Graf von Schwerin, Gerhard Helmuth Detloff

 

* 23. Juni 1899, Hannover

† 29. Oktober 1980, Rottach-Egern

Gerhard Graf von Schwerin trat unmittelbar vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs in das Königlich Preußische Kadettenkorps ein. Am 10. August 1914 wurde der Sohn vom Rittergutsbesitzer und Polizeipräsident mit dem Charakter als Fähnrich in das Königlich Preußische Heer übernommen. Er kam dabei zum 2. Garde-Regiment zu Fuß. Er kam dann mit diesem Regiment an die Front. Am 8. Juni 1915 wurde er zum Leutnant befördert. Sein Patent wurde später auf den 23. Juni 1916 datiert. Als solcher wurde er im Krieg als Zugführer, Kompanieführer und Bataillonsadjutant eingesetzt. Am 26. September 1918 wurde er verwundet. Bei Kriegsende lag Leutnant von Schwerin noch immer verwundet im Lazarett. Im Ersten Weltkrieg wurden ihm neben dem Ritterkreuz des Königlich Preußischen Hausordens von Hohenzollern und beiden Eisernen Eisernen Kreuzen noch mit weiteren Orden ausgezeichnet. Nach dem Krieg wurde er anfangs als Leutnant in das Reichsheer übernommen. Im Frühjahr 1920 wurde er bei der Bildung vom 200.000 Mann-Übergangsheer aus der Armee verabschiedet.

Danach machte er eine kaufmännische Lehre bei der Kaffeehandels A.G. in Bremen. Danach wurde er dann als Leiter der Transport-Abteilung der AG für Petrol-Industrie eingesetzt. Im Sommer 1922 trat er dann als Leutnant wieder in die Reichswehr ein. Sein Rangdienstalter wurde jetzt auf den 1. März 1918 festgelegt. Er kam jetzt zum 1. (Preuß.) Infanterie-Regiment. Im Frühjahr 1924 gehörte er dann zur 6. Kompanie vom 1. (Preuß.) Infanterie-Regiment in Insterburg. Im Frühjahr 1925 gehörte er zur 2. Kompanie vom 1. (Preuß.) Infanterie-Regiment in Königsberg. Im Sommer 1925 wurde er zum Oberleutnant befördert. Das Rangdienstalter wurde dabei auf den 1. April 1925 festgelegt. Am 1. Januar 1926 wurde er zur 7. Kompanie vom 3. (Preuß.) Infanterie-Regiment nach Deutsch Eylau versetzt. Im Frühjahr 1927 und 1928 gehörte er dann zur 8. (MG.) Kompanie vom 3. (Preuß.) Infanterie-Regiment in Deutsch Eylau. 1928/29 wurde er dann für die nächsten Jahre in die 9. Kompanie vom 3. (Preuß.) Infanterie-Regiment nach Osterode in Ostpreußen versetzt. Ab dem 1. Oktober 1931 gehörte er dann zur 2. Kompanie vom 18. Infanterie-Regiment in Paderborn. Am 1. Mai 1933 wurde er zum Hauptmann befördert. Als solcher wurde er dann ab dem 1. Oktober 1933 für zwei Jahre zur Kriegsakademie kommandiert. Am 15. Oktober 1935 wurde er dann in den Generalstab der 22. Infanterie-Division nach Bremen versetzt. Am 1. März 1937 wurde er dort zum Major befördert. Sein Rangdienstalter wurde dabei auf den 1. Oktober 1936 festgelegt. Ab dem 1. Oktober 1937 gehörte er als Kompaniechef zum Infanterie-Regiment 17. Ab dem Herbst 1938 diente er in der 3. Abteilung beim Oberquartiermeister IV (OQu IV) im Oberkommando des Heeres. Am 1. April 1939 wurde er dann zum Oberstleutnant befördert. Bei der Mobilmachung des 2. Weltkrieges wurde er anfangs weiter im OKH eingesetzt. Bei der Aufstellung vom Infanterie-Regiment Großdeutschland am 1. Oktober 1939 wurde er dann zum Kommandeur des I. Bataillons ernannt. Im Winter 1939/40 wurde er zeitweise mit der stellvertretenden vom Schützen-Regiment 86 beauftragt. Er führte dann das Infanterie-Regiment Großdeutschland während des Frankreichfeldzuges. Im Sommer 1940 führte er zeitweise auch das Infanterie-Regiment 254. Im Januar 1941 wurde er dann zum Kommandeur vom neuen Regimentsstab z.b.V. 200 ernannt. Mit diesem verlegte er dann nach Afrika. Dort wurden ihm die MG-Bataillone 2 und 8 im Sperrverband Libyen unterstellt. Im März 1941 führte von Schwerin eine deutsch-italienischen Abteilung zu einem langen Aufklärungsvorstoß in den Fezzan und legte dabei 2000 km zurück. Im April konnte die "Kampfgruppe Schwerin" die Oase Mechili einnehmen und über 2.000 Briten gefangen nehmen, darunter zwei Generäle! Im Juli 1941 gab er sein Kommando ab. Er übernahm angeblich kurzzeitig die Führung über das Panzer-Regiment 5, welches er in den Kämpfen in Libyen führte. Dann wurde er in die Führerreserve versetzt. Am 1. August 1941 wurde er zum Oberst befördert. Anfang August 1941 wurde er dann zum Kommandeur vom Infanterie-Regiment (mot.) 76 an der Ostfront. Er bewährte sich bei den Kämpfen am Wolchow, bei Schlüsselburg, an der Newa sowie bei Leningrad und erhielt dafür am 17. Januar 1942 das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes. Zeitweilig wurde er auch mit der stellvertretenden Führung der 254. Infanterie-Division beauftragt. Am 23. Juli 1942 wurde er mit der Führung der 8. Jäger-Division beauftragt. Im Oktober 1942 wurde von Schwerin zum Generalmajor befördert. Als solcher übernahm er Mitte November 1942 die 16. Infanterie-Division als Kommandeur. Diese führte er im Kaukasus und es gelang ihm, die Division nach dem russischen Gegenangriff aus der Einschließung zu befreien. Nach Rückzugsgefechten in Richtung Mius wurde die 16. Infanterie-Division im Frühjahr 1943 aus der Front gezogen, aufgefrischt und zur Panzergrenadierdivision umgegliedert. Nach einigen Monaten kehrte die 16. Panzer-Grenadier-Division zur Heeresgruppe Süd zurück. Am 17. Mai 1943 erhielt der Kommandeur für die Leistungen seiner Grenadiere im Mius-Abschnitt, das Eichenlaub zum Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes verliehen. Ende Mai 1943 gab er sein Kommando für einen Monat an Oberst Wilhelm Crisolli ab. Am 1. Juni 1943 wurde er zum Generalleutnant befördert. Von Schwerin führte seine 16. Panzer-Grenadier-Division ab Ende Juni 1943 durch die schweren Rückzugskämpfe bei Isjum, Slawjansk, Stepanowsk und Kriwoi-Rog. Am 18. Oktober 1943 wurde er namentlich im Wehrmachtsbericht genannt: "Die rheinisch-westfälische 16. Panzergrenadierdivision unter Führung des Generalleutnants Graf v. Schwerin verdient für ihre vorbildliche Einsatzfreudigkeit während der großen Absetzbewegungen ostwärts des Dnjepr und bei den Kämpfen im Brückenkopf von Saporoshje besondere Anerkennung." Er erhielt am 4. November 1943 die Schwerter zum Ritterkreuz mit Eichenlaub verliehen. Im Frühjahr 1944 wurde die Division in die 116. Panzer-Division umgegliedert und in den Westen verlegt. Nach der alliierten Landung in der Normandie wurde die Division jedoch nicht sofort gegen den gelandeten Gegner angesetzt. Sein bereits mehrmaliges öffentliches Auftreten gegen Hitlers Kriegsführung rückte den Grafen von Schwerin in den Blickwinkel des Militärischen Widerstandes um Graf Schenk von Stauffenberg. Dies führte dazu, dass Generalleutnant Speidel, zu dieser Zeit Chef des Generalstabes der Heeresgruppe B in Frankreich, auf den Gedanken kam, von Schwerins 116. Panzer-Division sowie die 2. Panzer-Division des ebenfalls als Hitlergegner bekannten Generalleutnant Heinrich von Lüttwitz in die Umsturzpläne des Widerstandes einzubeziehen! Trotz der seit Wochen tobenden Abwehrschlacht an der Invasionsfront in der Normandie behielt Speidel die beiden kampfkräftigen Divisionen unter einem Vorwand bis Ende Juli 1944 im Raum Groß-Paris zurück! Sobald Hitler durch von Stauffenbergs Bombe getötet worden wäre, sollten diese beiden Verbände für einen möglichen Einsatz gegen hitlertreue Truppen in Frankreich bereitstehen. Doch am 19. Juli 1944 - einen Tag vor dem Attentat - konnte Speidel den Verlegungsbefehl für die 116. Panzer-Division nicht länger zurückhalten! Der Großverband rückte in Richtung Normandie ab. Die Division wurde bei den Kämpfen um die Normandie eingesetzt und zog sich dann nach Osten zurück. Von Schwerin gelang es, die Division aus dem Kessel von Falaise herauszuhalten und führte sie über die Orne. Geschockt von den eigenen Verlusten und den sinnlosen Befehlen Hitlers bewies der Divisionskommandeur bewundernswerte Courage und verfasste zusammen mit Generalleutnant Heinrich von Lüttwitz ein Memorandum, in dem er das Ende des Krieges und die Beseitigung des Regimes forderte! Vermutlich blieben beide Offiziere nur aufgrund ihrer vergangenen Verdienste unbehelligt. Im Herbst 1944 führte von Schwerin die 116. Panzer-Division in der Abwehrschlacht um Aachen. Als von Schwerin erkannte, dass seine Truppen gegen die überlegenen alliierten Truppen keine Chance hatten, bewies er erneut Entschlossenheit. Er verfasste einen persönlichen Brief an den US-General Hodges, welcher die vor Aachen kämpfende 9. US-Armee befehligte. In diesem bat von Schwerin seinen Gegner, die kulturell wertvolle und mit Zivilisten und Flüchtlingen überfüllte Stadt nicht zu zerstören und bot als Gegenleistung den kampflosen Rückzug seiner Division an. Doch statt bei Hodges landete dieses Angebot auf dunklen Wegen bei Funktionären der NSDAP. Inzwischen trat Hodges nach wochenlangen Kämpfen zum Sturmangriff auf Aachen an, die deutschen Stellungen wurden überrannt und von Schwerins 116. Panzer-Division musste sich zurückziehen, allerdings gegen den Befehl Hitlers. Dadurch wurde von Schwerins Lage noch kritischer und im September 1944 wurde er seines Postens enthoben und wegen Hochverrats vor ein Kriegsgericht gestellt. Nur mit der Unterstützung der Generalfeldmarschälle von Rundstedt und Model konnte er dem Todesurteil entgehen und erhielt nur einen strengen Verweis! Anfang Dezember 1944 wurde von Schwerin dann zum Kommandeur der 90. Panzer-Grenadier-Division ernannt. Ende Dezember 1944 gab er sein Kommando bereits wieder ab. Er übernahm jetzt dafür die Führung über das LXXVI. Panzerkorps in Italien. Am 1. April 1945 wurde er zum General der Panzertruppen befördert. Damit wurde er dann auch zum Kommandierenden General vom LXXVI. Panzerkorps ernannt. Am 26. April 1945 geriet er in britische Gefangenschaft. Aus dieser wurde er dann Ende 1947 wieder entlassen.

Danach bezog er seinen Wohnsitz in Rottach. Ab dem 1. Mai 1948 wurde er dann bis Ende Februar 1949 als Kraftfahrer beim örtlichen Kommando der US-Armee angestellt. Am 1. März 1949 zog er dann nach Bonn. Dort wurde er jetzt als Angestellter der Firma Oranie Bonn tätig. Am 1. September 1949 avancierte er dann zum Generalvertreter der Diplomycib Gesellschaft. Ab dem 1. Juni 1950 wurde Graf von Schwerin bei der Regierung Adenauer Berater für Militär- und Sicherheitsfragen. Als Leiter der "Zentrale für Heimatdienst" wurde der General a.D. mit dem Aufbau der Bundesgendarmerie beauftragt. 1956 ging er in die Industrie, da er der neuen Bundeswehr nicht beitreten wollte.

 

Ritterkreuz (17. Januar 1942) Eichenlaub (17. Mai 1943) Schwerter (4. November 1943)

Literatur und Quellen:
Peter Stockert: Die Eichenlaubträger 1940 - 1945, 4 Bände, Bad Friedrichshall, 1996 / 1997
Peter Stockert: Die Eichenlaubträger 1940 - 1945, 9 Bände, 4. überarbeitete Auflage, Bad Friedrichshall 2010 / 2011