Kampfgeschwader 77

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1. Lebenslauf:

Das Kampfgeschwader 77 entstand am 1. Mai 1939 in Prag-Kbely. Hierzu wurden Teile des Stabes des Kampfgeschwaders 153 zum Stab des Kampfgeschwaders 77 umgegliedert und die I. Gruppe des Kampfgeschwaders 153 wurde zur I. / Kampfgeschwader 77 umbenannt. Aus der II. Gruppe des Kampfgeschwaders 158 wurde am gleichen Tag in Brünn eine II. Gruppe gebildet und aus der II. Gruppe des Kampfgeschwaders 255 wurde in Königgrätz eine III. Gruppe aufgestellt. Das Geschwader war durchweg mit der Dornier Do 17 Z ausgerüstet. Bei Beginn des Polenfeldzuges unterstand das Geschwader der 2. Fliegerdivision beim Luftflottenkommando 4 im Südabschnitt der deutschen Front. Eingesetzt wurde es zur Heeresunterstützung und zu Angriffen in den Räumen Krosno, Moderowka und Radom. Ab dem 25. September flog das Geschwader Angriffe auf Warschau. Nach dem Ende des Westfeldzuges verlegte das Geschwader in den Westen.

Stab I. Gruppe II. Gruppe III. Gruppe
Datum Fliegerhorst Datum Fliegerhorst Datum Fliegerhorst Datum Fliegerhorst
1. Mai 1939 Prag-Kbely 1. Mai 1939 Prag-Kbely 1. Mai 1939 Brünn 1. Mai 1939 Königgrätz
Oktober Düsseldorf Oktober Werl Oktober Düsseldorf Oktober Düsseldorf

 

Zu Beginn des Jahres 1940 lag das Kampfgeschwader 77 mit Stab, II. und III. Gruppe in Düsseldorf und mit der I. Gruppe in Werl an der Westfront. Während des Westfeldzuges unterstand das Geschwader dem VIII. Fliegerkorps beim Luftflottenkommando 2. Während des Westfeldzuges flog das Geschwader Einsätze zur Heeresunterstützung, u.a. gegen das belgische Sperrfort Eben Emael. Es nahm am Großangriff der Luftwaffe auf die französische Luftwaffe im Raum Paris teil und bekämpfte dann die Rückzugsbewegungen und Einschiffungen der Engländer bei Dünkirchen. Nach der französischen Kapitulation verlegte das Geschwader nach Frankreich (Laon-Couvron und Asch). Zu Beginn der Luftschlacht um England unterstand das Geschwader dem I. Fliegerkorps beim Luftflottenkommando 2. Ab Hebst 1940 wurde das Geschwader, beginnend mit der III. Gruppe, auf die Junkers Ju 88 umgerüstet.
Im Oktober 1940 wurde in Laon-Couvron eine Ergänzungsstaffel für das Geschwader aufgestellt.

Stab I. Gruppe II. Gruppe III. Gruppe Ergänzungsstaffel
Datum Fliegerhorst Datum Fliegerhorst Datum Fliegerhorst Datum Fliegerhorst Datum Fliegerhorst
1. Januar 1940 Düsseldorf 1. Januar 1940 Werl 1. Januar 1940 Düsseldorf 1. Januar 1940 Düsseldorf Oktober 1940

Laon-Couvron

Juni

Laon-Couvron

Juni Laon-Couvron Juni Asch-Nord Juni Laon-Couvron
Oktober Reims

 

Zu Jahresbeginn 1941 lag das Kampfgeschwader 77 in Laon-Couvron, die II. Gruppe in Asch-Nord, und flog Einsätze gegen England. Das Geschwader wurde bis Februar 1941 auf die Junkers Ju 88 umgerüstet. Im März 1941 wurde die Ergänzungsstaffel zur IV. (Ergänzungs-) Gruppe erweitert. Am 27. Mai beteiligte sich die I. Gruppe an der vergeblichen Suche und Sicherung des Schlachtschiffs "Bismarck". Dabei versenkte die I. Gruppe am 28. Mai den britischen Zerstörer "HMS Mashona". Im Juni 1941 verlegte das Geschwader in den Osten, um am Rußlandfeldzug teilzunehmen. Das Geschwader unterstand de, Luftflottenkommando 1 im Nordabschnitt der Ostfront. Einsatzorte des Geschwaders waren Dünaburg, Dno, Porchow, Sieverskaja. Am 28. August 1941 griff die 2. Staffel des Geschwaders zusammen mit der Küstenfliegergruppe 806 russische Schiffe in der Ostsee an, die aus Tallin nach Kronstadt evakuiert wurden. Dabei wurde der Eisbrecher "Krisyanis Valdemars" (2.250 BRT), die Transporter "Skrunda" (2.414 BRT), "Lake Lucerne" (2.317 BRT) und "Atis Kronvalds" (1.423 BRT), das Stabsschiff "Vironia" (2.026 BRT) wird beschädigt. Am 29. August erfolgte ein weiterer Angriff, bei dem die Transporter "Vtoraya Pyatiletka" (3.974 BRT) und "Kalpaks" (2.190 BRT) und das Schulschiff "Leningradsovet" (1.270 t) versenkt wurden. Die Transporter "Ivan Papanin" (3.974 BRT), "Saule" (1.207 BRT) und das Werkstattschiff "Serp i Molot" (5.920 t) mussten schwer beschädigt bei Suursaari auf Strand gesetzt werden. In vielen rein taktischen Einsätzen zur Heeresunterstützung war das Geschwader anschließend oft an den Schwerpunkten im Norden der Ostfront eingesetzt. Zum Ende des Jahres wurde das gesamte Geschwader in der Heimat auf die Junkers Ju 88 A 4 umgerüstet und aufgefrischt.

Stab I. Gruppe II. Gruppe III. Gruppe IV. Gruppe
Datum Fliegerhorst Datum Fliegerhorst Datum Fliegerhorst Datum Fliegerhorst Datum Fliegerhorst
1. Januar 1941 Laon-Couvron 1. Januar 1941 Laon-Couvron 1. Januar 1941 Reims 1. Januar 1941 Laon-Couvron 1. Januar 1941

Laon-Couvron

Februar Reims Februar Reims März Beauvais Januar Juvincourt
9. März Juvincourt 9. März Beauvais Juni Wormditt Juni Heiligenbeil
Juni Heiligenbeil 22. März Juvincourt Juli Tilsit Juli Dno
Juli Dno Juni Jesau August Dno Dezember Kitzingen
Dezember Giebelstadt August Dno September Ansbach
12. September Kuusiku
17. September Siwerskaja
Dezember Giebelstadt

 

Zu Beginn des Jahres 1942 befand sich das Kampfgeschwader 77 zur Auffrischung und Umrüstung auf die Junkers Ju 88 A 4. Zum Jahreswechsel 1941/42 verlegten der Stab, die II. und III. Gruppe des Geschwaders nach Comiso auf Sizilien in den Mittelmeerraum zur Luftflotte 2. Von hier aus wurde das Geschwader gegen die britische Mittelmeerinsel Malta eingesetzt. Die I. Gruppe, deren Einsatz im Mittelmeer ebenfalls vorgesehen war, verlegte dagegen an die Ostfront und wurde im Mittelabschnitt eingesetzt. Von Februar bis Mai 1942 lag die Gruppe in Orscha und im Mai/Juni 1942 in Charkow und Kursk. Im Mai verlegten der Stab, die II. und III. Gruppe zur Luftflotte 3 nach Frankreich. Von Creil /Rennes  und Beauvais/Vannes aus führte es Luftangriffe auf England durch. Ab Juli kam auch die I. Gruppe von der Ostfront nach Creil/Rennes. Diese wurde am 31. August umbenannt in I. Gruppe/Kampfgeschwader 6 und schied so aus dem Geschwaderverband aus. Am 1. September entstand aus der Küstenfliegergruppe 606, die neue I./Kampfgeschwader 77. Währenddessen verlegten der Geschwaderstab und die II. Gruppe in das griechische Iraklion und die III. Gruppe in das italienische Comiso.  Am 25. September 1942 flog die 5. Staffel des Geschwaders einen erfolgreichen Angriff gegen den Hafen von Suez. Im Oktober wurde das gesamte Geschwader auf Sizilien in Gerbini  und Catania unter dem Kommando des II. Fliegerkorps der Luftflotte 2 zusammengeführt. Nachdem das Geschwader gegen die im November 1942 in Nordwestafrika gelandeten alliierten Truppen (Operation Torch) eingesetzt war, zogen sich zum Jahresende die II. und III. Gruppe zur Wiederaufstellung nach Piacenza zurück. Die IV. Gruppe wurde von Montpellier aus zu Geleitzugeinsätzen für Marineeinheiten und zur Sicherung der französischen Mittelmeerküste eingesetzt.

Stab I. Gruppe II. Gruppe III. Gruppe IV. Gruppe
Datum Fliegerhorst Datum Fliegerhorst Datum Fliegerhorst Datum Fliegerhorst Datum Fliegerhorst
1. Januar 1942 Giebelstadt 1. Januar 1942 Giebelstadt 1. Januar 1942 Ansbach 1. Januar 1942 Kitzingen 1. Januar 1942

Laon-Couvron

Januar Comiso Januar Heiligenbeil Januar Comiso Januar Comiso 1942 Bourges
1. Mai Creil Februar Orscha-Süd 1. Mai Creil 1. Mai Beauvais November Montpellier
30. Mai Rennes Mai Charkow 30. Mai Rennes 30. Mai Vannes
30. Juni Gerbini Juni Kursk 30. Juni Gerbini 30. Juni Comiso
Dezember Piacenza 1. Juli Creil Dezember Piacenza Oktober Gerbini
    Dezember Piacenza
1. September Catania

 

Das Kampfgeschwader 77 befand sich zu Beginn des Jahres 1943 mit Stab, II. und III. Gruppe zur Auffrischung im italienischen Piacenza. Die I. Gruppe lag in Creil und die IV. (Ergänzungs-) Gruppe sicherte die französische Mittelmeerküste von Montpellier aus. Die I. und II. Gruppe setzte ihre Einsätze im Mittelmeerraum im Bereich der Luftflotte 2 bis in den Sommer 1943 fort. Am 19. März griffen Teile des Kampfgeschwaders 30 zusammen mit den Kampfgeschwadern 54 und 30 alliierte Schiffe im Hafen von Tripolis an und versenkten die brit. Ocean "Voyager" (7.174 BRT) und die griechische "Varvara" (1.354 BRT), der Zerstörer "Derwent" wurde beschädigt und zum Totalverlust. Ab Juli / August 1943 wurden alle Gruppen des Geschwaders auf die Junkers Ju 88 A / LT für den Lufttorpedoeinsatz umgerüstet. Die II. Gruppe wurde in Barth als Pfadfindereinheit und Fühlungshalter ausgebildet.

Stab I. Gruppe II. Gruppe III. Gruppe IV. Gruppe
Datum Fliegerhorst Datum Fliegerhorst Datum Fliegerhorst Datum Fliegerhorst Datum Fliegerhorst
1. Januar 1943 Piacenza 1. Januar 1943 Catania 1. Januar 1943 Piacenza 1. Januar 1943 Piacenza 1. Januar 1943

Montpellier

Juli Königsberg-Devau Juli Grieslienen August Barth Juli Wormditt 28. Mai Gross-Schiemanen
November Powehren

 

Anfang des Jahres 1944 befand sich das Geschwader immer noch in der Umrüstung  auf die Junkers Ju 88 A / LT für den Lufttorpedoeinsatz. Von Riga aus flogen die Besatzungen Einsätze gegen Zielschiffe in der Ostsee. Die II. Gruppe wurde in Barth zur Pfadfindereinheit umgeschult. Am 10. März 1944 wurde für den Stab und die I. und III. Gruppe die Verlegung in den Bereich der Luftflotte 3 nach Frankreich befohlen. Die II. Gruppe flog von Heiligenbeil aus Einsätze an der Ostfront. Am 20. Juli 1944 wurde das Geschwader aufgelöst. Die I. Gruppe wurde zur I. / Kampfgeschwader 26.  Die IV. Gruppe wurde in die Ergänzungs-Kampfgruppe LT eingegliedert.

Stab I. Gruppe II. Gruppe III. Gruppe IV. Gruppe
Datum Fliegerhorst Datum Fliegerhorst Datum Fliegerhorst Datum Fliegerhorst Datum Fliegerhorst
1. Januar 1944 Königsberg-Devau 1. Januar 1944 Powehren 1. Januar 1944 Barth 1. Januar 1944 Wormditt 1. Januar 1944

Gross-Schiemanen

3. März Neuhausen 10. März Orange-Caritat Januar Heiligenbeil 10. März Salon
10. März Orange-Caritat 26. Juni Salon 18. März Orange-Caritat
26. Juni Salon

 

 

2. Kommandeure:

Geschwaderkommodore:

Oberst Heinrich Seywald, 1. Mai 1939

GeneralMajoror Wolf von Stutterheim, 14. September 1939

Oberst Dr. Johann-Volkmar Fisser, 21. März 1940

Oberstleutnant Wolf von Stutterheim, 31. Mai 1940

GeneralMajoror Heinz-Hellmuth von Wühlisch, 21. Juni 1940

Oberstleutnant Johann Raithel, 1. August 1940

Major Arved Crüger, 13. März 1942

Oberstleutnant Hermann Schlüter, 23. März 1942

Major Wilhelm Stemmler, 12. Februar 1943

 

I. Gruppe:

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I. Gruppe

Gruppenkommandeure:

Major Balcke, 1. Mai 1939

1940 unbekannt

Hauptmann Joachim Pötter, unbekannt

unbekannt

 

II. Gruppe:

Gruppenkommandeure:

Oberstleutnant Augustin, 1. Mai 1939

Oberstleutnant Karl Angerstein, 3. November 1939

Major Behrendt, 1940

Hauptmann Dietrich Peltz, 13. März 1941

30. September 1940 unbekannt

Major Heinrich Paepcke, unbekannt

unbekannt

 

III. Gruppe:

Gruppenkommandeure:

Oberstleutnant Wolf von Stutterheim, 1. Mai 1939

Major Walter Wadehn, 21. September 1939

Major Max Kless, 1940

Major Handke, September 1940

Major von Frankenberg, 1941

unbekannt

 

IV. Gruppe:

Gruppenkommandeure:

unbekannt

 

3. Literatur und Quellen:

Wolfgang Dierich: Die Verbände der Luftwaffe 1935–1945, Verlag Heinz Nickel
Tessin, Georg, Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939 - 1945, Band 14
http://www.ww2.dk/air/kampf/kg77.htm
Jürgen Rohwer, Gerhard Hümmelchen: Chronik des Seekrieges 1939–1945: www.wlb-stuttgart.de/seekrieg
Bundesarchiv Freiburg, Signatur RL 10/194Kriegstagebuch, RL 10/224 Kriegstagebuch, RL 10/224 Kriegstagebuch Nr. 1 der 6. Staffel