Truppenübungsplatz Lamsdorf

 

Der Truppenübungsplatz Lamsdorf existierte bereits im 19. Jahrhundert. Etwa 1860 brauchte das preußische Militärministerium ein neues Übungsgelände für die Artillerie der 6. schlesische Brigade aus Breslau. Das Ministerium kaufte dazu über 330 Hektar Land, welches in der Nähe von Lamsdorf lag. Das Gelände lag zwischen den Ortschaften Schaderwitz - Kleuschnitz - Jacobsdorf - Guschwitz - Sabine -Wiershel, die sich in den Verwaltungsgrenzen des Kreises Falkenberg befanden. Der Ankauf wurde endgültig im Frühjahr 1962 durchgeführt. Für die Bewirtschaftung des Truppenübungsplatzes war zuerst die Garnison Neiße zuständig. Die Garnison begann auch mit der Rodung der Waldgebiete und Unländer, deren Nivellierung sowie dem Bau von Strassen und provisorischen Holzbaracken. In den Baracken wurde vorerst die Armeeausstattung aufbewahrt. Die ersten Manöver auf dem Übungsplatz fanden im Sommer 1864 statt. Dabei nahmen Truppen des gesamten Breslauer Korps teil. Die Unterbringung und Verpflegungspflicht für die Soldaten führte immer wieder zu Konflikten mit der Bevölkerung vor Ort. Die Felder, Wiesen und Zugangswege in der Nachbarschaft des Übungsplatzes durften während der Schießübungen nicht benutzt werden. Die Konflikte gipfelten 1870 in einer Petition an das Parlament in Berlin. Ab September 1870 wurden französische Kriegsgefangene auf dem Truppenübungsplatz untergebracht. Dazu wurden Baracken auf dem Gelände errichtet. Diese sollten nach dem Krieg den Soldaten auf dem Platz als Unterkunft dienen, um die Bevölkerung zu entlasten. Auf dem Gelände wurde auch ein Lazarett erbaut. Am Rande des Lagers (später Lager II) entstand im Winter 1870/71 der erste Friedhof für gestorbene Gefangene. Im Jahr 1871 stifteten französische Soldaten ein Kriegerdenkmal aus Marmor, welches in der Mitte des Friedhofes aufgestellt wurde. Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Übungsplatz immer weiter vergrößert, und die Infrastruktur wurde auch weiter ausgebaut. Man baute je ein Wirtshaus, Offiziers- und Unteroffizierskasino als auch eine Kantine. Man eröffnete auch eine Filiale der Post, in der ein Telegraph vorhanden war. Es entstand auch ein Hotel und eine Siedlung für die feste Belegschaft des Truppenübungsplatzes. Das eigentliche Lager bestand aus zwei Teilen: dem Lager der Fußartillerie Fußlager, später Lager I genannt, und dem Lager der Feldartillerie Feldlager, später Lager II genannt. Im Jahr 1887 wurde die Bahnlinie eröffnet, welche Lamsdorf mit Oppeln und Neiße verband. Ebenso wurde mit dem Bau einer Kleinbahn vom Bahnhof Lamsdorf zum Truppenübungsplatz begonnen. 1900 gab es auf dem Truppenübungsplatz bereits 2 Postämter und der Platz wurde ein selbständiger gemeindefreier Verwaltungskreis. Der frühere Name „Gutsbezirk Artillerie-Schießplatz Falkenberg O.S." wurde endgültig in „Amtsbezirk Truppenübungsplatz Lamsdorf“ geändert. Die Militärlager auf seinem Gebiet wurden Barackenlager bei Falkenberg genannt. Eine bedeutende Veränderung in der Funktion des Truppenübungsplatzes brachte der 1. Weltkrieg. Man entschied, erneut ein Kriegsgefangenenlager auf seinem Gebiet zu bilden. Ende August 1914 kam in Lamsdorf der erste Transport mit Kriegsgefangenen an. Es waren russische Gefangene, die während der Kämpfe auf dem Gebiet Ostpreußens gefangen genommen wurden. In den nächsten Transporten kamen nicht nur Russen, sondern auch Rumänen, Italiener, Serben, Engländer, Franzosen, Belgier und Griechen, hauptsächlich Mannschaften. Unter den Gefangenen war zivile Bevölkerung, darunter auch Frauen. Die Gefangenen wurden in den schon existierenden Objekten als auch in den speziell für dieses Ziel gebauten Baracken untergebracht. Die Baracken bildeten sechs Teile, die mit Ziffern und Buchstaben gekennzeichnet wurden. Um die Organisation des Lagers zu verbessern, baute man die Linie der Kleinbahn aus. Bei den Arbeiten wurden hauptsächlich Kriegsgefangene beschäftigt. Nach dem Ende des 1. Weltkrieges wurde das Lager, wo insgesamt etwa 90.000 Kriegsgefangene gefangen waren, formal liquidiert, aber die Ausfahrten der hier während des Krieges Internierten dauerten noch zwei Jahre. Die letzten russischen Gefangenen verließen Lamsdorf erst im Oktober 1920. Viele Gefangene haben die Gefangenschaft nicht überlebt. Sie sind in den fast 7.000 Gräbern auf dem großen Friedhof neben dem früher existierenden so genannten französischen Friedhof begraben. Mit der Zeit wurden beide Friedhöfe zu einem einzigen vereinigt. Nachdem die Kriegsgefangenen das Lager verlassen hatten, organisierte man auf dem Truppenübungsplatz wieder Übungen für die Artillerie. 1921 eröffnete man ein Flüchtlingslager für die Deutschen, die aus den Gebieten, die an Polen angeschlossen wurden, in das Reich kamen (Pommern, Posen und Oberschlesien). Sie wurden in die drei Teilen des ehemaligen Gefangenenlagers (Lager V als auch Lager I und Lager II) untergebracht. Die Baracken der restlichen Lager wurden abgerissen. Die verstorbenen Umsiedler wurden auf dem Kriegsgefangenenfriedhof in der Nähe der Gräber der italienischen Soldaten beerdigt. Trotz der Liquidation des Lagers im Jahr 1924, wurde ein Teil der Gebäuden des Lagers I und Lagers II von den Umsiedlern noch im Jahr 1934 bewohnt. Zum 30. September 1929 fand im Kreis Falkenberg O.S. entsprechend der Entwicklung im übrigen Preußen eine Gebietsreform statt, bei der alle bisher selbstständigen Gutsbezirke aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden. Einzig der Truppenübungsplatz Lamsdorf behielt kommunalrechtlich als Gutsbezirk seine Selbstständigkeit, da sich in ihm ein Gemeindeleben nicht entfalten konnte. In den Dreißiger Jahren wurden Lager II und später Lager I in Zentren für Sportschulung mit einem paramilitärischen Charakter umgestaltet. 1933 gründete man auf dem Gebiet des Lagers II eine Sportschule für die Sturmabteilung (SA). Auf dem Truppenübungsplatz führte man in dieser Zeit intensive Schießübungen durch. Hier übte die Bahnwache, der Reichsarbeitsdienst (RAD) oder die Reichshände der Deutschen Jugendherbergen. Zum Unterricht kam auch die Jugend aus dem Staatlichen Katholischen Gymnasium Carolinum in Neiße auf den Übungsplatz. Ein Teil des Übungsplatzes wurde für Weiden und Acker verpachtet. In der 2. Hälfte der Dreißiger Jahre interessierte sich die Wehrmacht wieder für den Übungsplatz. Mit der Mobilmachung wurde auf dem Truppenübungsplatz das Dulag VIII B auf dem Gebiet des Lagers II gebildet. Der erste Transport mit den Kriegsgefangenen am 5. Oktober 1939 aus Polen kam nach Lamsdorf. Er bestand aus 18 Offizieren, 940 Soldaten und 7 Zivilpersonen. Im Juni 1940 wurde zum Lager eine Gruppe von alliierten Kriegsgefangenen gebracht, die sich aus fast 3.000 Briten zusammensetzte. Dadurch wurde das Dulag VIII B nach 1940 von den Einheimischen auch Britenlager genannt. Seit diesem Zeitpunkt, durch alle Kriegsjahre, kamen nach Lamsdorf weitere Transporte mit Gefangenen aus allen Ländern in Europa. Unter ihnen waren Amerikaner, Belgier, Franzosen, Griechen, Holländer, Jugoslawen, Kanadier, Russen. Insgesamt kamen in die Lager auf dem Truppenübungsplatz etwa 300.000 Personen. Die zahlreichste und die am schlimmsten behandelte Gefangenengruppe, waren die schätzungsweise 200.000 sowjetische Soldaten. Für sie bildete man am 14. August 1941 ein gesondertes Lager mit dem Namen Stalag 318, später Stalag VIII F Lamsdorf, welches von der Bevölkerung auch Russenlager genannt wurde. Am 14. September 1941 wurde das vorherige Dulag VIII B zum Stammlager Stalag VIII B Lamsdorf umbenannt. Nach 1943 internierte man in den Lagern Italiener und 1944 die Teilnehmer der Aufstände in Warschau und der Slowakei. Eine bedeutend lange Zeit waren, nach ein paar Organisationsänderungen, die beiden Lager als eines betrachtet worden. 1943 bekamen sie erstmals einen gemeinsamen Namen: Stalag VIII B und dann 344 Lamsdorf. Dieser Lagerkomplex gehörte in den Jahren des 2. Weltkriegs zu den größten in Europa. Die ganze Zeit war das Lager eine Quelle der Arbeitskraft für die schlesische Industrie und Landwirtschaft. Ungefähr 40.000 dort gefangene Soldaten (hauptsächlich russische) hatten das Kriegsende nicht erlebt. Die verstorbenen Soldaten der Roten Armee wurden in Massengräbern ohne Namensschilder begraben, erst in der Nähe des schon existierenden Kriegsgefangenenfriedhof und seit 1942 auf dem neuen Friedhof in der Nähe des Russenlagers. Die Gestorbenen der restlichen Armeen der Alliierten begrub man in einzelnen Gräbern auf dem alten Kriegsgefangenenfriedhof. Das Kriegsende brachte weitere Veränderungen für Lamsdorf, das sich dann in den Grenzen des polnischen Staates befand. Es war jedoch kein Ende der tragischen Geschichte. Mitte 1945 organisierte man auf dem Gebiet des ehemaligen Lagers I, in der Nähe der ehemaligen Gefangenenlager, ein Arbeitslager in dem man die Infrastruktur des Truppenübungsplatzes ausnutzte. Das Arbeitslager wurde auch das Umsiedlerlager für vertriebene Deutsche genannt. Unter den dort gefangen gehaltenen Menschen bildeten die Einwohner der umliegenden Ortschaften die Mehrheit. Gemäß der Entscheidung der Siegermächte warteten sie auf die Aussiedlung nach Deutschland. Man schätzt, dass durch das Lager um die 9.000 Personen gingen, von denen zwischen 1.000 und 5.500 starben. Die Körper der Gestorbenen vergrub man ohne Namen nicht weit vom Lagerzaun. Das Lager wurde im Herbst 1946 liquidiert. Und die Gebiete des ehemaligen Truppenübungsplatzes wurden danach vom polnischen Militär übernommen. Der Übungsplatz wurde dann im Jahr 2000 als Übungsplatz stillgelegt. 1968 ernannte man die Kriegsfriedhöfe und Gebiete der ehemaligen Kriegsgefangenenlager als Denkmal des Nationalen Gedächtnisses. 2002 wurden Änderungen in der Namenkunde und dem Gebiet dieses Platzes durchgeführt. In seine Grenzen wurde das Gebiet des Arbeitslagers in Lamsdorf (1945-1946) mit eingeschlossen. Das ganze Gebiet wurde zum Platz des Nationalen Gedächtnisses in Lamsdorf.

 

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