Heinrich XXXVII. Prinz Reuss (jüngere Linie)

 

* 1. November 1888, Ludwigslust in Mecklenburg

† 9. Februar 1964, Garmisch-Partenkirchen

 

 

Heinrich XXXVII. Prinz Reuss war der Sohn von Graf Heinrich II. Prinz Reuß jüngere Linie, Chef des jüngeren Zweiges (1855–1911), preußischer General der Kavallerie à la suite der Armee und Chef des 1. Großherzoglich Mecklenburgischen Dragoner-Regiments Nr. 17 und seiner Frau Charlotte Frederike Wilhelmine von Mecklenburg-Strelitz, Herzogin, Fürstin Reuß zu Köstritz. Am 22. März 1907 trat er mit dem Charakter als Leutnant zur See in die kaiserliche Marine ein. Er absolvierte seine Ausbildung auf dem Schulschiff SMS Charlotte und an der Marineschule Mürwik. Seine Seereise führte ihn mit der SMS Charlotte in der Zeit vom 22. Juni 1908 bis zum 23. Dezember 1908 in westindische Gewässer. Während dieser Ausbildung wurde er zur Ausbildung auch auf dem Schweren Kreuzers SMS Blücher eingesetzt. Am 27. September 1911 wurde er zum Leutnant befördert. Sein Patent wurde dabei auf den 29. September 1910 datiert. Mit dem Tod seines Vaters am 15. August 1911 wurde er zum Chef des jüngeren Zweiges. Am 30. September 1911 wurde er als 2. Torpedo-Offizier auf den großen Kreuzer SMS Moltke versetzt. Am 27. September 1913 folgte seine Beförderung zum Oberleutnant zur See. Am gleichen Tag wurde er als Kompanieführer bei der I. Marine-Artillerie-Abteilung nach Kiel-Friedrichsort versetzt. Diese Position hatte er auch noch bei Ausbruch des 1. Weltkrieges im Sommer 1914 inne. Am 12. August 1914 übernahm er das Kommando über das Torpedoboot S 60. Im September 1914 wurde seine Boot zum Torpedoboot T 60 umgeschrieben. Sein Boot wurde als Minensucher eingesetzt. Im Januar 1915 gab er sein Kommando ab und reiste dafür in die Türkei. Hier wurde er beim Oberkommando der Meerengen in den Dardanellen zum Kommandeur der Torpedo-Batterie und zugleich Leiter des Minenwesens. Am 4. September 1915 gelang es ihm den Kommandant und die Besatzung vom englischen U-Boot E7 gefangenzunehmen. Im Winter danach litt er unter Typhus. Im März 1916 wurde er zur türkischen Flotte kommandiert um U 33 in die Dardanellen einzulosten. Im April 1916 kehrte er nach Deutschland zurück und absolvierte für mehr als ein Jahr seine U-Boot-Ausbildung. Danach wurde er Kommandant von UB 28. Am 26. April 1917 wurde er zum Kapitänleutnant befördert. Am 10. Mai 1917 übernahm er das Kommando über das neu in Dienst gestellte Unterseeboot "UC 54" bei der Unterseeboots-Flottille Mittelmeer im Kriegshafen Pola. Mit diesem Boot versenkte er auf mehreren Feindfahrten 14 feindliche Schiffe verschiedenster Nationen und beschädigte zwei weitere. Sein ein Jahr jüngerer Bruder Heinrich XXXVIII Prinz Reuss zu Köstritz ist am 22. März 1918 als Rittmeister im Pommersches Kürassier-Regiment „Königin“ Nr. 2 im Alter von 28 in Liny Brabant in Belgien gefallen. Am 22. Mai 1918 gab er das Kommando über das Boot an Oberleutnant zur See Otto Loycke ab. Am 22. Juni 1918 übernahm er dann das Kommando über den Neubau "UB 130" bei der I. Unterseeboots-Flottille. Mit diesem Boot absolvierte er noch eine Feindfahrt, die jedoch ergebnislos verlief. Im Ersten Weltkrieg wurden ihm neben beiden Eisernen Kreuzen noch einige andere Auszeichnungen verliehen. Am 18. November 1918 wurde er dann zum Admiralsstab der Marine kommandiert und am 19. März 1919 IIa im Stab des Freikorps Dohna. Am 20. September 1919 übernahm er das Kommando über eine Kompanie bei der III. Marine-Brigade von Loewenfeld. Mit dieser wurde er bei der Bekämpfung des Ruhraufstandes im Frühjahr 1920 eingesetzt, der brutal niedergeschlagen wurde.  Am 1. Juli 1920 wurde er für 3 Wochen zur Verfügung des Chefs der Marineleitung gestellt. Am 21. Juli 1920 wurde Heinrich XXXVII. Prinz Reuss Kompanieführer bei der Küstenwehr-Abteilung V in Pillau, bevor er am 31. März 1921 aus dem Militärdienst der Marine ausschied.

Im Anschluss war er mehrere Jahre Inhaber verschiedener Firmen. Dazu gehörten eine Filmgesellschaft, aber auch Im- und Export-Gesellschaften. Am 14. November 1922 hat er nicht standesgemäß die vier Jahre jüngere, frisch geschiedene, Friedel Mijotki in Berlin geheiratet. 1926/27 arbeitete er als Hilfsarbeiter bei der Abwehrstelle in der Marineleitung. Dabei handelte es sich um einen geheimen Marinenachrichtendienst. Dieser musste im Zusammenhang mit der Lohmann-Affäre liquidiert werden. 1927 bis 1929 arbeitete er für das Bankhaus Sponholz & Co in Berlin. 1929 arbeitete er mehrere Monate für eine Firma in Rio de Janeiro. Noch im Sommer 192 kehrte er wieder nach Deutschland zurück, wo er ab diesem Jahr bei der Phönix-Versicherungsgesellschaft in Berlin arbeitete. Am 21. Februar 1930 hat er sich von seiner ersten Frau in Berlin scheiden lassen. 1931 bis 1933 arbeitete er bei der kaiserlichen Hofkammer in Golzow, Schwedt und Berlin. 1933 und 1934 arbeitete er als Prokurist beim Bankhaus Hardy & Co. Hypothekenankauf GmbH in Berlin. Gleichzeitig war er auch Geschäftsführer der Internationalen Mortgage GmbH. Am 7. August 1933 hat er die 12 Jahre jüngere geschiedene Stefanie Clemm von Hohenberg, Tochter von Gustav Clemm von Hohenberg, Großherzoglich hessischer Kabinettssekretär und Geheimer Regierungsrat a. D., in Garmisch-Partenkirchen geheiratet. Am 28. August 1934 wurde der gemeinsame Sohn Heinrich XI Licco Prinz Reuss zu Köstritz in Berlin geboren. Am 14. Januar 1935 wurde er als Ergänzungs-Offiziers-Anwärter Referent in der Zentral-Abteilung des Reichsluftfahrtministeriums (RLM) in Berlin wieder angestellt. Am 1. Mai 1935 wurde er als E-Offizier zum Major (E)* befördert. Am 29. Juli 1936 wurde seine Tochter Marianne Charlotte Katharina Stefanie Prinsessin Reuss zu Köstritz in Berlin geboren. Am 1. April 1937 wurde er zur I. Abteilung vom Flak-Regiment 13 kommandiert. Am 1. Oktober 1937 wurde er Chef einer Flak-Batterie im Flak-Regiment 13. Am 1. März 1938 wurde er zum Oberstleutnant (E) befördert. Am 1. April 1938 wurde er mit der Führung der I. Abteilung des Flak-Regiments 13 unter Oberst Alfons Luczny beauftragt. Mit seiner Übernahme in das aktive Offizierskorps wurde er am 1. Oktober 1938 als Oberstleutnant dann auch zum Kommandeur der I. Abteilung vom Flak-Regiment 13 ernannt. Kurz darauf wurde er mit seiner Abteilung nach Leipzig verlegt. Am 1. August 1939 folgte die Beförderung zum Oberst. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde er am 1. September 1939 zugleich Kommandeur der Flak-Gruppe 8 in Breslau. Diese Bezeichnung bekamen Einheiten manchmal beim Einsatz im Heimatkriegsgebiet. Am 8. Oktober 1939 wurde er zum Kommandeur vom Flak-Regiment 123 ernannt. Anfänglich wurde er mit seinem Stab als Flakgruppe Braunschweig-Wolfenbüttel eingesetzt. Im Februar 1940 verlegte er mit seinem Stab nach Hamburg, wo er jetzt als Flak-Gruppe Hamburg-Süd verwendet wurde. Am 18. Mai 1940 wurde ihm die Spange zum Eisernen Kreuz 2. Klasse verliehen. Am 31. Juli 1940 wurde ihm die Spange zum Eisernen Kreuz 1. Klasse verliehen. Am 22. Oktober 1940 verlegte er dann mit seinem Stab nach Aarhus in Dänemark. Dort wurde der Stab im Hotel Regina in der Søndergade 53 untergebracht, wo der Gefechtsstand im 3. Stock eingerichtet wurde. Er wurde jetzt auch als Flakgruppe Dänemark bezeichnet. Am 23. September 1942 wurde ihm das Flakkampfabzeichen verliehen. Am 23. Oktober 1942 wurde er dann durch die Umbenennung seines Stabes zum Kommandeur des Flugabwehr-Kommandos Dänemark in Aarhus ernannt. Mitte November 1942 gab er sein Kommando über das Flak-Regiment 123 bzw. als Kommandeur vom Flugabwehr-Kommandos Dänemark ab. Sein Nachfolger wurde Oberst Ludwig Grauert. Am 26. November 1942 wurde er als Nachfolger von Oberst Hermann Lichtenberger zum Kommandeur der Flak-Brigade IV in München ernannt. Mit dieseer war er jetzt für die Verteidugung kriges- und lebenswichtiger Anlagen im Heimatkriegsgebiet verantwortlich. Am 1. Februar 1943 wurde er zum Generalmajor befördert. Am 10. März 1943 gab er sein Kommando an Oberst Wilhelm Fichter ab. Dafür wurde er dann an diesem Tag als Nachfolger von Generalmajor Richard Reimann zum Kommandeur der 18. Flak-Division ernannt. Diese Division führte er jetzt im Mittelabschnitt der Ostfront. Am 17. Dezember 1943 wurde er zum Deutschen Kruez in Gold vorgeschlagen. Am 30. Januar 1944 wurde er durch das II. Flakkorps bei der Luftflotte 6 zur bevorzugten Beförderung zum Generalleutnant vorgeschlagen. Als Beurteilung wurde dabei folgendes durch den Kommandierenden General vom II. Flakkorps, General der Flakartillerie Job Wilhelm Odebrecht vermerkt: "Generalmajor Prinz Reuß ist eine selbstsichere, gewandte Persönlichkeit von gewinnender Erscheinung und körperlich und geistig gleich guter Veranlagung. Seine vornehme Gesinnung wirkt sich in besonders warmer Fürsorge für seine Soldaten aus. Als Kommandeur der 18. Flakdivision, die er seit dem 5. April 1943 ununterbrochen im vordersten Kampfgebiet führt, hat er sich vor dem Feinde bewährt. Durch überlegte Befehlsgebung und mit straffer Hand hat er auch in kritischen Lagen seine Division richtig und mit Erfolg eingesetzt. Seine Klarheit in taktischer Auffassung und Befehlsgabe sowie sein Organisationstalent sind besonders anzuerkennen. Mit den ihm unterstellten Verbänden hat er in den Abwehrschlachten des vergangenen Jahres gute Erfolge erzielt und sich dabei als einsatzfreudiger Kommandeur auch in schwierigen Lagen bewährt. Er wurde dafür zum Deutschen Kreuz in Gold vorgeschlagen. Generalmajor Prinz Reuß hat die 18. Flakdivision als Kommandeur in mehrfach anhalt schweren Kämpfen vor dem Feinde erfolgreich geführt und sich dabei in dieser Dienststelle voll bewährt. Er ist unter Anlegung eines strengen Maßstabes nach Charakter und Leistung zur bevorzugten Beförderung zum Generalleutnant uneingeschränkt geeignet." Dazu ergänzte Generaloberst Robert Ritter von Greim, Chef der Luftflotte 6, am 5. Februar 1944: "Ich befürworte den Beförderungsvorschlag." Am 31. Januar 1944 wurde er schließlich als Offizier z.b.V. ins Reichsluftfahrtministerium versetzt. Seine Division übernahm dafür Generalmajor Adolf Wolf. Am 1. April 1944 wurde er mit Wirkung des gleichen Tages zum Generalleutnant befördert. Am 3. April 1944 wurde ihm dann auch noch das Deutsche Kreuz in Gold verliehen. Sein Bruttogehalt waren 1.669,34 Reichsmark, sein Netto waren 1.351,94 Reichsmark. Es wurde dem Konto Nr. 2908 bei der Commerzbank Berlin, Depositenkasse N, Bellevuestraße 14, Berlin W 9 gutgeschrieben. Am 30. April 1944 wurde er unter der Verleihung des Rechts zum Tragen der Uniform aus dem aktiven Wehrdienst entlassen. Seine Privatadresse war damals die Lauchagrundstraße 38 in Tabarz. Damit wohnte er im Haus Troebst. Er erhielt noch bis zum 31. August 1944 seine Friedensgebührnisse bezahlt. Am 26. Februar 1945 ersuchte er wegen Verkehrsschwierigkeiten und die besondere Lage für Berlin als frontnahen Raum um zukünftige Auszahlung seines Ruhegehaltes auf das Konto Nr. 975 bei der Sparkasse Gotha, Zweigstelle Tabarz. Sein Ruhegahlt waren Brutto 1.386,67 Reichsmark, netto blieben mit Kinderzuschlag, unter Abzug für das Winterhilfswerk, noch 1.148,47 Reichsmark. Bei Kriegsende floh er 1946 unter Verlust seiner Habe an den Ammersee, wo er im Hause der Schwiegermutter unterkam. Von dort zog er zu seiner Mutter nach Partenkirchen. 1948/49 war er für die amerikanische Besatzungsmacht tätig. Mit seinem Tod wurde sein Sohn Chef des jüngeren Zweiges.

 

*Ausgeschiedene ehemalige Offiziere wurden oft als zivile Angestellte der (schwarzen) Reichswehr in "Landesschutzangelegenheiten" beschäftigt (L-Angestellte). Ab dem 1. Oktober 1933 taten diese als sog. L-Offiziere (L = Landsschutz; nicht Landwehr) Dienst in Kommandostellen der Reichswehr, trugen weiterhin Zivil und hatten an ihrem Rang ein "a.D." Das war wie eine eigene Laufbahn mit eigener Besoldung neben dem aktiven Offizierskorps. Am 5. März 1935 erfolgte die Umbenennung in E-Offiziere für Ergänzungsoffizierskorps. Hier trugen die Ränge dann ein (E) als Zusatz. Diese Offiziere wurden nur in bestimmten Bereichen, meist Innendienst eingesetzt und machten während der Aufrüstung aktive Offiziere frei für andere Verwendungen.

 

Literatur und Quellen:
Krug, Ottomar Deutsche Generale 1918-1945, Bundesarchiv Freiburg, Signatur MSG 109/10854 - Vae – Zwe
Wolfgang Keilig: Rangliste des deutschen Heeres 1944/1945, Podzun-Verlag 1955 
Podzun, H. H. (Hg.): Das Deutsche Heer 1939. Gliederung, Standorte, Stellenbesetzung und Verzeichnis sämtlicher Offiziere am 3. Januar 1939, Bad Nauheim, Podzun 1953