Major ALOIS EISELE

 

* 22.02.1914 in Salach/Württemberg

 

 

Nahkampfspange in Bronze              unbekannt

Nahkampfspange in Silber               27.10.1943

Nahkampfspange in Gold                 15.12.1944

Ritterkreuz                                        15.12.1943

695. Eichenlaub                               12.01.1945

zuletzt 50 Nahkampftage

 

Infanteriesturmabzeichen in Silber

Deutsches Kreuz in Gold

Verwundetenabzeichen in Gold


 

„Der Ehren-Bayer der traditionsreichen 61er“

 

Bayern sind bekannter Weise ein seltsames Völkchen. Stur und direkt, aber lebenslustig und fleißig. Als Soldaten tapfer und verlässlich. So, wie der Freistaat Bayern sich „nicht immer als Teil von Deutschland sieht“, hatten es auch die Landser des urbayrischen und traditionsreichen Grenadierregiments 61 nicht so gerne, als der württemberger Oberleutnant Alois Eisele eine ihrer Kompanien übernahm. Aber im Laufe der Zeit raufte man sich zusammen, lernte sich kennen und schätzen und schon bald war der einzige „ausländische“ Offizier des Regiments „bayrischer Landsmann ehrenhalber“.

 

Am 22. Februar 1914 in Salach/Württemberg geboren, verbrachte Alois Eisele seine Lehrjahre in einem kaufmännischen Betrieb, ehe er sich 1934 für den Soldatenberuf entschied. Angehöriger des Ludwigsburger Infanterieregiments 13, diente Eisele in einer MG-Kompanie, ehe er drei Jahre vor Kriegsausbruch als Gefreiter zum Infanterieregiment 56 versetzt wurde. In Ulm stationiert, stieg der verlässliche Gruppenführer zum Unteroffizier auf. Als am 1. September 1939 der Krieg gegen Polen begann, blieb sein Regiment jedoch fern ab vom Schuss. Eisele war indes in die Schreibstube versetzt worden und leitete als Feldwebel (01.02.40) die Geschicke der Stabskompanie - erst im März erreichte der Salbacher seine Kommandierung als Zugführer in der 8. (MG-)Kompanie.

Im Mai 1940 konnten die Landser gegen Frankreich zeigen, was das 56te konnte. Im Verband der 5. Infanteriedivision stießen die Bataillone quer durch Belgien, zeichneten sich u.a. im Maas-Brückenkopf Fumay sowie beim Durchbruch zum Ärmelkanal aus. Feldwebel Eisele wechselte in den Gefechten an die Spitze eines führerlos gewordenen Zuges der 6. Jäger-Kompanie und stand Gefechte an der Aisne und der Loire durch. Anders als im Ersten Weltkrieg war die französische Armee zwar nicht immer motiviert und zur letzten Verteidigung bereit, doch kosteten die Siege in Frankreich hohe Opfer unter den deutschen Berufssoldaten. Eben um diese Lücken zu schließen und gleichzeitig die Aufstellung neuer Divisionen voranzutreiben, bedurfte es erfahrener Offiziere.

Aufgrund seiner langen Diensterfahrung sowie Bewährung im Feld wurde Eisele noch während der letzten Kämpfe im Westen zum Offiziersanwärter ernannt und nach besonderer Fürsprache durch seinen Regimentskommandeur zum Leutnant (15.08.40) befördert. Als sichtbares Zeichen für seine Leistungen folgten beide Klassen des Eisernen Kreuzes.

Nach guten Leistungen in einem Kompanieführer-Lehrgang der 2. Armee (nicht an einer Lehreinrichtung in Deutschland) übernahm Leutnant Eisele bereits die 4. Kompanie des neuen Infanterieregiments 421 der 260. Infanteriedivision. Nach bereits wenigen Wochen erneut versetzt, führte Eisele die 4. (MG-)Kompanie der 421er im Verband der 125. Infanteriedivision in den Balkanfeldzug, wo die griechische und jugoslawische Armee ebenfalls nicht grenzenlose Motivation zeigte. Neben hoher Schlagkraft, moderner Ausrüstung und immer mehr Kampferfahrung waren diese Defizite unter ihren Gegnern oftmals die wichtigste Waffe der Wehrmacht 1940/41.

Eisele bewies am Balkan, dass sich sein alter Kommandeur nicht in ihm getäuscht hatte und führte seine Kompanie mit Ruhe, Übersicht und hoher Qualität.

Auch später, bei „seinen Bayern“, sollten seine menschlichen Vorzüge oftmals den Ausschlag in heiklen Situationen geben.

Im Juni 1941 führten die Heeresgruppen-Oberbefehlshaber GFM v. Leeb (Nord) 26 Divisionen, GFM v. Bock (Mitte) 51 Divisionen und GFM v. Rundstedt (Süd) 59 Divisionen über die sowjetische Grenze. Die Größenordnung der Operationen, die Stärke der Truppenverbände und die Ausmaße der Siege im Ostfeldzug sollte alles Vorangegangene in den Schatten stellen!

Während Eisele als Kompaniechef bei Lemberg, Kiew, Charkow, Stalino und am Mius im Einsatz stand, spielte sich um ihn herum Militärgeschichte ab. Da Stalin die Hauptmacht seiner Streitkräfte in unmittelbarer Grenznähe stationiert hatte – ob zur Vorbereitung eines Angriffskrieges oder nicht, sei dahingestellt – erlitt die Rote Armee ungeheure Verluste.

Als deutsche Panzer mitten in die riesigen Bereitstellungen, Truppenmassierungen und rückwärtige Armeebereiche vorstießen, die Infanterie Kessel auf Kessel dicht machte und Bomber und Stukas alles niederbombten, was sich zeigte, gingen unzählige Rote Divisionen unter. Hunderttausende gut ausgebildete und diensterfahrene Berufssoldaten ergaben sich den deutschen Angreifern und rissen tiefe Lücken in die Struktur der stalinistischen Streitkräfte. Bei Wintereinbruch stand die Wehrmacht vor Leningrad, Moskau und Rostow!

Letztgenannte Stadt am Mius war Angelpunkt der Operationen im Südabschnitt. Das Tor zum Kaukasus und den Großen Donbogen war strategisch von größter Wichtigkeit.

Das wusste auch das Oberkommando der Roten Armee - die Stadt war zur Festung ausgebaut. Gespickt mit Bunkeranlagen, Geschütz- und Flakstellungen sowie besetzt mit kampfentschlossenen NKWD-Elitetruppen (genannt Stalins Waffen-SS), bedeutete Rostow ein ernstzunehmendes Hindernis.

Zu jenen ausgesuchten Verbänden, die zum Sturmangriff antraten, gehörten auch die 421er. Bereits in den ersten Gefechtstagen erkannten die Landser die Entschlossenheit des Gegners.

Eiseles Kompanie wurde in den von Barrikaden, MG-Nestern und Minenfallen gespickten Straßen immer wieder in verlustreiche Häuserkämpfe verwickelt. Scharfschützenüberfälle, mutige Gegenangriffe und starke Bunkeranlagen forderten von den Landsern einen hohen Preis. In kleinen Stoßtrupps und Kampfgruppen musste Haus um Haus erobert werden. In perfekter Zusammenarbeit mit anderen Regimentern gelang es schließlich, bis in den stark befestigten Stadtkern von Rostow vorzustoßen und schließlich die Räumung der Stadt zu erzwingen!

Besonderen Anteil an diesem Erfolg hatte Eiseles Regimentskommandeur, Oberst Alfred-Hermann Reinhardt, welcher bereits das Ritterkreuz trug. Später zum Divisionskommandeur aufgestiegen, sollte der erfahrene Veteran bei Kriegsende auch Eichenlaub und Schwerter tragen.

Nach dem Sieg von Rostow stieß die 125. Infanteriedivision in hohem Tempo (300 km in 16 Tagen) kämpfend in den Kaukasus vor und erreichte Anfang August den Raum Krasnadar.

Wenige Tage nach seiner Beförderung zum Oberleutnant (15.07.42) durchschlug eine Karabinerkugel Eiseles Oberschenkel, doch trotz hohen Blutverlusts schaffte es der Kompaniechef bis zum Lazarett. Er erholte sich recht schnell und erhielt im Oktober seine Rückversetzung zur 125. Infanteriedivision. Doch das Schicksal sollte Alois Eisele wo anders hin verschlagen. Als jener Truppenzug, der Eisele zu seinem Regiment bringen sollte, in einen Angriff feindlicher Truppen geriet, raffte der Oberleutnant kurzentschlossen einige Landser zusammen und leistete hartnäckigen Widerstand. Nahtlos dem Infanterieregiment 61 der nahen 7. ID unterstellt, stand die „Gruppe Eisele“ tagelange Gefechte bei Gshatsk durch. Nach Ausfall vieler Offiziere die 9. Kompanie übernehmend, machte der Württemberger auf seinen Kommandeur dermaßen viel Eindruck, dass dieser für die fixe Unterstellung des erfahrenen Oberleutnants sorgte. So wurde Alois Eisele plötzlich der erste und einzige nicht-bayrische Offizier im traditionsreichen Grenadierregiment 61!

Weder die Bayern, noch ihr „ausländischer Gast“ sollten es je bereuen...

Mit 10. März 1943 bereits zum Hauptmann befördert, führte Eisele alsbald das III. Bataillon,  erlebte schwere Abwehrschlachten bei Spas Demensk und sammelte in den vielen Gefechtswochen zahlreiche Nahkampf- und Sturmtage. Bei Kursk (Operation „Zitadelle“) sah sich das Bataillon einer großen Übermacht gegenüber und biss sich in Mitten von Trommelfeuer, Minenfeldern und Panzerangriffen fest. Oftmals nur in verlustreichen Stoßtrupps konnten Erfolge erzielt werden. Hauptmann Eisele schonte sich hier nicht und sammelte bei Kursk erneut viele Nahkampftage. Eine Granatsplitterverwundung im Juli sowie eine weitere Verletzung an der Hand im August konnten den Württemberger nur kurz bremsen. Für seine Leistungen erhielt er zu dieser Zeit das Deutsche Kreuz in Gold verliehen, nach Schlachten an der Dessna und an der Gomel wurde mit 27.10.43 die Nahkampfspange in Silber in Eiseles Soldbuch eingetragen. Aber es kam noch besser...

Für eine besondere Waffentat bei Gomel folgte im Dezember das Ritterkreuz. Das III./61 war der benachbarten 251. ID als „Feuerwehr“ unterstellt worden und hatte zur Entlastung der bedrängten Truppe zwölf Stunden einen starken sowjetischen Angriff aus dem Brückenkopf Gluschez heraus aufgehalten. Erst als zwei Bataillone der 251. ID hinter den Bayern eine Auffangstellung eingerichtet hatten, zog sich Eisele kämpfend auf diese Stellung zurück.

 

Im Jänner 1944 führte Alois Eisele sein Bataillon an der gefrorenen Narew in eine harte Abwehrschlacht und konnte durch seine Erfahrung, aber auch durch die erstklassige Motivation seiner Männer, so manche hoffnungslose Situation für sich entscheiden.

Seine am 20. Mai ausgesprochene Ernennung zum Major – die dritte Beförderung nach jener zum Offizier im Jahr 1940! – zeugt von hohem Einsatz und herausragenden Führungsqualitäten.

Im Sommer 1944 brach über die 7. Infanteriedivision, unter der Führung des bei der Truppe ebenfalls sehr beliebten Generalmajor Fritz v. Rappard stehend, die sowjetische Sommeroffensive herein. Bei Pinsk von zwei Panzerdivisionen attackiert, konnte sich die 7. ID nicht halten, zog sich kämpfend zurück und leistete in unzähligen namenlosen Ortschaften Widerstand. Major Eisele stand nach diesen harten Wochen unmittelbar vor dem 50. Nahkampftag, als er sein Bataillon unter der Regimentsführung des Eichenlaubträgers Oberst Weber in Polen zum Gegenangriff führte.

Während den Gefechten zur Eindämmung des Brückenkopfes Wywloka wurde Eisele am 4. September zum fünften Mal in seiner Karriere verwundet, als er mit nur 15 Mann seines Alarmzuges gegen einen Einbruch antrat. Dies war sein 50. und letzter Nahkampftag.

Nach Ausheilen der Verwundung und Übergabe der hohen Auszeichnung durch General Burgdorf, erhielt der Major entgegen seiner Hoffnung, an eine Infanterieschule des Heeres versetzt zu werden, seine Kommandierung zum Lehrgang für Höhere Adjutanten.

Hier erreichte ihn die überraschende Nachricht, dass er für seine großen Leistungen als Bataillonskommandeur das 695. Eichenlaub innerhalb der Wehrmacht erhalten hatte. Nur wenig später erhielt auch sein Kommandeur Fritz v. Rappard diese hohe Auszeichnung verliehen. Im Gegensatz zu Eisele entging der Divisionskommandeur nicht der sowjetischen Gefangenschaft und wurde nach einem Schauprozess als angeblicher Kriegsverbrecher hingerichtet.

Nach Abschluss des Lehrgangs zeigte Major Eisele bei der Wahl seiner neuen Verwendung Zivilcourage, als er einen Kommandierung in den Stab von SS-Reichsführer Heinrich Himmler ablehnte. Diese Galionsfigur des Nazi-Schreckens hatte in dem Strudel der sich abzeichnenden Niederlage ein Heeresgruppen-Oberkommando an sich gerissen (wo er völlig versagte) und wollte sich nun mit einem hochdekorierten Adjutanten schmücken.

Als Eisele ablehnte, holte sich Himmler den ebenfalls mit Eichenlaub und höchster Nahkampfspange ausgezeichneten Sturmbannführer Heinz Macher.

 

Major Eisele geriet im Mai 1945, nachdem er sich erfolglos der Gefangennahme entziehen wollte, in amerikanische Hände, wurde jedoch bereits nach zwei Monaten entlassen.

Nach schwierigen Anfangsjahren leitender Angestellter in einem mittleren Gewerbebetrieb, ging er 1979 in Pension. Bis heute ist er ein gerngesehener Kamerad in der Kameradschaftsvereinigung seiner alten 7. ID sowie der „Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger“.

Nach eigener Aussage hat ihm die Nahkampfspange in Gold und die damit untrennbare Verbundenheit zur direkten Fronttruppe immer mehr bedeutet, als das Ritterkreuz.

2004 feierte er im Kreise seiner Familie den 90. Geburtstag.

 

Quelle: „Ritterkreuzträger mit Nahkampfspange in Gold“ von Florian Berger (www.ritterkreuz.at)