Blohm und Voß BV 141

 

Im Jahr 1937 schrieb das RLM ein Anforderungsblatt für einen taktischen Nahaufklärer aus. Gefordert wurde eine einmotorige Maschine mit einem guten Blickfeld in alle Richtungen, drei Mann Besatzung und die Möglichkeit, das Flugzeug auch als leichtes Angriffsflugzeug, Hilfsbomber und als Nebelträger einzusetzen. Das Technische Amt und das RLM vergaben den Entwicklungsauftrag an die Arado-Werke. Deren Lösung, die Ar 198, erwies sich jedoch als Fehlschlag. Die Blohm & Voss Flugzeugwerke (damals noch Hamburger Flugzeugbau HFB) waren vom RLM nicht zur Abgabe eines Entwurfes aufgefordert worden. Dennoch schwebte dem Chefkonstrukteur und technischen Direktor von Blohm & Voss, Dr.-Ing. Richard Vogt, eine eigene Idee für dieses Projekt vor. Er überzeugte die Werksführung, seinen Entwurf auf eigene Rechnung zu planen und zu bauen. Bei dem Entwurf spielten vor allem aerodynamische Erkenntnisse eine Rolle. Bereits drei Monate nach Beginn des Projekts war im Juni 1937 die erste Attrappe fertig gestellt und am 25. Februar 1938 startete dann der Prototyp mit der Bezeichnung Ha 141-0. Als Triebwerk diente ein luftgekühlter BMW Bramo 323 9-Zylinder-Stern-Motor. Das Flugzeug zeigte gute Flugeigenschaften und erwies sich als gelungene Konstruktion. Es war aerodynamisch ausgewogen und hatte den Vorteil, dass es, anders als andere einmotorige Maschinen, beim Start nicht zum ausbrechen neigte. Der damalige Chef des Technischen Amtes, Ernst Udet, war schon während des Projektstadiums über dieses informiert und von dem Konzept fasziniert. Das RLM erteilte daraufhin Blohm & Voss über eine Erstserie von drei Maschinen einen Entwicklungsauftrag.

Um die Entwicklungskosten des Prototyps nicht alleine tragen zu müssen, wurde die Ha 141 zur BV 141 V2 umbenannt und so im V-Muster-Etat untergebracht. Der eigentliche zweite Prototyp erhielt dafür die Bezeichnung BV 141 V1. Diese Maschine trug die Kennung D-OTTO und startete am 11. Oktober 1938 zum Jungfernflug. Für die Maschine war eine Vollsichtkanzel mit schwenkbaren Waffenständen zur rückwärtigen Verteidigung und starren Angriffswaffen nach vorn vorgesehen. Als starre Schußwaffe verwendete man zwei 7,9-cm MG 17, der Heckstand wurde dagegen mir der bereits von Focke Wulf entwickelten Lafette mit spindelförmiger Verglasung für ein handbedientes MG 15 ausgerüstet. Das obere MG war unter einem Schiebedach in der Rumpfdecke montiert und konnte im Bedarfsfall ausgefahren werden.. Außerdem wurden an der Maschine vier Bombenschlösser vom Typ ETC 50 für 50-kg-Bomben angebracht.
Kurz nach dem Erstflug der BV 141 V1 zeigten sich bei einem Erprobungsflug Hydraulikprobleme am Fahrwerk, die den Piloten zu einer Notlandung zwangen. Dabei wurde das Fahrwerk und der rechte Flügel beschädigt. Auch weitere Maschinen der Vorserie zeigten diese Hydraulikprobleme.

Die BV 141 V3 war die erste Maschine mit eingebauter Bewaffnung. Sie war etwas größer dimensioniert als die V1: Der Rumpf wurde um 70 cm auf 12,15 m verlängert, die Spannweite auf 15,35 m erweitert. Angetrieben wurde die Maschine von einem 9-Zylinder BMW 132 N Triebwerk. Die Instrumente für das Triebwerk wurden dabei direkt an diesem angebracht und konnten von dem Piloten mit einem Blick nach links aus der Kanzel abgelesen werden. Die V3 wurde zum Ausgangsmuster der späteren Serienausführung. Die Besatzung war in der verglasten Kabine so angebracht, dass der Pilot vorne links die Maschine flog, rechts neben ihm saß der Beobachter auf einem Rollsitz, der in der vorderen Position die Bedienung des Bombenzielgeräts und, nach hinten gerollt, den Einsatz des oberen MGs, den Funkgeräten und den Reihenbildgeräten ermöglichte. Der Heckschütze saß im hinteren Raum der Kabine, wo auch er die Kameras bedienen konnte. Außerdem bediente er, auf einem Polster liegend, das hintere MG in der um 360° drehbaren Lafette. Das Fahrwerk und die Landeklappen wurden hydraulisch betätigt. Das Spornrad ragte im eingezogenen Zustand noch etwas unter dem Leitwerk hervor, so dass er auch bei einer Notlandung eine Beschädigung des Hecks verhinderte. Der Kraftstofftank befand sich hinter dem Brandschott des Motors. Der Schmierstoffbehälter war gut geschützt im Flügelstück zwischen Besatzungskabine und Hauptrumpf untergebracht.

Auf Grund der guten Flugeigenschaften erteilte das RLM den Auftrag zum Bau einer Null-Serie von fünf Maschinen. Diese Maschinen (BV 141 A-01 - A-05) hatten eine Spannweite von 15,45 m. Das offizielle Flugerprobungsprogramm wurde im Januar 1940 in Rechlin beendet. Neben der BV 141 A-01 wurde hier auch die BV 141 A-02 erprobt. Die Maschine wurde mit einer Zieleinrichtung für Bombenwürfe im Tiefflug ausgestattet und bewährte sich damit sehr gut. Die Schiebeluke des B-Standes wurde gegen eine Ikaria-Linsnelafette ausgetauscht und die ausziehbare Leiter im Hauptrumpf, die zum Einstieg in die Kabine diente, wurde durch Trittstufen am rechten Fahrwerksbein ersetzt. Obwohl die Beurteilung der Erprobungsstelle positiv war, wurde ein Auftrag von 500 Maschinen durch das RLM storniert. Man war der Ansicht, dass die BV 141 gegenüber der Fw 189 keinen wesentlichen Vorteil aufwies, obwohl sie ihr in Geschwindigkeit und Reichweite überlegen war. Mittlerweile waren die die Maschinen zur Truppenerprobung an die Luftwaffe übergeben worden und wurden wohl durch die Aufklärungsschule AS 1 in Großenhain benutzt. Über den Verbleib der fünf Maschinen der A-Serie ist nichts bekannt.

BV 141 A-Reihe

Serie von fünf Maschinen mit BMW-Bramo-323-Motor.

Typ: Einmotoriger Aufklärer

Flügel: Freitragender Ganzmetallflügel.

Rumpf: Runder Leitwerksträger mit Aufhängevorrichtung für den Motor. Die Besatzung saß rechts davon separat in einer panzerverglasten Vollsichtkanzel.

Leitwerk: freitragendes Normalleitwerk.

Fahrwerk: einziehbares Normalfahrwerk.

Triebwerk: BMW Bramo 323 luftgekühlter Neunzylinder-Sternmotor.

Besatzung: Drei Mann, bestehend aus Pilot, Beobachter und Schütze.

Militärische Ausrüstung: ein bewegliches MG 15 im Heck, ein MG 15 im hinteren Teil auf der Kanzeloberseite, zwei MG/FF starr vorne in der Kanzel. Aufhängung für vier SC-50-Bomben.

Um anfängliche Forderungen nach größerer Leistung zur Erweiterung der Einsatzmöglichkeiten, z.B. für Sondereinsätze, zu verwirklichen, begann Dr.-Ing. Vogt schon im Januar 1939 mit der Planung einer größeren und schnelleren Ausführung der BV 141. Als Triebwerk wurde der neue 1.560 PS starke 14-Zylinder Doppelsternmotor BMW 801 vorgesehen. Die Maschine erhielt die Bezeichnung BV 141 B und unterschied sich optisch nicht all zu sehr von der A-Reihe. Dabei mußte auf Grund des erhöhten Drehmoments des Motors die Zelle wesentlich verstärkt werden, die Tragfläche mußte in ihrer Form und in ihrem Flächeninhalt vollkommen überarbeitet werden. Das Leitwerk wurde ebenfalls neu konstruiert und erhielt eine asymetrische Form. Dadurch wurde das Schußfeld des Heckschützen wesentlich verbessert. Die erste Maschine dieser Reihe flog am 9. Januar 1941. Sie trug die Kennung NC+QZ.

BV 141 B-Reihe

Baureihe mit BMW 801-Motor, der die Kampfleistung wesentlich erhöhte. Das rechte Höhenleitwerk wurde weggelassen, da es in das Schußfeld des Heck-MG 15 hereinragte.

Die BV 141 B erreichte nicht die guten Flugeigenschaften der vorhergehenden A-Variante. Schwingungsversuche hatten bereits vor dem Erstflug gezeigt, dass Leitwerksträger, Zelle, Fahrwerk und Steuerung verstärkt werden mußten. Nach wie vor traten Hydraulikprobleme auf. Die Höchstgeschwindigkeit wurde aus Sicherheitsgründen auf 450 km/h herabgesetzt.

Insgesamt wurden 26 Maschinen gebaut, davon 18 Maschinen von der B-Reihe.