Kleiner Kreuzer »Thetis«
Kreuzertyp:
Der kleine Kreuzer "Thetis" gehörte zur "Gazelle"-Klasse
Namensgebung:
Der kleine Kreuzer "Niobe" wurde nach der Heeresgöttin
der griechischen Mythologie benannt.
Schiffsdaten:
Kiellegung: September 1899
Stapellauf: 3. Juli 1900
Indienststellung: 14. September 1901
Bauwerft: Kriegsmarinewerft, Danzig
Besatzung: (bei Indienststellung): 257 Mann
Baukosten: 4,487 Millionen Reichsmark
Verdrängung: 2.659 t Konstruktionsverdrängung, 3.005 t Maximalverdrängung
Länge über alles: 105,1 m
Breite: 12,2 m
Tiefgang: 5,39 m maximal
Maschinenanlage: Neun Marinekessel, zwei 4-Zylinder Verbundmaschinen
Anzahl der Wellen: 2
Leistung an den Wellen: 8.888 PS
Höchstgeschwindigkeit: 21,8 kn
Fahrbereich: 2.400 sm bei 19 kn / 5.000 sm bei 12 kn
Bennstoffvorrat: 500 t Kohle
Bewaffnung:
Seeziel-Artillerie: 10 x 10,5-cm SK L/40, 14 x 3,7-cm MK
Flak: keine
Torpedos: 2 x 45-cm Torpedorohre seitlich unter Wasser
Wasserbomben:
Minen:
Flugzeuge:
Ortungsgeräte:
Kommandanten:
14. September 1901 Fregattenkapitän Karl Deubel
Oktober 1901 Korvettenkapitän / Fregattenkapitän Ernst van Semmern
Dezember 1902 Fregattenkapitän Karl Dick
Dezember 1903 Korvettenkapitän / Fregattenkapitän Walter Voit
Juni 1905 Fregattenkapitän Ludwig Glatzel
Mai 1906 Kapitänleutnant Alfred Wurmbach
4. August 1914 Fregattenkapitän Paul Nippe
November 1914 Korvettenkapitän Franz Halm
November 1914 Korvettenkapitän / Fregattenkapitän Walter Hildebrand
19. Oktober 1917 Korvettenkapitän / Fregattenkapitän Walter Mönch
2. April 1922 Fregattenkapitän Walther Kinzel
1. Oktober 1923 Kapitän zur See Ernst Bindseil
Beschreibung des Bootes:
Die leichten Kreuzer der "Gazelle"-Klasse waren die
ersten modernen Kleinen Kreuzer der Kaiserlichen Marine und entstanden als
Vermehrungsbauten aufgrund des ersten Flottengesetzes von 1898. Als
Schiffsklasse besaßen sie keine Vorgänger, sondern wurden in Anlehnung an
die Avisos der Meteor-Klasse (1890/92) sowie des Einzelschiffs SMS Hela (1895)
konstruiert. Von der Hela wurde die Generalspezifikationen und der Linienriss
übernommen und der Schiffskörper in der Breite vergrößert, so dass eine stärkere
Bewaffnung eingebaut werden konnte. Die Klasse ist der Urahn einer Reihe
weiterer Klassen Kleiner Kreuzer, die mit der Kolberg-Klasse von 1910 ihren
Abschluss fand. Die folgenden Kleinen Kreuzer der Magdeburg-Klasse wurden nach
moderneren Prinzipien entworfenen. Die Schiffe waren mit gehärtetem Nickelstahl
gepanzert: Die Decks horizontal 20 - 50 mm, die Böschung 50 mm, der Leitstand
horizontal 20 mm und vertikal 80 mm, die Geschützschilde 50 mm.
Werdegang:
Der kleine Kreuzer SMS "Thetis" wurde am 14.
September 1901 in Dienst gestellt. Nach Absolvierung von Erprobungsfahrten lief
das Schiff am 1. Dezember 1901 zum Einsatz im Ostasiengeschwader aus Kiel aus.
Auf dem Weg wurde das Offizierskorps des Kreuzers zusammen mit den Offizieren
des k.u.k. Kreuzer "Zenta" und dem schwedischen Forscher Sven Hedin vom
indischen Vizekönig empfangen wurde. Am 7. Februar 1901 erreichte der leichte
Kreuzer Singapur. Anschließend lief das Schiff nach Tsingtau weiter und
verrichtete von dort aus bis zum 28. August 1905 den üblichen Dienst in
chinesischen und japanischen Gewässern. Ab dem 28. April 1902 befuhr das Schiff
den Jangtsekiang mit dem Geschwaderchef, Vizeadmiral Richard von Geißler an
Bord, über Nanking bis Hankau, um Flagge zu zeigen. Am 15. Mai war die Thetis dann
wieder in Tsingtau. Während des Russisch-Japanischen Krieges 1904/05 wurde die Thetis vor
der koreanischen Küste eingesetzt, um die Konfliktparteien zu beobachten und
deutsche Staatsbürger aus den gefährdeten Gebieten zu evakuieren. Von Oktober
bis Dezember 1904 führte sie dann nochmals eine Yangtsefahrt durch. Nach dem
Beginn des Maji-Aufstandes im Juli 1905 in Deutsch-Ostafrika wurde SMS "Thetis"
dorthin befohlen. Zusammen mit SMS "Seeadler" (1.10.) erreichte das Schiff
Daressalam (26.9.), wo der Höhepunkt des Aufstandes bereits überschritten war.
Dennoch verblieb das Schiff bis Ende März 1906 in diesen Gewässern. auf
Vorschlag seines Kommandanten wurde es nach Deutschland zurück befohlen. Nach
seiner Rückkehr nach Deutschland wurde SMS "Thetis" am 18. Juni 1890 außer
Dienst gestellt und grundüberholt. Anschließend wurde es in den Reservestatus
versetzt.
Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde SMS "Thetis" am 4. August 1914 wieder
in Dienst gestellt und der Küstenschutzdivision der Ostsee unterstellt.
Eingesetzt wurde das Schiff zur Bewachung des Sundes und des Kleinen Belts. Am
18. Oktober 1914 wurde das schiff in die östliche Ostsee verlegt, um von dort
aus zwischen dem 24- und 26. Oktober an einem Vorstoß bis auf die Höhe von
Gotska Sandön teilzunehmen. Anschließend lief SMS "Thetis" nach Memel, wo sie
zum Beschuß russischer Stellungen an der kurländischen Küste eingesetzt wurde.
Hierbei wurde zeitweise ein 74-köpfiges Landungskorps eingesetzt. Am 6. November
1914 marschierte der kleine Kreuzer nach Danzig zurück. In der Nacht auf den 6.
November 1914 sichtete es die Rauchwolken zweier russischer Schiffe, ohne diese
zu melden oder nachzustoßen. Anschließend kam es zu einem kurzen Gefecht mit
einem russischen Zerstörer. Aufgrund der nicht abgegebenen Sichtungsmeldung und
des fehlenden Nachstoßens wurde der Kommandant des Schiffes, Fregattenkapitän
Paul Nippe, seines Kommandos enthoben. Von den russischen Zerstörern waren vor
Memel 140 Minen gelegt worden, auf denen der Große Kreuzer SMS "Friedrich Carl"
sank. SMS "Thetis" verblieb in der östlichen Ostsee und beteiligte sich vom 15.
- 18. Dezember 1914 am deutschen Vorstoß zu den Ålandinseln. Dabei bezog der
kleine Kreuzer eine Sicherungsposition bei der Insel Utö gegen russische
Flottenvorstöße aus dem Finnischen Meerbusen. Dabei kam es auf dem Rückmarsch zu
einem Zwischenfalls, als das nicht erkannte Hilfsschiff "Senator
Strandes" beschossen und versenkt wurde. Vom 26. - 30. Dezember 1914 gehörte SMS
"Thetis" zu den Deckungskräften des V. Geschwaders., das bis in die Höhe von
Gotland vorstieß. Vom 20. Januar bis 5. Februar 1915 befand sich das Schiff
anschließend in der Instandsetzung in Kiel. Anschließend kehrte sie in die
östliche Ostsee zurück, wo es vom 17. - 20. März 1915 an einem Vorstoß mit SMS
"Stralsund" zur Störung des russischen Rückzuges aus dem Raum Memel teilnahm.
Vom 13. - 17. April nahm SMS "Thetis" an einem Minenunternehmen vor Dagö teil.
Am 20. April 1915 wurde das Schiff dem Führer der Aufklärungsstreitkräfte in der
östlichen Ostsee unterstellt. Am 27. April 1915 beschoss das Schiff zur
Unterstützung des Heeres Bubendiekshof, am 1. Mai 1915 stieß sie zur Irbenstraße
vor, wo sie die Torpedoboote V 107 und V 108 bei einem Handstreich gegen die
Insel Raumö deckte. Am 7. Mai beschoss sie Stellungen bei Libau und wurde am 12.
Mai zwei mal ergebnislos von einem russischen U-Boot bei Bogskär angegriffen.
Vom 3. bis 6. Juni 1915 beteiligte sich der kleine Kreuzer an einem
Minenunternehmen mit anderen Schiffen und dem Flugzeugmutterschiff SMS "Glyndwr"
gegen den Südausgang des Moon-Sunds. Dabei wurde SMS "Glyndwr" vor Windau durch
eine Mine schwer beschädigt. Anschließend lief SMS "Thetis" zur Westküste
Gotlands, um hier Kohle bunkernde Torpedoboote zu decken. Allerdings gelang es
dem Britischen U-Boot "E9", das Torpedoboot "S 148" zu torpedieren und den
Kohledampfer "Dora Hugo Stinnes" zu versenken. Nach diesem Fehlschlag nahm SMS "Thetis"
am 25. und 26. Juni 1915 an einem Minenunternehmen vor dem Eingang der Aalandsee
teil, wobei das Schiff erneut erfolglos durch ein feindliches Boot torpediert
wurde. Am 19. Juli 1915 wurde sie vor Windau eingesetzt und nahm anschließend am
ersten Teil des deutschen Vorstoßes in die Rigaer Bucht teil. Dabei lief das
Schiff am 8. August 1915 morgens um 5.38 Uhr nordöstlich von Lyserort auf eine
feindliche Mine, so dass es nach Danzig geschleppt werden musste. Hier wurde SMS
"Thetis" notdürftig repariert und lief dann nach Kiel, wo sie am 2. September
1915 außer Dienst gestellt wurde.
Am 19. Oktober 1917 wurde SMS "Thetis" wieder in Dienst gestellt und als
Artillerieschulschiff eingesetzt. Sie war neben dem Großen Kreuzer "SMS Kaiserin
Augusta" das zweite Artillerieschulschiff. Am 19. Dezember 1918 wurde das Schiff
erneut außer Dienst gestellt. Nach Beendigung des Ersten Weltkrieges wurde das
Schiff nach den Bestimmungen des Versailler Vertrages der Reichsmarine
überlassen und von dieser nach geringfügigen Modernisierungen am 2. April 1922
wieder in Dienst gestellt. Sie unterstand dem Verband der Seestreitkräfte der
Ostsee. 1923 besuchte das Schiff im Juli Mölle und Loen. Im Oktober 1923 wurde
das Schiff Verbandsflaggschiff des Befehlshabers der leichten Seestreitkräfte
der Ostsee. Im Juli 1924 besuchte "Thetis" Reval und Pernau. Am 30. November
1924 wurde sie schließlich in Wilhelmshaven außer Dienst gestellt und dort bis
1929 als Wohnschiff genutzt. Am 27. März 1929 wurde es aus der Liste der
Kriegsschiffe gestrichen und anschließend bei Blohm & Voss in Hamburg
abgewrackt.
Literatur und Quellen:
Hans H. Hildebrandt, Albert Röhr und Hans-Otto Steinmetz: Die deutschen Kriegsschiffe. Band 6, Herford: Koehlers Verlagsgesellschaft mbH 1983
Lutz Bengelsdorf: Der Seekrieg in der Ostsee 1914–1918. Hauschild, Herford 2008
Erich Gröner: Die deutschen Kriegsschiffe 1815-1945. Band 1. Panzerschiffe, Linienschiffe, Schlachtschiffe, Flugzeugträger, Kreuzer, Kanonenboote. Bonn: Bernard & Graefe 1998