Panzerjäger-Abteilung 128

O.U., den 2. Juni 1944

 

Erfahrungsbericht über die Instandsetzung und Einsatz russischer Panzerkampfwagen Typ T 34 und SU 85.

 

Bereits beim Abschleppen bzw. den notdürftigen Instandsetzungen von russischen Panzerkampfwagen zeigte es sich, daß es für einen geschulten deutschen Panzerfahrer nicht einfach ist, sich in den russischen Motor und die Fahrweise des Panzers richtig einzufühlen.
Es bedarf deshalb bei der Übernahme russischer Kampfwagen durch deutsche Fahrer einer gewissen Zeit der eingehenden Umschulung.
Die Kompanie hatte zunächst an 8 Kampfwagen von 9 Wagen insgesamt Getriebeschäden, die sich nach Ansicht der Kompanie durch richtige Fahrweise hätten vermeiden lassen. Ebenso verhielt es sich mit den zum Teil aufgetretenen Kupplungsschäden.
Es muß bei der Instandsetzung und Erneuerung schadhafter Teile von russischen Panzerkampfwagen berücksichtigt werden, dass die einzubauenden Teile alle nicht mehr neu sind und man den Grad der Brauchbarkeit zunächst nur schwer feststellen kann. Die Beschaffung von Ersatzteilen beschränkt sich bis auf Kleinigkeiten nur auf die verschiedenorts gemachte Beute. Es ist deshalb nach Ansicht der Kompanie nur möglich, auf Dauer mit erbeuteten Kampfwagen erfolg zu haben, wenn eine große Anzahl dieser Wagen für eine Einheit zur Verfügung stehen.
Zur motortechnischen wie auch zum Teil waffentechnischen Instandsetzung ist das deutsche Werkzeug nur unzureichend geeignet. Es gehört großes technisches Können dazu, um die geeigneten Werkzeuge selbst zu entwerfen und auch anzufertigen. Die Möglichkeiten dürften bei verschiedenen Einheiten nicht gleichermaßen gegeben sein.
Trotz erst kurzer Erfahrung kann gesagt werden, daß der russische Panzerkampfwagen zu großen Marschleistungen und auch großen Gechwindigkeitsleistungen nicht geeignet ist. Es hat sich herausgestellt, dass eine Höchstgeschwindigkeit von 10 - 12 Stundenkilometer angebracht erscheint. Ebenso ist es notwendig, bei Märschen nach jeder halben Stunde mindestens einen Marschhalt von einer viertel Stunde bis zwanzig Minuten zu machen, der notwendig ist, um die Maschine wieder abkühlen zu lassen.
Schwierigkeiten und Ausfälle forderten bei allen neuen Kampfwagen bisher die Lenkkupplungen. Bei schwierigem Gelände. auf dem Marsch oder im Angriff, bei dem viel gedreht oder gewendet werden muß, wird die Lenkkupplung heiß und verölt in kurzer Zeit. Die Folge ist, daß die Kupplung nicht mehr zieht und der Wagen nicht mehr manövrierfähig bleibt. Die Kupplung muß dann nach Abkühlen mit Kraftstoff reichlich durchgespült werden.
Zur waffentechnischen Frage läßt sich nach den Erfahrungen sagen, dass die Schußleistungen der 7,62 KWK gut sind. Bei eingehender Justierung der Waffe und sorgfältigem Anschießen ist eine große Treffersicherheit auch auf weite Entfernung gegeben. Gleichermaßen verhält es sich mit den Maschinenwaffen des Kampfwagens. Die Waffen arbeiten bei allerdings langsamer Schußfolge treffsicher und mit wenig Hemmungen.
Gleich gute Erfahrungen machte die Kompanie mit den Sturmkanonen 8,5 cm. Über die tatsächliche Durchschlagsleistung gegenüber der 7,62 KWK kann die Kompanie noch nichts genaueres sagen. Beim Schießen mit Sprenggranaten ist die Wirkung auch bei großer Schuß-Entfernung und guter Treffsicherheit gegenüber der 7,62 KWK wesentlich größer.
Das optische Gerät des russischen Panzerkampfwagens steht dem deutschen gegenüber weit nach. Der deutsche Richtschütze bedarf einer eingehenden Gewöhnung an das russische Zielfernrohr. Ein Beobachten des Treffers oder Richttreffers durch das Zielfernrohr ist nur beschränkt möglich. Der Richtschütze ist beim russischen Kampfwagen vom Typ 43 allein auf die Rundblickoptik angewiesen. Die Kompanie hat zusätzlich zu dieser Rundblickoptik noch eine zweite Rundblickoptik für den Ladeschützen eingebaut, die es dann im allgemeinen mit Sicherheit ermöglicht, die Trefferlage genau zu beobachten.
Schwierig ist beim russischen Kampfwagen das gleichzeitige Führen eines Panzers oder einer Einheit und Selbstschießen. Eine Feuerleitung innerhalb einer Kompanie ist deshalb nur im begrenzten Maße möglich und geht unter Umständen am Gesamterfolg der Einheit vorbei.
Der beim T 43 vorhandene Kommandantenturm erleichtert zwar das Führen und gleichzeitiges Schießen, jedoch sind die Beobachtungsmöglichkeiten bei nur 5 sehr kleinen und schmalen Sudblickfenstern sehr gering.
Etwas anders verhält es sich beim russischen Sturmgeschütz SU 85, bei dem keine Kommandantenkuppel vorhanden ist. Beim Sturmgeschütz sind vom Russen 4 Mann Besatzung vorgesehen, wovon der Kommandant gleichzeitig der Richtschütze ist.
Die Kompanie hat sich auf andere Weise geholfen. Wir besetzen den Wagen mit 1 Fahrer, 1 Funker, der zugleich die Möglichkeit der Beobachtung durch eine vorhandene Rundblickoptik hat, 1 Richtschützen, der zur eigenen Beobachtung nur das Zielfernrohr zur Verfügung hat, 1 Ladeschützen und 1 Kommandanten, der nur die Möglichkeit hat, den Wagen zu führen und das Feuer zu leiten, indem er bei aufgeklappter Einstiegsluke durch den Abstand, den die Scharniere der Einstiegsluke mit der Kopfplatte des feststehenden Turmes bilden, beobachtet.
Ein sicheres Fahren und ein sicheres Führen beider Kampfwagentypen bei geschlossenem Turm ist nicht gewährleistet. Als Begründung führt die Kompanie die Ereignisse zweier Kampftage im Brückenkopf Jassy an, bei denen sich an einem Tage vom Gegner 4 Kampfwagen im Grabensystem so festfuhren, dass sie nicht mit eigener Kraft wieder heraus konnten, und die Abschleppversuche durch den Beschuß und die Vernichtung deutscher Abwehrwaffen unterbunden wurde. An einem zweiten Tage geschah das Gleiche.
Beim Unterstützen eines eigenen Infanterie-Angriffs in den letzten Tagen war es bei starkem gegnerischen Abwehrfeuer aus einem Waldstück heraus notwendig, zweitweilig auch bei den Beutepanzern der Kompanie die Kommandantenkuppel zu schließen und dadurch die Möglichkeit einer sicheren Führung des Panzers ausgeschaltet. Die Folge war, dass sich bei der Kompanie zwei der Beutepanzer im gegnerischen Grabensystem festfuhren, wovon der eine nach langen Versuchen mit eigener Kraft wieder herauskam, der zweite aber erst nach Ende des Gefechts und Inbesitznahme des Waldstücks durch den Vorspann zweier Beutepanzer wieder flottgemacht werden konnte.
Aus allen vorbeschriebenen Gründen vertritt die Kompanie die Auffassung, dass beim Einsatz von Beutekampfwagen als Panzerkampfwagen der Erfolg in Frage gestellt wird.
Die Erfolge der letzten Kampftage im Brückenkopf Jassy aber haben gezeigt, dass der Einsatz als Panzerjäger geeignet erscheint. Der Panzerkampfwagen ist gegen Panzerbüchsen und mittleren russischen Pak-Beschuß an fast allen Stellen unempfindlich. Artilleriefeuer beeinträchtigt den eigenen Einsatz wenig. Die Führer der Kampfwagen können beim Angriff die Deckenklappen des Kommandantenturms geöffnet lassen und haben dadurch die Möglichkeit eingehender und ausreichender Beobachtung.
Die Kompanie unterstützte am 30. Mai den Angriff eines Panzergrenadier-Regimets der 14. Panzer-Division auf ein Waldstück bei Golvaesti am Pruth und ermöglichte den Einbruch der Grenadiere in das gegnerische Hauptkampffeld.
Am 31. Mai unterstützte die Kompanie den Angriff eines Panzergrenadier-Regiments der 23. Panzer-Division auf den Höhen südwestlich von Stanea am Pruth und ermöglichte einem Bataillon den Einbruch in die gegnerische Hauptkampflinie. Es wurden dabei zahlreiche Bunker durch Beschuß mit Panzergranaten vernichtet und mehrere Panzerbüchsen sowie leichte russische Pak außer Gefecht gesetzt bzw. zerstört.
Am 1. Juni stand die Kompanie in einer Mulde südostwärts Punkt 197 bei Stanca am Pruth bereit und war einer Kampfgruppe der 79. Infanterie-Division zur Abwehr feindlicher Angriffe zugeteilt. In den Mittagsstunden gegen 12.00 Uhr, es befanden sich von der Kompanie 4 Panzer im Einsatz, erfolgte ein gegnerischer Panzerangriff von den Höhen südlich Stanca in Richtung Punkt 197 und 198, bei dem die Kompanie einen gegnerischen Panzer vernichten und zwei weitere bewegungsunfähig schoß. Die Schußentfernungen lagen bei 900 bis 1.100 m.
Am 2. Juni stand die Panzerjägerabteilung geschlossen zur Abwehr feindlicher Angriffe in der Gegend Punkt 189 und westlich davon bereit. In den Mittagsstunden, wiederum gegen 12.00 Uhr, erfolgte ein feindlicher Panzerangriff von den Höhen südlich Stanca in der gleichen Richtung wie am Vortage. Die Kompanie schoß dabei 4 Panzer in Brand und vernichtete sie, während 2 weitere Panzer bewegungsunfähig geschossen wurden.
Am 1. Juni handelte es sich um den Abschuß dreier Feindpanzer vom Typ T 34. Am 2. Juni wurden 3 Feindpanzer vom Typ General Sherman und 3 Feindpanzer vom Typ T 34 abgeschossen.
Die Kompanie ging am 30. Mai mit 2 Sturmgeschützen Su 85 und 5 Kampfwagen T 43 in den Kampf.
Ausfälle:
1 T 43 Totalausfall durch Auffahren auf eine Mine.
1 T 43 vorübergehender Ausfall durch Auffahren auf eine Mine mit Ketten-, Laufräder- und Leitradschaden. (I-Gruppe der Kompanie)
1 T 43 vorübergehender Ausfall durch Getriebeschaden. (I-Gruppe der Kompanie)
Am 31. Mai hatte die Kompanie 2 Sturmgeschütze SU 85 und 2 T 43 im Einsatz.
Ausfälle:
1 Sturmgeschütz SU 85 vorübergehender Ausfall mit Schaden an der Lenkkupplung (I-Gruppe der Kompanie).
1 T 43 vorübergehender Ausfall durch Batterieschaden (an Ort und Stelle repariert durch Zuführung neuer Batterien).
1 T 43 vorübergehender Ausfall durch Kupplungsschaden an der Hauptkupplung (I-Gruppe der Kompanie).
Am 1. Juni hatte die Kompanie 1 Sturmgeschütz SU 85 und 3 T 43 im Einsatz. Keine Ausfälle.
Am 2. Juni hatte die Kompanie 1 Sturmgeschütz SU 85 und 4 T 43 im Einsatz. Am Nachmittag des 2. Juni wurde der Kompanie ein weiteres Sturmgeschütz SU 85 zugeführt. Keine Ausfälle.