Das Ersatzheer der Wehrmacht

 

Allgemeine Entwicklung:

Bei Beginn der deutschen Mobilmachung wurde aus Teilen des Allgemeinen Heeresamtes (AHA) die Dienststelle des Befehlshabers des Ersatzheeres geschaffen. Dem Befehlshaber de Ersatzheeres (B.d.E.) unterstand das Ersatzheer. Er leitete nach den Weisungen des Oberbefehlshabers des Heeres die Ausbildung, Ergänzung und Rüstung des Heeres in personeller, materieller und finanzieller Hinsicht (ausgenommen war die Offiziersergänzung, diese war Aufgabe des Heerespersonalamtes), die Entwicklung, Beschaffung und Abnahme von Waffen, Munition und Kriegsgerät und sämtliche Gebiete der Heeresverwaltung. Einige der ihm unterstellten Dienststellen hatten zugleich Aufgaben für die gesamte Wehrmacht zu erfüllen oder für das Feldheer.
Gliederung bei Kriegsbeginn:

Ämter Dem Chef HRüst u. BdE unmittelbar / direkt unterstellt
Allgemeines Heeresamt (AHA) Stab Chef H.Rüst und B.d.E.
Heereswaffenamt (WaA) Inspekteur der Offizieranwärterlehrgänge
Heeresverwaltungsamt (VA) Inspekteure der Waffengattungen
  Inspekteure des Heeressanitätswesens und des Veterinärwesens

Vor Kriegsbeginn war der eigentlich seit 1932 im Ruhestand, nun aber reaktivierte General der Infanterie Joachim von Stülpnagel als Befehlshaber des Ersatzheeres vorgesehen. Dieser trat am 27. August 1939 seinen Dienst an. Bereits am 31. August 1939 eröffnete ihm der Oberbefehlshaber des Heeres, Generaloberst von Brauchitsch, dass er auf persönliche Weisung Adolf Hitlers wieder entlassen sei. Neuer Befehlshaber des Ersatzheeres wurde nun in Personalunion der Chef des Allgemeinen Heeresamtes und Chef Heeresrüstung, General der Artillerie Fromm.
Die Vereinigung dieser beiden Dienststellen wurde am 21. November 1939 dauerhaft gemacht, indem die Dienststelle des B.d.E. umbenannt wurde in : Chef der Heeresrüstung und Befehlshaber des Ersatzheeres (kurz: Chef H. Rüst. u. BdE). Die Funktionen des Stabes übernahm der engere Stab des AHA. (Fromm blieb zunächst auch Chef des AHA, gab aber diese Funktion am am 15. Februar 1940 an General der Infanterie Olbricht ab.)
General Fromm als Chef der Heeresrüstung und Befehlshaber des Ersatzheeres vereinigte nun zwei unterschiedliche Rollen in sich: Als Befehlshaber des Ersatzheeres trug er die Verantwortung für den Personalersatz der gesamten Wehrmacht und führte dabei die im Reich stationierten Truppen. Als Chef der Heeresrüstung oblag ihm de facto die materielle Ausstattung der gesamten Wehrmacht. Damit schien bei Kriegsbeginn die angemessene Gleichstellung von operativer und logistischer Führung endlich erreicht.
Der Befehlshaber des Ersatzheeres und Chef der Heeresrüstung unterstand bei Kriegsbeginn dem Oberbefehlshaber des Heeres direkt. Am 19. Dezember 1941 übernahm Adolf Hitler den Oberbefehl über das Heer und wurde OBdH. Dies hätte bedeutet, dass General Fromm Adolf Hitler direkt hätte vortragen können. Um dies zu verhindern, unterstellte dessen Rivale, Generalfeldmarschall Keitel, Fromm bzw die Dienstelle des Chef H.Rüst und B.d.E. dem Oberkommando der Wehrmacht (also Keitel selbst). Was formell eine Höherstellung bedeutete, war eine gezielte Kaltstellung Fromms. Eine erste Schwächung der Dienststelle des Chef H.Rüst und B.d.E. fand bereits im März 1940 statt, als die Kontrolle der Fertigung von Waffen, Munition und Kriegsgerät auf das neu geschaffene Ministerium für Bewaffnung und Munition überging. Im April 1942 wurde durch den Übergang der Rohstoffbewirtschaftung für Waffen, Munition und Panzerkampfwagen vom OKW auf das Ministerium für Bewaffnung und Munition nicht nur der Einfluss des OKW, sondern auch des Chef H.Rüst und B.d.E. auf die Rüstungsgrundlagen beeinträchtigt. Im März 1943 wurde durch die Schaffung des Generalinspekteurs der Panzertruppen seine Befugnisse gegenüber den Panzer-Ersatztruppen und und der Waffen- und Geräteentwicklung für die Panzertruppen weiter beschränkt. Im Herbst 1943 verlor der Chef H.Rüst und B.d.E. durch die Erweiterung der Befugnisse des Reichsministers für Rüstung und Kriegsproduktion die Verantwortung für die Heeresrüstungsbetriebe und an Einfluß auf die Fertigungsziele sowie die Entwicklung von Waffen und Gerät. Die Zuständigkeit und der Einfluss der Dienststelle auf die Heeresrüstung war damit endgültig zu einer leeren Hülle verkommen.
Nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 wurde General Fromm am 20. Juli 1944 verhaftet und später hingerichtet. Sein Nachfolger als Befehlshaber des Ersatzheeres und Chef Heeresrüstung wurde der Reichsführer-SS Heinrich Himmler, dem nun neben der deutschen Polizei und der SS auch die Ersatzeinheiten der Wehrmacht unterstanden. Gegen Ende 1944 wurde die Verantwortung des B.d.E. für die Ausbildung des Ersatzheeres durch die teilweise Unterstellung der Waffeninspekteure des Ersatzheeres unter die Waffengenerale im OKW weiter eingeschränkt. Im Januar 1945 wurden die Reste derjenigen Dienststellen, die mit der Funktion des B.d.E. in seiner früheren Eigenschaft des Chef H.Rüst zu tun hatten, aufgelöst und in das OKW an den Chef des Heeresstabes beim Chef OKW angegliedert.

Die Wehrkreise Die Alarmeinheiten des Ersatzheeres Die Truppenteile des Ersatzheeres

Befehlshaber:

27. August 1939 General der Infanterie Joachim von Stülpnagel

31. August 1939 General der Artillerie Fromm

21. Juli 1944 Reichsführer-SS Heinrich Himmler