Von Coventry nach Dresden?

Über den Zusammenhang der Terrorangriffe aus der Luft im Zweiten Weltkrieg

 

Gliederung:

Einleitung

I.                    Vorkriegstheorien und ihr Einfluss auf die Luftstreitkräfte

1.      Douhetismus und Trencharddoktrin

2.      Die RAF

3.      Wever, Milch, Guderian und der Blitzkrieg

4.      Die Luftwaffe

5.      Guernica und vergessene Bombardierungen

 

II.                 Blitzsiege

1.      Die Rolle und die Aufgaben der Luftwaffe im ersten Kriegsjahr

2.      Die Bombardierung Warschaus 1939

3.      Die Bombardierung Rotterdams

 

III.               Die Luftschlacht um England

1.      Adlertag

2.      Warum Göring Meier heißt und London bombardiert wird

3.      Coventry und Nachtblitz

 

IV.              Von der Defensive in die Offensive

1.      Der erste „Tausend-Bomber-Angriff“

2.      Das Bomber Command, Chemiker und Feuerwehrleute

3.      Was „Hamburgisieren“ bedeutet

 

V.                 Ende mit Schrecken

1.      Situation der deutschen Luftwaffe 1945

2.      Terrorangriffe der Amerikaner

3.      Der Untergang deutscher Städte

 

Abschluss

Fußnoten

Quellen

Einleitung:

Während des Zweiten Weltkriegs entwickelte sich die Luftstreitkräfte aller Nationen zu einem Faktor, der durch seine enorme Wirkung wesentlich dazu beitrug Konflikte zu entscheiden und seit dem nicht mehr wegzudenken ist.

Sie bewältigten ein breites Aufgabenspektrum, wie Lufttransport, Luftlandung, Gefechtsfeldunterstützung –und Abriegelung.

Doch die Wirkung der Schlagkraft, welche Luftstreitkräfte entwickelten, spürten nicht nur Soldaten, sondern auch Zivilisten.

Es ist ein trauriges Kapitel, aber die Bombardierungen von Städten und Nichtkombattanten gehörte ebenso zu den Aufgaben  von Luftstreitkräften beinahe aller Nationen während des Zweiten Weltkriegs.

Oft wird behauptet, die Angriffe der Luftwaffe auf Rotterdam oder Coventry seien Grund für die Angriffe der RAF auf Hamburg oder Dresden und/oder diese seien als Reaktion erfolgt.

Man kann also meinen, von Coventry führe ein direkter Weg nach Dresden.

Im Folgenden möchte ich mich mit dieser These befassen. Dazu will ich die Doktrinen und Persönlichkeiten, die beim Aufbau des Bomber Command der RAF und der Luftwaffe federführend waren näher beleuchten, ebenso die Flugzeuge und Waffen.

Entwicklungen während des Krieges, also Verbesserungen des Materials, der Taktik oder die zahlreichen Änderungen in den politischen Prämissen, denen diese Luftstreitkräfte zu genügen hatten, sollen zudem betrachtet werden.

Nur lückenhaft werden die amerikanischen USAAFs und ihr Einsatz dargestellt, komplett fehlen werden die Einsätze der russischen Bombereinheiten, da diese für die von mir zu prüfende These mehr oder weniger irrelevant erscheinen.

I. Vorkriegstheorien und ihr Einfluss auf die Luftstreitkräfte

1.      Douhetismus und Trencharddoktrin

 

Guilio Douhet (1869-1930) und Hugh Montague Trenchard (1873-1956) waren nicht nur Zeitgenossen, sie waren beide maßgeblich verantwortlich für den Aufbau von Luftstreitkräften in ihren jeweiligen Ländern. Beide galten als Wegweiser.

Douhet propagierte schon die Wichtigkeit von bombenwerfenden Flugzeugen, als der Rest der Welt noch auf Zeppeline zur Aufklärung setzte.

Nachdem im sich im ersten Weltkrieg Flugzeuge als unglaublich vielfältig einsetzbar und kampfstark erwiesen hatten, war klar das ihnen die Zukunft des Luftkrieges gehörte.

Schon im Juni 1918 plante Trenchard strategische Bombardierungen Deutschlands mit der von ihm etablierten Independent Air Force, im Februar 1919 berief ihn Churchill, Kriegsminister, zum Chief of Air Staff. Hier soll nicht weiter auf den Aufbau der RAF eingegangen werden, es sei aber gesagt, dass sich Trenchard für eine eigenständige TSK stark machte, zu der die RAF unter ihm auch wurde.

Schon im Januar 1918 hatte er festgehalten, dass selbst jene Bomben, die Industrieanlagen verfehlen, „die Moral feindlicher Arbeiter beschädigen, weil sie deren Leben und Wohnung zerstören und die öffentlichen Dienstleistungen unterbrechen“ (1).

Er war Verfechter des strategischen Luftkriegs, er meinte, dass große Bomber in der Lage waren, feindliche Industrie zu zerschlagen und die Moral der Zivilbevölkerung zu zerbrechen. Seine Aussage von 1925 es werde sich das nächste mal, „darum handeln, Frauen und Kinder und die Zivilbevölkerung zu töten“ (2), ist leider äußerst zutreffend.

Guilio Douhet war ebenfalls eine Führungspersönlichkeit, in den italienischen Luftstreitkräften. Er hatte zahlreiche Schriften und Bücher veröffentlicht, die eine Kriegsentscheidung allein durch Luftmacht beschrieben.

Auch er wollte große, viermotorige Bomber, die feindliche Luftverteidigung überwinden und das feindliche Hinterland verwüsteten. Auch zivile Ziele schloss er ausdrücklich ein. Sein Buch: „Il Dominio dell' Aria“ („Luftherrschaft“) von 1921 erregte viel Aufsehen und fand vor allem in Großbritannien viel Zuspruch. Er ging sogar soweit zu behaupten, die Zeit des Bodenkrieges sei vorbei.

Diese schon extremen Ansichten sind als Lehren aus dem Großen Europäischen Krieg gezogen. Man wollte Grabenkämpfe vermeiden, in Großbritannien war man zudem von den anfangs Panik verursachenden Bombenangriffe der Deutschen beeindruckt gewesen, ebenso von der Bomberflotte des Kaiserreichs.

Dass am Boden schnelle Entscheidungen zu erzwingen möglich war, schien Anfang der Zwanziger überhaupt kaum vorstellbar in Westeuropa, sodass die Theorien Douhets und Trenchards auf fruchtbaren Boden fielen.

Während sich die Bodentruppen also in starrem Grabenkrieg behaupten sollten, sollten die Bomber dagegen den Feind in die Niederlage bomben, seine Städte zerstören, die Moral der Zivilbevölkerung brechen.

 

2.      Die RAF

Natürlich darf man nicht nur Theorien betrachten, wenn es um die Verifizierung respektive Falsifizierung der These geht, die englischen Angriffe auf Zivilisten erfolgten als Reaktion auf die deutschen. Darum wird hier das Material der RAF beleuchtet. Es soll vor allem um das Material der Dreißiger betrachtet werden, um den Vergleich mit anderen Luftstreitkräften, insbesondere natürlich der Luftwaffe zu erleichtern.

Ausgelegt auf strategischen Bombenkrieg befürchtete man auch feindliche Bombereinflüge in eignes Territorium und wollte diese logischerweise auch abwehren. Dazu entwickelte man moderne Abfangjäger mit kurzer Reichweite und (für damalige Verhältnisse) schwerer Bewaffnung. Der Bau der Muster Hawker Hurricane und Supermarine Spitfire wurde im Angesicht der deutschen Luftrüstung unter großem Druck forciert, da die Jäger der RAF noch bis weit in die Dreißiger Doppeldecker waren. Überhaupt wurde klar, wie sträflich man die Rüstung von Jägern vernachlässigt hatte. Fairerweise muss man aber auf die dauernden Budgetprobleme der Zwanziger verweisen.

Über mehrere Flugzeugmuster, die primär für die direkte Gefechtsfeldunterstützung gedacht waren, verfügte die RAF nicht. Zwar konnte zu dieser Zeit jedes Jagdflugzeug auch Bomben tragen, wegen der hohen Beschussempfindlichkeit der neueren Muster Hurricane und Spitfire waren diese aber eher suboptimal in dieser Rolle.

Lediglich ein Flugzeug, bereits Mitte der Dreißiger völlig veraltet, hatte man, nämlich die Fairey Battle. Man muss festhalten, dass die RAF bei Kriegsausbruch 1939 nur leidlich in der Lage war, den Bodentruppen Gefechtsfeldunterstützung zu liefern.

1936 erfolgte eine massive Umorganisierung der RAF, in der u.a. Fighter Command und Bomber Command institutionalisiert wurden.

Das Bomber Command, personell und materiell am stärksten innerhalb der RAF, bildete den Kern derselben.

Ihre Ausrüstung bestand bei Kriegsausbruch aus zahlreichen zweimotorigen Bombern verschiedenster Typen mit großer Reichweite und relativ großer Bombenlast. Ihre Abwehrbewaffnung war eher spärlich. Die Zielgenauigkeit der Bombenzielgeräte ließ vor allem im Vergleich zu den Deutschen LotFes sehr zu wünschen übrig und sie waren bei Nacht gar völlig unbrauchbar.

Beispiele für solche Bomber sind die Handley Page Hampden, Vickers Welligton oder Armstrong-Whitworth Whitley, es gab allerdings noch mehr, die genannten waren aber noch im Zweiten Weltkrieg in ihren Rollen relativ tauglich.

Zusammenfassend ist also zu sagen, dass das Bomber Command weder in der Lage war industrielle Ziele gezielt anzugreifen, da man am Tage die feindlichen Abfangjäger (und im Falle Deutschland noch die schweren Jäger, Zerstörer genannt) nicht überwinden konnte und bei Nacht nicht zielen konnte.

Als logische Konsequenz blieb lediglich die Möglichkeit verlustreich am Tage anzugreifen oder ungezielt bei Nacht, beziehungsweise dann ganze Viertel anzugreifen.

Stärkere viermotorige Bomber mit höherer Bombenlast waren in Planung und kamen schon bald nach Kriegsausbruch zum Einsatz, wie die Avro Lancaster, Handley Page Halifex, Short Brother Stirling, die im Gegensatz zu anderen viermotorigen Bomber wie den amerikanischen B17 oder B24 auch nicht in der Lage waren, am Tage ohne hohe, vernichtende Verluste zu operieren.

Es änderte sich auch mit diesen Bombern nichts grundlegendes an den Fähigkeiten der RAF, auch wenn sie durch die perfektioniert wurden.

Bei Kriegsausbruch hatte das Bomber Command etwa 920 Bomber, das Fighter Command 500 Jäger und nur knapp 100 Aufklärer.

Nach Plan M vom November 1938 sollten zudem 1360 schwere Bomber (keine mittleren oder leichten) sowie 800 Jäger, 389 Aufklärer gebaut werden (3), die Priorität ist klar ersichtlich.

 

3.      Wever, Milch, Guderian und der Blitzkrieg

 

Es ist eine weniger bekannte Tatsache, dass man Deutschland nach dem Öffentlichmachen der Luftwaffe 1935, sie hatte auch zuvor existiert, zunächst nicht nur ähnliche sondern sogar fast gleiche Wege wie in Großbritannien ging.

Generalleutnant Walther Wever, erster Chef des Generalstabs der Luftwaffe, war ebenfalls Anhänger des Douhetismus. Er forcierte den Bau schwerer viermotoriger Bomber und schon bald flogen Prototypen der Dornier 19 und Junkers 89, letzteres gerne als „Uralbomber“ bezeichnet (was schon ziemlich klar machen dürfte, wohin es mit der Wehrmacht gehen sollte...)

Er starb allerdings schon bald (1936),an seine Stelle trat Kesselring und seine Ideen traten schnell in den Hintergrund.

Die Luftwaffe ging von da an andere Wege, die besser zum Konzept passten, welches vom deutschen Heer als Grundsatz für die Bodenkriegsführung entwickelt worden war.

Im sogenannten Blitzkrieg sollte durch Schwerpunktbildung mit gepanzerten und mechanisierten Kräften ein Durchbruch erzwungen werden, diese Truppen dann  tief vorstoßen und im Endeffekt gegnerische Kräfte mit Infanterie einzukesseln und zu vernichten.

Bald wurde klar, dass dieses Konzept der beweglichen Kriegsführung noch besser funktionierte mit einer Luftmacht, die die feindliche Infrastruktur (Kommunikations-, Straßennetzwerke) störte oder zerstörte um eine operative Kriegsführung des Feindes zu erschweren, direkte Gefechtsfeldunterstützung leisten konnte und durch Aufklärer half Schwachstellen in der Feindverteidigung, sowie dessen Absichten zu entdecken.

Ernst Udet währenddessen war in den USA von den amerikanischen Sturzkampfbombern tief beeindruckt worden. Er führte einen von diesen Bomber dem Generalstab der Luftwaffe vor und machte deutlich, wie präzise ein solches Flugzeug eine Bombe werfen konnte.

Nach Wevers Ableben maß man dieser Art Flugzeug eine große Bedeutung zu.

In der Luftwaffe sorgten die neuen führenden Köpfe wie Erhard Milch dafür, dass die Luftwaffe primär zur Unterstützung des Heeres agieren sollte.

Jagdflieger mit kurzer Reichweite sollten in freier Jagd den Luftraum freikämpfen, Sturzkampfbomber den Bodentruppen direkte Unterstützung liefern, mittlere Bomber und Mehrzweckflugzeuge die Infrastruktur des Feindes zerstören.

Das ist taktischer Luftkrieg, das Konzept des strategischen Luftkriegs wurde weniger bedeutsam, aber nicht fallengelassen. So steht in der LDv16, die die Luftkriegsführung beschreibt zum einen trotzdem: „Der Kampf gegen die Kraftquellen beeinflusst den Kriegsverlauf entscheidend.“ Aber es ist ebenso verankert: „Der Angriff auf Städte zum Zwecke des Terrors gegen die Zivilbevölkerung ist grundsätzlich abzulehnen“. [Hervorhebung durch den Verfasser]

Zumindest vom reinen Douhetismus in der Theorie hat man sich damit verabschiedet.

 

4.      Die Luftwaffe

 

Auch bei der deutschen Luftstreitmacht genügt es nicht, Theorien zu betrachten. Also wird hier die Ausrüstung der Luftwaffe betrachtet.

Die Luftwaffe verfügte Anfangs nur über einen Typ Jagdflugzeug, dass für den Fronteinsatz gedacht war. Es war die Messerschmitt 109, ein relativ kleines Flugzeug, verglichen mit seinen (späteren) Gegnern, dessen Bewaffnung zunächst sehr schwach war, drei 7,92mm MG17 bei der Version B2 V-4 im Vergleich zu Acht MG bei der Hurricane, später allerdings aus starken Kanonen in Verbindung mit schnellfeuernden MGs bestand.

Ergänzt wurde dieses Muster durch das sogenannte Zerstörerflugzeug Messerschmitt 110, welches stark bewaffnet war mit großer Reichweite, allerdings auch ziemlich groß und unbeweglich war.

Als Sturzkampfbomber im Fronteinsatz diente die Junkers 87, welches in großen Stückzahlen verfügbar war.

Die taktische Bomberflotte wurde von drei Flugzeugtypen gestützt. Die Heinkel 111 war ein mittlerer, zweimotoriger Bomber mit relativ großer Reichweite, die allerdings den Vergleich zu den Englischen Zweimotorigen nicht standhalten konnte:1805 Meilen bei der Wellington, 1950 Km (1200 Meilen) bei der 111. Er war weder besonders schnell, wenn auch schneller als die englischen Typen, noch besonders gut bewaffnet. Er hatte allerdings ein hervorragendes Bombenzielgerät, wie fast alle deutschen Bomber. Insgesamt erforderte sein Einsatz die Luftüberlegenheit.

Die Junkers 88 war ebenfalls als mittlerer Bomber klassifiziert, konnte allerdings in allen Rollen brillieren, außer bei strategischen Bombardements und im Kampf gegen einmotorige, moderne Jäger. Während des Krieges diente sie v.a. als Aufklärer, Nachtjäger, taktischer Bomber gegen Infrastruktur und Bodentruppen.

Die Dornier 17 war ebenfalls sehr vielseitig, aber schon zu Kriegsbeginn veraltet.

Insgesamt waren die zweimotorigen Bomber der Luftwaffe weniger für strategische Bombardements geeignet, wegen weit geringerer Bombenlast und Reichweite verglichen mit den englischen Mustern, allerdings dank guter Zielgeräte und sehr guten Flugleistungen für taktische Bombardements.

Über viermotorige schwere Bomber verfügte die Luftwaffe nicht. Zwar war mit der Heinkel 177 ein einziger viermotoriger schwerer Bomber als Projekt verblieben, es hatte aber nie Priorität, sodass es erst 1944 zur Vollendung und kaum zum Einsatz kam, da im Rahmen des Jägernotprogramms wieder nur sehr niedrige Priorität bekam und wegen des Spritmangels auch kaum Einsätze flog.

Die Focke Wulf 200 war ein viermotoriges Zivilflugzeug, eines davon das berühmte „Führerflugzeug“, welches zu Kriegsbeginn zum Seefernaufklärer umgerüstet wurde.

Bei Kriegsbeginn hatte die Luftwaffe knapp 1600 Bomber, darunter 460 Ju87 und knapp 1200 Jäger (4).

 

5.      Guernica und vergessene Bombardierungen

 

Allzu gerne wird in der Argumentation um den Bombenkrieg behauptet, die Luftwaffe hätte zuerst auf Zivilisten gebombt, ja sogar schon vor dem Krieg. Die Bombardierung der spanischen Stadt Guernica hält als Beleg dafür her.

Wer sich allerdings genauer mit der Geschichte des Luftkriegs beschäftigt, findet heraus, dass das Bombardement von Nonkombattanten so alt ist, wie das Flugzeug.

Konnte man während des ersten Weltkrieges noch behaupten, militärische Ziele seien angegangen worden, lässt sich dies nicht mehr in den Zwanziger Jahren sagen.

Vor allem die Kolonialmächte England und Italien fallen hierbei auf.

Im Oktober 1922 bombardierten die britischen Staffeln verschiedene Ziele im Irak, da die Kapazität der dortigen Kräfte aber unzureichend waren, wurden Transporter der 45. Lufttransportstaffel zu Bombern umgebaut, allerdings ohne Bombenzielgeräte.

In dieser Zeit kam die Meinung auf, man könne koloniale „Unruhen“ in der ganzen Welt viel leichter mit Luftmacht kontrollieren und dabei Bodentruppen reduzieren (5).

Eine nicht unerhebliche Rolle spielte dabei der damals relativ unbekannte Arthur Harris, der als der „Schlächter“ („Butcher“) in die Geschichte eingehen sollte.

Italiens Luftstreitmacht wurde durch den Giftgaseinsatz aus der Luft im Abessinienkonflikt auf traurige Weise berühmt.

Diese Ereignisse erregten wie so viele andere Verbrechen in den Kolonien kaum Aufsehen. Ganz im Gegensatz zur Bombardierung der „zivilisierten“ spanischen Stadt Guernica.

1936 sandte man die Legion Kondor, nicht zu verwechseln mit dem KG53 gleichen Traditionsnamens, nach Spanien um die Faschisten im Bürgerkrieg zu unterstützen.

Sie griff auch Guernica aus der Luft an. Ziel war es nicht, die Zivilbevölkerung zu terrorisieren, aber ihre Gefährdung wegen damals unzureichenden Zielgeräten und völlig inadäquat zu Bombern umgerüsteten Transportern sehr willigend in Kauf genommen.

Die Zivilbevölkerung litt in einem zuvor für Europa unbekannten, wenn auch nicht neuem Maße. Nach der Bombardierung wurde das Ergebnis genau analysiert.

Man kann wegen der fahrlässig, fast schulterzuckend in Kauf genommenen hohen zivilen Verluste durchaus von einem verbrecherischen Angriff sprechen, daraus aber ein perverses Experiment zu machen, um die Wirkung von Angriffen auf Nonkombattanten zu ermitteln, wie dies oft getan wird, ist falsch.

Zum einen sind Analysen von Ergebnissen von Angriffen jedweder Art sofern möglich nichts außergewöhnliches, sondern vielmehr Standardvorgehensweise aller Streitkräfte, zum anderen gab es keinen Befehl zum Angriff aus Zivilisten oder die Stadt an sich.

 

II.                 Blitzsiege

1.      Die Rolle und die Aufgaben der Luftwaffe im ersten Kriegsjahr

 

Nun wende ich mich dem Kriegsgeschehen zu. Es ist zu prüfen, inwieweit Doktrinen auch tatsächlich umgesetzt wurden.

Beim Einsatz der Luftwaffe von September 1939 bis zum August 1940 müssen sowohl der Westfeldzug als auch Angriff auf Polen betrachtet werden.

Als die Wehrmacht am 1.September wenig überraschend Polen zum zweiten Mal angriff und dieser Angriff nicht durch Hitler gestoppt wurde, kamen der Luftwaffe viele Aufgaben zu.

Tatsächlich gelang es den weit überlegenen Kräften die Polnische Luftstreitkraft effektiv niederzuhalten. Die technische wie taktische und zahlenmäßige Unterlegenheit der Polen machte sich schnell bemerkbar und die Luftwaffe hatte schon bald, unter vergleichsweise hohen eigenen Verlusten, die Luftherrschaft errungen.

Damit war eine Grundvoraussetzung für den Blitzkrieg erfüllt, was den Weg für einige weitere Elemente ebnete.

Schon sehr früh fiel das Telefonnetz der Polen aus, Straßen lagen unter dauernden Luftangriffen und Brücken waren zerstört. Kurz die Fähigkeit zur operativen Kriegsführung der Polen war maßgeblich gehemmt und zwar durch die Luftwaffe.

An der Front gelangen Durchbrüche auch dank unterstützendem und vorbereitendem Einsatz der deutschen Fliegerkräfte. Es gelang den Stukas sogar am Bahnhof von Piotrkow eine ganze Division zu zerschlagen (6).

Es kam in dieser Phase noch das Verteidigen des sogenannten „Westwalls“ hinzu, da Fliegerkräfte beider Seiten sich an der Westgrenze des Reichs Luftkämpfe im beschränkten Ausmaß lieferten.

Englische Angriffe auf Deutsche Städte erfolgten nicht.

Das änderte während des Westfeldzuges. Hier tat die Luftwaffe ziemlich exakt dasselbe wie in Polen, doch diesmal gegen einen besser gerüsteten Gegner.

Dennoch gelang es auch hier den Jägern Luftwaffe, die Lufthoheit zu erkämpfen, gegen die modernsten Feindmuster Spitfire, Dewoitine 520 oder Curtiss P36.

Den Franzosen und Engländern erging es so kaum anders als den Polen.

Was der Luftwaffe nicht gelang, war das Vernichten des britischen Expeditionskorps bei Dünkirchen. Ebenso waren die Bombenkräfte nicht in der Lage, die Evakuierung dieses Korps zu verhindern, auch wenn die Briten sowohl an Schiffen als auch an Flugzeugen einen hohen Preis zahlten.

Nach dieser Niederlage zogen die Briten ihre Spitfire-Squadrons aus Frankreich ab, um sich auf die bevorstehende Luftschlacht um England vorzubereiten.

Nach den Bombardement von Rotterdam aber setzten die englischen Luftangriffe auf deutsche Städte ein. Englands einzige verbleibende Offensivwaffe wurde genutzt.

Im folgenden beschäftige ich mich mit den Umständen der Bombardierung Warschaus und Rotterdams, außerdem mit der Frage inwieweit die Angriffe der Briten Reaktion darauf waren.

2.      Die Bombardierung Warschaus 1939

 

Kaum eine andere Stadt im Zweiten Weltkrieg wurde so schwer getroffen wie Warschau. Es wurde bombardiert und umkämpft, 1939, 1943 und 1944.

Schon in den ersten Minuten des Krieges wurde Wielu angegriffen und schwer getroffen, es starben 1200 Menschen (7) in der nicht vorgewarnten Stadt, deren Bewohner wahrscheinlich nicht einmal etwas vom Krieg ahnten.

Es gab allerdings dort auch sehr viele Soldaten, was dieses Bombardement völkerrechtlich rechtfertigt, da gemäß HLKO Art. 25 Städte, die von Soldaten besetzt sind, legitime Ziele von (Luft)angriffen sind. Ähnlich lief die Zerstörung unzähliger weiterer Städte und Dörfer im Krieg ab und so wurde z.B. auch das Bombardement auf das Kloster Monte Cassino gerechtfertigt, weil man dort Soldaten vermutete.

Jedoch sei auch darauf verwiesen, dass die Menschen, auch die Soldaten, in Wielu wohl kaum etwas vom Krieg ahnten, was den eigentlich verbrecherischen Charakter dieses Angriffes ausmacht.

Im Fall Warschau dagegen wussten Soldaten und Bewohner vom Krieg, sie wussten, dass sie Frontstadt waren und der deutsche Luftangriff erfolgte erst nach einem Ultimatum.

Danach gab es ein Flächenbombardement.

Die Bombardierung Warschaus, so brutal sie auch war, kann nichts als verbrecherischer bezeichnet werden, als Krieg im allgemeinen sowieso schon ist.

Warschau war das Musterbeispiel für groben die handwerklichen Schritte, eine Stadt zu vernichten.

 

3.      Die Bombardierung Rotterdams

 

Wieder anders verhält es sich mit dieser. Rotterdam hatte bereits kapituliert, doch die Bomber waren ebenfalls schon in der Luft. Am 14.Mai 1940 also bombardierte man eine Stadt, die sich ergeben hatte.

Ein Glücksfall für die britische Propaganda, die alsbald 30000 Ermordete und eine barbarisch ausgelöschte Stadt verkünden ließ und nun dass man nun ebenfalls zum Angriff auf deutsche Städte ausholen werde.

Beide Informationen sind grundlegend falsch. In  der Tat bombardierte ein Teil der Bomberflotte Rotterdam, aber nur, weil sie der Befehl zum Rückflug nicht erreichte. Die Folge waren über 900 Tote und Tausende Obdachloser.

Falsch ist auch die Annahme, die Briten hätten erst nach diesen Ereignissen den Schutz, den sie bisher über zivile Ziele erklärt hatten, rückgängig machen wollen. Dies geschah nach dem Amtsantritt Churchills als Premier am 11.Mai! (8)

Die britische Entscheidung im Krieg auch Zivilisten und Städte weit hinter der Front anzugreifen steht also weder im Zusammenhang mit den Ereignissen von Warschau, auch nicht mit denen von Rotterdam oder denen der Luftschlacht um England.

Bisher hatte man in England auf Angriffe gegen die Zivilbevölkerung im großen Maßstab verzichtet, „da man der Luftwaffe noch immer keinen Vorwand liefern wollte“ (11)

Man z.B. bombardierte auch in der Nacht dank Mondlichtreflexionen klar erkennbare Hafenanlagen, bei denen man zu später Stunde keine zivilen Opfer zu erwarten hatte.

Noch lag der britischen Führung nichts daran, deutsche Zivilisten anzugreifen.

 

III.               Die Luftschlacht um England

1.      Adlertag

 

Das ist der 13. August 1940. Er gilt vor allem den Engländern als der Beginn der inzwischen eher mystifizierten Luftschlacht um England, der Battle of Britain.

An diesem Tag begannen die deutschen Kampfgeschwader und Sturzkampfgeschwader mit dem massierten Einsatz gegen die Flugplätze der RAF und die Radarfrühwarnstationen.

Ziel war die Vernichtung der RAF.

Schon zuvor lieferten sich die Luftwaffe und die RAF über dem Kanal einen Schlagabtausch, in dem beide die Taktiken und Stärken des Gegners ausloten wollten.

Nicht nur, dass so Wochen an Zeit von den Deutschen vergeudet wurden, die RAF lernte auch das heranführen ihrer Abfangjäger mittels Radar an den Feind.

Die Luftwaffe griff keine Städte an, im Gegensatz zum Bomber Command, das bereits mit Angriffen gegen deutsche Städte begonnen hatte, noch immer allerdings mit der Prämisse möglichst zivile Ziele zu schonen, es dröhnten schließlich deutsche Bomber über Großbritannien.

Die Luftwaffe konzentrierte sich auf Fliegerhorste, Frühwarnstationen und andere RAF-Einrichtungen, um die RAF auszuschalten, bzw. sie auf die Fliegerhorste nördlich der Themse zurückzuziehen. Damit hätte man eine lokale Luftüberlegenheit über dem Kanal geschaffen, eine Grundvoraussetzung für das Gelingen einer Invasion Englands.

Dies ist ziemlich genau die Art von Luftkrieg gewesen, auf welche die Luftwaffe ausgerichtet worden war. Und sie schlug sich gut. Trotz hoher Verluste, vor allem bei den Stukas, die bald aus der Schlacht gezogen wurden, war man dem Ziel nach wenigen Wochen sehr nahe.

Die RAF verlor zu viele Jagdpiloten und die wenigen dieser hatten immer weniger Zeit für Ruhepausen, da die Deutschen unablässig mit ihrer größeren Zahl Angriffe fliegen konnten. Die Flugplätze der RAF waren mehr oder weniger zerstört, die Piloten am Ende. Man sagte, nur ein Wunder hätte England in dieser Situation noch retten können.

Dieses geschah am 24. August beziehungsweise eigentlich erst am 7. September.

 

2.      Warum Göring Meier heißt und London bombardiert wird

Am 24.August verirrten sich deutsche Bomber und warfen Bomben auf Londoner Docks. Hitler und Göring waren außer sich, ein strenges Verbot, London anzufliegen existierte nämlich.

Das geschah sicher nicht aus Angst vor den Vergeltungsmaßnahmen der Feinde, denn die deutsche Luftwaffe war zu diesem Zeitpunkt die stärkste, wenn auch nicht größte, Luftstreitmacht Europas. Zudem hatte man auch die Flak nicht vernachlässigt und man arbeitete am Radar.

In der Tat brüstete sich Göring gerne mit der Stärke seiner Luftwaffe und der dazugehörenden Luftabwehr, so am 9. August 1939: „[...] wir werden nicht zulassen, dass auch nur eine einzige Bombe auf das Ruhrgebiet fällt.“ (9) Ähnliches verkündete er auch über Berlin. Und er wolle Meier heißen, wenn es doch einmal passieren sollte.

Aber auch Churchill war erbost und sandte sein Bomber Command nach Berlin, noch in der Nacht des 25. August.

Da fielen Bomben auf Berlin, genauer gesagt auf eine Holzlaube im Vorort Rosenthal, und Göring nannte man Meier, hinter vorgehaltener Hand. Am 30. August hob man das Verbot bezüglich London auf, am 7. September wurde der erste wirkliche Angriff auf London im Zweiten Weltkrieg geflogen.

Dies kam komplett überraschend, sodass man keine Gegenwehr des Fighter Command vorfand und London brannte.

Aber dies war das Wunder, das das Fighter Command und auch die RAF brauchte. Die Luftwaffe ließ von den Fliegerhorsten ab, die Vorwarnzeit wurde erheblich erhöht und viel wichtiger, die Luftwaffe war weder trainiert noch ausgerüstet einen solchen Luftkrieg zu führen. Denn es war ein strategischer Luftkrieg gegen industrielle Ziele in Städten geworden, tief im feindlichen Hinterland.

Ohne erhebliche Reduzierung der Bombenlast konnten die meisten Bombertypen London nicht angreifen und die Jäger hatten über London nur etwa eine viertel Stunde Kampfzeit. Die Bomber waren auf ihrem Rückflug also meist auf sich gestellt, da das Fighter Command die Begleitjäger schon früh in Gefechte verwickelte. Die schweren Jäger waren in ihrer Rolle als Eskorte schon lange als unzureichend erkannt und aus der Schlacht genommen worden.

Hitler hatte angekündigt, die englischen Städte auszuradieren. Den Akten der Luftwaffe ist keine vorsätzliche Bombardierung ziviler Ziele zu entnehmen (10). Wie lässt sich das erklären?

Es ist eigentlich ziemlich einfach. Die deutschen Bomberflotten hatten dank ihrer präzisen Bombenzielgeräte schon die Möglichkeit Ziele am Tage auch präzise anzugehen, statt dessen aber wurde ein großer Bombenteppich geworfen.

Das resultierte aus verschiedenen Gründen, wie der Tatsache, dass in Anbetracht der starken englischen Jagdflieger und des knappen Treibstoffs der eignen Jäger ein zu langer Zielanflug tödlich gewesen wäre, aber auch der Tatsache, dass man keinerlei Hemmungen hatte, auch zivile Opfer zu verursachen, um den Widerstandswillen zu brechen. Aus taktisch-technischen Unzulänglichkeiten allein entsteht kein Duehetismus, dies zwängten Göring und Hitler der Luftwaffe entgegen ihrer Möglichkeiten und entgegen ihrer Führung auf. So protestierte z.B. Hugo Sperrle. Ebenfalls nicht (nur) aus moralischen sondern rein militärischen Beweggründen, denn er sah, dass ein fast sicherer Sieg verspielt wurde.

 

3.      Coventry und Nachtblitz

Coventry steht wie keine andere Stadt für den Terrorbombenkrieg geführt von der Luftwaffe. Was war geschehen?

Spätestens im Oktober hatte man einsehen müssen, dass die Verluste der Bomber zu hoch wurden und daher hatte die Luftwaffe die Tagangriffe auf England eingestellt. Man konnte sich den Aderlass an Bomberpiloten einfach nicht leisten, da schon bald neue, für Hitler wichtigere Aufträge anstanden.

Um den Druck auf England nicht zu lockern, griffen die Bomberverbände aber im Schutze der Dunkelheit noch bis zum Sommer 1941 massiert britische Städte an.

Es muss nicht hervorgehoben werden, dass solche Angriffe in der Dunkelheit unmöglich auch nur halbwegs genau auf militärisch relevante Ziele geflogen werden konnten, jedenfalls anno 1940/41.

Das Leiden der Zivilbevölkerung Englands war von der politischen Führung des Reichs, ob Nebeneffekt oder nicht, ausdrücklich erwünscht, daher ergibt sich der reine Terrorcharakter dieser Bombardements.

Coventry wurde am 14. November 1940 von über 500 deutschen Bombern angeflogen, sie zerstörten die meisten Gebäude der Stadt und töteten knapp 600 Einwohner.

Nie zuvor war eine Stadt dermaßen gründlich zerstört worden, nie zuvor und nie wieder erreichte die Luftwaffe mit nur einem Angriff derartige Zerstörungen.

In den folgenden Jahren des Krieges wurde England noch oft in der Nacht bombardiert, was zunehmend Selbstmordaktionen glich seit 1944, aber dennoch immer wieder befohlen wurde.

Letztlich wurden V-Waffen zum Einsatz gebracht, die Fieseler 103 Flugbombe von der Luftwaffe, zudem von der Heeresraketenartillerie die A4-Rakete.

Auch sie sind reine Terrorwaffen, die aber längst nicht die propagierte oder gewünschte Wirkung erzielten.

 

IV.              Von der Defensive in die Offensive

1.      Der erste Tausend-Bomber-Angriff

 

Als sich Hitler der Sowjetunion zuwand, erstarkte das Bomber Command, die neuen viermotorigen Bomber wurden verfügbar, ausreichend Piloten und Besatzungen konnten wieder gestellt werden und dank der Lend-and-Lease-Lieferungen konnte man auch ungehemmt Bomber produzieren und ließ die Jägerproduktion abflachen.

Arthur Harris wurde im Februar 1942 zum Chef des Bomber Command ernannt und er nahm sich vor, den Krieg allein mit Luftmacht zu entscheiden, er wollte Douhets Theorien, die an England gescheitert waren, an Deutschland beweisen.

Es wurde die „Area Bombing Directive“ (Flächenbombardementdirektive) erlassen, in welcher entgültig entschieden wurde, „[...]dass das Hauptziel ihrer Operation jetzt auf die Moral der Zivilbevölkerung gerichtet sein sollte, insbesondere auf die Industriearbeiterschaft“, der Vorgänger Harris’, Charles Porter, gab zu den Akten „Es ist klar, dass Zielpunkte die Siedlungsgebiete sein sollen und beispielsweise nicht die Werften“ (12)

Um feindliche Ziele auch in der Nacht zu treffen, wurde die Pathfinder-Force gegründet, die mit Mosquitos, einem während des Krieges entwickelten leichten Bombers, einen Zielbereich ausleuchten sollte, der dann zerstört werden sollte. Es sollte ein Raum geschaffen werden, in dem kein Leben möglich war, um mit den starken Worten eines Friedrich zu reden.

All dies passt perfekt zu den Vorkriegsdoktrinen der RAF und ihrer Ausrüstung.

Bevor die Operation „Millennium“, der erste Tausend-Bomber-Angriff der Geschichte aber anlaufen konnte, suchte man sich Ziele, um zu testen, etwa das Navigationssystem oder die neuen Brandbomben. Man nahm dabei einfach zu findende und leicht brennbare Städte wie die alte Hansa-Stadt Lübeck ins Visier.

Am 30. April 1942 flogen dann über eintausend Bomber nach Köln, es war ein gewaltiger Kraftakt, der nicht nur das Bomber Command anstrengte, sondern auch von der Marine und diversen Ausbildungseinrichtungen wurden Flugzeuge wie Besatzungen herangezogen.

Er bewies den Kritikern des Bomber Command und insbesondere Harris’ Kritikern, dass man einen Krieg aus der Luft mit vernichtendem Resultat führen konnte.

Die Propaganda behauptete über 3000 Menschen getötet zu haben, was aber weit von der Realität entfernt ist, die bei etwa 500 Opfern liegt. Schwerer wogen die Zerstörungen der 1700 Großbrände.

Die Möglichkeiten der RAF Ziele in der Nacht anzufliegen hatte sich dank Weiterentwicklung des Radars verbessert. Deutschland und England lieferten sich während dieses Krieges die erste elektronisch geschlagene Schlacht.

Allerdings half alle Weiterentwicklung nur Städte auch in kompletter Dunkelheit, also mondlosen Nächten zu finden, gegebenenfalls auch einzelne größere Stadteile, aber Fabriken konnte man noch immer nicht von Wohnhäusern unterscheiden.

In Anbetracht der Area Bombing Directive schien es auch nicht so wichtig Fabriken zu finden, sondern eher die Arbeiterviertel.

Die Luftwaffe dagegen nutzte die neuen Funkmesstechniken zur Abwehr der Nachtangriffe und fügte ihnen schwere Verluste zu. Das Bomber Command wurde zur Waffengattung der Briten mit den höchsten prozentualen Verlusten.

 

2.      Das Bomber Command, Chemiker und Feuerwehrleute

 

Wenn man unbedarft ist, könnte man sich schon fragen, was diese drei zusammenführt. Jedoch ist es nur allzu logisch.

Das Bomber Command wertete seine Erfolge akribisch aus, was wie schon erwähnt nichts besonderes ist. Einzigartig ist aber die Qualität der immer detaillierter und raffinierter werdenden Methodik Städte zu vernichten. Bis zur Atom-Bombe konnte niemand dem Bomber Command in diesem Punkt das Wasser reichen.

Ungewöhnlich viele Wissenschaftler, Statiker, Chemiker und auch Feuerwehrleute befassten sich mit der vom Bomber Command aufgeworfenen Frage, wie eine Stadt am besten verbrennt und womit man das anstellt.

Die Vernichtungsmaschinerie sollte perfektioniert werden.

Die Mittel und Wege, die bald bei jeder einzelnen Stadt neu erarbeitet wurden, sind so komplex und, man muss es vom wissenschaftlichen Standpunkt zugeben, genial.

Es wurden so viele verschiedene Typen Bomben entwickelt, die für den Gebrauch an der Front wenig (10000Pfund-Bombe) bis gar keinen Nutzen (Stabbrandbomben) hatten.

Abwurffolgen und Abwurfzonen wurden so präzise ermittelt, dass gegen Ende des Krieges keine deutsche Großstadt mehr intakt war.

 

3.      Was Hamburgisieren bedeutet

 

Diese Arbeit machte sich bezahlt. Hamburg wurde am 24.Juli 1943 von knapp 800 englischen Bombern in ein Flammenmeer verwandelt. Was die Luftwaffe nie geschafft hatte, ein „Traum“ des Bomber Command gewesen war, wurde Wirklichkeit, als Harris den Angriff zwei Tage später wiederholte.

Der Feuersturm wurde entfacht. „Dieser ist im Prinzip eine vergleichsweise einfache Erscheinung der angewandten Physik. Eine Gruppe brennender Häuser erhitz die darüber liegende Luft, diese steigt nach oben und wird von unten durch kalte Luft ersetzt.

Die neue Luft entfacht die Flammen weiter, bis sie selber auch heiß wird und wieder hochsteigt und die Lohe immer mehr aufgeheizt wird.

Genau das passierte in Hamburg. Die sich fortpflanzende ungeheure Hitze erzeugte Windgeschwindigkeiten bis 240 Km/h – doppelt so schnell wie ein Hurrikan – und Temperaturen über 1000 Grad Celsius.

Dazu wieder der Polizeipräsident:

>>Da der Sog in den bebauten Gebieten nicht den kürzesten Weg einschlagen konnte, brauste die aufgeheizte Luft mit ungeheurer Kraft durch die Straßen und riß nicht nur Funken sondern auch brennende Trümmer und Dachbalken mit sich. Auf diese Weise verbreitete sich das Feuer immer weiter und entwickelte sich in kurzer Zeit zu einem noch nicht da gewesenen Feuersturm, dem gegenüber menschlicher Widerstand zwecklos war<<“ (13)

Dieser Erfolg brachte die Kritiker des Bomber Command endgültig zum Schweigen. Man konnte sich nicht vorstellen, wie ein Volk so etwas auf Dauer durchhalten sollte und so unterstützte man Harris von nun an mit allen Kräften.

Im Bomber Command sprach man seither vom „Hamburgisieren“ von Städten.

Bei all diesen Angriffen wurde den Piloten immer ein militärisch relevantes Ziel genannt, das zu es zu zerstören galt, doch die Piloten wussten schon sehr genau, was sich unter ihnen abspielte. Aber wie schon bei den Einsatzbefehlen der Luftwaffe 1940/41 lässt sich auch den britischen Gegenstücken keine vorsätzliche Bombardierung ziviler Ziele entnehmen, im Gegensatz zur Luftwaffe aber gab es die Area Bombing Directive.

 

V.                 Ende mit Schrecken  

1.      Die Situation der deutschen Luftwaffe 1945

 

Anfang 1945 ist die Luftwaffe fast komplett vernichtet. Die amerikanischen Tagangriffe seit 1943 mit schweren, wehrhaften, hochfliegenden Bombern und effektiven Begleitjägern hatten die Luftwaffe zerschlissen, wenn sie auch ihr eigentliches Ziel, die Vernichtung der deutschen Industrie verfehlten.

Mit Operation Bodenplatte, bei der ein drittel der deutschen Flieger durch eigne Flak zerstört wurde, hatte die Luftwaffe ihren Schwanengesang.

Das kurze Aufbäumen der Luftwaffe in den Schlachten um Arnheim und der Operation „Wacht am Rhein“ war nicht mehr als ein Strohfeuer, schon im Spätsommer 1944 galt sie den Alliierten als praktisch am Boden.

Zwar hörte die Luftwaffe nie mit dem Versuch auf, den Feindeinflügen Maschinen entgegen zu werfen, doch schon ab 1944 lagen die Fliegerhorste der Luftwaffe unter dauernden Jagdbomber und Bomberangriffen, zudem kreisten meistens Jägerschwärme über ihnen.

Notorischer Treibstoffmangel jener Tage hielt sie allerdings meist so oder so am Boden.

Als einer der wenigen Verbände konnte der Jagdverband 44, eine Ansammlung der besten Piloten des Reichs - allein zwölf von ihnen (Bär, Barkhorn, Galland, Grünberg, Herget, Hohagen, Krupinski, Lützow, Neumann, Sachsenberg, Schnell und Steinhoff) kamen insgesamt auf 1301 Abschüsse, noch wenige Maschinen in die Luft bringen.

Auch die noch bis zum Ende gefürchtete Nachtjagd erlitt ein ähnliches Schicksal, allerdings war ihre Effektivität erst mit dem Zusammenbruch der Fronten und damit des Frühwarnsystems drastisch gesunken.

Kurz, die Alliierten konnten spätestens ab 1945 mehr oder weniger ungehindert ihre Bomben auf Ziele in Deutschland werfen, ohne Gegenwehr aus der Luft fürchten zu müssen.

Die alliierte Strategie am Tage die USAAFs und bei Nacht das Bomber Command angreifen zu lassen, sollte eine Rund-um-die-Uhr Bombardierung Deutschlands bewirken.

2.      Terrorangriffe der Amerikaner

 

Zunächst zielten die USAAFs tatsächlich hauptsächlich auf militärisch relevante Ziele, ihre Treffergenauigkeit lag dabei bei durchschnittlich 2,8Km um das Ziel. Kollateralschäden waren auch hier in Kauf genommen, auf zivile Ziele direkt aber wurde bis 1945 nicht gebombt.

1945 jedoch geschah dies auch massiv. Nicht nur schwere Bomber beteiligten sich am Zerstörungswerk, auch die Jäger und Jagdbomber der Amerikaner beteiligten sich daran, indem sie zivile Ziele im Tiefflug mit Bordwaffen beschossen, so wie sie jedes sich bewegende Fahrzeug oder jede Menschenansammlung angriffen.

Als beispielhaft sei der mittlerweile bekannte und traurig berühmte Angriff auf das mit Flüchtlingen überfüllte Swinemünde genannt. Offiziell nicht als Area-Bombing sondern als Angriff auf die Infrastruktur verzeichnet, starben Zehntausende aufgrund der Anti-Personenwaffen der Amerikaner.

 

3.      Der Untergang deutscher Städte

 

In den letzten Wochen des Krieges, als die militärische Entscheidung längst gefallen war, legten also nicht nur Briten sondern jetzt auch Amerikaner deutsche Städte in Trümmer.

In dieser Phase, als das Bomber Command am professionellsten, perfektioniertesten und gründlichsten arbeitete, gingen zahlreiche Städte unter, die weder verteidigt wurden noch großartige rüstungsrelevante Ziele hatten.

Es stellt sich bis heute die Frage, warum diese Angriffe überhaupt geflogen wurden. Man kann sich des Eindrucks eines gewissen strafenden Charakters kaum erwehren.

Es wurde allerdings lediglich die Douhet’sche Theorie konsequent weiterverfolgt. Bis die Deutsche Regierung kapitulierte wurde weitergebombt.

Dresden erlitt ein ganz ähnliches Schicksal, hier wurde demonstriert, wozu Luftmacht in der Lage war. Das war auch der Zweck dieses Bombardements. Es ging „um den Donnerschlag einer Vernichtung durch einen angloamerikanischen Luftangriff, der so entsetzlich in seiner Zerstörung sein sollte, dass selbst Stalin davon beeindruckt sein würde“ (-Churchill) (14).

Entsprechend akribisch geplant war auch dieser Einsatz. Zehntausende starben, Hunderttausende wurden obdachlos.

Dresden steht wie Coventry als Symbol für den terroristischen Angriff auf Nichtkombattanten, denn der Angriff auf Dresden hat keinerlei militärischen Wert gehabt, zumal auf nicht auf militärische Ziele am Rande der Stadt gezielt wurde, sondern auf das mit Flüchtlingen überfüllte Stadtzentrum (15).

Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs verloren etwa eine halbe Millionen deutsche Zivilisten ihr Leben in Folge der alliierten Luftangriffe.

Harris und das gesamte Bomber Command wurden wegen öffentlichen Unmuts über die als Barberei empfundenen letzten Angriffe im Krieg von den üblichen Ehrungen zunächst ausgeschlossen, 1992 aber weihte die Queen Mom eine Statur von Arthur Harris in London ein.

 

Abschluss:

 

Fakt ist und bleibt, dass die Luftwaffe auch zivile Ziele im großen Maßstab angriff und damit ein Verbrechen beging, bevor dies das Bomber Command tat.

Das darf aber nicht über andere Fakten hinwegtäuschen. Es war die RAF, die streng nach den Doktrinen Trenchards und Douhets Theorien aufgebaut wurde, nicht die Luftwaffe.

Die RAF war in der Hauptsache auf die Umsetzung dieser Theorien bedacht, sowohl in ihrer Ausrüstung als auch Personal –und Materialverteilung und den Prioritäten bei diesen.

Als die unmittelbare Bedrohung der Heimat durch die Luftwaffe nicht mehr in dem verheerenden Maße von 1940/41 vorhanden war, wurde diese britische Luftmacht hemmungslos gegen deutsche Städte eingesetzt, mit klaren Prämissen.

Die Effizienz des Bomber Command steigerte sich während des Krieges immer mehr, sodass der Douhetismus in Vollendung von der RAF praktiziert wurde – so wie dies im Kriegsfall von Anfang an geplant schien und nur aufgrund der Angst vor der Luftwaffe für kurze Zeit ausgesetzt wurde.

Die Ideen des Angriffs auf Zivilisten, wie auch das Material, erschienen nicht erst im Jahre 1942 nach den deutschen Luftangriffen, sie waren schon vorher präsent, zum Teil sogar praktiziert, so wie von Harris im Irak z.B.

Auch wenn die Diskussion, ob die Angriffe auch ohne die deutschen Angriffe befohlen worden wären, eher müßig ist, muss man festhalten, dass sie definitiv nicht als Reaktion erfolgten.

In einer Reihe stehen die deutschen und britischen Verbrechen aus der Luft aber dennoch, sie wurden von Politikern befohlen, in Deutschland gegen den Rat der Militärs, in England auf das ausdrückliche Kalkül derselben.

Freilich zwang Hitlers Krieg die Alliierten zum Krieg, aber ganz sicher nicht dazu, Verbrechen zu begehen und auch nicht die Methodik solcher Verbrechen zu perfektionieren.

Coventry war und ist ein Symbol des Luftterrors, ein Meilenstein in der Geschichte des Luftkriegs.

Von Coventry aber führte die Alliierten kein Weg nach Dresden, dieser wurde schon von Trenchard eingeschlagen und u.a. von Harris konsequent bis Dresden verfolgt.

Letztlich war der Luftkrieg ein, wenn nicht das, entscheidende Moment im Zweiten Weltkrieg. Aber es war zuallererst der taktische Luftkrieg, wie in Deutschland richtig vorausgesehen. Auch die strategische Luftoffensive der Amerikaner bei Tage hatte große Teilhabe am Sieg der Alliierten, denn sie zerschliss die Luftwaffe und hemmte den Treibstoffnachschub der Wehrmacht.

Douhet und Trenchard dagegen aber irrten: Die Terrorangriffe aus der Luft aller Seiten in diesem Krieg bewirkten nichts außer noch mehr Leid.

 

Von K. G.

 

Fußnoten:

(1)   DIE ZEIT vom 18.04.2003 Nr. 16 von R. Walther

(2)   Aus: J. Friedrich, „Der Brand“, S.60, Z.3ff

(3)   Nach O. Gröhler, „Die Geschichte des Luftkriegs 1910-1980“, S.214

(4)   Nach O. Gröhler, „Die Geschichte des Luftkriegs 1910-1980“, S.222

(5)   Vgl. O. Gröhler, „Die Geschichte des Luftkriegs 1910-1980“, S. 125

(6)   Aus: D. Donald, „Deutsche Luftwaffe“, S.163, Z.20f

(7)   DIE ZEIT vom 18.04.2003 Nr. 16 von R. Walther

(8)   Aus: J. Friedrich, „Der Brand“, S.77, Z.12f

(9)   Aus: A. Price, „Luftschlacht über Deutschland“, S.9, Z.6ff

(10) Aus: J. Friedrich, „Der Brand“, S.73, Z.19f

(11) Aus: A. Price, „Luftschlacht über Deutschland“, S.14, Z.7ff

(12) Aus: J. Friedrich, „Der Brand“, S.85, Z.21ff

(13) Aus: A. Price, „Luftschlacht über Deutschland“, S.64, Z.24ff

(14) Aus: O. Gröhler, „Die Geschichte des Luftkriegs 1910-1980“, S.457, Z.2ff

(15) Vgl. H. Boog, in einem Artikel auf der Internetseite der Zeitung IFDT

http://www.ifdt.de/0301/Artikel/boog.htm

 

 

Quellen:

A. Price, „Das letzte Jahr der deutschen Luftwaffe – Mai 1944-Mai 1945“, Podzun-Pallas-Verlag GmbH, 1998, Wölfersheim

Ders., „Luftschlacht über Deutschland – Angriff und Verteidigung 1939-1945“, Motorbuch Verlag, 9. Auflage 1996, Stuttgart

D. Donald, „Deutsche Luftwaffe“, Tosa Verlag, 2001, Wien

J. Friedrich, „Der Brand – Deutschland im Bombenkrieg 1940-1945“, Propyläenverlag, 5. Auflage 2002, München

O. Gröhler, „Die Geschichte des Luftkriegs 1910-1980“, Militärverlag der DDR VEB, 1981, 1981

H. J. Nowarra, „Die deutsche Luftrüstung 1933-1945“, alle Bände, Bernard & Graefe Verlag, 1993, Koblenz

„Lexikon des II. Weltkriegs – Daten, Personen, Szenarien“, Francis’ Verlag, 2002, Poing

http://www.spartacus.schoolnet.co.uk/2WWraf.htm

http://www.spartacus.schoolnet.co.uk/2WWportal.htm

http://www.spartacus.schoolnet.co.uk/2WWharris.htm

http://www.spartacus.schoolnet.co.uk/FWWtrenchard.htm

http://www.ifdt.de/0301/Artikel/boog.htm

http://www.nfhdata.de/cgi-local/frame/indexpage.pl?http://www.nfhdata.de/premium/datenbasis-information/pages/Presseschau-Deutsch/Thema/Deutschland_im_Bombenkrieg_1940-1945/more2.shtml

http://www.zeit.de/2003/16/P-Bombenkrieg

http://www.mindef.gov.sg/safti/pointer/back/journals/1998/Vol24_2/10.htm