Adrario, Friedrich
* 29. November 1918 |
Es gab nicht mehr viel, was schwere amerikanische, britische oder sowjetische Panzer in den Kriegsjahren 1944/45 zu fürchten hatten. Die deutsche Luftwaffe war in die Defensive gedrängt, Panzer und Sturmgeschütze zwar teilweise noch in hohen Stückzahlen im Einsatz und erzielten große Erfolge, doch konnte auch ein Tiger wenig gegen die Übermacht von zwanzig T-34 oder Sherman ausrichten. Oft blieben zur Abwehr von Panzerangriffen lediglich einige Pakgeschütze oder mutige Panzernahkampf-Trupps mit Tellerminen und Panzerfäusten. Die Hauptstütze im Abwehrkampf gegen feindliche Panzer blieben bis zuletzt die Panzerjagd-Abteilungen der Panzer-, Grenadier- und Infanteriedivisionen.
Am 29. November 1918 als Sohn eines
bekannten Sägewerkbesitzers und ehemaligen Offiziers im italienischen Teil von Südtirol
geboren, trat der in Kärnten aufgewachsene und hier im Musik-Konservatorium an der Geige
ausgebildete junge Friedrich Adrario 1937 als Freiwilliger ins traditionsreiche Tiroler
Landesschützen-Regiment ein. Hier zusammen mit dem späteren Ritterkreuzträger und
Oberst des Bundesheeres Karl Ruef ausgebildet, wechselte Adrario 1938 in die deutsche
Uniform und diente im Gebirgsjägerregiment 98 der 1. Gebirgsjägerdivision. Auch hier
machte er mit vielen späteren Offizieren des 2. Bundesheeres Bekanntschaft. Während des
Polenfeldzuges im September 1939 im Kampf gegen polnische Truppen bei Lemberg und Warschau
zum Einsatz gekommen, entschloß sich der selbstsichere und standfeste Adrario 1940 zur
Offiziersausbildung und erreichte als Fahnenjunker-Feldwebel die Infanterieschule
Berlin-Döberitz. Taktische Kurse, Zugführer-Lehrgang, Prüfungen im April 1940
erhielt der Südtiroler die Schulterstücke eines Leutnants und übernahm einen Zug in der
4. (Panzerjäger-)Kompanie des Radfahr-Bataillons 402. Diese leichten, hochmobilen
Einheiten kamen meist als Teil der berittenen Aufklärungsabteilungen von
Infanteriedivisionen zum Einsatz und waren besonders als Ersatz von manchmal
fehlenden motorisierten Einheiten von Wert. Während des bald anbrechenden Westfeldzuges
bewährte sich Leutnant Adrario erstmals in der Führung und erhielt bereits das Eiserne
Kreuz 2. Klasse.
Am 22. Juni 1941 führte der
Österreicher dann seinen ersten von vielen Aufklärungstrupps auf russischen Boden. Acht
Monate später hatte der Leutnant nicht nur eine Beinverwundung durch Splitter einer
Tellermine, sondern auch Dutzende Gefechtseinsätze, seine erste Schlammperiode und den
ersten russischen Winter überstanden. Ausgezeichnet mit Sturmabzeichen sowie EK I und im
Frühjahr zum Oberleutnant befördert, übernahm Oberleutnant Adrario im April 1942 die 1.
Kompanie des Bataillons. Inzwischen waren seine Radfahr-Aufklärer und Panzerjäger nicht
mehr von normalen Jägern zu unterscheiden.
In den folgenden Angriffs- und
Verteidigungskämpfen bewährten sich die Landser immer wieder aufs Neue. Im Mai für
Abwehrerfolge am Wolchow mit dem Deutschen Kreuz in Gold ausgezeichnet, trug der junge
Kompaniekommandant inzwischen auch die Nahkampfspange in Bronze. Nachdem im Sommer eine
erneute Verwundung in Form einer
Splitterverwundung am Kopf überstanden war, führte der erfahrene Oberleutnant eine
Ersatzabteilung in Bad Reichenhall, ehe es einen Lehrposten für Panzerabwehr- und
Aufklärungs-Lehrgänge an der Infanterieschule Hohenfels zu besetzen galt.
Diese rückwärtige Verwendung bot
die schon überfällige Gelegenheit, nach vielen Frontmonaten wieder Kraft zu sammeln.
Im Februar 1943, drei Monate später,
wurde Friedrich Adrario - von seinen Freunden einfach Fritz gerufen - an die Spitze der 1. Kompanie der mot.
Aufklärungsabteilung 113 gestellt und erneut nach Rußland verfrachtet. Bei einem der
ersten Einsätze zum dritten Mal verwundet, fand er sich jedoch schon bald im ruhigen Paris
wieder. Dem Abteilungsführer-Lehrgang an der Panzertruppenschule folgte im Juli 1944 als
Hauptmann die Ernennung zum Kommandeur der Panzerjägerabteilung 200 der 21. Panzerdivision.
Diese tapfere Division stand seit
wenigen Wochen im harten Einsatz gegen Briten und Amerikaner an der Invasionsfront und
leistete um Caen zähen Widerstand. Während den wochenlangen Abwehrschlachten an der
Seite der SS-Division Hitlerjugend unter Schwerterträger Kurt Meyer
und berühmten Einheiten wie dem Panzerregiment der SS-Leibstandarte
traten Adrarios Panzerjäger tagtäglich gegen einen weit überlegenen Gegner an. Ähnlich
massiv wie er es aus Rußland gewohnt war, traten die angreifenden Briten stets unter
Artillerie- und Fliegerunterstützung zum Angriff an und rückten dabei oft mit ganzen
Panzerregimentern gegen Caen vor. Zusammen mit Sturmgeschützen von Nachbardivisionen und
Nahkampftrupps der Infanterie waren es besonders die Jagdpanzer vom Typ III und IV sowie
die gefürchteten 8,8-cm-(Flak)-Geschütze der Panzerjägerabteilung 200, die unzählige
dieser Angriffe abwehrten. Als die Abteilung Adrario im Juli und August 1944
mindestens 116 Feindpanzer sowie einige Pak und sonstige Fahrzeuge vor Caen vernichtet
hatte, erhielt ihr Kommandeur das Ritterkreuz verliehen und wurde namentlich im
Wehrmachtsbericht genannt! Obendrein überschritt der Österreicher auch noch die
Zähler-Grenze zur Nahkampfspange in Silber.
Noch im August einige der
Erfolge, welche zum Ritterkreuz führten, fielen in diese Zeit wurde Hauptmann Adrario in die 272.
Volksgrenadierdivision versetzt und mit der Führung der Panzerjäger betraut. Die
nächsten Monate, teilweise unter dem Kommando des Eichenlaubträgers Generalmajor Schack,
erlebte Adrario die Rückzugsschlachten Richtung Nordosten und die folgenden Gefechte an
der deutschen Grenze. Wenige Wochen vor Kriegsende geriet der Ritterkreuzträger verwundet
in amerikanische Gefangenschaft, nachdem ihm Geschosse die rechte Hand sowie den rechten
Unterschenkel durchschlagen hatten.
Der Offizier in dritter Generation,
nunmehr schon selbst Familienvater, wurde noch 1945 aus dem Gefangenlager entlassen und
arbeitete fortan im wieder aufzubauenden Holzgeschäft der Familie.
1954, drei Jahre nach Gründung der
B-Gendarmerie, als Rittmeister (Hauptmann) und Alpinausbilder dieser Truppe beigetreten,
war dies die Vorstufe für Adrarios Übernahme ins neue Bundesheer.
1956 hier als Hauptmann anfangs
Kompaniekommandant im Jägerbataillon 22, wechselte Adrario zwei Jahre später in den
Arbeitsstab Panzerjäger der neuen Panzertruppenschule und formte die erste
Panzerjäger-Schulabteilung entscheidend mit. 1959 kurzzeitig Mitglied des Manöverstabes
im Korpskommando I, absolvierte Major Adrario den Generalstabskurs und eine
Dolmetscherprüfung, ehe er 1962 in den Stab der neuen 9. Panzergrenadierbrigade versetzt
wurde. Ein Jahr darauf bereits Stabschef dieses Großverbandes und alsbald Oberstleutnant
i.G. wurde der alte Panzerjäger 1967 schließlich als Hauptlehroffizier an die renommierte
Landesverteidigungsakademie in Wien berufen und leitete die wichtigen Stabsoffizierskurse.
Für den Fall einer Mobilmachung war der erfahrene Offizier und Organisator als
Oberquartiermeister der gesamten Streitkräfte vorgesehen, was eine Versorgung von 150.000
Mann und 11.000 Kraftfahrzeugen bedeutet hätte!
1973 zum Brigadier befördert, übernahm Adrario nun die stellvertretende Leitung des Heeres-Materialamtes und trat 1983 als Generalmajor in den Ruhestand.
Der Träger des Goldenen
Ehrenzeichens der Republik, des Goldenen Ehrenzeichens des Landes Niederösterreich sowie
des Tiroler-Adler-Ordens in Gold lebt heute in Wien.
Anmerkung des Autors: Für die
Erlaubnis zur Akteneinsicht bin ich Hrn. Generalmajor i.R. Adrario sehr zu Dank
verpflichtet.
QUELLE: Ritterkreuzträger im Österreichischen Bundesheer von Florian Berger, www.ritterkreuz.at