Sturmgeschütz-Batterie 741
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Ende 1942 äußerte der Oberbefehlshaber der in Nordfinnland stehenden
20.Gebirgsarmee, Generaloberst Dietl, beim OKH den Wunsch nach
Sturmgeschütz-Einheiten zur Verstärkung der Truppen in seinem Armee-Bereich. Man
respektierte dort den Wunsch unter der Bedingung, dass die neu aufgestellten
Batterien ausschließlich von der Lappland-Armee versorgt werden.
Ab Januar gingen Schreiben des AOK an die Truppenteile zur Werbung von
Freiwilligen, daher auch der Große Anteil aus den süddeutschen und
österreichischen Raum bei den Batterien 741 und 742.
Am 31.Januar 1943 Aufstellungsbeginn und im Verlauf des Frühjahres Verlegung der
Geworbenen nach Jüterbog zu gemeinsamen Lehrgängen. Lehrgangsleiter war
Hauptmann Peter Nebel, ein erfahrener Batterie-Chef einer Stu.Gesch.Abt. im
Winter 1941 vor Moskau.
Im Sommer 1943 Aufstellung der beiden selbständigen Batterie 741 und 742 – Chefs
Hauptmann Hans Bauer und Oberleutnant Kleybold, anschließend Verlegung beider
Batterien über Gotenhafen (Danziger Bucht) auf dem Seewege nach Nordfinnland.
Ausladung in Oulu, einer Hafenstadt am nördlichen Bottnischen Meerbusen.
Dann Landmarsch (ca. 500 km) in Etappen über Kuusamo in Waldlager (Baracken) am
km 92 (Kokossalmi) an der Straße nach Kienstinki. Bereitschaft im rückwärtigen
Korps-Bereich des XVIII.Gebirgs-AK (Louhi-Abschnitt an der Bahnlinie Murmansk –
Leningrad)
Einsatz bei der 7.Gebirgs-Division und der SS-Division „Nord“, wegen mit
riesigen Granitblöcken durchsetzten Urwald-, Wasser- und Sumpfgebieten, war
nicht möglich.
Am 17.Juli 1943 Besichtigung der Batterien durch Gen-Ob. Dietl, der sich sehr
freute und in den Geschützen herumturnte.
Außer Abwehr vereinzelter Kommando-Unternehmen und Fliegerangriffen der Russen
keine Einsätze der Geschütze. Auf Betreiben Hauptmann Bauers, nach persönlicher
Rücksprache mit der Sturmgeschütz-Schule Burg bei Magdeburg, Herausziehung
beider Batterien aus Nordfinnland und Landmarsch vom Waldlager Kokossalmi über
Kuusamo nach Oulu und Verladung zum Bahntransport nach Turku in Südfinnland.
Am 3.Oktober 1943 Verladung in Turku auf Truppen-Transporter (Frachter) und
Seetransport nach Danzig mit Entladung im Hafen Neufahrwasser am 7.Oktober. Kurz
darauf schwerer Großangriff englischer Bomberverbände auf Danzig und Gotenhafen
von See her. Jedoch keine Ausfälle an Personal und Gerät. Aufenthalt in Danzig.
Am 11.Oktober 1943 Verladung der Stu.Gesch.Battr. 741 im Bahntransport über
Dirschau, Königsberg, Deutsch-Eylau, Wirballen nach Wilna in Litauen und
Unterstellung der Batterie bei der neuaufgestellten ersten deutschen
Artillerie-Division, General Toholte, zu Spezial-Ausgaben. Man wollte damit dem
Russen etwas nachmachen, was dieser schon lange erfolgreich an seinen Fronten
einsetzte.
Eine ganze Division Artillerie verschiedener Kaliber sollte auf ein Kommando
Feuerwalzen bei Angriffen bzw. massiertes Sperrfeuer bei Gegenangriffen
schießen. Der Feuerleit-Offizier als Vorgeschobener Beobachter VB saß in einem
mit Funk- und Leit-Gerät vollgestopften Panzer mit einer Kanonen-Attrappe und
was somit im Gelände sehr gefährdet. Daher sollte er als Begleitschutz einen Zug
Sturmgeschütze mitbekommen, von denen das Zugführer-Geschütz mit einem 30
Watt-Mittelwellen-Funkgerät ausgerüstet wurde, um bei eventuellem Ausfall des
Feuerleit-Panzers einen Notbehelf für den VB zu haben. Dies war eine völlig neue
Variante eines Einsatzes von Sturmgeschützen und entsprechend wurden einige
(Ende S. 2434) Übungen um Wilna gefahren, wobei sich schon etliche
Schwierigkeiten bei der Koordination herausstellten. Doch es sollte sich erst
gar nicht die Gelegenheit, in so einem Verband zu operieren, ergeben.
Am 3.Dezember 1943 Alarm und Einsatzbefehl für die 18.Art.Div.
Am 4.Dezember Bahnverladung der Stu.Gesch.Battr. 741 in Wilna und Transport über
Grodno, Bialystock, Brest-Litowsk, Kowel, Rowno, Berditschew und Kasatin in der
Ukraine und in den russischen Winter. Am 7.Dezember Entladung und Landmarsch auf
vereister Rollbahn nach Biala-Zerkow, südlich Kiew.
Bis 23.Dezember Ruhe, hier konnte endlich das vom Funker im Chef-Kübel
entworfenen Batterie-Zeichen „Eisbär vor Mitternachtssonne“ auf die Geschütze
und Fahrzeuge gepinselt werden.
Am 24.Dezember 1943 Alarm! Der Russe war auf breiter Front mit einem Panzer-Keil
bei der 25.Pz.Div. durchgebrochen. Unbeschreibliches Durcheinander im
rückwärtigen Frontgebiet, große Verluste bei der 18.Art.Div. mit ihren im
Infanterie- und Panzerkampf ungeübten hochtechnisierten Spezialeinheiten, eine
erschütternde Tragödie!
Am 25.Dezember 1943 ist die Batterie abgeschnitten und bekommt Einsatzbefehl zur
Panzer-Bekämpfung. Mit einem Panzergenradier-Bataillon und einer
Heeres-Flak-Abt. sind sie die einzigen, die sich im Raum Kasatin den russischen
Pantern mit aufgesessener Infanterie im Gelände stellen.
Schwere Duelle mit T 34, einige Abschüsse – ein Geschütz geht verloren, die
Besatzung kann aussteigen. Am 30.Dezember fällt Hauptmann Bauer, Leutnant
Weckerlein übernimmt die Führung der Batterie, sein Geschütz wird auch schwer
getroffen, er verwundet, sein Richt-Unteroffizier tot.
Leutnant Dörfeldt führt vorübergehend die Batterie., Rückzug nach Pikowez,
Sicherung am nördlichen Ortsrand im Kampfverband mit Pz.Gren.Btl. und einigen
„Wespen“ (10,5 cm Haubitzen auf Selbstfahrlafetten) und „Hummeln“ (15 cm
Haubitze auf Sfl.)
31.Dezember ruhiger Tag mit strahlender Sonne über frostglitzernder
Schnee-Landschaft. Angriff russischer Infanterie mit Säbel schwingenden
berittenen Offizieren über völlig deckungsloser weißer Schneefläche ohne
Ari-Vorbereitung! Die Abschüsse der „Wespen“ und „Hummeln“, auch wohl von
einigen unserer Geschütze fallen in diesen kribbelnden Ameisenhaufen.
Fluchtartig wälzt sich dieses Menschengewirr wieder rückwärts, der Angriff ist
abgeschlagen, ohne einen Schuss aus unseren Handfeuerwaffen.
Abends dann aber in den Quartieren bei der Vorbereitung für eine zünftige
Silvesterfeier, starkes Panzermotoren-Geräusch im Ort. Alles stürzt aus den
Katen. Alarm… Alarm… denn T 34 kurven durch den Ort. In dunkler Nacht mit
sternklarem Himmel beginnt ein Hexentanz mit durcheinanderkurvenden T 34,
Stu.Gesch., „Wespen“ und „Hummeln“ auf kürzester Distanz. Ein T 34 steht vor
einem Geschütz. Schuss und glatter Durchschuss durch seinen Turm. Der
Btl.Gef.Stand steht in Flammen, dann zurück aus dem Inferno in Richtung
Weliki-Step.
11.1.1944 Kämpfe um Tutscha.
19.1. – 22.1. Ruhestellung Kalinowka bei Winnizia.
23.1. Alarm! Bereitstellung größerer Panzer- und Sturmgeschütz-Verbände bei
Priluka/Staraya
24.1. Nach Artillerieschlag Panzerangriff aller Verbände auf breiter Front mit
Stuka- und Jagdflieger-Unterstützung. (keine Angaben für den Februar 1944 in
diesem Artikel)
1.2. – 12.3. in Morosowka. Ruhestellung, Abwehrkämpfe
13.3. Rückzugskämpfe im Raum Pogrebischtsche.
15.3. Bei Petschara über den Hochwasser führenden Bug. Eine 12
to-Pionier-Holzbrücke trägt krachend die 24 to-Geschütze!
18.3. Marsch durch Bessarabien, bei Mohilew – Podolsk über den Dnjester. Rückzug
durch Nord-Rumänien bis Czernowitz (Ende S. 2435)
29.3. Befehl, zur 1.Panzer-Armee in Kamenez-Podolsk zu stoßen. Bei Hotin über
den Dnjester in den Kessel. Ein schmaler Streifen von ca. 200 m an Nordufer bis
zur Steilküste, kilometerlange von russischen durchgebrochenen Panzern
zusammengeschossenen Nachschubeinheiten. Mit dem Kessel und Kämpfe unter harten
Wetterbedingungen. Versorgung aus der Luft mit JU 52, später nur noch durch
Versorgungsbomben mit Fallschirmen. Die Batterie ist im ständigen Einsatz,
bevorzugte Versorgung mit Benzin und Munition. Lebensmittel sind sehr knapp.
2. – 4.4. Drei Tage und zwei Nächte ununterbrochen anhaltender Schneesturm. Tag
und Nacht nicht mehr zu unterscheiden. An Raststellen die bretthart gefrorenen
Körper der Umgekommenen und Gefallenen zu riesigen Bergen gestapelt, da die
steinharte Erde und der zügige Weitermarsch ein Begräbnis nicht zulassen.
Der Kampf und Marsch des Kessels entlang des Nordufers noch erschwert durch das
Überwindenmüssen mehrerer von Norden dem Dnjester zufließenden Nebenflüsse. Ein
hohes Lied ist den Besatzungen der auf engstem Raum und brockigem Acker
landenden und wieder startenden JU 52 zu singen, oft bis zum Bauch versackt,
wurden die Geschütze vorgespannt und sie wieder auf festen Boden gezogen, damit
sie mit ihrer Verwundeten-Last starten konnten.
9.4. (Ostersonntag) Verlust unsere letzten beiden „Eisbären“- Geschütze kurz vor
Kesselausbruch durch russische Panzerbüchen bei Übergang in dichtem Waldgelände
an der Strypa. Ihre mit Munition vollgepackten Kampfräume explodieren, 3 Tote, 5
Schwerverletzte: Pz.Fahrer Engelhardt Bäcker (stirbt später im Lazarett an
seinen schweren Brandverletzungen), Ladekanonier Eckmann (schwere
Fußverletzung), der zweite Gesch.Führer, Richt.-Uffz. und Pz.Fahrer.
11.4. Sokoloff
15. – 18.4. Korps-Reserve Skomoroschy. 19.4. Potok-Zloty, 16.4. Buczacz, 28.4.
Halisch, Rohatyn, Sratyn-Miasto, Lemberg, Przmysl, Krosno, Rymanoff, Sandomirz:
Abgabe Rest-Gerät.
Personal der Stu.Gesch.Battr. 741 mit fahrplanmäßigen Zügen von Sandomirz über
Breslau, Leipzig, Gotha, Frankfurt a.M. nach Saarbrücken. Durch schweren
Luftangriff auf Saarbrücken Zerstörung des Bahngeländes und Hauptbahnhofs. Über
Pfingsten Aufenthalt in Saarbrücken.
Fußmarsch nach Forbach. Mit fahrplanmäßigen D-Zug über Metz nach Paris. 1. -3.6.
Aufenthalt mit Stadtbesichtigung. 3.6. Abfahrt vom Gare d´ Austerlitz. Über
Orleans nach Tours. Abholung mit Lkw´ s zum Truppenübungsplatz Camp du Ruchard,
Unterkunft in den dortigen Baracken.
6.6. Invasion in der Normandie.
8.6. Verlegung des Personals der Stu.Gesch.Battr. 741 in Privat-Quartiere des
Orts La Chapelle, Nebenort von Azay le Rideaux an der Indre. Azay ist Standort
der neuaufgestellten Stu.Gesch.Brigade 394, zur Zeit noch ohne Geschütze.
19.6.1944 Auflösung der Stu.Gesch.Battr. 741 und Übernahme eines Teils des
Personals in die Brigade 394 – Kdr. Hauptmann Freiherr von Jena. Rest-Personal
mit Bahntransport zur Stu.Gesch.Ers.Abt. 600 nach Deutsch-Eylau in Westpreußen.
Literatur und Quellen:
Christlieb Teichgräber in: Der Sturmartillerist – Zeitschrift der
„Gemeinschaft der Sturmartillerie e.V.“, 42.Jahrgang, Heft 105, April 1993, S.
2434 – 2436, Batterie-Truppenkennzeichen „Eisbär vor Mitternachtssonne“
Georg Tessin: Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im
Zweiten Weltkrieg 1939–1945. Band 12. Die Landstreitkräfte 631 – 800.
Biblio-Verlag, Bissendorf 1975