Schlageter-Kaserne Freiburg

 

In St. Georgen wurde 1937 mit dem Bau der nach Leo Schlageter benannten Kaserne begonnen. 

Die Eingemeindung von St. Georgen

Schon 1936 wurden Probelöcher gegraben, um den Untergrund zu testen, das Gelände wurde zu einem Preis von 600.000 Reichsmark erschlossen und 1937 mit dem Kasernenbau begonnen. Die St. Georgener hatten die Wahl, diesen Preis zu bezahlen oder sich von Freiburg eingemeinden zu lassen, und während drei St. Georgener Bürger in Berlin vorstellig wurden, war die Eingemeindungsurkunde am 2. März 1938 bereits unterzeichnet. Die St. Georgener erfuhren dies aus der Zeitung und erlebten danach, dass sie ihre Häuser nicht an die Kanalisation für die Kaserne, die durch ihren Ort führte, anschließen durften und sie für ihre Wiesen nur Pfennigbeträge bekamen. Da wird manchem beim Festmahl am 23. April 1938, das die Stadt Freiburg großzügig bezahlte, der Bissen im Hals stecken geblieben sein. Für die Stadt Freiburg war, so ist es im Jahresbericht der Stadtverwaltung von 1938 zu lesen, "die eingeschnürte Gemarkungsfläche abgerundet und das äußere Stadtbild durch die klar angeordneten gut in die Landschaft eingebauten Kasernenbauten am Fuße des Schönbergs in erfreulichem Sinne bereichert worden".


Freiburg nannte sich nun "Friedensgarnison" und fühlte sich "sicher im Schutze der deutschen Wehrmacht" (aus einem Brief des Oberbürgermeisters). Die neue Kaserne wurde nach Albert Leo Schlageter Schlageterkaserne genannt und bestand aus den heutigen vier SUSI-Häusern, den parallel dazu liegenden Studentenwohnheimen, dem Haus 37 und den (abgerissenen) Häusern 36 und 11, letztere drei Wirtschaftsgebäude. Dazu kamen Stallungen und sogar ein Pferdelazarett. Um das ganze Gelände war eine Mauer, an manchen Stellen ein Zaun gezogen, der in Teilen noch an der Merzhauser Straße steht.

Schlageter - Jahrgang 1894 - stammte aus Schönau im Wiesental und ist politisch nicht eindeutig festzulegen. Von seinen Eltern ursprünglich zum Priester vorgesehen, wurde er hochdekorierter Kämpfer im Ersten Weltkrieg, Freikorpskämpfer im Baltikum, gehörte zwischendurch einer kommunistischen Gruppe an und kämpfte schließlich im Ruhrgebiet gegen die Franzosen, die laut Versailler Vertrag Kohle von dort nach Frankreich transportierten. Nach dem Versuch, eine wichtige Eisenbahnbrücke zwischen Duisburg und Düsseldorf zu sprengen (es wurden nur ein paar Schienen verbogen), wurde er denunziert, von den Franzosen verhaftet und 1923 hingerichtet. Die Nazis stilisierten ihn zum Freiheitskämpfer hoch und noch heute muß sich seine Heimatgemeinde Schönau gegen Feiern rechtsgerichteter Gruppen an seinem Grab wehren.

In die Kaserne zog das 75. Infanterieregiment unter Generalmajor Ernst Richter ein, der am 21.12.1938 in einem Schreiben an die Stadt lobt, dass "die bescheidenen Offiziersräume in der Schlageterkaserne durch liebenswürdiges Entgegenkommen seitens der Stadt" gehaltvoll und schön ausgeschmückt" seien, was immer das heißen mochte. Ein Bild vom Leben der Soldaten verdanken wir einem Bericht im "Residenzanzeiger" vom 18.1.1939, der nach einem Tag der offenen Tür für Journalisten entstand und in dem das Leben der Soldaten wie ein Schullandheimaufenthalt geschildert wird: Da waren "hübsche wohnliche Stuben für sechs Mann", ein "geräumiger Waschraum mit fließendem Wasser, der ebenso wie die ganze Kaserne durch die Zentralheizung angenehm erwärmt" war. Die Küche war "ganz modern mit elektrischen Kesseln und Bratöfen" ausgestattet und selbstverständlich bekamen die Soldaten, die offenbar freudig auf dem Kasernenhof exerzierten und Geländeübungen "am nahen Berghang" machten, ein ausgezeichnetes Essen, an dem Besuchstag Schweinebraten mit Rotkraut, Kartoffelbrei und Zwiebeltunke! Sie müssen so glücklich in der Kaserne gewesen sein, daß sie ihre Fenster mit Blumen schmückten, die Gartenanlagen mit "Liebe und Kunstsinn" pflegten und abends im "behaglichen Aufenthaltsraum" dem Rundfunkgerät lauschten. Sie kamen zum großen Teil aus dem Schwarzwald und aus Mittelbaden und wie sie sich fühlten in dieser tollen Kaserne und wie viele in den "Bunker" kamen (heute im SUSI Café), weil sie vielleicht doch nicht so freudig exerzierten, erfahren wir nicht.

1944 in den Tod geschickt: Was aus diesen "Schwarzwaldbuben, die zum ersten Mal in ihrem Leben ein Nachthemd kennengelernt haben", geworden ist, erfahren wir aus einem Gefechtsbericht des 75. Infanterieregiments vom 7.2. bis 15.5.1944. Sie kamen in die Gegend von Witebsk und Brest-Litowsk als Armeereserve und mußten ab 28.2.1944 "Sonderaufgaben" übernehmen, zum Beispiel "Panzernahbekämpfung" und "Halten des Brückenkopfes bis zum letzten Mann", dabei "bis zum Bauch im Sumpf watend", und das Sterben verbirgt sich hinter Sätzen wie "Mehrere Männer fallen aus" oder "Verluste sind eingetreten". Da half es dem gefallenen Feldwebel Fuchs nichts mehr, dass er posthum noch das "Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes" bekommen hat, und in dem russischen Sumpf ist den Soldaten wohl klar geworden, worauf sie das "gute Leben in der Schlageterkaserne" vorbereitet hat.

Die Schlageterkaserne wird Vaubankaserne
Impressionen aus der Vauban-Kaserne Anfang der 50er Jahre. Die Fotos stellte Robert Loret zur Verfügung, der Vauban im Sommer 1999 besuchte (siehe Text und Bild rechts).

Im zweiten Teil des Rückblicks in die Geschichte von Vauban beschäftigen wir uns mit der Zeit kurz nach 1945.

Der Text bis zum Jahr 2000 stammt aus einer Folge von Artikeln von Christa Becker, die im Laufe der Zeit in der Stadtteilzeitung vauban actuel gedruckt wurden.

Mit der Schlageterkaserne hatte es bereits nach sieben Jahren ein Ende, am 21. April 1945 marschierten die Franzosen in Freiburg ein. Aber bereits nach dem Angriff auf Freiburg am 27.11.1944 war das Wehrbezirkskommando nach Lenzkirch im Schwarzwald verlegt worden. Damit einher ging - nach einem Bericht des letzten Kommandeurs - die Verbrennung von allem entbehrlichen Aktenmaterial, das im April 1945 dann ganz vernichtet wurde. Auch das Wehrbezirkskommando musste sich ins Allgäu begeben, wo es aufgelöst wurde. Vermutlich konnten die Franzosen leerstehende, gut erhaltene Gebäude übernehmen.

Es war - aus französischer Sicht - naheliegend, die Kaserne nach dem Festungsbaumeister Sebastian la Prestre, Marquis de Vauban, zu benennen. Hatte der doch Ende des 17. Jahrhunderts, als die Franzosen unter Ludwig XIV. Freiburg schon einmal eingenommen hatten, aus der Stadt eine Festung gemacht, die das Stadtbild grundlegend veränderte und bei deren Bau auf die Bevölkerung keine Rücksicht genommen wurde. Da wurden Gewerbetreibende aus der Vorstadt vertrieben für das Glacis, das planierte Vorfeld vor den Festungsmauern, die Bürger wurden beim Bau eingespannt, Wasserläufe wurden verlegt, wodurch viele vom Wasser abhängige Betriebe bankrott gingen - der anscheinend so geniale Ingenieur Vauban war kein Segen für die Stadt Freiburg. Aber bei der hasserfüllten Beziehung, die zwischen Deutschen und Franzosen 1945 bestand, war die Namensgebung Vauban für die ehemalige Nazikaserne nur logisch. Dass der Name für den neuen Stadtteil beibehalten wurde, zeigt, dass die Zeit und das veränderte Verhältnis zwischen den beiden Staaten die alten Ressentiments hat verschwinden lassen, und der Name Quartier Vauban, den man deutsch oder französisch aussprechen kann, dokumentiert eine enge Beziehung zur Freiburger Geschichte. Nach Kriegsende wurde das Kasernenareal zunächst Sammelstelle für polnische und russische Zwangsarbeiter, die sich auf den Feldern von St. Georgen und Haslach das holten, was ihnen lange vorenthalten worden war, und die vor den Kasernenmauern an der Wiesentalstraße einen blühenden Schwarzmarkt unterhielten. Es ist zu vermuten, dass dieser erste Vaubanmarkt mehr Zulauf hatte als der heutige.

Im Herbst 1945 wurden die ehemals Deportierten in ihre Heimatländer zurückgeschickt, und es zogen französische Truppen in die Kasernen ein, für die die Anlage erweitert wurde. Am Ortsrand von Merzhausen wurde ein flaches, weißes Casino für Offiziere gebaut, das heute Asylunterkunft ist, und auf dem Gelände jenseits der Heinrich-Mann-Straße entstanden weitere Mannschaftsgebäude, die sich im Baustil eng an die ursprünglichen Gebäude hielten, wie es an den Häusern für die Asylbewerber noch zu sehen ist. Ein gefürchteter Ort war damals das heute so adrett aussehende Haus der International Solar Energy Society (ISES). Dort befand sich jahrelang die Meldestelle für die Fremdenlegion.