Fichtner, Sebastian

 

* 17. Juni 1894, Pflugdorf

+ 7. März 1950, München

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Im Jahre 1910 schloss er die Luitpold Oberrealschule in München mit dem Abitur ab. 1912 trat er als 18-jähriger dem Pionierkorps der königlich-bayerischen Armee. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde er an die Westfront versetzt. Im Jahre 1915 erhielt er das Eiserne Kreuz erster Klasse für die Erstürmung einer Höhe bei Bapaume (Frankreich). Ein Jahr später wurde ihm der bayerische Militär-Verdienst-Orden verliehen, für die Erstürmung einer Höhe bei Verdun, bei der der spätere General de Gaulle in Gefangenschaft geriet. Am 6. April 1918 wurde Fichtner noch zum Oberleutnant befördert. Nach dem Rückzug aus Frankreich ließ er sich in München nieder und begann neben seiner Tätigkeit als Oberleutnant und Hauptmann bei der Kraftfahrtruppe der Reichswehr sein Ingenieurstudium. Im Jahr 1919 war Fichtner ein aktives Mitglied des "Freikorps Landsberg". Dieses Freikorps ist aus dem 9.Feldartillerieregiment entstanden. Das aus mehreren Teilkorps bestehende Gesamtkorps hatte etwa eine Stärke von 700 Mann. Das Korps besetzte München von Westen her und verblieb dort bis zum 27 . Juni 1919. Oberleutnant Fichtner befehligte eine der beiden Kompanien, die andere wurde von Hauptmann Keller geführt. Ab dem 14. Juli 1919 wurde das Freikorps aufgelöst. Im Jahre des Hitlerputsches 1923 war Fichtner mit der Reichswehr an der Feldherrnhalle, als die bayerische Polizei den Marsch der Nationalsozialisten dort stoppte. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde Fichtner als Referent für Panzerfahrzeuge nach Berlin versetzt. Sein dortiger Vorgesetzter war General Guderian. Bis 1937 hatte er dieses Amt inne. 1934 wurde er zum Major, 1937 zum Oberstleutnant ernannt. Von 1937-1942 war Fichtner als Nachfolger von Oberstleutnant Wilhelm Philipps zum Abteilungschef der Panzer -und Material-Abteilung beim Heereswaffenamt. In dieser Stellung war er als Ingenieur maßgeblich an der Entwicklung des Panzers Tiger beteiligt. Auf einer der häufig stattfindenden Besprechungen widersprach er Hitler in einer technischen Frage bezüglich eines Panzers, worauf Hitler sich wütend mit seiner Meinung durchsetzte. Vom 16. September 1942 bis zum  27. November 1942 wurde er zur Führer-Reserve des OKH versetzt und auf die Panzertruppenschule kommandiert. Vom 28. November 1942  bis zum 5. November 1943 war Fichtner zur 8. Panzer-Division kommandiert, deren Kommandeur er vom 17. Januar 1943 bis 5. November 1943 war. Er führte die Division in den Kämpfen um Smolensk, Orel, Kursk und Kiew eingesetzt. Als Generalleutnant mußte er das Kommando abgeben, da er sich in Folge einer Verwundung seit September 1943 im Lazarett in Behandlung befand.  In den Jahren 1942 und 1943 ermittelte die die Gestapo gegen ihn, da er laut Reichsminister Speer eine "gewisse Sowjetfreundlichkeit" an den Tag lege. Es wurde gegen ihn wegen eines angeblichen Aufenthalts in der Sowjetunion im Jahre 1932 ermittelt, wo er aber nie gewesen ist. Diese Ermittlungen wurden jedoch nicht weiter geführt, da in" strafrechtlicher, politischer und abwehrpolizeilicher" Hinsicht nichts Nachteiliges über ihn bekannt ist." Vermutlich aufgrund seiner Ausbildung zum Ingenieur  war er vom 1. April 1944 bis 25. Juli 1944 Rüstungsinspekteur Nummer 14 in Nürnberg. In dieser Funktion war er verantwortlich für die Materialbeschaffung beim Heer. Im Zusammenhang mit den Ereignissen des 20. Juli wurde General Fichtner am 25. Juli 1944 in Nürnberg verhaftet und bis September 1944 in der Prinz-Albrecht Straße in Berlin gefangen gehalten. Man konnte ihm aber keine Verbindung zu den Verschwörern nachweisen. Er durfte sich nach der Haftentlassung nach Hofstetten zurückziehen, vermutlich wegen seines angeschlagenen Gesundheitszustandes. Am 10. Februar 1945 wurde Fichtner noch einmal aktiviert und zur Wehrkreis-Inspektion Hamburg kommandiert.

Fichtner zog sich nach dem Krieg ins Private zurück und arbeitete auf seinem landwirtschaftlichen Hof, den er zusammen mit seiner Ehefrau gekauft hatte. Schon 1949 lehnte er eine Anfrage ab, ob er eventuell bei der geplanten westdeutschen Armee zur Verfügung stehe. Am 7. März 1950 verstarb Sebastian Fichtner nach einer Rede vor dem bayerischen Landtag über das neue Jagdgesetz.