Grenadier-Regiment 1120

 

Aufgestellt am 11. Juli 1944 für die 553. Grenadier-Division auf dem Truppenübungsplatz Münsingen, später 553. Volks-Grenadier-Division. Im September 1944 wurde das Regiment von Münsingen aus nach Westen verlegt.

Bericht Oberstleutnant Kem:

3. September 1944
Abfahrt von Münsingen

4. September
Ausladen in Nanzig

5. September
Von Nanzig zur Ferme de Frocourt

6. September
Von der Ferme nach einem Schloß bei Montauban. Bau einer Riegelstellung.

11. September
23.15 Uhr Meldung, dass Feind am Südflügel der Division durchgebrochen ist. Abmarsch.

12. September
Der Feind beherrscht die Luft und verzögert unseren Anmarsch. Wir beziehen eine Verteidigungsstellung.

13. September
Feind greift an und bricht beim II. Bataillon ein. Leutnant Merkel bringt zweimal auf erbeuteten Jeeps Gefangene. Kurz vor Mitternacht Absetzen und Rückzug hinter den Rhein-Marne-Kanal. Regen. Absetzen und Rückzug auf Befehl der Division. (553. Volks-Grenadier-Division)

14. September
Einrichten zur Verteidigung hinter dem Kanal. Gefechtsstand im Schloß Haraucourt.

15. September
Feind greift an und vernichtet unseren linken Flügel, das I. Bataillon unter Hauptmann Hoppe. 24.00 Uhr Funk der Division: Absetzen nach Norden.

16. September
03030 Uhr Abfahrt. Regiment zur Verfügung der Division. 16.00 Uhr Divisionsbefehl: Rückzug nach Norden fortsetzen! 19.00 Uhr Ankunft in einer Villa in Aigncourt. Auftrag für Regiment: Verteidigung.

17. September
Regiment bezieht noch in der Nacht eine Verteidigungsstellung auf dem Plateau nordostwärts von Nancy, dessen beherrschender Punkt der Pain de Sucre ist. Das Regiment hat Front nach Süden, das I. Bataillon ist links eingesetzt (Ostflügel), das II rechts (Westflügel). Der Regimentsgefechtsstand ist in Agincourt zu nahe an der Front (Agincourt liegt im Bachtal) und wird im Laufe des Tages nach Eulmonte verlegt, das hoch liegt und weite Übersicht gewährt. Es kommt an dieser Tag zu keiner Feindberührung.

18. September
Die Amerikaner greifen an und das II. Bataillon verliert den Zuckerhut.

19. September
Ich setze meine Sturmkompanie (die einzige Reserve) zum Gegenangriff an. Von Agincourt aus nimmt sie dem Zuckerhut am frühen Morgen, als es noch dunkel ist, wieder. Am Nachmittag führten die Amerikaner mit Panzern und Infanterie an, eroberten den Zuckerhut und am späten Nachmittag auch Agincourt. Gleichzeitig griffen die Amerikaner auch meinen linken Flügel (das I. Bataillon) an, hatten aber keinen Erfolg.

20. September
Ich setze mich an die Spitze meiner Sturmkompanie und nehme Agincourt wieder. Häuserkampf und Schußwechsel auf nächste Entfernung. Mache im Nahkampf selbst einen Gefangenen. Trotz dieses Erfolgs ist mein II. Bataillon mitgenommen und erschüttert. Es fehlt bei den ungeübten jungen Leuten an Ruhe und Kampferfahrung.
Mein linker Flügel (das I. Bataillon unter Hauptmann Hoppe) hält sich hervorragend und weist die Amerikaner ab.

21. September
Die Amerikaner greifen an der gesamten Front an. Mein linker Flügel (I. Bataillon unter Hauptmann Hoppe) hält stand, obwohl das Feuer der feindlichen Artillerie sehr stark ist, aber mein rechter Flügel verliert Agincourt zum zweiten mal und ich habe keine Kräfte zum Gegenstoß mehr. Links von meinem Regiment brechen die Amerikaner durch und bedrohen meinen Rücken.

22. September
Die Division befihlt meinem Regiment, sich nach Norden abzusetzen und den Angriff des Feindes auf der Couronne abzuweisen; das Absetzen habe bei Tage zu erfolgen, eine Maßnahme, die ich für unklug halte. Um 12.00 Uhr fährt mein Stab von Eulmonte ab, um 16.00 Uhr kommen wir auf der Couronne an, die der Feind von Westen her unter Feuer nimmt. Mein Adjutant (Leutnant Lütt) wird verwundet. Lebhafte Tätigkeit amerikanischer Tiefflieger. Abends in ein Dorf, das im Tale liegt. In der Nacht Fortsetzung des Rückzugs nach Norden. Die Rückzugsstraße ist stark belegt. Fremde Truppen verwenden Beute-Kraftfahrzeuge mit niedriger Bodenhöhe, bleiben Stecken und verstopfen die Straße. Wieder einmal Anlaß zum Ärger.

23. September 1944
Wir finden kein Haus für den Gefechtsstand des Regiments und lassen und im Bois des Seigneures nieder, der Deckung gegen die zahlreichen amerikanischen Artillerieflieger bietet. Es fängt an zu regnen und es wird ungemütlich.

24. September
Neuer Gefechtsstand in Chenicourt. Ich erhalte Befehl zum Nachtangriff. Die Amerikaner haben mehr Leute und obendrein Panzer, wir nicht. Ich weise die Division (der neue Divisionskommandeur ist Generalmajor Braun) darauf hin und finde Verständnis, nicht dagegen beim XIII. SS-Panzerkorps. Auf eigene Verantwortung lassse ich nur ein Bataillon angreifen. Der Angriff bringt keinen Erfolg, nur Verlußte ein.

25. September
Nochmals Befehl an mich, anzugreifen; bei Nacht! Die Überlegenheit des Feindes ist eher noch drückender geworden und ich rate wiederum ab. Wieder ist Braun /553. Volks-Grenadier-Division) verständnisvoll, das XIII. SS-Panzerkorps unbelehrbar. Wieder greifen wir an, diesmal mit einem anderen Bataillon. Wie zu erwarten, kein Erfolg. Weder Korps noch Division erklären dem Regimentskommandeur, was der Angriff bewirken soll (welche Absicht dahinter steckt).

26. September 1944
Auf Befehl der Division verschiebe ich mein Regiment nach Osten. Wir überschreiten die deutsch-französische Grenze und um 22 Uhr komme ich mit meinem Stab in Erlen an, das von seinen Einwohnern verlassen ist. Eine junge Frau kommt (die Sekretärin des Bürgermeisters) und holt Akten aus dem Rathaus. Ich werde einem Oberst der Luftwaffe unterstellt, ws mich ärgert, weil ich meine, dass ich vom Erdkampf mehr verstehe als ein Mann der Luftwaffe. Uns gegenüber liegt das Dorf Fossingen, das von den Amerikanern besetzt ist.

27. September
Auftragsgemäß greife ich Fossingen an. Mein I. Bataillon (Hauptmann Hoppe), das den rechten Flügel bildet, dringt als erstes in das Dorf ein und reißt die anderen mit, ein schöner Erfolg. Leider böse Verluste. Der Führer der 2. Kompanie (ein Leutnant) liegt schwer verwundet die Nacht über draußen und wird erst am Morgen gefunden. Die Gefechtszucht meiner jungen Soldaten ist mangelhaft, die der Luftwaffensoldaten unter aller Kritik. Die Luftwaffenfelddivisionen sind ein Verstoß gegen den gesunden Menschenverstand. Man sollte sie auflösen und ihre Leute in die bewährten Infanteriedivisionen einreihen. Das will Göring natürlich nicht. Er braucht seine Privatarmee.

28. September
Die Amerikaner beschießen das eroberte Fossingen mit schwerer Artillerie. Ihre Flieger leiten das Feuer aus der Luft. Niemand stört sie.

29. September
Desgleichen. Viele Häuser erleiden Schaden.

30. September
Beide Bataillone melden die Bereitstellung amerikanischer Panzer, 50 an der Zahl.
Im Zusatz zum Wehrmachtsbericht wird das Regiment lobend erwähnt!

1. Oktober
Im Morgengrauen feuert schwere feindliche Artillerie auf Fossingen. Tieffliegende Artillerieflieger leiten das Feuer. Um 07.00 Uhr greifen 50 feindliche Panzer das II. Bataillon an, überrollen es und nehmen Richtung auf Fossingen. Das tapfere Bataillon hält in seinen Löchern stand. Unerwartet drehen die Panzer und bieten dabei ihre Flanke. Unsere Pak schießt zehn von ihnen ab.

3. Oktober
Unser Regiment wird abgelöst und vom linken auf den rechten Flügel der Division verschoben. Neuer Gefechtsstand ist in Rouves hinter der Selle. Feuerüberfall der amerikanischen Artillerie. Drei Treffer in unserem Hause. Wir haben drei Tote und mehrere Verwundete.

4. Oktober
Wir erwarten einen feindlichen Großangriff

7. Oktober
Feuerüberfall feindlicher Granatwerfer auf Rouves. Im Nachrichtenzug haben wir einen Gefallenen.

8. Oktober
Um 5 Uhr 50 starkes Feuer der amerikanischen Artillerie auf breiter Front gegen die 553. Volks-Grenadier-Division. Von meinem Regiment sind das I. Bataillon vorne links und das II. Bataillon vorne rechts eingesetzt. Die beiden Bataillone werden vernichtet. Vor der Stelle gräbt sich der Feind ein, obwohl ihn niemand mehr aufhält. Am Nachmittag beobachten wir von Rouves aus, wie die Amerikaner unsere Leute in Gruppen von 6-8 Mann gefangen abführen. Hauptmann Albrecht, der Führer des II. Bataillons, meldet sich nachts verwundet bei mir. Leutnant Eck ist gefallen, sein Bruder steht bei meinem alten Regiment, dem Gebirgsjäger-Regiment 99.
Um 22 Uhr 00 verlassen wir Rouves und ziehen uns nach Mailly zurück. Es war ein schwarzer Tag für die gesamte Division. Sie ist aufgerieben.

9. Oktober
Versprengte stellen sich ein. Bis zum Nachmittag bestehen die beiden Bataillone aus 50 Mann. Die Geschützkompanie ist einsatzfähig und liegt in Nomeny. Zahlreiche Feuerüberfälle der Amerikaner auf Mailly.

10. Oktober
Weitere Versprengte finden sich ein. Am Abend sind es bei den zwei Bataillonen 80 Mann. Insgesamt!

11. Oktober
Hauptmann Hoppe, Führer des I. Bataillons, meldet sich zurück. Er hat sich auf abenteuerliche Weise durchgeschlagen. Eine rühmenswerte Leistung!

12. Oktober
Ein Infanterie-Regiment, selbst schwer angeschlagen, löst mein Regiment ab.

13. Oktober 1944
Wir sollen in einen ruhigen Abschnitt kommen und dort eine Panzerdivision ablösen. Gleichzeitig trifft Ersatz für mein Regiment ein.Ich gebe eilig Anweisungen an meinen Stab und fahre dann in den neuen Abschnitt voraus. Die feindlichen Flugzeuge beherrschen den Himmel, aber ich kann mich durchmogeln. Die Fahrt geht über Duß (Dieuze) Hemmingen und Blamont zur Panzerdivision.

14. Oktober
Bevor mein Regiment zur Stelle ist, brechen die Amerikaner bei der Panzerdivision ein, aber diee hat den Auftrag, trotzdem die Stellung zu verlassen. Die Amerikaner sind wie meist vorsichtig und versäumen die Gunst der Stunde. So sind wir gerettet. Während ich alleine die "Stellung" halte, mache ich mir Sorge, ob die Aufteilung gelungen ist. Ich kenne die neuen Leute nicht, diese mich nicht. Von "ruhiger Front" ist keine Rede.

15. Oktober
Ich richte meinen Gefechtsstand im Chateau de Grand-Seille ein.

16. Oktober
Die Ablösung zieht sich hin und fällt heute mit einem Angriff der Amerikaner zusammen, die einbrechen und den Platz behaupten, zum Glück (wie immer) aber ihren Erfolg nicht auswerten. Der Ersatz besteht aus 17-jährigen Buben, die frisch von der Schulbank kommen (Schule der Kriegsmarine). Sie sind guten Willens, haben aber noch keine Nacht im Freien verbracht und kommen nun nicht nur in die feuchten und kalten Herbstnächte, sondern auch gleich ins Feuer.

17. Oktober
20 meiner Leute ergeben sich ohne Widerstand den Amerikanern. Es gelingt mir nicht, Ordnung in die eigenen Linien zu bringen.

18. Oktober
Komme um 9 Uhr von der Front zurück, nachdem ich mit Mühe und Not Ordnung geschaffen habe. Wertvolles Gelände ging verloren, die neue Stellung ist gut.

21. Oktober
Die Amerikaner greifen an, aber die Meinen halten stand.

27. Oktober
Das Kriegsgericht tagt im Saale des Schlosses. Angeklagte sind die 20 Mann vom 17. Oktober, dazu deren Kompanieführer, ein ganz junger Leutnant. Er kann für das Versagen der 20 gar nichts, ich helfe ihm (als Zeuge) und er bekommt den Kopf aus der Schlinge. Wir brauchen keine Kriegsgerichte, sondern Flugzeuge, Panzer und andere Kriegsmittel.

28. Oktober
Das Kriegsgericht liefert einen Jungen bei mir ab. Er war am 13. September von seiner Kompanie abgekommen (oder hatte sich absichtlich in einem Bauernhaus versteckt) und das Kriegsgericht hatte ihn zum Tode verurteilt.
Am Abend schlagen mehrere feindliche Granaten im Schlosse ein. Opfer ist mein Reitpferd, das ich hatte kommen lassen, damit es mich nicht vergesse.

29. Oktober
Sonntag. Bei Sonnenaufgang müssen wir das Urteil des Kriegsgerichts vollstrecken. Der Gerichtsherr (der Divisionskommandeur) hat es so befohlen. Der Junge stirbt gefaßt vor dem versammelten Stabe des Regiments. Er war Slowene aus der Südsteiermark und sprach kaum deutsch. Der Vorgang empörte mich sehr.

30. Oktober
Am Abend kommt der Kommandeur der Division (Bruhn) und überreicht [Wilhelm] von Stark (dem Kommandeur der I. Abteilung des Artillerie-Regiments 1553, der mein Regiment unterstützt) das Ritterkreuz.

31. Oktober
Die Amerikaner greifen an, einmal am Vormittag, einmal am Nachmittag, haben aber keinen Erfolg.

1. November 1944
Wieder Feindangriff, diesmal am Nachmittag. Wir können die Linie nicht an allen Punkten halten und verlieren etwas Gelände.

4. November
Die Division schickt mich zu einer wehrpolitischen Tagung nach Straßburg. Mein Vertreter wird Major Gericke, der mir weiter nicht bekannt ist.

5. November
Die Tagung hat den Zweck, uns wieder Mut zu machen. Das gelingt, aber nicht durch die dort gemachten Sprüche, sondern dadurch, daß wir endlich einmal wieder lange schlafen können und ohne Verantwortung sind.

11. November
Ich kehre zurück und übernehme wieder das Kommando.

12. November
Die amerikanische Artillerie feuert lebhaft auf unsere Stellung.

13. November
Die Amerikaner brechen nördlich von uns ein und bringen unsere 1. Armee in Not und mein Regiment soll dort aushelfen. Um 2 Uhr 30 trifft das Vorkommando unserer Ablösung ein. Es schneit und ich fahre voraus. Mein Weg führt mich nach Saarburg. Tief in der Nacht komme ich bei dem dortigen Divisionsstab an, wo alles schläft, und erfahre schließlich, dass der Befehl widerrufen ist. Bin froh, dass ich bei meiner eigenen Division bleiben darf. Dieses Durcheinander war keine Führungsleistung.

14. November
Nach Eintreffen bei meiner eigenen Division (553. Volks-Grenadier-Division) warte ich deren Kommando auf neuen Befehl, der nicht kommt. Ich warte den ganzen Tag und weiß nicht, wo die Teile meines Regiments sind. So wirkt sich das Hin und Her aus.

15. November
Wir übernehmen wieder unseren alten Abschnitt. mitten in die Ablösung platzt der feindliche Angriff. Sowohl am rechten als auch am linken Flügel bricht der Feind in unsere Stellung ein und es gibt eine aufregende Nacht.

16. November
Die Division befiehlt den Rückzug und um 03.00 Uhr beginnen wir, uns abzusetzen. Ich fahre über Blamont nach Frémonville (ostwärts Cirey). Sämtliche Straßenkreuzungen liegen unter Feuer. Die Lage ist unklar. Nachmittags stellt sich heraus, dass wir in Frémonville bleiben. Abends schießen die Amerikaner Phosphorgranaten auf das Dorf. Ein Straßenzug brennt.

17. November
Wieder ziehen wir uns auf Befehl der Division zurück. Um 01.00 Uhr verläßt der Regimentsstab Frémonville, das brennt, überschreiten die alte Reichsgrenze und richtet sich gleich dahinter in einem Bauernhof ein, der aus baufälligen und schmutzigen Gebäuden besteht. Durch den Pionierzug lasse ich die Decke des Kellers durch Unterzüge verstärken. Die Amerikaner greifen Frémonville an, das jetzt in meiner vorderen Linie liegt. Wir wehren sie ab, aber rechts und links brechen sie bei meinen Nachbarn durch. Um 22.00 Uhr trifft der Divisionsbefehl zur Rückzug ein.

18. November
Unter starkem Beschuß gelangen wir nach Hartingen (Regimentsstab). Mittags greifen die Jagdbomber das Dorf an, der Ort brennt, die Ortsfeuerwehr löscht mit bemerkenswertem Mut noch während des Angriffs. Am Nachmittag greifen zahlreiche Panzer das I. Bataillon (Hoppe) an und reiben es auf. Der Angriff gegen das II. Bataillon ist schwächer und wird abgewehrt. Zur Division besteht keine Verbindung. Links und rechts von mir stößt der Feind vorbei. Was soll ich tun? Nach wie vor gilt der Führerbefehl: Kein Rückzug! Mißachten des Befehls bringt Kriegsgericht. Die schwersten Strafen sind angedroht und auch schon verhängt. Trotzdem entschließe ich mich zum Rückzug. Die Nacht ist ungewöhnlich finster. Die Amerikaner dringen in Hartingen ein. Ein Leutnant der Flugabwehrkanonen meldet, dass er keinen Betriebsstoff mehr habe. Ob er die Kanonen sprengen dürfe. Ich gebe die Erlaubnis und unter dem Krachen der Sprengladungen verlassen wir den Unglücksort. Es geht über nachtdunkle und verlassene Straßen und ich habe keine Ahnung, wo der Stab der Division sich befindet. Müdigkeit überkommt mich.

20. November
Ich entschließe mich, hinter das nächste Flüßchen zurückzugehen (Rote Saar?) und dort dem Feind den Übergang zu verwehren.
Unterwegs begegne ich General Stumpf, zu dessen Korps unsere Division gerade gehört. Er ist sehr nett zu mir und teilt mir meine Beförderung zum Oberstleutnant mit, die mit Wirkung vom 1. November 1944 erfolgt ist.
Gefechtsstand des Regiments wird Vasperweiler.
Mittags greift der Feind mit Panzern an und durchbricht unsere Stellung wie Zunder. Das I. Bataillon (Hoppe) wird vernichtet, Hauptmann Hoppe wird vermißt. Rechts und links von uns stoßen die feindlichen Panzer vor. Nachmittags schicke ich vom Stab noch rückwärts, was ich entbehren kann. Gegen 21.00 Uhr trete ich mit dem Rest des Stabes, dem Rest des II. Bataillons und dem Stabe von Stracks (Artillerie, I. ( A.R. 1553) den Rückzug an ins Ungewisse. Es regnet und es ist sehr dunkel. Wir marschieren in Reihe, ich an der Spitze. Schon nach wenigen Minuten verlieren wir unser II. Bataillon. Wir marschieren querfeldein durch den Morast nach dem Kompaß. Es geht alles mühsam. Seit Tagen haben wir nichts richtiges gegessen. Auf einer Straße finden wir unseren Ordonnanz-Offizier, er ist verwundet und berichtet uns, dass die Vorausstaffel des Regimentsstabes in den Fein hinein gefahren sei, Verluste erlitten habe und zersprengt sei. Wir kommen durch Dreibrunnen und Pleine de Valse, wo wir erfahren, dass auf der Straße nach Straßburg französische Panzer stehen. In der Tat finden wir sie und durchqueren ihre Linie. Die Franzosen haben keine Posten aufgestellt und bemerken uns nicht, obwohl wir deren Panzer mit den Händen berühren können.
Schon wähnen wir uns in Sicherheit. Da werden wir plötzlich von einer Maschinenpistole angeschossen. Neben mir fällt jemand in den Morast. Alle stieben auseinander. Ich stolpere in ein Loch und plumpse auf etwas Weiches. Es sind drei französische Soldaten, ebenso überrascht wie ich, die mich festhalten und gefangen nehmen.

Soweit der Bericht von Oberstleutnant Walter Kem, Kommandeur des Regiments. Mit dem 20. November 1944 hatte auch das Regiment aufgehört zu bestehen.

 

Im Januar 1945 wurde das Regiment bei der Division aus Ersatz neu aufgestellt. Dabei erreichte das Regiment nicht seine volle Stärke. Eingesetzt wurde das Regiment im Raum Pforzheim und beim Kampf um Crailsheim, wo es erneut schwere Verluste erlitt und erneut zerschlagen wurde.

 

Kommandeure:

14. Juli 1944 Major, später Oberstleutnant Walter Kopp

21. November 1944 unbekannt

 

 

Literatur und Quellen:

Karl-Heinz Pröhuber: Volksgrenadier-Divisionen - Zur Geschichte und den personellen/ökonomischen Rahmenbedingungen der im Westen 1944/45 eingesetzten Großverbände, Band 1, Helios-Verlag Aachen, 2017
Georg Tessin: Verbände und Truppen der Deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939–1945. Band 13. Die Landstreitkräfte 801 – 13400. Biblio-Verlag, Bissendorf 1975