Heinkel He 177

Die »He 177« war der einzige schwere Bomber der Luftwaffe bei Beginn des Krieges. Das aus dem Jahre 1937 stammende Projekt mußte aber hinter Kampfflugzeugen mit geringerer Reichweite zur direkten Heeresunterstützung zurückstecken, so daß die »He 177« fast in Vergessenheit geriet und auch nicht in nennenswerten Stückzahlen produziert wurde. Die Maschinen mußten erhebliche Änderungen durchlaufen, was ihre Einführung an der Front nicht gerade beschleunigte. Außerdem wurden Maschinen mit zwei Triebwerken bevorzugt.

He 177 A-Reihe

Originalausführung unter Verwendung von zwei Doppeltriebwerken. Von dieser Reihe wurden verschiedene Ausführungen in Serie gebaut.

He 177 A-O

Vorserienmuster. Antrieb bestehend aus 2 x 2.700 PS Daimler-Benz DB 606 A/B-Doppeltriebwerken mit VDM-Vierblatt-Luftschrauben von 4,50 m Durchmesser. Bei dieser Version war die gesamte Flügelhinterkante einschließlich der Querruder als Fowler-Klappe ausgebildet. Die Querruder bestanden aus einer oberen und einer unteren Fläche, die bei eingefahrenen Klappen geschlossen als normale Querruder wirkten. Beim Ausfahren der Klappen stellte sich der obere Teil als Fortsetzung der Flügeloberseite starr fest, während der untere Teil als Fowler-Klappe mit ausgefahren und, differenziert gesteuert, die Quersteuerung mit übernahm. Der Auftriebszuwachs bei ausgefahrenen Klappen betrug 20 %. Bei der Klappenbetätigung verstellte sich automatisch über zwei Arbeitszylinder der Einstellwinkel der Höhenflosse. Die Besatzung betrug vier Mann.

Militärische Ausrüstung: Bewaffnung bestehend aus 1 x MG 81 im oberen Teil des Rumpfbugs, 1 x MG FF im unteren Teil, 1 x MG 131 im fernbetätigten Drehturm des B-Standes auf der Rumpfoberseite, 1 x MG 81 Z  im C-Stand und 1 x MG 131 im Heckstand. Dreiteilige Bombenklappe.

He 177 A-1-Serie

Erstes Serienmuster, wurde in geringer Stückzahl an die Truppe ausgeliefert . Es entsprach bis auf einer leicht veränderten Bewaffnung vollkommen dem Vorserienmuster »He 177 A-0«.

Militärische Ausrüstung: Bewaffnung bestehend aus 1 x MG 81 im oberen Teil des Rumpfbugs. Im unteren Teil wurde alternativ 1 x  MG FF oder 1 x MK 101 eingebaut. 1 x MG 131 im fernbetätigten Drehturm des B-Standes auf der Rumpfoberseite, 1 x MG 131 im C-Stand und 1 x MG 131 im Heckstand.

He 177 A-3-Serie

Erste Ausführung, die in größerer Stückzahl an die Luftwaffe ausgeliefert wurde. Die ersten 15 Maschinen besaßen noch 2 x 2.700 PS DB 606 A/B-Triebwerke, alle weiteren Modelle stärkere DB 610 A/B mit je 2.950 PS Startleistung. Die Abwehrbewaffnung war um einen weiteren Drehturm auf der Rumpfoberseite verstärkt worden. Dadurch erhöhte sich die Anzahl der Besatzungsmitglieder auf sechs Mann. Sonstiger Aufbau wie A-1.

Militärische Ausrüstung: Bewaffnung bestehend aus 1 x MG 81 im oberen Teil und 1 x MG FF im unteren Teil des Rumpfbugs. 1 x MG 131 Z  im Drehturm des B 1-Standes, 1 x MG 131 im Drehturm des B 2-Standes, im C- und Heckstand je ein weiteres MG 131.

He 177 A-4-Serie

Projektierte Weiterentwicklung der He 177 A-3 mit vier Mann Besatzung in einer Druckkabine. Diese Version wurde Farman in Frankreich zur Ausarbeitung übergeben und dort zum Höhenbomber »He 274« weiterentwickelt.

He 177 A-5-Serie

Letzte Großreihen-Version. Sie unterschied sich von der »He 177 A-3« hauptsächlich durch die Verwendung normaler Querruder mit Fowler-Klappen nur zwischen Querruder und Rumpf und durch den Fortfall der Höhenflossen-Trimmung. Die Version »He 1 77A-5/U« war mit Aufhängevorrichtungen für Gleitbomben ausgerüstet.

Typ: Viermotoriger Kurz-, Mittel- oder Langstreckenbomber sowie See-Fernaufklärer.

Flügel: Freitragender Mitteldecker. Dreiteiliger einholmiger Ganzmetallflügel. Hydraulisch betätigte Fowler-Klappen zwischen Querruder und Rumpf. Zweiteilige Trimmkanten im Querruder, innen mit Federbetätigung, außen vom Führersitz aus verstellbar. Warmluft-Flügelnasen-Enteisung, Heißluft durch Ölbrenner erzeugt.

Rumpf: Ganzmetall-Schalenrumpf in vier Hauptteilen. Rumpfsitze komplett als Vollsichtkanzel ausgebildet. Verglastes Heck.

Leitwerk: Freitragendes Normalleitwerk in Ganzmetall, Aufbau der Flossen einholmig mit warmluftbebeizter Nase. Sämtliche Ruder mit zweiteiligen Trimmklappen, ein Teil federbetätigt, das andere vom Führersitz aus verstellbar.

Fahrwerk: Einziehbares Normalfahrgestell, hydraulisch betätigt. Jede Einheit des Hauptfahrgestelles aus zwei Rädern an je einem freitragenden Federbein bestehend, die zusammen unterhalb der Motorengondeln angelenkt sind und getrennt nach innen und nach außen in die Flügelvorderkanten geklappt werden. Abdeckhauben ebenfalls mit hydraulischer Betätigung. Hydraulisch in das Rumpfheck einziehbares Spornrad, welches im Notfall durch den Heckschützen mittels einer Winde ausgefahren werden kann.

Triebwerk: Zwei Daimler-Benz DB 610 A (Backbord) und B (Steuerbord) flüssigkeitsgekühlte Vierundzwanzig-Zylinder-Motoren mit 2 x 2950 PS Startleistung, jede Triebwerkseinheit aus zwei verbesserten, gekuppelten und auf eine Luftschraubenwelle arbeitende DB 605-Motoren bestehend. VDM-Vierblatt-Luftschrauben mit konstanter Drehzahl von 4,50 m Durchmesser. Kraftstoffkapazität maximal 12.500 Liter in Rumpf- und vier Flächentanks. Rumpf und innere Flächentanks aus Metall mit selbstschließendem Überzug, äußere Flügeltanks aus Gummi. Inhalt der Rumpfbehälter für Kurzstreckeneinsatz 5.610 Liter, für Mittelstrecken 7.610 und für Fernstrecken 9.610 Liter.

Besatzung: 6 Mann, davon 4 in der Kanzel im Rumpfbug, bestehend aus Pilot, zweiter Pilot/Bombenschütze/Bugschütze, Navigator/Funker/Bugschütze und Schütze für den ferngesteuerten B 1-Turm. Im hinteren Rumpf, getrennt von den anderen Besatzungsmitgliedern, noch der Schütze für den handbetätigten B 2-Turm und der Heckschütze.

Militärische Ausrüstung: Abwehrbewaffnung bestehend aus 1 x MG 81 im oberen, 1 x MG 151/20 im unteren Rumpfbug, je MG 131 Z im B 1- und B 2-Turm, 1 x MG 131 im C-Stand und 1 x MG 151/20 im Heckstand. Höchstmögliche Bombenzuladung 7.200 kg als Innenlast. Normalaufhängung 48 x 70 kg, 10 x 500 kg, 6 x 1.000 kg oder 2 x 2.500 kg. Außenaufhängung von drei Henschel Hs 293- oder Hs 294- oder PC 1400 FX-Gleitbomben, zwei unter dem Flügel, eine unter dem Rumpf, oder 2 x 1.500-kg-Torpedos. Einteilige Bombenklappe.

He 177 A-7-Serie

In einem Stück erstellte Abwandlung der A-5 mit auf 36,60 m vergrößerter Spannweite zur Aufnahme zusätzlicher Kraftstoffbehälter. Sie sollte im Non-Stop-Flug nach Japan überführt und dort unter Lizenz nachgebaut werden. Die Maschine wurde 1946 bei der großen Kriegsbeuteschau in Farnborough ausgestellt.

He 177 B-Reihe

Lange vor der Erstellung der ersten »He 177«-Mustermaschine mit Doppeltriebwerken hatte Heinkel, um jedes Risiko mit den neuartigen Triebwerken auszuschalten, dem Reichsluftfahrtministerium am 19. November 1938 vorgeschlagen, einige Mustermaschinen mit vier Einzeltriebwerken Jumo 211 zusätzlich zu bauen. Dieser Vorschlag wurde vom Generalstab entschieden mit der Bemerkung abgelehnt, eine normale viermotorige Maschine sei nicht zum Sturzflug zu bringen, und deshalb scheide eine solche Entwicklung grundsätzlich aus. Als später laufend Ausfälle durch die Betriebsunsicherheit der Doppeltriebwerke auftraten, entschloß sich Heinkel zu einer viermotorigen Ausführung mit Einzeltriebwerken als Privatentwicklung zu Vergleichszwecken. Dieses Muster erhielt die Bezeichnung »He 177 B-0«.

He 177 B-O

Mustermaschine mit vier Einzeltriebwerken BMW 810 E mit 4 x 1.200 PS Startleistung, Ringkühler und Dreiblatt-Luftschrauben. Der Umbau erfolgte aus einer serienmäßigen »He 177 A-3«, deren gesamter Aufbau zellenmäßig erhalten blieb. Bei der Flugerprobung zeigte die Maschine zwar etwas geringere Leistungen als das Ausgangsmuster, aber die Flugsicherheit erhöhte sich wesentlich. Da alle vier Triebwerke die gleiche Drehrichtung besaßen, erwies sich jedoch eine Vergrößerung der Seitenleitwerksflächen als unumgänglich. Mit den entsprechenden Verbesserungen unter Verwendung von leistungsstärkeren Daimler-Benz DB 603-Triebwerken wurden bereits entsprechende Serienmuster projektiert, von denen die

He 117 B-5

das mit Einzeltriebwerken ausgerüstete Gegenstück zur »He 177 A-5« werden, und die

He 177 B-7

als Langstreckenausführung den Flügel der »He 177 A-7« mit einer Spannweite von 36,60 m erhalten sollte. Weitere Projekte sahen die Verwendung von vier Jumo 222-Triebwerken vor.