Ruge, Friedrich

 

* 24. Dezember 1894, Leipzig

† 3. Juli 1985, Tübingan
RugeF-1.jpg (8812 Byte)

 

Friedrich Oskar Ruge wurde am 24. Dezember 1894 in Leipzig als Sohn eines Gymnasialprofessors geboren. Am 1. April 1914 trat er als Seekadett in die kaiserliche Marine ein und erhielt seine erste seemännische Ausbildung auf dem Großen Kreuzer SMS "Hertha". Bei der Mobilmachung im August 1914 kam er auf das Linienschiff SMS "Lothringen", das zum 11. Geschwader unter der Führung des Vizeadmirals Reinhard Scheer (1863-1928) gehörte. Nach weiteren Bordkommandos und Einsätzen im Rigaischen Meerbusen, vollendete Friedrich Ruge ab Dezember 1915 seine Offiziersausbildung an der Marineschule, im Artilleriewesen und bei der Torpedowaffe. Ruge wurde am 13. Juli 1916 zum Leutnant z. S. befördert und kam als Wach- und Artillerieoffizier auf das moderne Torpedoboot "B 110". Mit diesem Boot nahm Ruge im September 1917 an dem erfolgreichen deutschen Landeunternehmen gegen die Insel Oesei in der Rigaer Bucht teil. Das Kriegsende erlebte der inzwischen mit beiden Eisernen Kreuzen ausgezeichnete Kommandant auf dem Torpedoboot "B 112". Dieses Boot gehörte mit weiteren 69 der deutschen Hochseeflotte zu jenen, die aufgrund der Waffenstillstandsbedingungen vom 18. November 1918, den Engländern auszuliefern waren. Am 21. Juni 1919 wurde die Flotte jedoch auf Entschluß des Konteradmirals Ludwig von Reuter (1869-1943) in der Bucht von Scapa Flow versenkt. Die deutschen Besatzungen wurden in mehrere Kriegsgefangenenlager verbracht. Am 31. Januar 1920 wurde Friedrich Ruge mit den anderen Scapa-Flow-Gefangenen aus der Gefangenschaft entlassen und kehrte nach Wilhelmshaven zurück. Ruge, der eigentlich ein Medizinstudium anstrebte, schob diesen Gedanken jedoch schnell beiseite, als man ihm die Chance bot, als Seeoffizier in die Reichsmarine übernommen zu werden. Am 28. September 1920 erfolgte seine Beförderung zum Oberleutnant z. S. Nach verschiedenen Verwendungen, u. a. als Kompanieführer in der Küstenabwehrabteilung Kiel, Adjutant beim Sperrversuchskommando Kiel, Wachoffizier auf dem Tender "T 168" und dem Besuch verschiedener Lehrgänge entwickelte sich Ruge immer mehr zum Minenspezialist. Am 1. Oktober 1925 zum Kapitänleutnant befördert, erfolgte ab 2. Oktober 1928 seine weitere Verwendung als Kommandant auf dem Minensuchboot "M 136", als Referent an der Inspektion des Torpedo- und Minenwesens, dann als Referent für Minenwesen am Sperrversuchs- und Lehrkommando in Kiel, und schließlich als Halbflottillenchef der 1. Minensuchhalbflottille. Diese vier Boote, die die einzige Minensuchhalbflottille der Reichsmarine bildeten, dienten auch als Minenleger und U-Boot-Jäger und nahmen an der ersten Mobilmachungsübung der Reichsmarine seit Kriegsende unter der Führung von Ruge teil. Am 1. April 1933 zum Korvettenkapitän befördert, wurde Friedrich Ruge ab 30. September 1934 3. Admiralstabsoffizier beim Stab des Kommandierenden Admirals der Marinestation Ostsee in Kiel. Hier gehörten zu seinem Verantwortungsbereich Angelegenheiten des Minensuchwesens, die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und die Leitung der Abwehrstelle Kiel. Nach erfolgter Beförderung zum Fregattenkapitän zum 1. Januar 1937 wurde er am 1. Juni 1937 Führer der Minensuchboote. Damit unterstand ihm ein Verband aus 39 Schiffen, bestehend aus je zwei Minensuch-, Geleit- und Räumbootflottillen. Am 1. Januar 1939 wurde er zum Kapitän zur See befördert. Am 1. September 1939 wurde Kapitän Ruge Führer der Minensuchboote Ost (FdMO) und nahm in dieser Funktion am Polenfeldzug teil. Der von ihm geführte Verband war unter anderem an der Einnahme von Gdingen (Gotenhafen) beteiligt. Am 15. Oktober 1939 übernahm er dann die Minensuchboote West, wurde am 1. Februar 1940 zum Kommodore ernannt und befehligte zugleich die Kriegsschiffgruppe 10 während des Norwegenfeldzuges, dem Unternehmen "Weserübung". Weitere Einsätze ab Juni 1940 vor der Küste Hollands, Belgiens und Frankreichs folgten. Unter seinem Befehl gelang der erste Durchbruch einer Räumbootsflottille durch die Straße von Dover bei Tage. Am 21. Oktober 1940 war ihm daraufhin als 38. Marineangehörigen das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes verliehen worden. In der Verleihungsbegründung heißt es u. a., "zeichnete sich während des Polenfeldzuges durch hervorragenden persönlichen Schneid aus. An der Aufstellung und schnellen und und gründlichen Ausbildung der Minensuchverbände und an den ununterbrochenen und erfolgreichen Minenunternehmen unserer Kriegsmarine hat der Kommodore überragenden Anteil. Bei der Norwegen-Aktion nahm er an Stich- und Räumfahrten teil und leitete Unternehmungen bis weit hinauf in nördliche Seeräume. Eine von ihm geführte Räumbootflottille durchstieß als erster Verband die Dover-Straße bei Tage. Die Tätigkeit der Räumverbände ist inzwschen bis zur spanischen Küste ausgedehnt worden." Ab 17. Februar 1941 Befehlshaber der Sicherung West, mit Sitz in Paris, unterstanden ihm mehrere neuzubildende Sicherungsdivisionen, die aus Minensuch- und Vorposten booten , U-Jägern und Geleitfahrzeugen zusammengesetzt waren. In dieser Funktion hatte er auch maßgeblichen Anteil an dem Gelingen des legendären Durchbruchs der deutschen Schlachtschiffe "Gneisenau" und "Scharnhorst" und des Schweren Kreuzers "Prinz Eugen" im Februar 1942 durch den Kanal, wofür er am 16.2. 1942 namentlich im Wehrmachtsbericht genannt wurde. Mit Rangdienstalter vom1. 4. 1942 erfolgte daraufhin seine Beförderung zum Konteradmiral. Zum Vizeadmiral wurde er am 1. Februar 1943 befördert. Als solcher übertrug ihm der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine Dönitz die Leitung des Sonderstabes Tunesien bei der königlichen italienischen Marine. Hier für Geleitfragen verantwortlich, übernahm er nach der Kapitulation der deutschen und italienischen Truppen in Afrika den Befehl. Im November 1943 als Admiral z. b.V. (zur besonderen Verwendung) dem Stab des Generalfeldmarschalls Rommel bei der Heeresgruppe B zugeteilt, wurden hier seine Küstenschutzerfahrungen zu Rate gezogen. Rommel hatte die Aufgabe erhalten, die Möglichkeiten einer Verteidigung Nordwesteuropas gegen die Alliierten zu prüfen. Nach Rommels Tod vertrat Ruge das Oberkommando der Marine bei dessen Beisetzung am 18. Oktober 1944. Inzwischen war ihm das Amt des Chefs für Kriegsschiffbau im OKM übertragen worden. Das Kriegsende erlebte Vizeadmiral Ruge in Flensburg-Mürwik, dem letzten Sitz des OKM, und geriet im Raum Eckernförde am 8. Mai 1945 in britische Gefangenschaft. Er durchlief verschiedene Gefangenenlager in Belgien und Deutschland und wurde am 30. November 1946 wieder aus der Gefangenschaft entlassen. Nach verschiedenen Tätigkeiten als Dolmetscher wurde er 1950 Berater der deutschen Regierung für die Erarbeitung eines Planes zur Verteidigung Westeuropas. Am 1. Juni 1957 wurde er als Vizeadmiral zum ersten Insepkteur der Bundesmarine ernannt. Am 30. September 1961 ging er in Pension.



Ritterkreuz (21. Oktober 1940)