. Armeekorps eingesetzt. Ab Mitte September 1941 unterstand die Abteilung dem LIV. Armeekorps. Unter diesem Korps ist die Abteilung fast ein ganzes Jahr lang mehrmals verzeichnet. Im Sommer 1942 war die Abteilung damit im Bereich der 11. Armee im Einsatz. Am 1. April 1943 wurde die Abteilung wieder auf leichte Feldhaubitzen 18 umgerüstet, als Zugmaschinen dienten ab jetzt RSO. Anfang Januar 1944 unterstand die Abteilung dem LII. Armeekorps bei der 8. Armee im Raum Kirowograd. Im August 1944 wurde die Abteilung in Rumänien eingesetzt. Anfang Januar 1945 stand die Abteilung unter dem I. Kavallerie-Korps in Ungarn im Einsatz.
Die II. Abteilung vom Artillerie-Regiment 77 wurde am 12. Oktober 1937 in
Schwäbisch Gmünd, im
Wehrkreis V, aufgestellt. Die Abteilung entstand durch
Abgaben vom Artillerie-Regiment
73 und vom Artillerie-Regiment 76. Die Abteilung
wurde als motorisierte Abteilung aufgestellt. Die Abteilung war als Heerestruppe
mit leichten
Feldhaubitzen ausgestattet. 1938 wurde die Abteilung an ihren eigentlichen
Standort Karlsruhe, ebenfalls
Wehrkreis V, verlegt.
Beim Polenfeldzug wurde die Abteilung als Armeetruppe eingesetzt. Am 9. Mai 1940 um 14:30 Uhr wurde die Abteilung
alarmiert und bekam den Befehl über das Inmarschsetzen der Abteilung am
folgenden Tage. Die Abteilung war in der festen Unterkunft Sechtem, im
Landkreis Bonn seit den ersten Novembertagen des Jahres 1939
untergebracht. Am 10. Mai 1940 erfolgte um 16:30 Uhr der Abmarsch aus
der Ortsunterkunft Sechtem. Es ging über Waldorf, Brenig, Heimerzheim,
Ollheim, Muddendorf, Cuchenhaim, Röchheim. Die Bereitstellung der
Abteilung erfolgte im Raum Roitzheim und einem Waldstück 2 Kilometer
südlich von Euskirchen. Die Abteilung unterstand jetzt dem
XV. Armeekorps bei der
4. Armee. Am 11. Mai 1940 traf gegen 6:00 Uhr der Befehl
über die Abmarschzeit und die Marschfolge ein. Um 8:00 Uhr erfolgte die
Eingliederung der Abteilung in die Marschkolonne, die sich aus
Korpstruppen zusammensetzte. Der Marsch ging über Münstereifel,
Tondorf, Blankenheim, Dahlen, Kronenburg. Das Unterstellen der Abteilung
erfolgte im Raum Baasen und nördlich davon. Die Wetterlage des Tages
war sonnig und klar, aber noch relativ frisch. Das energische Zugreifen
aller Vorgesetzten war oft notwendig, um die ineinander gefahrenen
Kolonnen wieder in Fahrt zu bringen. Am 12. Mai 1940 erfolgte gegen 5:30
Uhr erneut der Abmarsch und Eingliederung der Abteilung in die
Marschkolonne auf der Dg. 6. Der Weg: führte über Hallschlag nach
Losheim. Hier wurde dann die belgisch-deutsche Grenze überschritten.
Gegen 8:45 Uhr wurde St. Vith erreicht. Dort trifft der Befehl ein, die
Nacht hindurch weiterzumarschieren. Zu den Erfahrungen des Tages
gehörte, das eingehende Vorarbeit das Einfädeln und Abfließen der
Kolonnen beim Antreten aus der Unterkunft erleichtert. Am 13. Mai 1940
ging es weiter über Sambrée – Devantave nach Ciney. Die Abteilung
bezog dort Quartier. Der Gegner machte sich nur durch seine Luftwaffe
bemerkbar. Eigene Flak griff dagegen wirksam ein. Am 14. Mai 1940 um 3
Uhr gab es Alarm. Gegen 4:30 Uhr wurde die Abteilung etwa 3 Kilometer
ostsüdöstlich Dinant in den Raum bei Sorinne vorgezogen und dort
eingesetzt. Die Abteilung wurde der 7.
Panzer-Division unterstellt. Von
dieser erhielt die Abteilung den Auftrag, die Höhen jenseits der Maas
unter Feuer zu nehmen. Der Munitionsverbrauch betrug dabei ca. 500
Schuss. Gegen 17:00 Uhr machte die Abteilung sprungweise
Stellungswechsel nach vorn. Sie bezog ihre neue Stellung etwa 500 Meter
östlich von Herbuchenne. Gegen 22.00 Uhr wurde die Abteilung dem Artillerie-Regiment 78
unterstellt, um den Panzerangriff der 7.
Panzer-Division zu unterstützen. Am 15. Mai 1940 marschierte die
Abteilung weiter über Gemmeschenne nach Bouvignes. Hier wurde die Maas
auf einer Pontonbrücke überschritten. Weiter ging es über Dinant,
Onhage, Authée, Morville nach Rosée. Hier ging die Abteilung in
Stellung, da restliche Teile des Gegners die rechte Flanke der Division
bedrohten. Die Batterien hatten fast durchweg Panzerangriffe abzuwehren.
Die 4. und 6. Batterie hatten im direktem Schuss bei Entfernungen bis zu
2500 Metern großen Erfolg. Noch am selben Abend wurde der Vormarsch
weitergeführt. Mit 2 längeren Aufenthalten, einmal wurden vorne
feindliche Panzer gemeldet, zum anderen wurde die Abteilung von
Heckenschützen unangenehm belästigt, kam die Abteilung über
Philippeville nach Cerfontaine. Zu den Erfahrungen des Tages gehörte
das 1 Scherenfernrohr bei der Geschützstaffel sich bei dieser Abwehr
von Panzerangriffen zur einwandfreien Zielfeststellung sehr bewährt
hat. Die 4. Batterie hat einen Toten, von der 5. Batterie wird
Hauptwachtmeister Spilleke verwundet. Die 4. Batterie setzte drei
feindliche Panzerwagen, die 6. Batterie 6 Panzerwagen außer Gefecht,
darunter 1 Panzerwagen schwerster Ausführung. Am 16. Mai 1940 bezogen
die Batterie in den frühen Morgenstunden ihre erkundeten
Feuerstellungen. Der ganze Tag verlief ruhig. Gegen 15:00 Uhr erfolgte
ein Stellungswechsel nach Sivry. Vorkommandos erkundeten die
Beobachtungsstellen, mussten aber einem feindlichen Maschinengewehr
ausweichen. Die Batterien bezogen ihre Feuerstellungen in Sivry. Es war
eine ruhige Nacht. Oberleutnant Eder von der Ersatz-Abteilung in Pilsen
trifft bei der Abteilung ein. Am 17. Mai 1940 werden die Batterietrupps
zur Erkundung von Beobachtungsstellen nach vorne geschickt. Da die
einzelnen Weideplätze und Wiesen durch dichte Hecken voneinander
getrennt waren, war die Sicht ins Vorglände sehr behindert. Dagegen
wurden am ansteigenden Hang deutlich feindliche Bunker erkannt. Ein
Geschütz der 4. Batterie wurde vorgezogen und in direktem Schuß gegen
diese Bunker eingesetzt. Die Abteilung lag vor der eigenen Infanterie.
Es wurden einige Gefangene gemacht. Gegen Mittag macht die Abteilung
einen Stellungswechsel nach Berlaimont. Dabei griffen zersprengte Teile
einer Kavallerie-.Division von rechts an und wurden abgewiesen. Das
Geschütz der 4. Batterie zerstörte einen als Scheune getarnten Bunker
vollständig und vertrieb aus einem anderen die 5 Mann zählende
Besatzung unter Verlusten für den Gegner. Die Abteilung, ohne 6.
Batterie, wurde dem Schützen-Regiment 6 unterstellt. Sie erhielt die
Aufgabe einen Brückenkopfes für 5. Panzer-Division bei Berlaimont zu
bilden. Dabei traf die Abteilung auf heftigen Feindwiderstand. Die 5.
Panzer-Division erreicht den Brückekopf erst am Abend. Am Morgen des
18. Mai 1940 macht die Abteilung Stellungswechsel. Sie fuhr bis Avesnes
zurück, dann über Marbaix nach Landrecies. Dabei traf ein
Panzerangriff die Einheiten, welche einen Gegenangriff unternahmen. Die
Infanterie kam nur unter größten Schwierigkeiten vor. Eine
Fernbatterie belästigte die Abteilung, außerdem ein feindlicher
Bombenagriff bei dem die eigenen Jäger mit vollem Erfolg eingriffen.
Dann macht die Abteilung einen Stellungswechsel nach Le Cateau, wo es
aber sofort weiter nach Inchy geht. Dort nahm die Abteilung eine
Igelstellung ein. Bei einem Angriff einer französischen Kompanie macht
die Abteilung 70 Gefangene. Am 19. Mai 1940 geht die Abteilung nach
Igniel, wird aber sofort wieder zurückgeholt, da Gegner im Rücken
gemeldet wird. Dort angekommen, ist die Sache bereits geklärt. Die
Abteilung ging bei Razuol in Stellung gegen den in Catillon durch
Panzerspähwagen festgestellten Feind. Nach einigen beobachteten
Feuerüberfällen, erreichte die Abteilung der Befehl zum
Stellungswechsel in den Raum vor Cambrai. Also wieder nach Igniel in die
bereits vormittags erkundeten Stellungen östlich von Awoingt. Das
Eintreffen der SS brachte die dafür notwendige Unterstützung. Aus den
Stellungen um Awoingt wurde am Nachmittag Cambrai heftig beschossen. Um
eine vollkommene Zerstörung zu vermeiden, entsandte die Division einen
Parlamentär, der die Stadt zur Übergabe aufforderte. Die Verhandlungen
konnten nicht zu Ende geführt werden, da sämtliche Behörden der
Dienststellen die Stadt verlassen hatten. Die Gegend wimmelte von
feindlichen versprengten Truppen, die durch unsere Schützen gefangen
genommen wurden. Auch die B-Stellenbesatzung unserer 4. Batterie zog aus
einem Strohhaufen des Bauernhauses, in dem die B-Stelle untergebracht
war, einen versprengten Engländer. In der Nacht vom 19. zum 20. Mai
1940 wurde Cambrai von zwei Kolonnen rechts und links umgangen. Im
Verbande mit einer Kompanie vom
Schützen-Regiment 7, einer mot.
Pionier-Kompanie. und einer Kradschützen-Kompanie, umging die Abteilung
Cambrai südlich. Die Sicherung dieses Nachtmarsches, der vollständig
abgeblendet vonstatten ging, übernahmen die Panzer. Am 20. Mai 1940
wurde die Abteilung östlich Arras eingesetzt in der Gegend von
Beauvains und Neuville. Der Kommandeur war mit dem Stab mit den ersten
Infanteristen nach vorne gefahren, die Batterie wurden rasch nachgezogen
und in Stellung gebracht. Tiefflieger griffen an, feindliches
Artilleriefeuer setzte ein. Der Gegner schoß mehrere Sperrfeuer auf die
Vormarschstraße, das ausgezeichnet lag. Sämtliche 3 Batterien mussten
Stellungswechsel beziehen. Auch die Beobachtungsstellen erhielten
feindliches Feuer, das bei der 4. Batterie dicht unter dem
Scherenfernrohr und bei der 6. Batterie in das Haus selbst einschlug,
ohne jemand zu verletzten. Der Abteilungsgefechtsstand war in einer
sauberen und wohnlichen Villa untergebracht und wurde im großen und
ganzen verschont. Die Nacht war ruhig. Am 21. Mai 1940 machte die
Abteilung einen Stellungswechsel und wurde herausgezogen. Dabei ging sie
nach Südwesten und wurde bei Wailly mit Front nach Norden eingesetzt.
Da die SS herausgezogen war, bildeten die Beobachtungsstellen die
vorderste Linie. In dem Augenblick, da das Schützen-Regiment 6 aus
Wailly nach Nordwesten antrat und an den Beobachtungsstellen der
Abteilung vorbeiziehen wollte, machte der Gegner, der im Raume Arras
eingeschlossen war, mit dem Einsatz von etwa 60 Panzern den ersten
Durchbruchsversuch. Teile des Schützen-Regiment
6, der Kommandeur mit
Stab, die von dem Panzerangriff in der Flanke gefasst worden waren,
flüchteten in die Beobachtungsstellen, die sich in dem kleinen
Waldstück bei der Höhe 105 befanden. Zur gleichen Zeit zogen Teile des
feindlichen Panzerverbandes seitlich an den B-Stellen vorbei in die
Feuerstellungsräume. Die Geschütze wurden zur Nahverteidigung
gezwungen. Die Nachrichtenverbindungen waren zerstört, so war eine
Feuerleitung von den Beobachtungsstellen aus nicht möglich. Die Panzer
zerstörten das Scherenfernrohr der Abteilung, schossen mit
Brandmunition, konnten jedoch den in guter Deckung verharrenden Personal
des Gefechtsstandes nichts anhaben. In den Feuerstellungen gelang der
Abschuss von 4 Panzern größeren Ausmaßes im direkten Schuß. Die
Besatzung der Beobachtungsstelle schlug sich einzeln zu den
Feuerstellungen durch. Das Sammeln der Fahrzeuge nahm einige Zeit in
Anspruch. Trotzdem waren 2 Stunden später die alten Stellungen wieder
bezogen. Zu diesem Erfolg gegen eine große feindliche Panzerübermacht
hat die Abteilung ihr gutes Teil beigetragen. Die 5. Batterie erledigte
3 Panzerwagen und eine größere Anzahl von ungepanzerten Kfz., die 6.
Batterie einen Panzerwagen. Für den 22. Mai 1940 hatte die Division
einen Vorstoß in Richtung Acq befohlen. Teile des Schützen-Regiment
6,
denen ein A.V.Kdo. der Abteilung beigegeben war, waren im Laufe der
Nacht in die befohlene Gegend vorgedrungen und hatten dort,
abgeschnitten von der Masse der Division, bis zu deren Eintreffen am
späten Nachmittag die Stellung gehalten. A.V.Kdo. hatte bei diesem
Unternehmen den Verlust des Offiziersanwärter Wachtmeister Steiss zu
beklagen. Nachdem die Abteilung Stellungswechsel in die Gegend Beaumetz
und Berneville gemacht hatte, war ein heftiger Panzerangriff bei
Berneville aus offenen Feuerstellungen abzuwehren. 6. Batterie erledigte
5 Panzer, sonst wurde beobachtetes Feuer auf Feind bei Berneville
abgegeben. Dann wurde die Abteilung in Gegend Acq eingesetzt mit Front
nach Nordosten. Auftrag der Division war, sich gegen den nördlich Arras
eingeschlossenen überlegenen Gegner zu verteidigen. Die Nacht verlief
ruhig. Ein Fahrzeug der Instandsetzungsstaffel geriet an diesem Tage
beim Nachziehen in Gegend Cambrai auf eine Mine und wurde vollkommen
zerstört. Ernstlich verletzt wurde niemand.
Bericht der 6. Batterie: Um 4.00 Uhr erreicht den Batterie-Chef
der Befehl: Batterie geht in Stellung Nordrand Berneville zur Abwehr
eines zu erwartenden Panzerangriffes aus nördlicher Richtung. Hierzu
wird die Batterie dem II. Bataillon des
Schützen-Regiment 7 unterstellt. Um 7.00 Uhr erfolgt der erste Panzerangriff von zunächst 5
und eine halbe Stunde später von nochmals 8 Panzern. Die Geschütze
waren im Halbkreis um das Dorf eingesetzt, so dass die Wirkung nach drei
Seiten möglich war. Eine Deckung für die Kanoniere bestand nicht. Die
Bekämpfung wird auf Entfernungen von 1300m, 400 – 500 m und einmal
sogar auf 40 m durchgeführt. Dabei zeigte sich, daß die Wirkung der
A.Z. auf Entfernungen über 800 m besser ist, als mit Panzergranaten, da
die Streuung zu groß ist und die Beobachtungsmöglichkeit des
Einschlages zu schlecht ist. Bei der Panzerbekämpfung zeichnete sich
das Geschütz Vorschneider ganz besonders aus und kämpfte 4 von den 5
durch die Batterie erledigten Panzer nieder. Im Anschluss daran musste
die Batterie noch einen Feuerüberfall über sich ergehen lassen und
verlor dabei einen Verwundeten. Die frz. Pak, die wir seit Philippeville
an Stelle unseres 2. Geschützes mitführten, wird durch 2 Volltreffer
eines frz. Panzers unbrauchbar.
Der Ring um den eingeschlossenen Gegner wurde am 23. Mai 1940 immer enger.
Die Abteilung machte zusammen mit dem II. Bataillon des
Schützen-Regiment 7 Stellungswechsel in die Gegend Barlin und wurde dort vom Divisionskommandeur
persönlich eingesetzt. 6. Batterie wurde dabei sofort in die vorderste Linie
gezogen, um zur Abwehr feindlicher Panzer bereit zu stehen. Es wurden
Feuerüberfälle und Störungsfeuer auf Noeux-les-Mines, Verquin und Bethune
abgegeben. Am Abend erfolgte Stellungswechsel nach Bouvigny. Die 6. Batterie
in ihrer alten Stellung bei Barin zur Panzer-Abwehr. Der Tag verlief ruhig.
Vom Gegner war wenig zu sehen. Besonders unangenehm machte sich in dieser
Gegend die nach Tausenden zählende Schar der Flüchtlinge bemerkbar, die wohl
bis zuletzt in den Gruben von Barin, Bully und Bethune gearbeitet hatten und
nun die Straßen, Häuser und Geländeschlupfwinkel bevölkerten. Irgend etwas
hinsichtlich der Organisation und Verpflegung der Flüchtlinge war von den
zuständigen franz. Stellen nicht unternommen worden. Die Bevölkerung nahm
daher zumeist feindselige Haltung ein. Ein Pkw.-Fahrer der 6. Batterie wurde
durch ein Kleinkalibergewehr angeschossen.
Bericht der 6. Batterie: Die Batterie bezieht südostwörts
Barlin in vorderster Linie Stellung. Angriffe fanden nicht statt.
Lediglich ein franz. Spähwagen erscheint auf 1200 m vor den
Feuerstellungen und verschwindet sofort wieder. Am Abend wird in
Barlin selbst ein Mann durch Heckenschützen verwundet. Durch die
Festnahme von 10 Geiseln werden weitere Überfälle unterbunden.
Die Verteidigung gegen den eingeschlossenen Gegner wird am 24. Mai
1940 weiter verstärkt und die Stellungen verbessert. Aus diesem
Grunde wurde im Laufe des Nachmittages
Schützen-Regiment 7 bis an den
Kanal bei La Bassée vorgezogen, und im Raume Vermeilles – Gambrin
– Sailly – La Bassée mit Front nach Nordosten eingesetzt. Mit ihm
bezog die II. des Artillerie-Regiment 77 Stellungen südlich Sailly.
Die Brücken über den Kanal waren zum Teil vom Gegner gesprengt
worden. Die Nacht brachte verschiedene Störungsfeueraufträge und
planmässige Feuerüberfälle und verlief sonst ruhig.
Bericht der 6. Batterie: Am frühen Nachmittag macht die
Batterie Stellungswechsel und geht mit dem II. Bataillon des
Schützen-Regiment 7 bis Annequin und richtet sich dort zur Nahabwehr
ein. Auch dieser Tag verlief ohne Feindberührung.
Stellung und Lage sind am 25. Mai 1940 unverändert. Vom Gegner war
selbst aus vorgeschobenen Beobachtungsstellen nichts zu sehen. Die
eigene Luftüberlegenheit schien restlos vorhanden zu sein. Die
Abteilung benutzte den ruhigen Tag zur Instandsetzung von Gerät und
Fahrzeugen. Es wurde beobachtetes Feuer auf den Feind am Kanal
südlich Givenchy zur Unterstützung eines Infanterie-Angriffes
abgegeben. Die 6. Batterie blieb weiter dem II. Bataillon des
Schützen-Regiment 7 unterstellt.
Bericht der 6. Batterie: An diesem Tag war es zum ersten Mal
wieder möglich, eine B-Stelle einzurichten, da bisher die
Feuerstellungen sich immer in vorderster Infanterie-Linie befunden
hatten. Batterie bezieht Wechselstellung, B-Stelle wurde in Cambrin
eingerichtet. Von dort erfolgt die Unterstützung auf unmittelbare
Anforderung vom II. Bataillon des
Schützen-Regiment 7, das am Abend
aus Cambrin heraus angreift, um das diesseitige Kanalufer zu gewinnen.
26. Mai 1940 Der Vormittag war ruhig. Gegen Mittag erfolgte
Stellungswechsel der Abteilung in Gegend südlich Cuinchy (Die
B-Stellen befanden sich auf Kohlenhalden, bezw. die der 4. Batterie
auf einem Wasserturm). Die Abteilung arbeitete zusammen mit
MG-Bataillon 8 zur Unterstützung des Angriffs der Division auf La
Bassée. Vorgeschobene Beobachter wurden zu den vordersten Stellungen
am Kanal d’Aire eingesetzt. Beobachtungsverhältnisse waren jedoch
infolge des flachen Geländes ausserordentlich schwierig. Der Gegner
belegte die eigenen Truppen aus zäh gehaltenen Stellungen jenseits
des Kanals mit beobachteten M.-G.- und Artilleriefeuer. Das A.V.Kdo.
hatte deshalb 1 Geschütz der 4. Batterie nach vorne genommen, um mit
ihm im direkten Schuss feindliche B-Stellen und Widerstandsnester zu
bekämpfen. Dabei wurde der Kirchturm von La Bassée zerstört.
Während der Nacht wurden Feuerüberfälle auf La Bassée und
Störungsfeuer auf die Straßen Richtung Lille abgegeben. Die 6.
Batterie verblieb beim II. Bataillon des
Schützen-Regiment 7.
Bericht der 6. Batterie: Im Laufe des Vormittags wird die
B-Stelle auf den Kirchturm Cuinchy vorverlegt. Die B-Stelle lag
ungefähr 50 m vor den englischen Linien und ergab eine Beobachtung,
wie sie sich von den Artilleristen oft erwünscht, aber selten
gefunden wird. Die Batterie bekämpfte M.-G.-Nester, B-Stellen,
Gefechtsstände und eine feindliche Batterie. Der Gegner ließ die
Absicht erkennen, seine Stellung am anderen Kanalufer durch Einsatz
von schweren Waffen zu verstärken, was durch das beobachtete Feuer
der Batterie zusammen mit einer schweren Granatwerfergruppe der
Infanterie zum größten Teil verhindert werden konnte. Am Abend
setzte das II. Bataillon des
Schützen-Regiment 7 zum Angriff über
den Kanal an. Ein mitgegebener vorgeschobener Beobachter kam nicht zur
Wirkung, weil durch Gewitterstörung eine Funkverbindung nicht
zustande gekommen ist. Die Unterstützung erfolgte durch Niederhalten
der MG-Nester am Ortsrand Givenchy.
27. Mai 1940 Der Gegner machte in den frühen Morgenstunden mit
starker Panzer- und Artillerieunter-stützung Angriffe auf die
westlich Cuinchy über den Kanal vorgestoßenen Teile der Division.
Die Abteilung bekämpfte zusammen mit den schweren Batterien des
Artillerie-Regiment 607 den Panzerangriff und zwingt den Gegner zur
Umkehr. Ein Panzer größerer Art wird dabei zerstört. In den
Mittagsstunden gelang der Division der Bau einer 16
Tonnen-Behelfsbrücke über den Kanal in Gegend Cuinchy. Die Abteilung
schoß während dieser Zeit Feuerüberfälle auf Räume, in denen das
MG-Bataillon 8 Widerstand vermutete, sowie auf Straßen Richtung Lille,
die durch feindliche Marschkolonnen belebt wurden. In den
Mittagsstunden überschritt die Abteilung den Kanal d’Aire, der bei
Givenchy geplante Einsatz wurde durch das Tempo der Angriffsbewegung
(Panzer- und Schützenregimenter) überholt. Die Batterien, ohne die
6. Batterie, die dem
Schützen-Regiment 7 unterstellt blieb, machten
selbständig Stellungswechsel nach vorwärts bis in Gegend Herlies.
Bericht 6. Batterie: Nach persönlicher Erkundung des
Batterie-Chefs geht in den frühen Morgenstunden ein vorgeschobener
Beobachter zu den vordersten Infanterie-Linien jenseits des Kanals und
kommt gerade recht, um einen Flankenstoß durch feindliche Panzer aus
Richtung La Bassée gegen den Übergang zusammen mit anderen Batterien
abzuwehren. Ein Panzer größeren Ausmaßes bleibt brennend liegen.
Der Rest zieht sich bis hinter Givenchy zurück. Batterie macht
Stellungswechsel über den Kanal, um zur Nahabwehr eingesetzt zu
werden. Ein Angriff findet nicht mehr statt. Da die Infanterie starkes
Feuer von MG-Nestern aus Givenchy bekommt, wird die Batterie auf
Befehl des Führers des II. Bataillon vom
Schützen-Regiment 7 an den
Ortsrand Givenchy vorgezogen und kämpft auf eine Entfernung von
300-400 m MG.- und Scharfschützennester in direktem Schuss nieder.
Zwei Stunden später muss die Batterie 6 Feuerüberfälle über sich
ergehen lassen, bei denen die Batterie 2 Verwundete verlor. Bei dem
jetzt eingeleiteten Angriff geht durch das schnelle Vordringen
vorübergehend die Verbindung mit dem II. Bataillon des
Schützen-Regiment 7 verloren. Batterie macht Stellungswechsel über
25 km. Aus einer dazwischen bezogenen Stellung wurden 2 feindliche Pak
in direktem Schuss niedergekämpft.
Die Division stieß am 28, Mai 1940 vom Divisionskommandeur
persönlich angesetzt, bis in den Fortgürtel von Lille und machte
dabei eine Frontveränderung nach Nordosten. Die 4. und 5. Batterie
bezogen Stellungen westlich Ennetiers (B-Stellen auf Fort Englos) und
machten Feuerüberfälle auf die Ortsteile Contelen und Lomme vor
Lille. Dabei litt die Abteilung durch gutliegendem feindliches
Artilleriefeuer mittleren Kalibers, das einmal auf einen Schlag
sämtliche Leitungen zu den Feuerstellungen und zum Gefechtsstand II
durch Volltreffer zerstörte. Ein Störungssucher der 5. Batterie
wurde durch Granatsplitter schwer verwundet. Gegen 22.00 Uhr erhielt
die Abteilung den Befehl zum Stellungswechsel, um mit dem
Panzer-Regiment 25 und dem
MG-Bataillon 8 nach Perenchies und
Verlinghem vorzustoßen und noch in der Nacht den Ring um Lille zu
schließen. Es kam jedoch nicht mehr zum Einsatz, da der Nachbar von
rechts schon über Verlinghem bis auf Quesney vorgestoßen war. Nur
durch Zufall wurde eine gegenseitige Waffenberührung vermieden, als
der Abteilungskommandeur beim Erkunden von Stellungen auf einen
eigenen Infanterie-Spähtrupp stieß. Die Abteilung bezog daraufhin in
Perenchies Quartiere. Die 6. Batterie kehrt in den Abteilungsverband
zurück, bleibt aber noch auf Zusammenarbeit mit II. Bataillon des
Schützen-Regiment 7 angewiesen. Ein starker Regen hatte in den
Morgenstunden die Bewegung der Abteilung erschwert. Die Zuführung der
Verpflegung wurde durch das starke Artilleriefeuer auf den Ortschaften
um Ennetiers ebenfalls etwas verzögert.
Bericht der 6. Batterie: Gegen Mittag bezieht die Batterie
wieder Stellung in vorderer Linie zur Abwehr eines feindlichen
Panzerangriffes, der auf Grund von Gefangenenaussagen von Norden her
zu erwarten war. Außer einigen schweren Brocken aus der Zitadelle von
Lille hatte die Batterie keine Feindberührung. Im Laufe der Nacht
wird die Batterie wieder der Abteilung unterstellt.
Gegen Abend des 29. Mai 1940 wird die Division herausgezogen, um in Gegend St. Pol
Quartiere für mehrere Tage zu beziehen. Ein Quartiermacherkommando
für voraus. Die Unterbringung erfolgte in St. Michel (Ortsbiwak).
Ebenfalls am 29. Mai 1940 erhielt Oberleutnant Kern (Führer 6. Batterie) für den
erfolgreichen Einsatz seiner Einheit zur Bekämpfung feindlicher
Panzer als Erster der Abteilung des Eiserne Kreuz II. Klasse. Gegen Abend
des 30. Mai 1940 wurde die 6. Batterie der Abteilung wieder zugeführt. Die Regimentsmusik des
Artillerie-Regiment 78 spielte am 31. Mai 1940 im Garten der
Unterkunft des Stabes ein Standkonzert, dem die Soldaten mit Freude
beiwohnten. Gegen Mittag wurde die Abteilung aus dem Verbande des Artillerie-Regiment 78
genommen und wieder dem Korps unterstellt, mit anderen
Einheiten zusammengefasst unter dem Regimentsstab des Artillerie-Regiment
623. Am
1. Juni 1940 hat die Abteilung einen Ruhetag. Waffen- und Gerätersatz konnte
in Mainz (!) abgeholt werden, insgesamt 2 l. F.H. 18. Am 2. Juni 1940 hat die
Abteilung erneut einen Ruhetag.
Die Abteilung wurde am 19. Juli 1940 zur II. Abteilung des Artillerie-Regiment 160 der 60. Infanterie-Division (motorisiert).
Die Ersatzgestellung für die I. Abteilung wurde anfangs von der Artillerie-Ersatz-Abteilung
77 wahrgenommen. Ab 1940 wurde diese
Aufgabe von der Artillerie-Ersatz-Abteilung
90 wahrgenommen. 1943 wechselte die Aufgabe
erneut, diesmal zur Artillerie-Ersatz-Abteilung
260. Für die Ersatzgestellung der II. Abteilung war die Artillerie-Ersatz-Abteilung
77 zuständig.
Abteilungskommandeure:
I. Abteilung:
Oberstleutnant Hermann Haehnle 12. Oktober 1937 - 1. April 1940 (übernahm AR 41)
Hauptmann der Reserve Otto Sonder (1944)
Hauptmann der Reserve Hermann Petersen (1945)
II. Abteilung: