Sperr-Fort Eben Emael

Freitag 10. Mai 1940

 

Die geheime Kommandosache

Zum ersten Mal in der Geschichte der Kriegsführung wurden Fallschirmtruppen zur Eroberung strategischer Punkte eingesetzt.

Bereits im Jahre 1939 überlegte sich das Oberkommando der Wehrmacht den folgenden Plan. Zwei Offiziere und 83 weitere speziell ausgesuchte und ausgebildete Soldaten (Fallschirmjäger und Pioniere) sollten an einem bestimmten, streng geheim gehaltenem, Zeitpunkt mit 11 neu entwickelten lautlosen Lastenseglern vom Typ DFS 230, sowie eigens für solche Zwecke entwickelten Hohlladungen, in einer Nacht und Nebel Aktion, die wichtigsten Werke des Sperr-Fort Eben Emael, wie es im Einsatzbericht heißt, "wegnehmen".

Die Rede ist von der Sturmgruppe "Granit" als Teil der eingesetzten Sturmabteilung "Koch"

Ein wesentlicher Faktor für dieses Untenehmen ist der Überraschungsmoment.

Am 27. Oktober 1939 wurde der Kommandeur der 7. Fliegerdivision, Generalmajor Kurt Student, zu einer geheimen Sitzung mit dem Oberkommando der Wehrmacht in die Reichskanzlei nach Berlin gerufen. Anwesend bei diesem geheimen Gespräch waren nur Adolf Hitler, Generaloberst Wilhelm Keitel als Chef des Oberkommandos der Wehrmacht sowie Student selbst.

Hitler äußert seine Vorstellungen über Fallschirm- und Luftlandeunternehmen im Bereich Gent in Ostflandern. Ziel sei das eine kleine Sturmabteilung in Lastensegler das Fort Eben Emael  erobert sowie die Brücken über den Albert-Kanal. Student ist sofort begeistert von dem Plan und verspricht Hitler das Unternehmen bis in alle Einzelheiten genau vorzubereiten.

Schon einen Monat später, im November 1939, werden in Hildesheim eine Fallschirmjägerkompanie und ein Pionierzug zusammengezogen um gemeinsam unter sehr harten Bedingungen ausgebildet zu werden. Nicht nur der Überraschungseffekt, wie zuvor beschrieben, sondern auch die sehr strenge Geheimhaltung des Unternehmens war von entscheidender Bedeutung. Sollte irgendetwas durchsickern, wäre das ganze Unternehmen zum scheitern verurteilt. Deshalb entschied man sich, immer wenn jemand neugierig wurde (auch eigene Truppen), den Standort zu wechseln. Auch der Zugname wurde ständig geändert. So hießen sie einmal "Versuchsabteilung Friedrichshafen" und ein anderes mal "17. Reservestaffel" Niemand konnte auch nur im Entferntesten erahnen, das es sich um eine Eliteeinheit handelt die eine 7monatige Spezialausbildung zur Eroberung des Sperr-Fort Eben Emael durchlief.

Allen Männern dieses Fallschirmjäger-Pionierzug "Granit" war es unter Todesstrafe verboten über Ihre Einheit oder Ihren Auftrag zu sprechen. Sie wurden daraufhin `vergattert`. Nicht einmal Ihre Familienangehörigen wussten wo sie waren oder welche Auftrag sie hatten.

Am 9. Mai 1940 ist es für die Eliteeinheit soweit, sie wird endlich nach langem harten Training in Alarmbereitschaft versetzt. Der Zug verlegt zunächst auf den Flughafen Köln-Ostheim und Köln-Butzweilerhof. Selbst die Flugplatzkommandanten wissen nicht was da in ihren Hallen passiert. Als am Abend des 9. Mai 1940 der Kommandant vom Ostheim neugierig wurde und versuchte rauszubekommen was sich in den Hallen versteckt, wurde er von einem Wachsoldat des Fallschirmjägerzuges (es war der Obergefreite Willi Krämer) aufgefordert umgehend das Gelände um die Halle zu verlassen, da er sonst von der Schusswaffe gebrauch machen müsse. Krämer zog seine Pistole P38 aus dem Holster. Der etwas überraschte Oberst bemerkte schnell, das mit diesem Wachsoldat nicht zu spaßen war und er es Sehrwohl ernst meinte. Dem Oberst war sein Leben lieber und er verschwand.

Am 10.Mai 1940 um 02:45 Uhr werden die neuen Lastensegler vom Typ DFS 230 aus den Hallen gezogen und beladen. Das Kampfgewicht eines Lastenseglers liegt etwa bei 1 to. Um 04:00 Uhr geht es dann endlich nach 7monatigem harten Training los. 11 Ju 52 nehmen je einen Lastensegler an die Schleppseile. Ihr Ziel :  

Sperr-Fort Eben Emael

Der Weg dorthin von Köln aus über Aachen ist genau einstudiert und vorgegeben. Abweichungen hätten das Ende der Mission sein können. Alle 20 km auf der Rute leuchtet ein FLAK - Scheinwerfer in den Himmel um den Piloten den Weg zu signalisieren. Das letzte Zeichen kurz vor Aachen bestand aus drei Scheinwerferstrahlen. Ab hier wird nur noch mit dem Kompass geflogen. Aber das ist für die geübten Piloten des Sturmtrupps schon reine Routine. Sie haben es ja ach so oft geübt. Als die lautlosen Lastensegler in ihr Ziel steuern, wissen die Belgier gar nicht was ihnen geschieht. Sie wussten zwar das Krieg war, aber das sie von oben kommen würden und dann noch so, nein niemals. In weniger als zehn Minuten sind 10 Werke der "uneinnehmbaren" Festung  zum schweigen gebracht oder schwer angeschlagen. Es sind zwar 85 Soldaten in Köln gestartet, aber zum Zeitpunkt des Kampfes waren nur 70 Soldaten im Sperr-Fort Eben Emael gelandet. Durch einen dummen Zufall musste die Maschine des Zugführers Olt Witzig (Zugführer Sturmtrupp Granit) notlanden. Das Zugseil zwischen der ziehenden Ju 52 und dem Lastensegler DFS 230 riss. Schnell orderte er eine neue Ersatzmaschine und landete ca. 1Stunde später mitten im Feuergefecht seines Zuges "Granit" mit der Besatzung der Festung Eben Emael. Der Flug war bei allen 11 Lastenseglern so ziemlich gleich verlaufen, sobald sie über belgischem Boden waren begann die `Flak` zu schießen. Im Landeanflug der Lastensegler wurden durch heftiges Maschinengewehr- und Flugabwehrfeuer die Tragflächen zerlöchert. Die Besatzung war bis zum Ausstieg, den Bodentruppen im Fort ausgeliefert.

Wenn man den Augenzeugenberichten beider Gegner glauben schenkt, haben sich die Ereignisse im Fort von Eben Emael wie folgt zugetragen. Da die Belgier wie so oft in den vergangenen Tagen in Alarmbereitschaft versetzt wurden und wieder mal keine feindlichen Bomber aufgeklärt werden konnten, waren die belgischen Soldaten in ihren unterirdischen Anlagen nicht sehr motiviert. Dieses sollte sich später auch zu einem sehr schwerwiegenden Fehler erweisen. Als 600 der ca. 1200 Soldaten erneut in den Morgenstunden des 10. Mai in Alarmbereitschaft versetzt wurden, kurbelten nur wenige der Werksgruppe ihre Waffen in die Höhe. Immer wieder lauschten Sie nach feindlichen Bomber. Keiner von den belgischen Soldaten konnte erahnen, dass die lautlosen Schatten die sie in der Dunkelheit sahen, die neu entwickelten Lastensegler der Deutschen Luftwaffe waren. Sie segelten direkt auf die Panzerkuppen sowie MG-, und Flugabwehrstellungen zu. Der Überraschungsmoment war gelungen. Als die ersten belgischen Stellungen das Feuer eröffneten war es schon zu spät. Dennoch musste schnell gehandelt werden, da die Belgischen Stellungen in der Lage waren sich gegenseitig unter Beschuss zu nehmen. Höchste Eile war jetzt für die Sturmgruppe "Granit" geboten. Sie mussten Ihre neuartigen Hohlladungen schnellstmöglich an den Panzerkuppeln anbringen um sie zu sprengen und die Besatzung kampfunfähig machen. Die eingeteilten Trupps nahmen die MG Stellungen unter Beschuss, weitere kümmerten sich um die Anbringung der Hohlladungen. Innerhalb weniger Minuten wurde eine um die andere Stellung vernichtet. Die Hohlladung hielt, was man sich aus ihr versprach. Sie riss in der Mitte der Kuppel ein Loch in Form eines Risses in die Betonwände und zerstörte sie dadurch. (siehe Bild) Im Anschluss daran kamen Maschinenpistolen zum Einsatz oder etwa die Handgranaten.

 

Im morgengrauen des 11. Mai 1940 erreichte der erste Stoßtrupp der bereitstehenden deutschen Wehrmacht, des Infanterie Regimentes 151, über Land das Sperr-Fort Eben Emael. Um 13:30 Uhr ergaben sich rund 1200 belgische Soldaten der deutschen Wehrmacht. Die Belgier gingen von hier aus in eine 5 jährige Kriegsgefangenschaft. Dieses Unternehmen wurde noch bis zum Ende des Frankreichfeldzuges geheim gehalten. Die gefangenen Soldaten wurden bis Kriegsende streng von den Deutschen in isolierten Lagern bewacht und durften mit keinem reden, nicht einmal mit ihren Wachsoldaten.

Kommen wir nun zu der "Geheimwaffe" die es ermöglichen sollte die dicken Bunkerwände von Fort Eben Emael zu knacken. Es handelte sich um eine Hohlladung von 50 kg. Die 2 Teile der Hohlladung wurde erst kurz vor Zündung zusammengesetzt. Der spezielle starke Stahlmantel konzentrierte sich auf den Mittelpunkt der dicken Panzerkuppeln. So wurde eine um die andere Kuppel gesprengt.

Trotz des tollen Erfolges hatte die Besatzungen zweier Lastensegler nicht so viel Glück. Ihre Kräfte wurden bei Werk 15, 16  und 32 unnütz gebunden, da es sich hier um Attrappen handelte. In der Tat, es waren riesige, täuschend echt wirkende, Panzerkuppen aus Blech.

Um sich eine Vorstellung des Forts machen zu können, hier die Ausdehnung :

Ost West 700 Meter

Nord Süd 900 Meter

Insgesamt waren es 35 sich selbst deckende Artillerie- und Infanteriewerke, mit einer sorgfältig ausgebauten Randverteidigung nach allen Seiten. Stichgraben von 500 Meter Länge im Nord Westen und der Ärmel Kanal im Nord Osten sowie mehrerer Steilhänge von 40 Metern Tiefe sicherten das Fort noch zusätzlich.

 Das Fort war ausgestattet mit12cm Zwillingskanonen, Artilleriekasematten mit je drei 7,5cm Zwillingskanonen, Panzerabwehrkanonen mit Kaliber 6cm, Schnellfeuerkanonen und schweren Flugabwehrmaschinengewehren. Weiter noch mit Drahtverhauen Panzergräben und dicken Mauern.

Von nun an sollten die Luftlandetruppen mehr den je solche wichtigen Aufgaben in der taktischen Kriegsführung wahrnehmen.

 

@ Marco Helmer 2004