Reinefarth, Heinz

 

* 26. Dezember 1903, Gnesen / Westpreußen

† 7. Mai 1979, Westerland auf Sylt
 

 

Heinz Reinefarth legte Ostern 1922 sein Abitur ab. Danach schrieb er sich an der Universität Jena zum Jurastudium ein. Im November 1923 trat er das Freikorps Oberland ein. Im August 1924 wurde er zur Reichswehr eingezogen und leistete seinen Wehrdienst in der 5. Batterie vom 3. (Preuß.) Artillerie-Regiment ab. 1925 trat er dem Freikorps Bamberg bei. Anschließend war der Sohn vom Landgerichtsrat Fritz Reinefarth im Polizeidienst tätig, wo er zum Polizeioffizier befördert wurde. Von 1931 bis 1939 war er als Anwalt in der Lausitz tätig. Am 1. August 1932 trat er in die NSDAP (Mitgliedsnummer 1.268.933) ein. Am 1. September 1932 trat er auch in die SA ein. Am 19. Dezember 1932 wurde er durch Kurt Daluege, Führer der SS-Gruppe Ost, abgeworben und wurde Mitglied der SS (Mitgliedsnummer 56.634). Er gehörte mit dem Dienstrang eines SS-Scharführers zur SS Niederlausitz. Im Jahr 1932 hat er auch geheiratet. Aus der Ehe enstanden ein Sohn und eine Tochter. Im SS-Sturm Niederlausitz wurde er am 20. April 1934 zum SS-Untersturmführer befördert. Als solcher wurde er als Rechtsratgeber in den Stab vom SS-Abschnitt XII nach Frankfurt/Oder versetzt, wo er am 15. September 1935 zum SS-Obersturmführer befördert wurde. Seine Tätigkeit bestand hauptsächlich in der Verteidigung von SS-Angehörigen vor Gericht. Am 20. April 1937 wurde er zum SS-Hauptsturmführer befördert. 1937 absolvierte er eine Reserveübung bei der Wehrmacht. Er wohnte zu dieser Zeit in der Berliner Straße 158 in Cottbus mit der Telefonnummer 3250. Mitglied dieses Stabes vom SS-Abschnitt XII blieb er formell sogar bis Januar 1942. Bei Kriegsbeginn wurde er mobil gemacht und kam dabei zum Infanterie-Regiment 337 der 208. Infanterie-Division, mit dem er am Polenfeldzug teilnahm. Er wurde dann zum Feldwebel befördert und zum Zugführer in seinem Regiment ernannt. Zwischen beiden Feldzügen, gegen Polen und Frankreich, besuchte er einen Offizierslehrgang in Döberitz. Am 20. April 1940 wurde er zum SS-Obersturmbannführer befördert. Im Juni 1940 kämpfte er als Zugführer in Frankreich. Dabei erlangte er bereits im Mai das Eiserne Kreuz 1. Klasse. Mit seinem Zug gelang es ihm, ins gegnerische Hinterland durchzustoßen und eine französische Kolonne, welche den Vormarsch der 208. Infanterie-Division empfindlich gestört hatte, bei der Ortschaft Avecapelle in der Nähe von Pervyse zur Aufgabe zu bringen. Ursprünglich sollte er nur deren Ziel herausfinden. Zu der Kolonne gehörten zwei Infanterie-Bataillone, vier Batterien Artillerie und eine bespannte Munitionskolonne. Für diese Tat wurde er am 25. Juni 1940 mit dem Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes ausgezeichnet. Reinefarth war damit der erste Angehörige der Allgemeinen SS mit dem Ritterkreuz. Kurz darauf wurde er zum Leutnant der Reserve befördert. Am 20. April 1941 wurde er zum SS-Standartenführer befördert. Im Winter 1941/42 erlitt er schwere Erfrierungen, dadurch wurde er wehrdienstuntauglich. Am 30. Januar 1942 wurde er zum SS-Brigadeführer befördert. Anfang 1942 zum Chef des Rechtsamtes der Ordnungspolizei im Reichsinnenministerium in Berlin ernannt und hier am 20. April 1942 zum Generalmajor der Polizei befördert. Ab Juni 1942 als Generalinspekteur der Verwaltung beim stellvertretenden Protektor von Böhmen und Mähren. Im Juni 1943 übernahm Reinefarth das Amt Verwaltung und Recht II im Hauptamt der Ordnungspolizei. Danach übernahm er im Oktober 1943 die Führung einer neu gebildeten Gruppe im Hauptamt Ordnungspolizei bis Dezember 1943. Im Dezember 1943 folgte seine Versetzung zum Höheren SS- und Polizeiführer Ost, SS-Obergruppenführer und Generalleutnant der Waffen-SS Wilhelm Koppe, nach Polen, wo er eingearbeitet wurde. Am 29. Januar 1944 übernahm er den Posten des Höheren SS- und Polizei-Führers Wartheland und wurde damit Nachfolger von SS-Obergruppenführer und General der Polizei Theodor Berkelmann, der am 28. Dezember 1943 verstorben war. Am 1. August 1944 wurde er zum SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Polizei befördert. Im August 1944 hatte er den Oberbefehl über eine Kampfgruppe, die den Warschauer Aufstand niederschlagen sollte. Am 3. August 1944 meldete er sich auf dem Gefechtsstand der 9. Armee. Am 4. August 1944 machte er sich mit der Lage vor Ort vertraut. Zunächst unterstand ihm die sogenannte Posener Gruppe. Diese Gruppe, 16 Kompanien, bestand zunächst nur aus Gendarmerie-Einheiten aus Posen, dem Warthelager, Gnesen, Rawitsch, Pabianice, Lodz, Alexandrowo und anderen Orten. Später wurden die Kompanien, aufgrund der Verluste und der niedrigen Mannschaftsstärken, auf 12 Kompanien und so auf zwei Polizei-Regimenter reduziert. Am 5. August 1944 hatten diese beiden Regimenter eine Stärke von 2.750 Mann. Ab diesem Tag wurde die Gruppe, die sich an der Strasse Ulitza Wolska, der Hauptstrasse des Stadtteils Wola, sammelten als Kampfgruppe Reinefarth bezeichnet. Zur Kampfgruppe gehörten dabei auch das I. Bataillon Dirlewanger und die Brigade Kaminski, wobei letztere kaum Munition besaß und schon im Vorfeld der Kämpfe durch Plünderungen aufgefallen war. Der deutsche Angriff am 5. August 1944 war schlecht geplant und basierte auf grober Fehleinschätzung des polnischen Gegners. Der Angriff der Brigade Kaminski, in Ochota, wurde von Reinefarth über Funk geführt. Sicherlich ein Versuch die Brigade auf eine gewisse Art zu lenken und somit zu verhindern, daß die Angehörigen dieser Truppe ihrem Ruf gerecht werden konnte. Es wurde an diesem Tag lediglich ein Geländegewinn von wenigen hundert Metern verbucht. Aber durch die als Massaker von Wolna bezeichneten Verbrechen der unterstellten Einheiten versteifte sich der Widerstand der Aufständischen. Es war zu Massenexekutionen und Massenvergewaltigungen gekommen. In der Folge gingen auch die Aufständischen mit Gefangenen nicht mehr zimperlich um. Der ihm vorgesetzte Bach-Zelewski befahl bereits am Abend vom 5. August 1944 das Einstellen der Massenerschießungen. Erst viel später erließ Reinefarth ein Plünderungsverbot in der Innenstadt. Am 6. August 1944 erfolgte der zweite Angriff der Einheiten, die mittlerweile weiter verstärkt wurden. Die südliche Angriffsgruppe bestand aus einem Kosaken-Regiment der Brigade Kaminski, mit vier T-34 und einem sowjetischen Sturmgeschütz. Die mittlere Gruppe, Reinefarth persönlich unterstellt, bestand aus zwei Bataillonen Dirlewanger, Teilen des Aserbaidschanischen Bataillon Bergmann, jeweils einer Polizei-Kompanie aus Posen und Litzmannstadt, sowie aus jeweils einer Kompanie Feldgendarmerie aus Weichselstädt, Pabianice, sowie aus der Gendarmerieschule Weichselstädt. Die nördliche Gruppe bestand aus 3 Schützen-Kompanien und einer Kompanie der SS-Führerschule Braunschweig. An Reserven standen bereit das Sicherungs-Regiment 608, das Feldersatz-Bataillon Herman Göring und 6 Feldgendarmerie-Kompanien. In Zuführung befand sich die SS-Brigade Siegling. Im Zuge des Angriffs stiess Reinefarth persönlich, mit zwei Panzerspähwagen, bis zum Palais Brühl vor, wo der Stadtkommandant der Wehrmacht, der Luftwaffenoffizier Generalleutnant Rainer Stahel, seit Tagen eingeschlossen war. Dieser Vorstoß erfolgte zur Verbindungsaufnahme und dem Austausch von Vorgehensmaßnahmen. Eine dauerhafte Verbindung erfolgte erst mit dem Vorstoß der Brigade Dirlewanger in den Sächsischen Garten am 8. August 1944. Reinefahrt hatte eine starke persönliche Abneigung gegen die ihm unterstellten Dirlewanger und Kaminski. Es gelang ihm in den nächsten Tagen den Aufstand niederzuschlagen. Dafür erhielt er am 30. September 1944 das Eichenlaub zum Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes. Anschließend war er Höherer SS- und Polizeiführer des SS-Oberabschnitts Warthe. Als solcher führte er den Stab des Volkssturms im Gau Wartheland. Im November 1944 wurde er zum Kommandierenden General des neuen XIV. SS-Armee-Korps am Oberrhein ernannt. Im Dezember 1944 gab er sein Kommando an Bach-Zelewski ab. Dafür wurde er zum Kommandierenden General des neuen XVIII. SS-Armeekorps im Westen ernannt, welches am Rhein aufgestellt wurde. Anfang Februar 1945 wurde er durch Hitler persönlich als Nachfolger von Generalmajor Adolf Raegener zum Festungskommandanten von Küstrin ernannt, welches er mit den unterstellten Truppen bis Ende März 1945 verteidigte. Bei den Kämpfen um Küstrin sind ca. 5.000 Verteidiger und 6.000 Angreifer gefallen. Nach schweren sowjetischen Bombardements wurde Küstrin in der Nacht vom 28. zum 29. März von der Roten Armee erobert. Entgegen Hitlers Befehl brach Reinefahrt mit einem Teil seiner Truppen aus. Nur etwa 1.300 Soldaten erreichten die eigenen Linien. Dort wurde er wegen Feigheit vor dem Feind arrestiert und zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde wegen der kritischen Frontlage nicht mehr vollstreckt. Bei Kriegsende geriet er in amerikanische Gefangenschaft, aus der er am 24. Juni 1948 entlassen wurde. Seine Zusammenarbeit mit dem Counter Intelligence Corps bewahrte ihn vor einer Auslieferung nach Polen. Von 1951 bis 1964 war er Bürgermeister von Westerland auf Sylt. 1958 wurde er dann auch für eine Periode in den schleswig-holsteinischen Landtag als Abgeordneter gewählt. Außerdem war er noch Kreistagsabgeordneter und Mitglied des Kreisausschusses Südtondern, Mitglied des Landesvorstandes GB/BHE (Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten), Mitglied im Vorstand der Arbeitsrechtlichen Vereinigung und des Fremdenverkehrsverbundes Nordmark, sowie Vorsitzender des Ortsausschusses Sylt der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger und der DLRG Westerland. Nach 1967 arbeitete er als Anwalt und erhielt eine Generals-Pension. Trotzdem Polen zahlreiche Auslieferungsanträge gegen den Henker von Warschau stellte, wurden alle von der Bundesregierung abgelehnt. 1979 verstarb er in Westerland auf Sylt. Er wurde auf dem Friedhof Sylt-Keitum im Grab seiner Schwiegermutter beigesetzt

 

Ritterkreuz ( 25. Juni 1940) Eichenlaub (30. September 1944)

 

Literatur und Quellen:
Peter Stockert: Die Eichenlaubträger 1940 - 1945, 4 Bände, Bad Friedrichshall, 1996 / 1997
Peter Stockert: Die Eichenlaubträger 1940 - 1945, 9 Bände, 4. überarbeitete Auflage, Bad Friedrichshall 2010 / 2011