357. Infanterie-Division
1. Einsatz und Unterstellung:
Mit Befehl des OKH vom 7. November 1943 begann die Aufstellung und Ausbildung
der 357. Infanterie-Division als Division der 21.Welle auf dem
Truppenübungsplatz Radom (Generalgouvernement, heutiges Polen). Als
Divisionsrahmen dienten die Stäbe und Divisionseinheiten der aufgelösten 327.
Infanterie-Division. Hinzu kamen Teile der ebenfalls aufgelösten 32., 39., 52.
und 106. Infanterie-Divisionen. Die Masse der personellen Auffüllung bestand
aber aus den jungen Rekruten des Jahrgangs 1926.
Der erste Einsatz der Division erfolgte am 8.März 1944 beim XXXXVIII.
Panzerkorps bei Jezierna nordwestlich von Tarnopol mit Auftrag, den Feind über
den Sereth auf das Ostufer zurückzuwerfen und um damit das Ausladen der
nachrollenden 359. Infanterie-Division zu ermöglichen. Bis zum 9. März gelang es
auch in schnellem Vorgehen und Brechen des Feindwiderstandes den Sereth zu
erreichen und eine Sicherungslinie nördlich Tarnopols entlang des Westufers in
der Linie Zalosce – Reniow – Czerniechow – Biala aufzubauen, ohne aber dabei den
Fluß zu überqueren und das Ostufer zu besetzen.
Die Division musste gleich zu Beginn ihres ersten Einsatzes die
1./Panzerjägerabteilung 357 an den Kommandanten des „Fester Platz Tarnopol“
abgeben. Diese Kompanie wurde bis auf einen Mann bei den Kämpfen in Tarnopol
aufgerieben.
Vom 10. – 15. März gelang es der Division, in der Stellung am Westufer des
Sereth eine, wenn auch schwache, so doch zusammenhängende Frontlinie aufzubauen.
Dabei konnte dann ein Brückenkopf bei Zalosce gebildet und am 15. März die
Verbindung zum nördlichen Nachbarn, dem XIII. AK, bei Zagorce-Seretec zum
Radfahr-Sicherungs-Bataillon 226 hergestellt werden. Am 20. März 1944 war diese
Frontlinie und die Verbindung zum XIII. AK jedoch schon wieder Makulatur, da ein
russischer Einbruch bei der nördlichen Nachbareinheit, dem Sicherungs-Bataillon
226 des XIII.AK, zu einer Gefährdung des nördlichen Flügels der Division,
verbunden mit der Zurücklegung der dortigen Divisionsteile in den Brückenkopf
von Ratyszcze, führte.
Der am nächsten Tag begonnene Großangriff der 1. Ukrainischen Front führte im
Bereich der Division zur Gewinnung eines tiefen Brückenkopfes durch die 60.
sowjetische Armee und zwang bis zum 24. März die Division zum Rückzug auf die
Linie nördlich Kozlow - Jezierna – Bogdanowka zum Lauf der Lopuszanka um
Bialokiernica – Olejow. Eine Verbindung bestand dabei zunächst weder zum
nördlichen Nachbarn, dem XIII. AK noch zum südlichen Nachbarn, der
359.Infanterie-Division. Der Division gelang es jedoch trotz schwerer Verluste
(Gefechtsstärke am 25. März 1944: 1.859 Mann), diese Frontlinie 25 km
nordwestlich Tarnopols mit Unterstützung zugeteilter Verbände zu festigen und
bis Mitte Juli 1944 zu behaupten.
Der am 14.Juli beginnende russische Großangriff gegen die Heeresgruppe
Nordukraine trifft die Division mit voller Wucht auf der gesamten Frontbreite
mit Einbrüchen bis zu ihren Artilleriestellungen, so daß teilweise Geschütze
gesprengt werden mussten. Am 16.Juli 1944 wurde die Division komplett der 96.
Infanterie-Division unterstellt.
Der bis zum 17. Juli erzielte 12 km breite und 1,5 km tiefe Einbruch ließ sich
nicht bereinigen und die Division muss nach weiteren schweren Kämpfen bei
Jezierna, Olejow, Zborow und Zloscow ab dem 21. Juli bis zum 27. Juli 1944 den
Rückzug antreten. Am 2. August stand die teilweise als Kampfgruppe Koboldt (=
Oberst Gustav Koboldt, Kommandeur des GR 945) bezeichnete Division im Sukiel-Tal
etwa 1km ostwärts Zisow, um am nächsten Tag bei und in Stankowce beim Ausbruch
eingekesselter sowjetischer Verbände einiges an Beute einzubringen. Im Rahmen
der weiteren Absetzbewegung „Stierkampf II“ wurden Teile der Division
aufgeteilt. Die infanteristischen Teile traten dabei zur 96. Infanterie-Division
und die Artillerie ging zur 254. Infanterie-Division, von der sie auch in der
Front abgelöst wurde. Der Divisionsstab und restliche Teile treten zu einem
Sperrverband zusammen, erreichten ab dem 7.August Munkacz und verlegten dann am
20.August im Bahntransport nach Neuhammer. Dort wurde die
357.Infanterie-Division ab 28. August 1944 durch die Schatten-Division
„Infanterie-Division Breslau" aufgefrischt, was quasi in Teilen einer
Neuaufstellung gleichkam. Hinzu stießen weitere Mannschaften von der Luftwaffe
und Marine sowie Genesende verschiedener Einheiten einschließlich einer
Marschkompanie des Grenadier-Ersatz-Batl.164 aus Tarnowitz.
Noch während der Auffrischung wurden Teile der Division in die Ost-Slowakei
(Operationsgebiet der HGr Nordukraine) zur Entwaffnung des aufständischen
slowakischen Militärs (Operation „Schwarzwald“) befohlen. Die dabei im Verbund
mit Teilen der 96.Infanterie-Division zwischenzeitlich unter Kämpfen erbeutete
Ausrüstung des entwaffneten aufständischen slowakischen Militärs diente zur
Auffüllung der eigenen Ausstattung, wobei aber die vorgegebenen Sollzahlen für
die Division nie erreicht wurden. In der ersten Septemberwoche verlegten dann
auch die anderen aufgefüllten Teile der Division zurück an die Front in
Unterstellung zum XXIV.AK - zuerst als Kampfgruppe GenMaj von Rintelen
bezeichnet – in den Raum südlich Sanok zur Verteidigung des Vorfeldes des
Dukla-Passes in den Beskiden. Die gegnerische Offensive (Dukla-Pass – Presov –
Offensive) begann am 8.September 1944 und schon am 12.9. konnten zwei russische
Regimenter bis zur Passhöhe vorstossen. Aufgabe der 357.Infanterie-Division war
es nun, weitere durchgebrochene Feindkräfte anzugreifen und noch vor Erreichen
der Passhöhe zu vernichten. In den folgenden zwei Wochen gelang es dann auch
unter schweren Kämpfen diesen Einbruch zu bereinigen und den Pass zurück zu
gewinnen. Am 20.September ging im Nachbarabschnitt des XI.AK der Lupkower-Pass
verloren und auch beim XXIV.AK mit unterstellter 357.Infanterie-Division konnte
der Gegner dann den Dukla-Pass am 6. Oktober besetzen. Die Division ging dabei
auf die westliche Seite des Beskiden-Kammes auf Svidnik zurück und wurde dort
zur Stabilisierung der neuen Front eingesetzt. Diese konnte dann auch trotz
mehrerer gegnerischer Offensiven bis in den November hinein gehalten werden. Die
zurückliegenden sehr harten Kämpfe hatten der Division wiederum schwere Verluste
gebracht und sie wird nur noch als Kampfgruppe geführt.
Nachdem in der zweiten Novemberwoche schon erste Teile (u.a. DivFüsBtl.) verlegt
worden waren, folgte bis zum 20. November 1944 der Rest der Division - zum Teil
im Transport mit privaten Omnibussen - über Presov – Kosice – Miskolc zur
6.Armee der Heeresgruppe Süd und bezog in Unterstellung zum LVII. Panzerkorps im
Raum Hatvan nordöstlich Budapest die „Karola-Stellung“.
Mit dem am 5. Dezember vorgetragenen Angriff zur nördlichen Umfassung Budapests
mit Ziel Vac (Waitzen) der Armeegruppe Plijew (russ.6.Garde-PzA) gelangen bei
der durch die vorangegangenen Kämpfe arg dezimierten Division (nur 800
infanteristische Grabenkämpfer) sofort tiefe Einbrüche bis 6 km. Auch die am
nächsten Tag besetzte Frontlinie Kartal-Fenyöharast-Hered (etwa 10km westlich
und nordwestlich Hatvan) konnte nicht gehalten werden und die Division wird
zersprengt und zum Teil auch aufgerieben.
Nach Sammeln der Divisionsteile bei Waitzen zogen sich die Reste der Division
bis zum Ende des Dezembers zum Teil in Unterstellung bei anderen Einheiten (8.
-20.12.44) kämpfend in den Raum Esztergom (Gran) zurück. In der letzten
Januarhälfte wurden die Teile der Division frontnah in Neutra (Nitra)
aufgefrischt und am Gran-Brückenkopf mit 3 Bataillonen als Kampfgruppe
Staubwasser sowie weiter nördlich davon entlang des Flusses Gran als Kampfgruppe
Rintelen (GL J. Rintelen = Div.Kdr) zur Verteidigung eingesetzt. Teile der
Division (Gruppe Staubwasser) nahmen dann an der erfolgreichen Operation
„Südwind“ (= Bereinigung des Gran-Brückenkopfes) vom 17.-24. Februar 1945 teil.
Die Division verteidigte bis zum Beginn eines russischen Angriffs am 16. März
1945 einen Abschnitt mit geringer Kampftätigkeit an der Gran-Front nördlich und
südlich von Leva (Levice) bei Nagy Kalna. Bei diesem mit starker Panzer- und
Schlachtfliegerunterstützung geführten Angriff konnte die Division nach schweren
Kämpfen um die Orte Uj Bars, Bayka, Varad, Mohi und Sandor Halma ihre Stellungen
halten.
Der gegen die gesamte Gran-Front dann am 26. März 1945 eröffnete russische
Großangriff zwingt auch die Division, unter verlustreichen Kämpfen bei Verebely,
Neutra und Sered über Pressburg durch die Slowakei zur Reichsgrenze mit einer
Gruppe bis südlich Lundenburg zurückzugehen, wo sie dann am russischen March/Thaya-Brückenkopf
bei Hohenau eingesetzt war. Der Divisionsgefechtstand befand sich vom 8.-17.
April 1945 in Großkruth. Nachdem Hohenau am 13. April 1945 verloren gegangen
war, folgten Kämpfe um das letzte Erdölgebiet des Reiches im Raum
Dürnkrut-Zisterdorf. Dabei wurde auch am 18. April 1945 die Ortschaft
Altlichtenwarth kurzzeitig zurückerobert.
Ein anderer großer Teil der Division gelangte unter ständigen Kämpfen gegen
nachdrängenden Gegner und Partisanengruppen über Trentschin/Waag, Hradisch und
Kremsier in den Raum Brünn, das am 26.April fiel.
Nach weiterem Rückzug lag der Divisionsgefechtstand vom 23. April - 7. Mai 1945
in Leipertitz (Litobratice) und die Division verteidigte in einer Linie noch
ostwärts der Thaya von Altperau-Dürnholz-Guldenfurt-Weißstätten. Dabei wurde vom
29. April - 2. Mai 1945 mit unterstellten Einheiten von der Division auf der
Linie Dürnholz-Mariahilf ein russischer Durchbruch auf Znaim abgewiesen. Am 8.
Mai 1945 befand sich der Divisionsgefechtstand in Schidurowitz (Czidouvice). Die
Divisionsführung ging im Raum Hohenfurt (Vyšší Brod) in amerikanische
Gefangenschaft. Die Masse der Division kämpfte sich jedoch über Iglau in den
Raum Deutsch-Brod zurück und ging dort in russische Gefangenschaft.
1943
Datum | Armeekorps | Armee | Heeresgruppe | Ort |
11. November | in Aufstellung | Radom |
1944
Datum | Armeekorps | Armee | Heeresgruppe | Ort |
1. Januar | in Aufstellung | Radom | ||
8. März | XXXXVIII. Pz.K. | 4. Panzerarmee | Süd | Tarnopol |
4. April | XXXXVIII. Pz.K. | 4. Panzerarmee | Nordukraine | Tarnopol |
15. Juli | XXXXVIII Pz.K. | 1. Panzerarmee | Nordukraine | Tarnopol / Lemberg |
2. August | XXIV. Pz.K. | 1. Panzerarmee | Nordukraine | Beskiden |
20. August | in Auffrischung | Neuhammer | ||
31. August | XXIV Pz.K. | 1. Panzerarmee | Nordukraine | Slowakei / Karpaten / Dukla-Pass |
23. September | XXIV Pz.K. | 1. Panzerarmee | A | Dukla-Pass |
5. November (Kgr.) | XI | 1. Panzerarmee | A | Karpaten |
26. November (Kgr.) | LVII Pz.K. | 6. Armee | Süd | nördl. Budapest |
1945
Datum | Armeekorps | Armee | Heeresgruppe | Ort |
1. Januar (Reste) | LVII Pz.K. | 6. Armee | Süd | Ortschaft Gran |
1. Februar | Feldherrenhalle | 8. Armee | Süd | Gran (Lagekarte) |
30. April | Feldherrenhalle | 8. Armee | Ostmark | Deutsch-Brod |
2. Divisionskommandeure:
1. Dezember 1943 Generalleutnant Wolfgang von Kluge
1. April 1944 Generalmajor Knut Eberding
10. Mai 1944 Generalmajor Norbert Holm
12. September 1944 Generalleutnant Josef Rintelen
3. Gliederungen:
Divisions-Füsilier-Bataillon 357
Infanterie-Divisions-Nachrichten-Abteilung 357
4. Literatur und Quellen:
NARA Sig. T314 R 1186 u.a.
Bundesarchiv Militärarchiv Sig. RH 26-357
Sammlung Craciun/Millmann: Zeitzeugenberichte, Tagebücher, DRK-Gutachten,
Nachlässe u.a.
Georg Tessin: Verbände und Truppen der Deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im
Zweiten Weltkrieg 1939–1945. Band 9. Die Landstreitkräfte 281 – 370,
Biblio-Verlag, Bissendorf 1974
Divisionsschicksale - Deutsches Rotes Kreuz - Erarbeitet vom Suchdienst des DRK München, München 1958 - 1960, Band 1 und 2
MGFA: „Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg“ Bd 8, dva, München 2007
G. Fricke: „Fester Platz Tarnopol“, Verlag Rombach , Freiburg i. Breisgau, 1969
R. Hinze: „Rückzugskämpfe in der Ukraine 1943/44“, Selbstverlag, Meerbusch 1991
K. Mehner „Die geheimen Tagesberichte der deutschen Wehrmachtsführung“ Bd 10,
11, 12
R. Hinze: „Mit dem Mut der Verzweiflung“, Verlag Hinze, Meerbusch 1993
A. Gretschko: „Über die Karpaten“, Militärverlag DDR, Berlin 1972
F. Brettner: „Die letzten Kämpfe des II. Weltkrieges …“, Eigenverlag Prof.
Brettner, A-2640 Gloggnitz
Günther Haake: „Der Abwehrkampf der 6./AR 357 an der Ostfront 1944/45“,
Eigenverlag 1970