Bericht des Ia der Luftflotte 5 vom 30. November 1943

 

Anfang November 1943 erfolgte der Hinweis vom Oberkommando der Wehrmacht, dass mit der Möglichkeit feindlicher Landungen auch im Winter 1943/44, vor allem im Bereich Dänemark gerechnet werden muß. Annahme ist begründet durch Abzug beträchtlicher Mengen hochseetüchtiger Landungsboote aus dem Mittelmeer nach England und den politischen Druck, den Moskau auf die Alliierten ausübt.
Da die Truppen in Dänemark bisher mehr die Rolle einer Besatzungsmacht gespielt haben, ist auf Befehl des Führers mit allen Mitteln eine Steigerung der Abwehrkraft und Abwehrbereitschaft herzustellen.
Für den jütländischen Raum wurde daher beschleunigt der Ausbau der Nachrichtenverbindungen für "D.G. Nord" in Angriff genommen, die Forderungen für Flugkraftstoff-, Ersatzteil-. Bord- und Abwurfwaffenbevorratung den zuständigen Nachschubdienststellen übermittelt, Ausbau eines Gefechtstandes für 2. Jagddivision in Grove und eines Gefechtstandes für Gefechtstab Luftflotte 5 in Gegend Aarhus begonnen.
Da die jütländischen Flugplätze den Erfordernissen für "D.G. Nord" einsatzmäßig nicht voll entsprechen, wurden 2 Flugplätze in Südost-Jütland und 1 Platz auf Fünen neu erkundet und der Ausbau befohlen.
Die Zuführungsorte für die Verbände für die im Monatsbericht Oktober aufgeführten 6 Fälle wurden festgelegt und den an den Verlegungen beteiligten Kommando-Stellen übermittelt.
2. Jagddivision, die Luftflotte 5 bei "D.G.Nord" zur Verfügung steht, erhält Befehl, bei Ausgabe des Stichwortes "D.G.Nord" ausser den in Jütland eingesetzten Tagjagdverbänden, auch die übrigen fliegenden Verbände zu führen und alle für die Kampfführung erfolderlichen Befehle in organisatorischer, taktischer, technischer und nachrichtenmäßiger Hinsicht zu erteilen. Die Trennungslinie zwisxhen Luftflotte 3 und Luftflotte 5 (2. Jagddivision) verläuft auf Stichwort "D.G.Nord" an Westküste Borkum nach New-Castle.
Zur Schaffung klarer Befehlsverhältnisse in Jütland und der besseren Zusammenarbeit mit dem Befehlshaber der deutschen Truppen in Dänemark schlägt Luftflotte 5 vor, dass der General der Luftwaffe in Dänemark, der bisher praktisch die Aufgaben eines Flughafenbereichskommandanten übernommen hatte, bei "D.G.Nord" die Führung aller einfallenden fliegenden Verbände übernimmt und - nach entsprechendem Ausbau eines Stabes - bereits jetzt die für die Kampfführung erforderlichen Vorbereitungen trifft, sodass 2. Jagddivision für diese Aufgabe nicht benötigt wird, sondern ihre eigentliche Aufgabe - die JAgdführung - wie bisher durchführen kann.
Da Entscheid Ob.d.L. hierüber noch nicht vorliegt, werden die gesamten Vorbereitungen zunächst noch von der 2. Jagddivision weiter bearbeitet.
Luftwaffenbefehlshaber Mitte bleibt bei "D.G.Nord" verantwortlich für den Einsatz der Flakartillerie, Ln-Truppe, Seenotdienst, Bodenorganisation, NAchtjagd in Jütland und Nordwest-Deutschland, Tagjagd in Nordwestdeutschland, Nachschub und Versorgung.
Oberbefehlshaber der Luftwaffe Füst. befiehlt im Hinblick auf "D.G.Nord", dass Luftflotte 5 seine bisherige Aufklärungsgrenze zu Luftflotte 3 (Linie Hanstholm - New Castle) nach Süden auf 55 Grad Nord verlegt und täglich das Seegebiet nördlich 55 Grad zwischen der jütländische-norwegischen und der nordenglischen-schottischen Grenze, einschließlich der Shetlands und Färöer, nach Norden bis Höhe Drontheim mit Schwerpunkt eigene Minensperren vor Westausgang Skagerrak und feindliche Schiffsliegeplätze aufklärt.
Durchführung dieser Aufklärung erfordert in Verbindung mit noch laufender Blockadebrecheraufklärung Höchstanspannung der im Bereich des Fliegerführers Nord (West) vorhandenen Aufklärungskräfte (2 (F)-Staffeln Land, 2 (F)-Staffeln See, 1 Fw-200-Staffel), sowie einen zusätzlichen Flugkraftstoffverbrauch von etwa 1.400 cbm je Monat. Ob.d.L. wurde auf diesen Punkt aufmerksam gemacht.
Eine Zuführung von Aufklärungskräften für befohlene Aufgaben war Ob.d.L. nicht möglich, jedoch wollte Ob.d.L. Füst die zur Erhöhung der Flugkraftstoffzuweisungen erforderlichen Schritte unternehmen.
Im Ganzen ist bei den Vorbereitungen zur Abwehr feindlicher Landungen eine Schwerpunktverlagerung in den nordwestdeutsch-jütländischen und südnorwegischen Raum festzustellen, während mit feindlichen Landungsunternehmen in Mittel- und Nordnorwegen für diesen Winter weniger gerechnet wird.

Blockadebrecher
Aufklärung läuft weiter wie im Oktober. Mitte November wird die Unterstellung der Einsatzstaffel IV./KG 30 und der 3 inzwischen aus dem Bereich Chef NVW zugewiesenen Flugzeuge mit Schiffssuchgeräten unter Luftflotte 5 beendet, so dass die der Fliegerführer Nord (West) wieder ausschließlich auf seine eigenen Kräfte abstützen kann.
In Zusammenhang mit der Skagerrakaufklärung werden erneut die Kampfgrundsätze im Skagerrak festgelegt und den unterstellten Verbänden befohlen, dass Kampfeinsatz gegen neutrale oder dänische Seefahrzeuge nur im Skagerrak-Warngebiet außerhalb des dänischen Küstenstreifens von 5 sm freigegeben ist.

Verlegungen und Veränderungen Unterstellung fliegende Verbände.

a) Zur Verstärkung der Aufklärungskräfte des Fliegerführers Nord (West) wird die bisher dem Fliegerführer Lofoten einsatzmäßig unterstellte Kette der 1. (F) / 22 von Bardufoss nach Drontheim-Vaerness verlegt.

b) Stab I./KG 40 verlegt auf Befehl Ob.d.L. ohne Flugzeuge zur Umrüstung auf He 177 nach Fassberg und übernimmt dort Führung über 1. und 8./KG 40, Unterstellung unter General der Kampfflieger.
Abzug des Stabes I./KG 40 bedeutet praktisch keine einsatzmäßige Schwächung für Luftflotte 5.

c) Ob.d.L. befiehlt Verlegung einer Jagdgruppe in den Bereich der Luftflotte 1. Hierzu verlegt II. / JG 5 aus dem Raum Salmijärvik - Svatness - Altengaard über Heldinki in den Bereich der Luftflotte 1.
Damit sind die eigenen Jagdkräfte im nordnorwegisch-finnischen Raum um 50% geschwächt worden. Da die winterliche Dunkelheit den Jagdeinsatz zur Zeit einschränkt, wird sich der Abzug der Jagdkräfte erst im Frühjahr empfindlich bemerkbar machen.
Um eine Konzentration der geringen noch vorhandenen Jagdkräfte zur Abwehr feindlicher Luftangriffe auf die eigene Geleitschiffahrt vor der Varanger-Halbinsel zu erzielen, wird das Jagdkommando Nord in Altengaard nach vorliegendem Einverständnis der Marine und Antrag an Ob.d.L. aufgelöst.

d) I./SG 5 verlegt auf Befehl Ob.d.L. außer 1 Jabostaffel, 1 Fw 200-Staffel (geringer Kampfwert) und 1 He-115 Lt-Staffel (fast kein Kampfwert) keinerlei Kampfkräfte!
Als Gegenmaßnahme gegen die zunehmende nächtliche Störtätigkeit des Russen beantragt Luftflotte 5 Verblei einer Nachteinsatzstaffel Ju 87 aus der I./SG 5 im eigenen Bereich, da die Gruppe hierzu besatzungs- und ausbildungsmässig in der Lage ist.
Ob.d.L. lehnt ab, schlägt dafür Aufstellung einer Nachtschlachtstaffel Go 145 und Ar 66 vor. Luftflotte 5 ist mit der kommandoweisen Aufstellung der Einheit einverstanden. Bodenpersonal kann aus eigenem bereich gestellt werden.
Kommandierender General der deutschen Luftwaffe in Finnland wird mit den Vorbereitungen für die Aufstellung der Nachtschlacht-Staffel beauftragt.

Gefechtsstab Luftflotte 5 in Kemi und Kommandierender General der deutschen Luftwaffe in Finnland

Am 15. November 1943 wird der Gefechtsstab der Luftflotte 5 aufgelöst, nachdem am Vortage die Führung der fliegenden Verbände an den aus dem Luftgau-Stab Finnland neugeschaffenen Kommandierenden General der deutschen Luftwaffe in Finnland übergegangen war.
Dem Kommandierenden General der deutschen Luftwaffe in Finnland unterstehen damit alle Dienststellen und Truppenteile des bisherigen Luftgaustabes Finnland und der Fliegerführer Nord (Ost) und seine Einheiten.