Junkers Ju 388

 

Die Junkers Ju 388 entstand aus der Befürchtung der Luftwaffenführung, die erwarteten US-Höhenbomber des Typs Boeing B-29 nicht bekämpfen zu können. Die Luftwaffenführung rechnete mit dem Einsatz dieser Flugzeuge ab der Jahreswende 1944/45. Die B-29 würden, so die Annahme, im Höhenbereich oberhalb von 10.000 m einfliegen und somit für die deutschen Jäger und Zerstörer unerreichbar sein. Daraufhin wurde entschieden, auf Grundlage der Junkers Ju 88 / Ju 188 einen neuen Flugzeugtyp zu entwickeln. Für eine Weiterentwicklung sprach, ein Grundmuster durch den Austausch von Modulen für unterschiedlichste Aufgaben tauglich zu machen. Zudem wollte man im Sinne einer schnell anlaufenden Serienfertigung mit großen Stückzahlen die vorhandenen Bauteile und Produktionseinrichtungen in möglichst großem Umfang für die neue Variante nutzen. Von den Vorgängermustern wurden so Tragfläche und Höhenleitwerk komplett übernommen. Eine Geschwindigkeitserhöhung konnte durch den vollkommen umkonstruierten Rumpfbug mit verbesserter aerodynamischer Durchbildung erreicht werden. Gegenüber der Junkers Ju 188 unterschied sich die Maschine zudem durch die Verwendung von Höhenmotoren mit Vierblatt-Luftschrauben, Einbau einer Druckkabine mit Klimaanlage, Bordheizgerät für die Höhenflossenenteisung und ungeschützter Kraftstoffbehälter mit 500 Litern Fassungsvermögen und Schnellablass im Flügelaußenteil. In Dessau wurden sechs Prototypen, je zwei Ju 388 J-1, K-1 und L-1 sowie die Ju 388 L-0/V7 gebaut, die am 22. Dezember 1943 als erste Ju 388 flog. Junkers fertigte darüber hinaus die Vorserien des Bombers K-0 und des Aufklärers L-0 aus Großbauteilen der Ju 188, die der laufenden Serienproduktion entnommen wurden. Bis Ende November 1944 wurden 15 Ju 388 L-0, meist in Merseburg, und sieben Ju 388 K-0 produziert; ursprünglich waren 50 K-0 geplant, von denen ein Teil aber zu Aufklärern umfunktioniert und mehrere Maschinen vor der endgültigen Fertigstellung in Merseburg durch Bomben zerstört wurden. Zu einer Serienherstellung des Nachtjägers J und der Bomberversion K kam es nicht mehr. Lediglich der Aufklärer L-1 wurde mit insgesamt 66 Flugzeugen bei ATG in Leipzig und bei Weserflug im niederschlesischen Liegnitz in einer kleinen Serie gebaut. Von Februar bis Juni 1944 lieferte Junkers von der Aufklärerversion insgesamt zehn Erprobungs- und Vorserienflugzeuge an das RLM aus, welche sich bei der Truppe gut bewährten. Die für die Aufklärungseinheiten vorgesehenen späteren regulären Maschinen mussten an Nachrüstbetriebe geliefert werden, da die von der Industrie abgelieferten Flugzeuge nicht frontklar waren. Die Nachrüstbetriebe schafften es jedoch nur, sechs der angelieferten 55 Flugzeuge mit den fehlenden Geräten auszurüsten. Letztlich bedeutete dies, dass nur wenige Flugzeuge Erprobungseinheiten zugeteilt wurden, der Rest blieb in der Industrie. Kein Flugzeug konnte an eine reguläre Kampfeinheit ausgeliefert werden. Insgesamt wurden etwa 100 Flugzeuge von der BAL abgenommen. Das bedeutet aber nicht, dass alle Flugzeuge tatsächlich fertig gestellt wurden, da bei Abbruch des Programms oder bei Zerstörung durch Bomben die Flugzeuge als fertig gemeldet wurden, damit diese vom RLM bezahlt wurden. Daher dürfte die Zahl der fertig gestellten Ju 388 eher niedriger gelegen haben. Abgesehen von den zehn Vorserienmaschinen wurden an die Luftwaffe 69 Ju 388 L-0 und L-1 ausgeliefert. Nur wenige Junkers Ju 388 wurden von Frontverbänden der Luftwaffe übernommen. Ob mit ihnen Kampfeinsätze geflogen wurden, ist unklar.

 

Junkers Ju 388 J-Reihe

Diese speziell für die Höhennachtjagd ausgerüstete Baureihe sollte zur Bekämpfung von Höhenbombern, feindlichen Nachtjägern und Schnellbombern wie der Mosquito dienen. Anders als die K- und L-Serie erhielt die J-Serie keine Vollsichtkanzel, sondern eine normale Kabine, die nach vorne gepanzert war und elektrisch beheizbare Panzerglasscheiben für Flugzeugführer und Beobachter besaß. Die markantesten Unterschiede zu den anderen Ju 388-Baureihen betrafen die Bewaffnung. Als Offensivbewaffnung waren ursprünglich sechs MG 151/20 mit je 250 Schuss in zwei Stufen unter dem Rumpf (also je drei nebeneinander) vorgesehen, die gegen zwei MG 151/20 und vier MK 108 (je 100 Schuss) bzw. gegen vier MG 151/20 und zwei MK 103 (je 100 Schuss) austauschbar sein sollten. Es war geplant, die in der ersten Reihe eingebauten Waffen mit einem Feuerdämpfer zu versehen. Diese Offensivbewaffnung wurde bei den Prototypen und der geplanten Serie schließlich nicht realisiert, sondern es sollten in der Nachtjagdvariante zwei MK 108 und zwei MG 151/20 sowie als Schräge Musik weitere zwei MK 108 zum Einsatz kommen. Anfangs war als Bordradargerät das FuG 220 Lichtenstein vorgesehen, welches in der Serie gegen das weiterentwickelte FuG 228 mit strömungsgünstiger Morgensternantenne getauscht werden sollte. Die Vorbereitungen zur Serienproduktion der Ju 388 J-1 waren Ende 1944 weit fortgeschritten, kamen durch das Kriegsende jedoch zum Erliegen. Lediglich vier Prototypen wurden hergestellt.

Junkers Ju 33 J-1-Reihe

In kleiner Stückzahl 1944 gebaute Version mit einer Bewaffnung von 2 x 30-mm MK 103 und 2 x 20-mm MG 151/20 in einer Waffenwanne unter der linken Rumpfunterseite. Drei Mann Besatzung.

Typ: Zweimotoriger Höhen-Nachtjäger

Flügel: Freitragender Tiefdecker in Ganzmetallbauweise, komplett von der Junkers Ju 188 übernommen, jedoch ohne Sturzflugbremsen, aber mit ungeschütztem Zusatztank im linken Außenflügel. Zweimotoriger Ganzmetallflügel. Gesamte Hinterkante als Klappen ausgebildet, außen als zweigeteilte Querruder mit je zwei Trimmklappen in den Innenteilen, innen als Landeklappen. Gitterförmige Sturzflugbremsen in den Außenflügeln unter dem Vorderholm. Warmluft-Flügelnasenenteisung.

Rumpf: Ganzmetall-Schalenrumpf mit ovalem Querschnitt und kleinem Durchmesser. Rumpfbug mit solider Nase für die Aufnahmen der Radar-Antenne, dahinter die Druck-Kabine. Verdicktes Heck für einen Heckstand. Abdeckklappen aus Holz.

Leitwerk: Freitragendes Normalleitwerk, im Aufbau ähnlich dem der Junkers Ju 188 C-1, jedoch mit Warmluftenteisung für die Hohenflossennase. Die Warmluft wurde in Kärcher-Öfen erzeugt.

Fahrwerk: Einziehbares Normalfahrgestell entsprechend dem der Junkers Ju 88 A-4. Die Hydraulikanlage, gleichzeitig für Landeklappen und Waffen benötigt, arbeitete unter einem erhöhten Betriebsdruck von etwa 60 atü. Hierzu mußte ein besonderer Kühler eingebaut werden.

Triebwerk: Zwei BMW 801 TJ luftgekühlte Vierzehnzylinder-Doppelsternmotoren mit Abgasturboladern und 2 x 2.000 PS Startleistung. Vierflüglige VDM-Verstell-Luftschrauben von 3,70 m Durchmesser.

Besatzung: 3 Mann in Druckkabine

Militärische Ausrüstung: Lichtenstein SN 2 2Funkmeßanlage mit Hirschgeweihantenne im Bug. Bewaffnung bestehend aus 2 x 30-mm MK 103 und 2 x 20-mm MG 151/20 in Waffenwanne unter der linken Rumpfunterseite, starr nach vorne schießend. Durch Periskop ferngesteuerter Heckstand mit 2 x 13-mm MG 131 (FHL 131 Z).

Es wurden jedoch nur noch die Junkers Ju 388 V4 und V5 als Ju 388 J gebaut. Die Versionen J-2 und J-3 wurden nicht mehr gebaut.

 

Junkers Ju 388 J-3-Reihe

Verbesserte Variante der J-2-Variante mit zusätzlich 2 x 20-mm MG 151/20 als "schräge Musik" auf dem Rumpfrücken. 1945 wurden nur noch Versuchsausführungen gebaut, zu einer Serienfertigung kam es nicht mehr.

 

Junkers Ju 388 K-Reihe

Dieser speziell als Höhenbomber ausgerüstete Typ sollte das Eindringen in Feindgebiete in so großen Höhen ermöglichen, dass reguläre Jagdflugzeuge keine Abfangmöglichkeit hatten. Im Gegensatz zur Zerstörervariante besaß die Junkers Ju 388 K eine Bombenwanne unter dem Rumpf, in welcher eine Bombenlast von 3.000 kg mitgeführt werden konnte. Bis auf eine Aussparung für das Bombenzielgerät war die Vollsichtkanzel identisch mit der der Aufklärerversion Junkers Ju 388 L. Neben zwei Prototypen (V3 und V4) wurden von der Ju 388 K-1 auch einige Serienmaschinen gebaut, die jedoch wegen der Streichung aller Bomberprogramme im Rahmen des Jägernotprogrammes im Herbst 1944 vor der Ablieferung zu Aufklärern des Typs L-1 umgerüstet wurden.

Junkers Ju 388 K-0-Reihe

Vorserien-Reihe. Umbau von 10 Junkers Ju 188 E-1 in Merseburg mit 2 x 2.000 PS BMW 801 TJ-Motoren. Zur Vergrößerung des Bombenraumes war eine große Wanne unter dem Rumpf angebracht worden. Keine Abwehrbewaffnung.

Junkers Ju 388 K-1-Reihe

Serienmaschine, wie K-0, aber mit ferngesteuertem Heckstand mit 2 x 13-mm MG 131.

 

Junkers Ju 388 L-Reihe

Die einzige in einer kleinen Serie gebaute Version war die Junkers Ju 388 L, welche als Höhenaufklärer mit Reihenbildgeräten ausgerüstet war. Äußerlich war sie nicht von der Bombervariante Junkers Ju 388 K zu unterscheiden, da sie ebenfalls die von der Junkers Ju 88 A-15 stammende Bombenwanne besaß. Die Bildgeräte waren unter dem im hinteren Lastenraum befindlichen Rumpftank eingebaut. Sie konnten sowohl senkrecht als auch im seitlichen Winkel von 10° bis 30° eingebaut werden. Bei der Tagbild-Version waren je zwei Kameras RB 20/30, Rb 50/30 oder Rb 75/30 vorgesehen, bei der Nachtaufklärer-Version gelangten je zwei NRB 35/25, NRB 40/25 oder NRB 50/25 zum Einsatz. Außerdem wurde beim Nachtaufklärer der große vordere Rumpftank durch einen kleineren mit 725 Litern Fassungsvermögen ersetzt, um darunter Platz für ein L-Gerüst mit acht Leuchtbomben zu schaffen. Mit Rücksicht auf den Platzbedarf der Leuchtbomben mussten die beiden Bildgeräte nebeneinander eingebaut werden, wodurch sich die Kraftstoffkapazität von 3.935 Litern auf 2.980 Litern reduzierte.

Junkers Ju 388 L-0-Reihe

Umbau von zehn Junkers Ju 188 F-1 ohne Heckstand.

Junkers Ju 388 L-1-Reihe

Wie K-1, jedoch mit Reihenbildgeräten in der Wanne.

Junkers Ju 388 M-1

Geplanter Torpedobomber für den Einsatz der Torpedogleiter L 10 und L 11.

 

Literatur:

C. Vernaleken und M. Handig: Junkers Ju 388 - Entwicklung, Erprobung und Fertigung des letzten Junkers-Höhenflugzeugs, Aviatic-Verlag, Oberhaching 2003

Heinz J. Nowarra: Die Ju 88 und ihre Folgemuster. ; Motorbuchverlag, Stuttgart 1987

Wolfgang Wagner: Hugo Junkers, Pionier der Luftfahrt - seine Flugzeuge. ; Bernard & Graefe Verlag, Bonn 1996