von Seydlitz-Kurzbach, Walther

 

* 22. August 1888, Hamburg-Eppendorf

† 28. April 1976, Bremen

 

Walther von Seydlitz-Kurzbach besuchte die Schule an den verschiedenen Garnisonstädten seines Vaters und machte 1908 das Abitur. Am 18. September 1908 trat er als Fahnenjunker in die Königlich Preußische Armee ein. Er kam dabei zur 2. Batterie vom 2. Westpreußisches Feldartillerie-Regiment Nr. 36 nach Danzig. Am 27. Januar 1910 wurde er nach dem Besuch der Kriegsschule zum Leutnant befördert. Sein Patent wurde dabei auf den 29. Januar 1908 datiert. Als solcher wurde er dann als Batterieoffizier im 2. Westpreußisches Feldartillerie-Regiment Nr. 36 eingesetzt. Im Ersten Weltkrieg wurde sein Regiment in Ostpreußen eingesetzt. Am 27. Januar 1915 wurde er zum Oberleutnant befördert. 1916 und 1917 wurde er bei den Stellungskämpfen an der Somme und bei den Kämpfen an der Siegfriedstellung verwendet. Am 18. April 1917 wurde er zum Hauptmann befördert. Später wurde er bei St. Quentin eingesetzt. Am 16. Oktober 1918 wurde ihm das Ritterkreuz des Königlich Preußischen Hausordens von Hohenzollern mit Schwertern verliehen. Bei Kriegsende wurde er dann in Danzig eingesetzt. Im 1. Weltkrieg wurde er nicht nur mehrmals verwundet, was sich in der Verleihung des Verwundetenabzeichens in Weiß (Silber) widerspiegelte. Im Ersten Weltkrieg wurden ihm neben beiden Eisernen Kreuzen auch noch einige andere Auszeichnungen verliehen. Nach dem Krieg wurde er im Grenzschutz Ost als Adjutant der 36. Feldartillerie Brigade eingesetzt. Beim 200.000 Mann-Übergangsheer im Frühjahr 1920 wurde er dann als Regimentsadjutant vom Reichswehr-Artillerie-Regiment 2 eingesetzt. Bei der Bildung des 100.000 Mann-Heeres der Reichswehr kam er dann zum 2. (Preuß.) Artillerie-Regiment. Bei diesem wurde er dann die nächsten Jahre als Regimentsadjutant in Schwerin (Mecklenburg) eingesetzt. Am 1. Januar 1926 wurde er dann zum Chef der Ausbildungs-Batterie vom 2. (Preuß.) Artillerie-Regiment ebenfalls in Schwerin (Mecklenburg) ernannt. Auch diese Funktion übte er dann mehrere Jahre aus. Sein Nachfolger als Regimentsadjutant wurde Oberleutnant Kurt Waeger. 1929/30 wurde er dann in das Reichswehrministerium (RWM) nach Berlin versetzt. Dort wurde er dann die nächsten Jahre als Adjutant vom Chef des Heeres-Waffenamt (WaA) eingesetzt. Am 1. April 1930 wurde er dort zum Major befördert. Am 1. April 1933 wurde Walther von Seydlitz-Kurzbach dann zum Kommandeur der IV. Abteilung vom 6. (Preuß.) Artillerie Regiment in Verden an der Aller ernannt. Als solcher wurde er am 1. April 1934 zum Oberstleutnant befördert. Am 1. März 1936 wurde er zum Oberst befördert. Am 6. Oktober 1936 wurde er als solcher zum Kommandeur vom Artillerie-Regiment 22 in Verden an der Aller. In dieser Funktion befand er sich auch noch bei Beginn des 2. Weltkrieges im Sommer 1939 eingesetzt. Er bezog dann mit seinem Regiment Stellungen im Westen. Ende September 1939 gab er sein Kommando ab. Er wurde dafür zum Artillerie-Kommandeur 102 (Arko 102) in Potsdam ernannt. Am 1. Dezember 1939 wurde er zum Generalmajor befördert. Anfang März 1940 gab er sein Kommando als Arko 102 wieder ab. Dafür wurde er dann zum Kommandeur der 12. Infanterie-Division ernannt. Diese führte er dann im Frühjahr 1940 in den Westfeldzug. Dabei wurden ihm bereits nach wenigen Tagen beide Spangen zu seinen Eisernen Kreuzen verliehen. Nach dem Ende des Frankreichfeldzuges wurde er mit seiner Division als Besatzungstruppe in Frankreich belassen. Am 15. August 1940 wurde ihm auch noch das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes verliehen. Zum Ende des Frühjahrs 1941 wurde die Division dann an die Ostgrenze verlegt. Im Rahmen der 6. Armee führte er seine 12. Infanterie-Division dann zum Sommerbeginn 1941 im Ostfeldzug beim Angriff auf Nordrussland. Zum 1. Dezember 1941 wurde er zum Generalleutnant befördert. Am 31. Dezember 1941 wurde ihm dann das Eichenlaub zum Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes verliehen. Anfang Januar 1942 gab er sein Kommando über die 12. Infanterie-Division ab und wurde dafür in die Führerreserve versetzt. Anfang März 1942 wurde er zum Führer der "Gruppe Seydlitz" ernannt, wobei es sich um ein Art Korps zur Befreiung des Kessels von Demjansk handelte. Es gelang ihm dann die eingeschlossenen deutschen Verbände aus dem Kessel von Demjansk zu befreien. Dazu führte er zwischen dem 21. März 1942 und 10. April 1942 das Unternehmen Brückenschlag aus. Am 8.Mai 1942 wurde er dann zur 6. Armee nach Charkow kommandiert. Dort wurde er dann zum Kommandierenden General des LI. Armeekorps ernannt. Am 1. Juni 1942 wurde er dann als solcher zum General der Artillerie befördert. Sein Generalkommando führte er dann im Sommer 1942 beim Vormarsch in Richtung Stalingrad. Er wurde dann im Herbst 1942 mit seinem LI. Armeekorps dort eingeschlossen. Am 23. November 1942 nahm er die Nordfront im Kessel eigenmächtig zurück, um mehr Druck auf den OB, Generaloberst Friedrich Paulus, auszuüben. Der Chef des Generalstabes der 6. Armee, Generalmajor Arthur Schmidt, verlangte vergeblich seine Ablösung und ein Kriegsgerichtsverfahren gegen ihn. Am 25. November 1942 legte er eine Denkschrift vor, deren Inhalt widerspiegelte, dass die Armee dem Untergang geweiht ist, wenn sie nicht ausbricht. Am gleichen Tag wurde ihm der komplette Nordteil des Stalingrader Festungsbereiches unterstellt. Daraufhin erfolgte ein Meinungsschwenk und er erließ Durchhalteparolen. Am 26. Januar 1943 wurde sein Korps dem General der Artillerie Heitz unterstellt, er selbst hatte den ihm unterstellten Truppen das Recht eingeräumt, nach eigenen Ermessen den Kampf einzustellen. Während der Kämpfe um Stalingrad geriet er am 31. Januar 1943 in sowjetische Gefangenschaft. Ende Februar 1943 befand er sich im Hauptlager 27 in Krasnogorsk. Ab dem 22. Juli 1943 war er dann nach Aufenthalten im Lager Susdal und im Generalslager Woikowo in Lunjowo inhaftiert. Der Schock der Katastrophe von Stalingrad, besonders aber die menschenverachtende Haltung Hitlers, durch die die 6. Armee geopfert wurde, sowie die Versprechungen der Sowjets, Deutschland im Falle einer Beendigung des Krieges vor der deutschen Grenze nicht zu besetzen, veranlassten Walther v. Seydlitz dem Bund deutscher Offiziere (BDO) beizutreten und den Vorsitz zu übernehmen. Der BDO schloss sich dem Nationalkomitee „Freies Deutschland“ (NKFD) an. Ziel beider Organisationen war es 1943, die Wehrmacht – gegen den Befehl Hitlers – unter verantwortungsbewußter Führung auf die Reichsgrenze zurückzuführen. Im Januar 1944 änderte sich die Zielsetzung auf: Einstellung des Kampfes, Übergang auf die Seite des NKFD. Im Reich wurde das Engagement von Seydlitz-Kurzbach auch in der Generalität mit Mißfallen aufgenommen. Es führte aber zur Ächtung seiner Person durch die deutsche Generalität sowie zur Sippenhaft für seine Familie. Im August 1944 wurde er in Deutschland in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Seine Frau musste sich von ihm scheiden lassen, um weiteren Repressalien zu entgehen. Von der Sowjetunion wurde er nach Kriegsende am 24. Mai 1950 in das Butyrskaja-Gefängnis verbracht. Am 12. Juni 1950 wurden ihm Kriegsverbrechen im Raum Nowgorod vorgeworfen. Am 8. Juli 1950 wurde er als Kriegsverbrecher zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Dabei belasteten ihn die Generalmajor Ingo von Collani und Generalleutnant Hans Boeck-Behrens durch falsche Aussagen. Am 7. Oktober 1955 kehrte er nach Westdeutschland zurück, wo er 1976 starb. Am 23. April 1996 wurde seine Verurteilung in Rußland durch Generalstaatsanwaltschaft Moskau rehabilitiert.

 

Ritterkreuz (15. August 1940) Eichenlaub (31. Dezember 1941)

Literatur und Quellen:
Peter Stockert: Die Eichenlaubträger 1940 - 1945, 4 Bände, Bad Friedrichshall, 1996 / 1997
Peter Stockert: Die Eichenlaubträger 1940 - 1945, 9 Bände, 4. überarbeitete Auflage, Bad Friedrichshall 2010 / 2011