Flakpanzer / Flugabwehrpanzer

 

Deutschland war es nach den Bestimmungen des Versailler Vertrages verboten, Panzerfahrzeuge, und somit auch gepanzerte Flugabwehrpanzer zu entwickeln. Erst Mitte der 30er Jahre begann man mit der Entwicklung solcher Fahrzeuge, welche den gepanzerten Verbänden durch ihre Mobilität auf dem Gefechtsfeld folgen konnten. Dabei spielte der Panzerschutz für die Besatzung noch keine Rolle. Bis Kriegsbeginn standen mit den Sonderkraftfahrzeugen Sd.Kfz. 10/4 und dem Sd.Kfz. 6/2 Fahrzeuge mit 2-cm bzw. 3,7-cm Flak als Bewaffnung zur Verfügung. Nach Kriegsbeginn wurde in Deutschland an Halbkettenfahrzeugen als Waffenträger festgehalten und mit dem Sd.Kfz. 7/1 (2-cm Flakvierling 38) und Sd.Kfz. 7/2 (3,7-cm Flak 36) zwei neue Fahrzeugtypen gebaut. Um die Bedienungsmannschaft der Fla-Waffen besser schützen zu können, ging man im Anschluss daran dazu über, Fla-Waffen in das Sd.Kfz. 251 einzubauen. Während das Sd.Kfz. 251/4 mit zwei MG 34 nicht zur Einsatzreife gelangte, wurde das Sd.Kfz. 251/17 mit der 2-cm Flak 38 über 200 mal gebaut und gelangte 1944 zur Truppe. Ab 1943 wurden vom Schützenpanzerwagen Sd.Kfz. 251/21 mit Flak-Drilling etwa 320 Exemplare hergestellt. Als Waffe kamen entweder drei 1,5-cm-MG 151/15 oder drei 2-cm-MG 151/20 zum Einsatz.

All diese Varianten waren jedoch keine "echten" Flak-Panzer, sondern Fla-Waffen auf Halbkettenfahrzeugen. Der Schutz der Fla-Bedienung blieb bei all diesen Lösungen unzureichend. Daran änderte sich auch nichts durch den ersten Fla-Panzer, den Flakpanzer I nichts. Dieser entstand, als während des Frankreichfeldzuges erkannt wurde, dass die vorhandenen Waffenträge für Fla-Waffen unzureichend gepanzert waren. Das Heereswaffenamt entschied daher 1941, einen gepanzerten Flak-Träger zu schaffen. Da es sich um eine dringliche Beschaffung handelte, wurde auf eine Neukonstruktion verzichtet. Vielmehr wurden bereits vorhandene und nicht mehr benötigte Fahrzeuge umgebaut. Dafür wurde das Fahrgestell des Panzer 1 Ausf. A als Träger ausgewählt, da es das einzige Fahrgestell war, das in ausreichender Anzahl zur Verfügung stand. Insgesamt wurden 24 Panzer 1 Ausführung A zu Flakpanzern umgebaut. Beim Umbau wurde ein Teil des Frontaufbaus und das komplette Motordeck entfernt. Um eine günstige Schwerpunktlage für die Flak zu erreichen, wurde die Frontpanzerung des Aufbaus um etwa 18 cm nach vorne verschoben. Die seitlichen Klappen bestanden aus einfachem Blech und boten somit keinen wirklichen Schutz, vielmehr konnten diese zur Vergrößerung der Standfläche heruntergeklappt werden. Um noch mehr Platz zu schaffen, wurde in diesen Fahrzeuge die Funkanlage ausgebaut, die Verständigung erfolgte durch Handzeichen. Ausgerüstet waren die Panzer mit der 2-cm Flak 38. Alle 24 Fahrzeuge wurden dem Fla-Bataillon 614 zugeführt.

Durch die immer größer werdende Gefahr durch alliierte Tiefflieger kam es im Jahr 1943 zu einer weiteren Entwicklung eines Flakpanzers. Als Fahrgestell wählte man das des Panzerkampfwagens 38 (t) und entwickelte darauf den Flakpanzer 38(t) auf Selbstfahrlafette 38(t) Ausf M (SdKfz 140). Bei diesem Fahrzeug wurde eine 2-cm Flak 38, die auch zur Infanteriebekämpfung geeignet war, auf die speziell für Selbstfahrlafetten modifizierte Wanne der Ausführung M gesetzt. Hierzu wurde der Motor in die Mitte des Fahrzeuges verlegt, um Platz für die Geschützaufnahme im hinteren Bereich zu schaffen. Der obere Bereich der Wanne wurde umgestaltet und mit einer abgeschrägten, dünn gepanzerten Bugplatte sowie einem abgesetzten Fahrererker mit Ausstiegsluke versehen. Der bisherige Motorraum wurde durch eine Stahlplatte verschlossen, die etwa 55 cm tief in den Boden eingelassen wurde. Unter dieser Platte befanden sich Fächer für Munition und Ausrüstung, die über Klappen erreicht werden konnten. Die Fahrzeuge waren 4610 mm lang, 2150 mm breit und 2250 mm hoch. Die Besatzung bestand aus vier Mann.  Die Flugabwehrkanone konnte um 360° gedreht werden und im Winkel von -5° bis +90° gesenkt bzw. erhöht werden, was es dem Panzer ermöglichte, auch gegen Bodenziele vorzugehen. Es wurden 1.060 Schuss für die Kanone mitgeführt. Auf das MG zur Selbstverteidigung wurde verzichtet, da er nur als reines Luftbekämpfungsfahrzeug geplant war. Allerdings erwies sich die Bewaffnung der Fahrzeuge als unzureichend gegen die moderneren alliierten Flugzeuge, so dass diese Variante eines Flakpanzers nicht überzeugte. Von den bestellten 150 Fahrzeugen wurden ab Oktober 1943 nur 141 Fahrzeuge von BMM gebaut.

Da sich der Flakpanzer 38 nicht bewährte, wurde beschlossen, das Fahrgestell des Panzers IV für die Produktion eines neuen Flakpanzers zu nutzen. Adolf Hitler stand einer solchen Lösung skeptisch gegenüber, da er eine Fahrgestelle aus der laufenden Kampfwagenproduktion abzweigen wollte. Es hatte sich jedoch gezeigt, dass schwächere Fahrgestelle für die Aufnahme einer effektiven Flugabwehrwaffe nicht ausreichend waren.
Im Dezember 1943 wurden zwei Prototypen vorgestellt:
Der erste Prototyp war mit einem 2-cm Flakvierlinge 38 ausgestattet. Die 25t schweren Fahrzeuge hatten eine Besatzung von fünf Mann.
Der zweite Prototyp war mit einer 3,7-cm-Flak 43 ausgestattet. Diese Variante wurde im Januar 1944 für Serienfertigung ausgesucht und erhielt die Bezeichnung Panzerflak-Selbstfahrlafette (3,7 cm) auf Panzerkampfwagen IV (Sd.Kfz. 161/3) und wurde von der Truppe auch als Möbelwagen bezeichnet. Die Fahrzeuge wogen 25 Tonnen und besaßen zwei abklappbare Aufbauteile aus 10 mm starken Panzerplatten. Diese wurden später durch einfache 20 mm starke Platten ersetzt. Im Einsatz mussten diese Aufbauwände heruntergeklappt werden, wodurch zwar eine breite Trittplattform entstand, aber die Waffe samt Besatzung völlig ungeschützt war. Eingesetzt wurden die Fahrzeuge ab März 1944.

Die nächste Entwicklungsstufe war der Flakpanzer (2 cm) mit Fahrgestell Panzer IV (Sd.Kfz. 161/4), auch "Wirbelwind" genannt. Diese Fahrzeuge waren mit einem 2-cm Flakvierling 38 in einem voll drehbaren Turm ausgerüstet. Der abgewinkelte Drehturm bestand aus zusammengeschweißten 16 mm starken Platten. Um eine ungehinderte Beobachtung zu ermöglichen, war er nach oben offen. Zum Schutz vor Witterung und Schmutz konnte der Turm mit einer Zeltplane abgedeckt werden. Der Turm konnte mit einer Geschwindigkeit von 28°/Sekunde per Hand gedreht werden. Spätere Ausführungen hatten ein hydraulisches Schwenkwerk mit einer Geschwindigkeit von 60°/Sekunde. An Munition wurden 3.200 Schuss im Fahrzeug mitgeführt. Die Fahrzeuge standen ab August 1944 zur Verfügung. Insgesamt wurden 106 Stück gebaut. Die benötigten Fahrgestelle wurden aus Instandsetzungswerken abgezweigt.

Eine weitere Lösung war der "Ostwind", bei dem eine 3,7-cm Flak 43 auf das Fahrgestell des Panzers IV montiert wurde. Auch hier wurde die Waffe in einen voll drehbaren Turm montiert, der etwas niedriger war als beim Wirbelwind. Da nur ein Ladeschütze notwendig war, war der Turm geräumiger. Für die Waffe wurden insgesamt 1.000 Schuss Munition mitgeführt. Auch hier wurden die benötigten Fahrgestelle von den Instandsetzungswerken übernommen. Auf Grund von Materialmangel begann die Serienfertigung im November 1944. Ein Fahrzeug nahm an der Ardennenoffensive teil.

Als Weiterentwicklung der o.g. Flakpanzertypen wurden zum Jahreswechsel 1944 / 45  vom „Wirbelwind“ mit dem „Zerstörer 45“ und vom „Ostwind“ mit dem „Ostwind II“ noch jeweils zwei bzw. ein Prototyp eines Nachfolgers hergestellt. Der „Zerstörer 45“ besaß als Bewaffnung den 3-cm-Flak-Vierling 103/38 und der „Ostwind II“ den 3,7-cm-Flak-Zwilling 44 (Version des Typ 43) mit zwei nebeneinander liegenden Rohren. 

Der Schlusspunkt der deutschen Entwicklung von Flakpanzern stellte der "Kugelblitz" dar, der zusammen von Daimler-Benz und dem Heereswaffenamt entwickelt wurde und von dem im Mai 1944 erst die Entwurfszeichnungen vorlagen. Gemäß den Planungen sollte dieses Fahrzeug der Standard-Flakpanzer werden. Erstmals kam hier ein vollständig geschlossener Drehturm zur Anwendung, welcher als Kugelgehäuse ausgebildet war. Mit der hydraulischen Schwenkeinrichtung konnte eine Richtgeschwindigkeit von 60°/s erreicht werden. Der Höhenschwenkbereich ging von −7 bis +80°. In dem 20 mm stark gepanzerten Turm befanden sich der Kommandant, Richt- und Ladeschütze. Der Kommandant wies dem Richtschützen das Ziel mittels eines Folgegeräts zu. Die Bewaffnung bestand aus zwei nebeneinander liegenden 30-mm-Kanonen MK 103/38. Dabei handelte es sich um eine modifizierte Version der Fliegerbordkanone MK 103, die eine Kadenz von 425 Schuss/min und eine Schussweite von 5700 m hatte. Als erste Maschinenkanone des deutschen Heeres besaß sie eine Gurtzuführung, was eine merkliche Verbesserung gegenüber den bisher verwendeten Magazinen oder Rahmen darstellte.  Es war geplant, dass der Kugelblitz ab Februar 1945 mit 30 Stück/Monat hergestellt und alle bisherigen Flakpanzer ablösen sollte. Durch die Kriegsereignisse kam es aber nicht mehr zu einer Serienfertigung; bis Jahresende 1944 wurde lediglich eine kleine Vorserie von fünf Stück produziert.

 

Bezeichnung Flakpanzer I Flakpanzer 38 Panzerflak-Selbstfahrlafette (3,7 cm) auf Panzerkampfwagen IV (Sd.Kfz. 161/3)
"Möbelwagen"
Flakpanzer (2 cm) mit Fahrgestell Panzer IV (Sd.Kfz. 161/4)
"Wirbelwind"
"Ostwind" "Kugelblitz"
Fahrgestell Panzerkampfwagen I Ausf. A Panzerkampfwagen 38 (t) Ausf. M Panzerkampfwagen IV Panzerkampfwagen IV Panzerkampfwagen IV Ausf. G Panzerkampfwagen IV
Hersteller Alkett, Daimler-Benz, Stoewer BMM Deutsche Eisenwerke Ostbau Deutsche Eisenwerke  
Gewicht 5,5 t 9,8 t 24 t 22 t 25 t 23 t
Länge / Breite / Höhe 4,38 m / 2,06 m, 2,08 m 4,61 m / 2,15 m / 2,25 m 5,92 m / 2,95 m / 2,73 m 5,89 m / 2,88 m / 2,76 m 5,92 m / 2,95 m / 3,0 m 5,92 m / 2,95 m / 2,45 m
Bewaffnung 2-cm Flak 38 2-cm Flak 38 3,7-cm Flak 43
7,92-mm MG 34
2-cm Flakvierling 42
7,92-mm MG 34
3,7-cm Flak 43
7,92-mm MG 34
3-cm MK 103/38 Zwilling
7,92-mm MG 34
Munitionsvorrat unbekannt 1.040 Schuss 416 Schuss 3.200 Schuss 2-cm
1.350 Schuss 7,92 mm
1.000 Schuss 3,7-cm
1.350 Schuss 7,92 mm
 
Besatzung 2 Mann, im Luftkampf bis zu 8 Mann 4 Mann 7 Mann 5 Mann 5 Mann 5 Mann
Geschwindigkeit max. 40 km/h max. 42 km/h max 38 km/h max 40 km/h 38 km/h 38 km/h
Reichweite Straße 180 km, Gelände 130 km Straße 210 km Straße 200 km 200 km 200 km Straße 200 km, Gelände 130 km
Stückzahl 24 141 240 106 43 5