Truppenübungsplatz Heuberg

Übersichtskarte

 

Der Truppenübungsplatz Heuberg wurde in den Jahren 1910-1916 für das XIV. badische Armeekorps errichtet. Er hat eine Größe von 4,7 ha. Das Lager Heuberg wurde im Jahre 1916 fertig gestellt und hatte ursprünglich eine Kapazität für über 6.000 Soldaten der Kaiserlichen Armee. 

Bis zum Ende des 1. Weltkrieges 1918 war der Truppenübungsplatz mit seinem Lager Heuberg Übungs- aber auch Aufstellungsort vieler Einheiten und Verbände mit einer Kapazität von über 6 000 Soldaten. Nach dem 1. Weltkrieg gehörte der Heuberg zur entmilitarisierten Zone. 

1920 bekam das Lager eine zivile Nutzung mit einem Kindererholungsheim mit einer Heilstätte für Lungenkrankheiten und einer Hauswirtschaftsschule für Kriegswaisen für bis zu 3 000 Kinder.
1933 musste das Erholungsheim einem von den neuen Machthabern eingerichteten Schutzhaftlager (Konzentrationslager) weichen, in dem 3 500-4 000 Männer gedemütigt wurden, im Rest des Lager wurde eine Sportschule der SA eingerichtet. Aber nur die Heilstätte konnte sich behaupten und wurde erst 1973 aus Stetten verlegt. 1934 übernahm die Wehrmacht wieder den Truppenübungsplatz.

Der aus militärhistorischer Sicht interessanteste Aspekt betrifft die nicht unbedingt bekannte Geschichte der dort stationierten Verbände. Zu nennen sind hier die 2. Division der sogenannten „Wlassow-Armee“, Miliztruppen des französischen Marschall Petain, und die italienische Division „Italia“, die, Mussolini treu ergeben, auf Seite der Wehrmacht kämpfte. Unter den im Lager Heuberg aufgestellten Truppen finden sich so exotische Verbände wie die „Bewährungseinheiten 999“ und die „Indische Freiwilligen Legion“, über die nicht viel bekannt geworden ist.
Doch zunächst zu den „Bewährungseinheiten 999“. Verbände mit der Nummer 999 wurden tatsächlich aufgestellt aus Soldaten, die wegen Disziplinar- und anderer Vergehen oder Verbrechen verurteilt worden waren. Die NS-Führung machte keinen Unterschied zwischen politischen und kriminellen Strafgefangenen. Die zunächst als „wehrunwürdig“ Bezeichneten sollten nach einem Erlass vom 21. Dezember 1940 eine Gelegenheit „zur Frontbewährung“ erhalten. Löschung oder Milderung der Strafe wurde in Aussicht gestellt. Das bedeutete z.B. schlecht oder gar nicht bewaffnet an den Brennpunkten der Ostfront eingesetzt zu werden. Die Verluste waren dementsprechend. Am 2. Oktober 1942 verfügte das Oberkommando der Wehrmacht "die Aufstellung der verst. Afrika Brigade 999 aus ehemaligen Wehrunwürdigen", mit der bereits in den folgenden Tagen auf dem Truppenübungsplatz "Heuberg". auf der Schwäbischen Alb, begonnen wurde. Hier wurde außer dem Stammpersonal, das sich aus zuverlässigen Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaftsdienstgraden zusammensetzte, stets auf ein ausgewogenem Verhältnis zwischen den politisch und kriminell Vorbestraften sowie aus rassischen Gründen Verfolgten geachtet. Der Anteil der politisch Vorbestraften betrug dabei oft nur 30 %; aber auch unter den "Kriminellen" befanden sich relativ viele Menschen, die erst auf Grund der Kriegsbedingungen und der diesen entsprechenden Bestimmungen mit den Gesetzen in Konflikt geraten waren. Die Stärke der Bewährungstruppen verminderte sich aber auch durch Überlaufen der als unzuverlässig eingestuften Soldaten. Einige politisch motivierte Widerständler empfanden es als Schande, in der Uniform für das verhasste Regime kämpfen zu müssen. Mit etwa 2000 indische Freiwillige wurde das verstärktes Infanterie-Regiment 950 der Wehrmacht aufgestellt. Bekannt geworden sind einzelne Fotos, die indische Legionäre in Wehrmachts- als auch in Waffen-SS- Uniform zeigen.

Ebenfalls ein tragisches Ende fand der erste bemannte Raketenflug der Geschichte. Auf dem „Ochsenkopf“ auf dem Truppenübungsplatz Heuberg startete am 1. März 1945 ein Kleinstraketenjäger mit der Bezeichnung Ba 349 „Natter“ des Konstrukteurs Erich Bachem. Die senkrecht startende Einmannrakete sollte gegen anfliegende feindliche Bomberverbände eingesetzt werden. Die betonierte Grundplatte der Abschussvorrichtung (siehe Foto) blieb erhalten, flankiert von einem Gedenkstein und einer Hinweistafel mit Informationen zum Projekt „Natter“ und Leben und Schicksal des Leutnant Sieber. Der 23-jährige Luftwaffenleutnant Lothar Sieber beobachtete zuvor mehrere Abschussversuche der „Natter“, bevor er sich entschloss, selbst in die Rakete einzusteigen. Er war sicherlich kein „Kamikaze“, sich aber doch des Risikos bewusst, davon zeugt sein Testament, welches überliefert ist.
Über die Absturzursache gab es zunächst nur Mutmaßungen. Man geht heute davon aus, dass die Haube der Kanzel während des Fluges wegflog. Der plötzliche Druck auf Siebers Kopf betrug schlagartig mehrere G-Werte. Vermutlich war er dadurch bewusstlos oder bereits durch Genickbruch tot, als sich das Projektil nach etwa sechs, sieben km Flug in der Nähe der Ortschaft Nusplingen in den Boden rammte. Sieber wurde auf dem Friedhof in Stetten beerdigt.

Das Ende des Zweiten Weltkrieges fällt etwas "milder" für Platz, Lager und Gemeinde aus. Als Teil der französischen Besatzungszone werden die Gemeinde und die militärischen Anlagen hauptsächlich vom französischen Militär "regiert". Doch die Verhältnisse bessern sich relativ schnell. 1959 wird Stetten deutsche Garnison. 1960 gehen "Platz und Lager" wieder in deutsche Verwaltung über. Das Nebeneinander von deutschen und französischen Truppen, quasi im gleichen "Heim", wird mehr und mehr zur Freundschaft. 1997 verlassen die Franzosen Stetten – die französische Garnison wird aufgelöst.

Aus den acht Anlagen von 1910 sind heute vierzig geworden, so z.B. die modernste Schießbahn Deutschlands oder die Kämpferbahn, eine Hindernisbahn ganz besonderer Art.

Bilder vom Truppenübungsplatz Heuberg Seite 1

Bilder vom Truppenübungsplatz Heuberg Seite 2

Kommandanten des Übungsplatzes

Oberst Helmut Besch 1. Dezember 1935 - 19. Juni 1940

Generalmajor Helmut Besch 20. Mai 1944 - 1945