Truppenübungsplatz Grafenwöhr

 

Mit der Aufstellung eines III. Armeekorps um das Jahr 1900 suchte das Königlich-Bayrische Kriegsministerium zugleich einen Platz, der zum Üben für diese Truppe geeignet war. Schließlich entschied man sich für ein Gebiet zwischen den Orten Grafenwöhr und Vilsek, das dünn besiedelt und größtenteils (80%) bereits im Staatsbesitz war.

Dieser Truppenübungsplatz war etwa 90 km² groß. 1906 erteilte Prinzregent Luitpold von Bayern die Genehmigung für das Vorhaben und ab 1910 wurde der Truppenübungsplatz Grafenwöhr für das Militär genutzt. Bereits 1907 begann die Absiedelung der im Platz liegenden Gemeinden. 1908 wurde der Platz nach der Stadt Grafenwöhr benannt. Auf dem Kasernengelände nahe der Stadt Grafenwöhr entstanden von 1908 bis 1915 etwa 250 Gebäude für etwa 9000 Soldaten und fast 4000 Pferde. Der erste Schuss auf dem Truppenübungsplatz wurde am 30. Juni 1910 abgefeuert. Für dieses Ereignis wählte man eine 15-cm-Feldhaubitze, deren Kugel allerdings bereits 800 Meter vor dem Ziel den Geist aufgabt. Man widmete ihr sogar ein kleines Ehrenmal. Alle Unterlagen über den Truppenübungsplatz in der Zeit bis 1919 gingen bei einem Bombenangriff im April 1945 verloren. 

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde auch der Truppenübungsplatz Grafenwöhr wieder aktiviert. Die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht in Deutschland im März 1935 brachte die Notwendigkeit mit sich, für die Soldaten zum einen genügend Übungsraum und zum anderen dort entsprechend viele Unterkünfte zu schaffen. Das Reichskriegministerium ordnete deshalb mit Erlass vom 28. Februar 1936 die umgehende Erweiterung des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr nach Westen hin an.

Ein weiterer Erlass, diesmal durch das OKH, vom 15. Mai 1936 bestimmte: „Im erweiterten Truppenübungsplatz Grafenwöhr sind insgesamt 3 Lager vorgesehen.
a) das Hauptlager oder auch Ostlager genannt, mit einer Unterbringungskapazität für eine Infanteriedivision; Lage: im Raum Dornbach - Zogenreuth – Auerbach - Bernreuth)
b) das Westlager, mit einer Unterbringungskapazität für eine Panzerdivision und mit einem zusätzlichen Stallraum für die Pferde von 2/3 einer Infanteriedivision; das ist eine Unterbringungskapazität von 626 Offizieren, 11.524 Mann und 2.195 Pferden (Für diese Unterbringungskapazität ist ein Raumbedarf von 150 ha erforderlich. Geplant wurde auch die Errichtung eines besonderen Lagerbahnhofs im Anschluss an die Strecke Hersbruck - Auerbach unter gleichzeitigem Ausbau der Strecke ab Bahnhof Ranna für eine Tagesleistung von 24 Militärzügen.)
c) das Südlager mit einer Unterbringungskapazität eines verstärkten Infanterieregiments im Raum Altneuhaus ...

Mit der raschen Zunahme an Soldaten wurde auch der Truppenübungsplatz Grafenwöhr wieder lebendig. Es wurden viele neue Gebäude errichtet und bald stellte sich heraus, dass durch die steigende Anzahl der Soldaten, durch die vermehrte Motorisierung der Truppe und durch die größere Reichweite moderner Geschütze der Platz zu klein geworden war. In den Jahren 1936 - 1938 begann das Kriegsministerium mit der Beschlagnahme und Absiedlung von 57 Ortschaften, die bekanntesten darunter waren Pappenberg, Haag und Hopfenohe. Die Größe des Platzes beträgt seitdem ca. 23.300 ha.

Durch die Festlegung des Standorts für das Westlager im Juni 1936 wurde eine erneute Korrektur der Westgrenze des Truppenübungsplatzes und damit die Ablösung der Ortschaft Bernreuth notwendig, wogegen die Reichsumsiedlungsgesellschaft keine Einwände hatte. Die ersten Ablösungsverträge zwischen dem Deutschen Reich und den bisherigen Grundstücks- und Anwesenbesitzern wurden im Oktober 1936 geschlossen, die letzten im Mai 1938. Zur Unterbringung der Bauarbeiter für das Westlager begann man Anfang 1937 nördlich von Bernreuth mit der Errichtung eines Arbeiterlagers für 1.400 Personen. Innerhalb weniger Monate standen zwölf Baracken mit einer Größe von je 40 mal 12 Meter sowie drei Wirtschaftsbaracken mit Küchen und Speisesälen. Die zahlreichen Arbeiter waren für den Bau des eigentlichen Westlagers, von Schussbahnen, Zieleinrichtungen und Bunkern vorgesehen. Im Jahr 1938 wurden Bunkernachbauten der Maginot-Linie auf dem Truppenübungsplatz errichtet, um neue Angriffs- und Sprengverfahren zu testen. Das neu zu errichtende Westlager sollte am 1. Mai 1938 zu einem Drittel belegbar sein, schrieb das OKH im Juli 1937 fest. Doch schon wenige Monate später, am 21. Oktober 1937, musste der Bau des Westlagers infolge Baustoffmangels, insbesondere fehlte das Eisen, zurückgestellt werden. Das bereits fertige Arbeiterlager wurde der Truppenübungsplatzkommandantur zur Unterbringung von Truppen zur Verfügung gestellt. Am 20. Dezember 1938, verfügte der Wehrkreis XIII, die Unterkünfte nahezu ausnahmslos in Holzbauweise zu errichten und die Straßen des geplanten Westlagers wie vorgesehen zu bauen. Zudem sollte die Kapazität des Arbeiterlagers um 1.000 Plätze auf 2.400 Plätze aufgestockt werden. Bei Kriegsbeginn war vom geplanten großen Westlager Bernreuth nur das Arbeiterlager mit 2.400 Quartieren vorhanden. Das Bauamt Grafenwöhr erhielt deshalb von den zuständigen Stellen den Auftrag, auf dem vorgesehenen Gelände unverzüglich Arbeitsdienstbaracken für ein verstärktes Infanterieregiment zu erstellen. So wurde statt der ursprünglich vorgesehenen Steinbauten bis zum Ende des Krieges ein Barackenlager mit einer Fläche von rund 1 mal 1,5 km errichtet, das bis zu 12.000 Soldaten und 2.000 Pferde aufnehmen konnte. Zu den wenigen gemauerten Gebäuden gehörten Waffenmeistereien, Schmieden und ein Lazarett für Pferde. Das „abgespeckte“ Westlager bestand hauptsächlich aus einzelnen Blocks, die sich aus je drei Wohnbaracken für die Soldaten, einem Stabsgebäude und einer Wirtschaftsbaracke mit Küche und Kantine zusammensetzen. Im Frühjahr 1940 kamen die ersten Truppen für die Unterbringung im Westlager mit Wehrmachtszügen am Bahnhof Auerbach an und marschieren in langen Kolonnen Richtung Bernreuth. Es handelte sich dabei auch um das Regiment „Großdeutschland“, eine Elite-Division, welche vom Polenfeldzug zum Ausruhen heimkehrte und Tausende von Beutepferden mit sich führte. Da die Pferdeställe im Westlager noch nicht fertig waren, wurden die Pferde einstweilen im Wald östlich von Bernreuth angebunden.

Im Frühjahr 1942 wurde eine Schallmess-Batterie in das Westlager Bernreuth verlegt, welche bis Kriegsende blieb. Später kamen die SS-Division „Wiking“, eine Gebirgs-Division zur Ausbildung für den Einsatz in Norwegen und die spanische Blaue Division (250. Infanterie-Division) nach Bernreuth. Von April bis Juli 1942 sowie im Sommer 1943 waren im Westlager SS-Truppen und Fallschirmjäger untergebracht, außerdem Holländer, Dänen, Norweger, Finnen, Flamen, Italiener, Ungarn, Türken und Mongolen. 1944 lag sogar eine russische Division der ROA unter General Wlassow im Westlager. Im Westlager Bernreuth wurden von Januar 1945 bis zum Kriegsende ungarische Verbände neu zusammengestellt und ausgerüstet.

Am 19. April 1945 besetzten amerikanische Truppen der 11. US-Panzerdivision Lager und Stadt Grafenwöhr. Sie waren über Forchheim, Pegnitz und Auerbach an die Westgrenze des Truppenübungsplatzes vorgestoßen und hatten zunächst das Westlager bei Bernreuth eingenommen, wo zu diesem Zeitpunkt schon kein deutscher Soldat mehr war. Am 20. April 1945 übergab der Kommandant des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr General Rupprecht in seinem Gefechtsstand in der Nähe des Gefangenenfriedhofs den gesamten Platz und damit auch das Westlager Bernreuth an die Amerikaner. Diese ersten Kampftruppen der US-Armee blieben nur kurze Zeit in Bernreuth und zogen bald weiter. An ihre Stelle kam kurz darauf ein amerikanisches Versorgungs- und Nachschubbataillon, das aus etwa 800 – 1000 farbigen Soldaten bestand und mehrere Monate blieb; die US-Army trennte ihre Truppen damals noch streng nach der Hautfarbe. Sie zogen ins ehemalige Arbeiterlager ein, da das Militärlager bereits als Gefangenenlager vorgesehen und reserviert war. In das früher nicht umzäunte Militärlager kamen jetzt deutsche Kriegsgefangene: Frauen, SS-Angehörige und normale Soldaten. Bis zu 30.000 Gefangene sollen sich zeitweise gleichzeitig hier aufgehalten haben. Als erstes mussten sie unterstrenger Bewachung das gesamte Areal mit einem Stacheldrahtzaun umgeben. Etwa alle 50 Meter wurde ein Wachturm errichtet, und nachts war das ganze Lager gleißend hell beleuchtet. Im Laufe der nächsten Monate wurde die meisten Gefangenen verlegt und das Lager leerte sich allmählich wieder. Als 1946 die letzten gefangenen SS-Offiziere nach Regensburg kamen, stand das Weslager schließlich leer. Im März 1947 schickte die Lagerleitung des US-Internierungslagers Regensburg einen Trupp von 60 Gefangenen und 17 Wachsoldaten nach Bernreuth. Sie sollten Aufgaben im Straßenbau wahrnehmen und die Baracken abbrechen. Schon im Mai des gleichen Jahres waren 100 Baracken zerlegt und teilweise mit Lkw, teilweise mit dem Zug vom Bahnhof Auerbach aus wegtransportiert worden. Da in den ersten Nachkriegsjahren praktisch alle Baustoffe sehr knapp oder überhaupt nicht erhältlich waren, blühte ein regelrechter Handel mit dem Abbruchmaterial des Lagers Bernreuth. Heute erinnert vor Ort in der Natur praktisch nichts mehr an das „Westlager Bernreuth“, das es in seiner ursprünglich geplanten Form nie gegeben hat.

Die Amerikaner schliffen die Übungsbunker und sprengten die vorgefundenen Beutewaffen darunter das Eisenbahngeschütz "Dora". Der Truppenübungsplatz wurden von den amerikanischen Streitkräften in Benutzung genommen Nach der Gründung der Bundeswehr übten auch deutsche Verbände auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes. Noch heute wird der Truppenübungsplatz Grafenwöhr von amerikanischen und deutschen Truppen genutzt. Das Gelände beinhaltet heute ca. 40 Schießbahnen, zwei Sprengplätze und eine Waldkampfbahn.

Bilder vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr Seite 1:

Bilder vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr Seite 2:

Bilder vom Lager Altneuhaus Seite 1:

Bilder vom Lager Altneuhaus Seite 2:

Kommandanten des Übungsplatzes

Generalmajor Oskar Menzel Mai 1910 - Dezember 1918

Generalmajor Ritter von Bram November 1919 - September 1922

Oberstleutnant Fritz Krumel September 1922 - April 1926

Oberstleutnant Heinrich Curtze April 1926 - Februar 1928 

Oberst Hans Gaul 1. Februar 1928 - 31. März 1929

Oberst Heinrich Hoffmann 1. April 1929 - 30. September 1930

Oberst Max Renz Dezember 1930 - April 1934

Generalleutnant Hans Heberlein April 1934 - März 1943

Generalmajor von Tschammer und Osten 1943 - 1944

Generalleutnant Wilhelm Rupprecht 1944 - 1945

Leiter des Forstamts Grafenwöhr:

Forstmeister Maul 1910 - 1917

Forstmeister Reuther 1917 - 1937

Forstmeister Hainer 1937 - 1938

Forstmeister Hartmann 1938 - 1942

Forstmeister Moos 1942 - 1943

Forstmeister Kühnel 1943 - 1944

Forstmeister Freiherr von der Recke 1944 - 1945

Forstmeister Reuther 1945 - 1946

Leiter der Nebenstelle Bernreuth der Platzkommandantur:

Major der Reserve Wurm

Major Tschammer und Osten

Hauptmann Dr. Merkl