353. Infanterie-Division
1. Einsatz und Unterstellung:
Die 353. Infanterie-Division Infanterie-Division wurde am 5. November 1943 als Division der 21. Welle in der Bretagne durch das
AOK 7 aus dem Stab und dem Rahmen der aufgelösten 328.
Infanterie-Division aufgestellt. Die Division wurde zum Küstenschutz in der
Bretagne bei der 7. Armee eingesetzt. Die Division erhielt den Auftrag zur
Küstenverteidigung. Um die Beweglichkeit der Division nicht vollkommen
aufzugeben – schließlich diente sie dem Oberbefehlshaber West als strategische
Reserve –, wurde ihr kein Küstenstreifen zugewiesen, sondern wurden Teile der
Division zur Verstärkung anderer Abschnitte eingesetzt. Dies erfolgte auf eine
Art und Weise, die die Zurücknahme dieser Teile ohne die vorherige Ablösung
durch andere Kräfte erlaubte. Dieser Plan bedeutete den Einsatz der Division in
einem ausgedehnten Gebiet. Im Januar 1944 bezog das Artillerieregiment 353
Stellungen, die ihm den Beschuss von Landungskräften erlaubten. Die an der
rechten Flanke eingesetzte Artillerieabteilung lag ungefähr 50 Kilometer östlich
von Morlaix, die an der linken Flanke eingesetzte Abteilung an der Bucht von
Douarnenez. Dadurch unterstand das Artillerieregiment 353 je zur Hälfte dem vom
General der Infanterie Straube befehligten LXXIV. Armeekorps und dem vom General
der Artillerie Fahrmbacher befehligten XXV. Armeekorps. Aus taktischen
Erwägungen wurden die zwei Artillerieabteilungen den Stellungsdivisionen
unterstellt, und zwar die an der rechten Flanke eingesetzte Abteilung der 266.
Infanteriedivision und die an der linken Flanke eingesetzte Abteilung der 343.
Infanteriedivision. Für die Ausbildung der beiden Verbände blieb die 353.
Infanteriedivision zuständig. Im Januar 1944 wurde das Pionierbataillon 353 dem
LXXXV. Armeekorps unterstellt. Einige Wochen später wurden die Infanteriekräfte
der 353. Infanteriedivision in Küstennähe verlegt. Ihre Aufgabe war neben dem
Bau von Feldbefestigungen unmittelbar hinter den Stellungsdivisionen
insbesondere die Errichtung von Hindernissen gegen Luftlandetruppen und von
Panzersperren. Schwere Infanteriewaffen sollten unverzüglich in Stellung
gebracht werden, um die Küste mit ihrem Feuer zu beherrschen und gegen
Landungskräfte zum Einsatz gebracht zu werden. Um diesen Auftrag zu erfüllen,
mussten die Waffen an einigen Stellen in Strandnähe in Stellung gebracht werden.
Das Grenadierregiment 943 wurde nordöstlich von Brest mit Blickrichtung Nor-den,
das Grenadierregiment 942 an der Bucht von Douarnenez mit Blickrichtung Westen
eingesetzt. Das Füsilierbataillon 353 wurde östlich des Grenadier-Regiments 943
disloziert, und zwar im Zuge der Hauptwiderstandslinie unmittelbar an der Küste.
Dies war bei den Grenadierregimentern 942 und 943 nicht der Fall. Das
Grenadierregiment 941 lag in der Festung Brest mit Blickrichtung Inland.
Taktisch unterstand das Regiment dem Kommandanten von Brest, Oberst von der
Mosel, während das Füsilierbataillon 353 der 343. Infanteriedivision unterstand.
Für die Ausbildung der beiden Verbände war jedoch weiterhin die 353.
Infanteriedivision zuständig. Die Grenadierregimenter 942 und 943 blieben
während ihrer Ausbildung und ihres Einsatzes der 353. Infanteriedivision
unterstellt. Diese verlegte am 24. Februar 1944 ihren Gefechtsstand nach
Landivisiau. Der Einsatz der 353. Infanteriedivision erfolgte gemäß Befehl der
Heeresgruppe B. Deren Plan sah vor, den Feind nicht erst nach der Landung ins
Meer zurückzuwerfen, sondern seine Landung überhaupt zu verhindern. Um dieses
Ziel zu erreichen, sollten Reserven so nahe an die Hauptwiderstandslinie (den
Strand) verlegt werden, dass sie in das Gefecht geworfen werden konnten, ohne in
Märschen an ihren Einsatzort gebracht werden zu müssen. Auch zog die
Heeresgruppe B die Notwendigkeit der Verlegung von Reserven, beispielsweise von
der Bretagne in die Normandie, in Betracht, welche unvermeidbare Verzögerungen
mit sich bringen würde.
Unmittelbar nach Beginn der Invasion am 6. Juni 1944
versetzte das XXV. Armeekorps die 353. Infanteriedivision in Marschbereitschaft.
Zu diesem Zweck wurde ein Marschbataillon aufgestellt, dessen Aufgabe der Ersatz
der erwarteten frühen Ausfälle war. Zusammen mit dem Feldersatzbataillon 353
bildete es den für besondere Verwendungen vorgesehenen – und letzten –
Marschverband der Division. Die 353. Infanteriedivision erhielt den Befehl, am
Abend des 10. Juni 1944 mit der Verlegung zu beginnen. Um sich der Beobachtung
und Angriffen aus der Luft zu entziehen, fanden sämtliche Bewegungen im Schutz
der Dunkelheit und abseits der Hauptstraßen statt. Diese Vorsichtsmaßnahmen
waren vom XXV. Armeekorps angeordnet. Des Weiteren wurde der Division befohlen,
sich ab Anbruch der Morgendämmerung verborgen zu halten, selbst wenn dadurch das
für den jeweiligen Tag vorgegebene Ziel nicht erreicht werden konnte. Die
Entfernungen, die jede Nacht zurückgelegt wurden, waren kurz, da die Juninächte
selbst kurz waren. Die Straßen waren Monate zuvor erkundet und in Karten
eingezeichnet worden. Um die Beweglichkeit zumindest eines Teils der 353.
Infanteriedivision zu gewährleisten, stellte die 7. Armee in den ersten Monaten
des Jahres 1944 Fahrräder bereit. Diese standen in ausreichender Zahl zur
Verfügung, um das gesamte Füsilierbataillon 353 sowie den Stab und das II.
Bataillon des Grenadierregiments 943 damit auszurüsten. Dagegen fand die
Verlegung der Panzerjägerabteilung 353 auf der Schiene statt. Am Abend des 10.
Juni 1944 in mehrere Marschgruppen aufgeteilt, begann die 353.
Infanteriedivision die Verlegung auf zwei parallel zueinander verlaufenden
Straßen. Am nächsten Tag wurde die Division dem II. Fallschirmkorps unterstellt,
das den Abschnitt Saint-Lô hielt. Die radfahrbewegliche Marschgruppe der 353.
Infanteriedivision traf am 13. oder 14. Juni 1944 im Raum Saint-Lô ein. Vom II.
Fallschirmkorps wurde sie als Reservetruppenteil unmittelbar südlich der Stadt
in Bereitschaftsstellungen eingewiesen. Am 15. oder 16. Juni 1944 wurde sie der
352. Infanteriedivision unterstellt und östlich oder südöstlich von Saint-Lô
eingesetzt. Am zweiten oder dritten Marschtag erhielten die restlichen Teile der
353. Infanteriedivision vom II. Fallschirmkorps den Befehl, größtmögliche Eile
an den Tag zu legen. Der Marsch hatte jetzt selbst in den Tagesstunden zu
erfolgen. Am 14. oder 15. Juni 1944 erreichte der Stab der 353.
Infanteriedivision die vierzehn Kilometer südöstlich von Saint-Lô gelegene
Ortschaft Soulles. Hier erhielt er vom II. Fallschirmkorps den Befehl, die
Division in den Gefechtsstreifen südwestlich von Saint-Lô zu verlegen. Am
nächsten Tag wurde der Divisionsgefechtsstand in Saint-Thomas-de-Saint-Lô,
zweieinhalb Kilometer süd-westlich von Saint-Lô, errichtet. Am folgenden Tag
löste das LXXXIV. Armeekorps die 353. Infanteriedivision – mit Ausnahme der von
Oberst Böhm geführten Kampfgruppe Böhm – aus dem II. Fallschirmkorps heraus und
befahl der Division, westlich von Périers Stellungen zu beziehen. Zu diesem
Zeitpunkt waren einzelne Marschgruppen der Division so weit zurück, dass diese
Änderung keine Marschverzögerung mit sich brachte. Der Divisionsgefechtsstand
wurde nach La Tringale, drei Kilometer südwestlich von Périers, verlegt.
Während der geschilderten Verlegung machte sich die französische
Widerstandsbewegung durch Angriffe und Überfälle auf Vorkommandos sowie Melder
und sonstige einzelne Soldaten bemerkbar. Bei einem solchen Überfall wurde ein
Kompaniechef des Füsilierbataillons 353 schwer verletzt und wurden mehrere
Unteroffiziere und Mannschaften verwundet oder getötet. Weitere Ausfälle wurden
durch Luftangriffe verursacht. So wurden die beiden Geschütze eines schweren
Geschützzugs des Grenadierregiments 942 außer Gefecht gesetzt, wurde ein voll
beladener Munitions-Lkw des Artillerieregiments 353 getroffen und wurde bei
einem Jagdbomberangriff auf das Füsilierbataillon 353 auch dessen Kommandeur
verwundet. Zwar gab es keinen aktiven Schutz gegen Angriffe aus der Luft,
dennoch blieb die Zahl der Ausfälle insgesamt verhältnismäßig gering, da die
Truppen aufgelockert marschierten und das Heckengelände der Normandie und der
Bretagne guten Schutz gegen Beobachtung aus der Luft bot. Am 18. Juni 1944
trafen die vordersten Teile der Division im Raum Périers ein. Bei ihrer Ankunft
im Raum Périers fehlten der 353. Infanteriedivision folgende, zur 352.
Infanteriedivision abgestellte Teile: der Stab und das II. Bataillon des
Grenadierregiments 943 sowie das Füsilierbataillon 353. Insgesamt fehlten der
Division damit zwei Siebtel ihrer Infanteriekräfte. Bei der Berechnung der
Stärke, welche der 353. Infanteriedivision verblieben war, müssen folgende
Abzüge berücksichtigt werden: dem Marschbataillon unterstelltes Personal, die
o.g. Ausfälle sowie Soldaten, die während des Marsches nicht mehr aufstehen
konnten. Somit lag die Ist-Stärke der Division bei der Ankunft um acht bis zehn
Prozent unter der Soll-Stärke. Im Raum Périers verfügte die Division über
ungefähr 11.550 Mann (ohne die der 352. Infanteriedivision unterstellten Teile),
von denen 7.500 Mann Kampftruppen waren. Nach ihrer Ankunft werden die 353. und
die 77. Infanteriedivision auf der Linie Prairies Marecageuses de Gorges – Mont
Castre – La Haye-du-Puits – Küste eingesetzt. Nach dem Rückzug der 91.
Luftlande- und der 243. Infanteriedivision von dieser Linie nach Süden wurde
diese von der 353. und der 77. Infanteriedivision gehalten. Erkundet wurde sie
durch die 353. Infanteriedivision. Sie ist als "Mahlmann-Linie" zu bezeichnen
und wurde durch die 353. und die 77. Infanteriedivision ausgebaut. Die Grenze
zwischen der 353. und der 77. Infanteriedivision verlief wie folgt: Bolleville
(zur 353. Infanteriedivision) – Biemont (zur 77. Infanteriedivision). Das
LXXXIV. Armeekorps erkundete die Linie Les Champs-de-Losque – Raids – Lessay und
ließ sie durch Soldaten, die per Eisenbahn in den Gefechtsstreifen verlegt
worden waren, in eine rückwärtige Verteidigungsstellung namens Wasserstellung
ausbauen. Der der 353. Infanteriedivision zugeteilte Abschnitt der
Mahlmann-Linie war länger als fünfzehn Kilometer.
Entsprechend der
amerikanischen Kampfführung wurden befestigte Feldstellungen für die
Verteidigung an Straßen und Wegen angelegt, während das dazwischenliegende
Gelände nur von schwachen Kräften gehalten wurde. Als der am 20. Juni 1944
vorgetragene amerikanische Angriff einen Einbruch in die Linie Pretet – Bois de
Limors an der Front der 91. Luftlandedivision erzielte, wurden Teile der 353.
Infanteriedivision unverzüglich nach ihrem Eintreffen eilends an die
Mahlmann-Linie verlegt und gemäß der oben wiedergegebenen Weisung eingesetzt.
Die als Erste eintreffenden Einheiten wurden im nordöstlichen Teil des Bergs
Mont Castre, gegenüber von Pretet, eingesetzt, während die später eintreffenden
Teile zu der beherrschenden Höhe bei Montgarden verlegt wurden. Die 353.
Infanteriedivision begann sofort mit dem Bau von Stellungen, aufgrund des
Materialmangels konnten diese jedoch wenig mehr als Erdbefestigungen sein. Am
Mont Castre hatte das Fallschirmjägerregiment 6 bereits einige Feldbefestigungen
angelegt. Unterdessen war das LXXXIV. Armeekorps zu einer neuen Beurteilung der
Feindlage gelangt. Es lagen Anzeichen dafür vor, dass der Feind nach der
Einnahme Cherbourgs seinen Angriff nicht gegen die nördliche, sondern gegen die
östliche Flanke der Korpsfront führen werde. Möglicherweise würde der Angriff
aus dem Abschnitt Saint-Lô – Carentan heraus erfolgen, und zwar über Périers und
Saint-Sauveur-Lendelin entweder zur Küste oder sogar nach Südwesten.
Generalleutnant von Choltitz beschloss daher, Truppen aus der Mahlmann-Linie
herauszulösen und sie als Korpsreserve so bereitzuhalten, dass sie sowohl im
nördlichen als auch im östlichen Frontabschnitt eingesetzt werden konnten.
Dementsprechend verlegten am 29. Juni 1944 der Stab und Teile der 353.
Infanteriedivision in den Abschnitt östlich der Linie Périers – Joliment, wo sie
zur Verfügung des LXXXIV. Armeekorps blieben. Der Divisionsgefechtsstand wurde
in Joliment eingerichtet. Auch die 77. Infanteriedivision wurde zurückgenommen.
In der Mahlmann-Linie verblieben das I. Bataillon des Grenadierregiments 941,
das II. Bataillon des Grenadierregiments 942, das Pionierbataillon 353 (als
Infanterie eingesetzt) und das Gros der Artillerie. Alle diese Verbände
unterstanden der 91. Luftlande- und der 243. Infanteriedivision.
Am 29. Juni
1944 war die 353. Infanteriedivision wie folgt gegliedert:
a. Kampfgruppe
Böhm: Stab des Grenadierregiments 942, II. Bataillon des Grenadierregiments 943,
Füsilierbataillon 353 (die Kampfgruppe Böhm war der 352. Infanteriedivision
unterstellt und wurde bei Saint-Lô einge-setzt);
b. I. Bataillon des
Grenadierregiments 942 und Teile des Artillerieregiments 353; diese Kräfte waren
der 91. Luftlandedivision unterstellt und wurden in der Mahlmann-Linie nahe und
östlich des Mont Castre eingesetzt;
c. Pionierbataillon 353, II. Bataillon
des Grenadierregiments 942 und Teile des Artillerieregiments 353; diese Kräfte
waren der 243. Infanteriedivision unterstellt und wurden in der Mahlmann-Linie
nahe und südwestlich von La Haye-du-Puits eingesetzt;
d. die restlichen
Divisionsteile (Stab, drei Infanteriebataillone, ein oder zwei
Artillerieabteilungen, Panzerjägerabteilung 353) wurden im Raum Périers
eingesetzt.
Die Herauslösung von Truppen aus der Mahlmann-Linie verzögerte
deren Ausbau. Am 2. Juli 1944 entschied Generalleutnant von Choltitz, die 353.
Infanteriedivision erneut am Mont Castre einzusetzen, da am nördlichen
Frontabschnitt des LXXXIV. Armeekorps erste Angriffe erfolgten. Gleichzeitig
wurde die 77. Infanterie-division ebenfalls wieder eingesetzt, dieses Mal rechts
der 353. Infanteriedivision. Am 3. Juli 1944 unterstanden der 353.
Infanteriedivision aus taktischen Erwägungen folgende Teile in einer
Gesamtstärke von ungefähr 4.500 Mann: die Stäbe zweier Grenadierregimenter, drei
Infanteriebataillone, ein Pionierbataillon, die Hälfte des Artillerieregiments
353 und ein Panzerjägerbataillon. Des Weiteren standen ein Feldersatz- und ein
Marschbataillon mit insgesamt 1.500 Mann zur Verfügung. Damit wurde die Division
in einer Stärke von ungefähr 6.000 Soldaten eingesetzt. Gleichzeitig mit dem
Einsatz der 353. Infanteriedivision erreichten amerikanische Truppen die
Mahlmann-Linie. Am 3. Juli 1944 erneuerten sie ihre Angriffe nahe Saint-Jores,
wo sie einen Einbruch erzielten. Nördlich von La Haye-du-Puits verloren
Osttruppen (sowjetische, polnische usw. Soldaten) der 91. Luft-landedivision die
beherrschende Höhe beiderseits der Straße von Saint-Sau-veur-le-Vicomte nach La
Haye-du-Puits; westlich von Varenguebec gelang dem Feind der Durchbruch nach
Quévreville-la-Poterie. Dieser Angriff wurde durch das I. Bataillon des
Grenadierregiments 943 zum Stehen gebracht, welches gerade in der Mahlmann-Linie
eingetroffen war. Bis zum Abend des 3. Juli 1944 waren feindliche
Angriffsspitzen bis nahe an die Mahlmann-Linie vorgerückt, und zwar bei Baupte,
Saint-Jores, Quévreville-la-Poterie, Neufmesnil und
Saint-Nicolas-de-Pierre-Pont. Am 4. Juli 1944 bahnte sich der Feind über
Saint-Nicolas-de-Pierre-Pont seinen Weg nach La Haye-du-Puits. Bei drei
Angriffen versuchte er, in den Ort einzudringen, wurde jedoch durch das
Pionierbataillon 353 aufgefangen und durch Gegenangriffe teilweise
zurückgeworfen. Auf Befehl des LXXXIV. Armeekorps wurden sämtliche Teile der
243. Infanteriedivision, die noch westlich und nordwestlich von Saint
Nicolas-de-Pierre-Pont eingesetzt waren, in die Mahl-mann-Linie zurückgenommen.
Am 5. Juli 1944 wurde La Haye-du-Puits vom Pionierbataillon 353 gehalten.
Allerdings gelang dem Feind der Einbruch in die Hauptwiderstandslinie bei
Lithaire, den das Grenadierregiment 941 mit seinen örtlichen Reserven abriegeln
konnte. Der Einbruch wurde am 6. Juli 1944 erweitert, sodass der Feind am selben
Tag den Nordrand des Mont Castre, südlich von Lithaire, erreichte. Ein kleinerer
Einbruch in die Hauptwiderstandslinie erfolgte bei Montgarden; La Haye-du-Puits
konnte weiterhin gehalten werden. Am 7. Juli 1944 gelang es den amerikanischen
Truppen im Gefechtsstreifen der 77. Infanteriedivision, in den Nordrand des Mont
Castre einzudringen und bis zum Südrand von La Haye-du-Puits vorzustoßen. In dem
Ort selbst befanden sich einige Gruppen des Pionierbataillons 353, die
Widerstand leisteten. Auf Befehl des LXXXIV. Armeekorps führte eine Kampfgruppe
der 2. SS-Panzerdivision in der Nähe von La Haye-du-Puits einen Gegenangriff.
Befehligt wurde die Kampfgruppe vom Kommandeur der 2. SS-Panzerdivision. Da der
Gegenangriff erfolglos blieb, musste die Kampfgruppe am 8. Juli 1944
zurück-genommen werden. Im Anschluss daran wurde La Haye-du-Puits geräumt. Im
Verlauf der Kämpfe um La Haye-du-Puits erlitt das Pionierbataillon 353 schwere
Verluste. Ununterbrochener heftiger Artilleriebeschuss und pausenlose
Bombenangriffe vor und zwischen den Angriffen fügten dem Ort schwere Schäden zu.
Seine Verteidigung und die Gegenangriffe hatten unzählige Verluste zur Folge.
Mit dem Verlust von La Haye-du-Puits hatte das Pionierbataillon 353 nahezu seine
gesamte Kampfstärke eingebüßt: Dreißig oder vierzig übrig gebliebene Soldaten
bedeuteten Ausfälle von 90 Prozent; der Bataillonskommandeur, Hauptmann Pillmann,
wurde vermisst. Aufgrund fehlender anderweitiger Reserven musste die Masse des
Feldersatzbataillons 353 dem Grenadierregiment 943 unterstellt werden. Am 9.
Juli 1944 tobten Kämpfe um die unmittelbar östlich von La Haye-du-Puits gelegene
Anhöhe. Ein feindlicher Einbruchsversuch wurde durch einen Gegenangriff
abgewiesen. Am Abend des 9. Juli 1944 hielt die 353. Infanterie-division eine
Linie besetzt, die sich vom Nordrand des Mont Castre bis zum Nordrand von
Montgarden erstreckte. Während es dem Feind am 10. Juli 1944 gelang, am Nordrand
des Waldgebiets Forêt de Mont Castre einen ersten Ein-bruch zu erzielen, schien
sein Hauptangriff beiderseits der Hauptstraße von La Haye-du-Puits nach Lessay
zu erfolgen. Dank des Einsatzes einer großen Zahl von Panzern (von denen fünf
durch das Grenadierregiment 943 außer Gefecht gesetzt wurden) gelang ihm ein
weiter Vorstoß bis nach Barville. Der Vorstoß wurde nahe des Gefechtsstands des
Grenadierregiments 943, westlich der Hauptstraße, zum Stehen gebracht und die
Angreifer wurden über das Sumpf-land, welches sich nördlich und westlich von
Barville erstreckte, zurückgeworfen. Am 11. Juli 1944 setzten die amerikanischen
Truppen ihren Angriff nach einer heftigen Feuervorbereitung der Artillerie fort:
Im Gefechtsstreifen der 77. Infanteriedivision erreichten sie Beau Coudray, im
Gefechtsstreifen der 353. Infanteriedivision wurde der Hauptangriff entlang der
Straße La Haye-du-Puits – Lessay vorgetragen und im Gefechtsstreifen der 243.
Infanteriedivision stieß der Feind bis nach Angoville-sur-Ay vor. Da
amerikanische Truppen am selben Tag das südlich von Prairies Marecageuses de
Gorges gelegene Sainteny erreichten, war die Mahlmann-Linie an beiden Flanken
bedroht; teilweise war sie bereits sogar zusammengebrochen. Aus diesem Grund
befahl das LXXXIV. Armeekorps, in der Nacht des 11./12. Juli 1944 die Front auf
die Linie Gorges – Anhöhen südlich von Gerville – Angoville-sur-Ay –
Saint-Germain-sur-Ay zurückzunehmen. Diese Verlegung wurde ungestört durch den
Feind durchgeführt, und in ihrem Zuge kehrten das I. Bataillon des
Grenadierregiments 941 und das II. Bataillon des Grenadierregiments 942 zur 353.
Infanteriedivision zurück. Das I. Bataillon des Grenadierregiments 941 wurde im
Raum Pissot, das II. Bataillon des Grenadierregiments 942 im Raum Beauvais als
Divisionsreserve in Bereitschaft gehalten. Am 12. Juli 1944 griff der Feind
diese neue Linie an. Zwischen Laulne und Vesly erzielte er einen Einbruch, den
das I. Bataillon des Grenadierregiments 941 durch einen Gegenangriff abriegelte.
Beiderseits der nach Lessay führen-den Hauptstraße wurde das Grenadierregiment
942 zurückgedrängt und konnte seine Stellung nur durch den Einsatz seines II.
Bataillons halten. Am Nachmittag erfolgte zwischen Laulne und Vesly ein weiterer
kleiner Einbruch, der eben-falls abgeriegelt werden konnte. Das Marschbataillon
353 musste dem Grenadierregiment 941 unterstellt werden, um dessen Verluste
auszugleichen. Am 13. Juli 1944 gelang es dem Feind, seinen Einbruch nahe
Vesly zu erweitern, noch größeren Erfolg erzielte er jedoch an der Flanke
zwischen Sainteny und Gorges. Daher befahl das LXXXIV. Armeekorps in der Nacht
des 13./14. Juli 1944, die Front auf die Linie La Roserie (an der Straße von
Carentan nach Périers gelegen) – Südufer der Ay – südlicher Küstenstreifen der
Bucht von Lessay, d.h. auf die sogenannte Wasserstellung, zurückzunehmen. In
zehntägigen erbitterten Gefechten gelang es der 353. Infanteriedivision, den
Vormarsch der deutlich überlegenen amerikanischen Kräfte durch bewaldetes
Gelände im Abschnitt Mont Castre zu verzögern und diesen Vorstoß auf zehn
Kilometer zu begrenzen. Selbst dieser Geländegewinn war nur durch die materielle
und personelle Überlegenheit des Feindes möglich. Die Ausfälle, welche das
Großgerät des Feindes – Flugzeuge, Artilleriegeschütze und Panzer – verursachte,
konnten nur in begrenztem Umfang ersetzt werden. Was Waffen und Gerät betraf,
gab es praktisch keinerlei Ersatz, während für Personalverluste lediglich der
Personalersatz zur Verfügung stand, über den die Division selbst verfügte:
örtliche Reserven, ein Feldersatz- und ein Marschbataillon. Es ist klar, dass
die Stärke derjenigen Kräfte, mit denen dem Feind Widerstand geleistet werden
musste, abnahm und dass diese Kräfte allmählich aufgerieben wurden. In der
Wasserstellung besaß die Division eine Kampfstärke von ungefähr 2.000 Mann, in
der Mahlmann-Linie eine von 6.000 Mann. Die 2.000 Mann umfassten das I.
Bataillon des Grenadierregiments 941, das II. Bataillon des Grenadierregiments
942 und einige Teile des Artillerieregiments 353. Diese Truppen, die nicht zu
den 6.000 Mann zählten, kehrten nach dem 03. Juli 1944 sämtlich zur Division
zurück. Am 14. Juli 1944 stieß der Feind langsam weiter vor, wobei er
Spähaufklärung der Gefechtsvorpostenlinie betrieb. Daraufhin belegte er die
Verteidiger mit schwachem Störfeuer. Am 15. und 16. Juli 1944 war die
Gefechtsvorpostenlinie umkämpft, und am Abend des 16. Juli 1944 war sie bis zur
Hauptverteidigungs-linie zurückgedrängt. Am 17. und 18. Juli 1944 lag die
Hauptverteidigungslinie unter schwerem Artilleriebeschuss. In der Nacht des
17./18. Juli 1944 wurde die 77. Infanterie- durch die 91. Luftlandedivision
abgelöst; diese bezog Stellungen rechts von der 353. Infanteriedivision. Am 19.
Juli 1944 wies die 243. Infanteriedivision Angriffe auf Lessay ab, am 22. Juli
1944 wehrte das Grenadierregiment 942 Angriffe auf die südlich von Pissot
gelegene Höhe 26 ab. Während es in der Wasserstellung wenig Kampftätigkeit gab,
brachen an der rechten Flanke des LXXXIV. Armeekorps heftige Gefechte aus.
Nachdem am 17. Juli 1944 die Vire nördlich von Saint-Lô überschritten worden
war, fiel die Stadt selbst am 19. Juli 1944. Gleichwohl hielten die Gefechte in
diesem Raum an. Um dieser Bedrohung seiner rechten Flanke zu begegnen, beschloss
General-leutnant von Choltitz, die 353. Infanteriedivision als Reserve des
LXXXIV. Armeekorps vorzuhalten. Dementsprechend wurde die Division abgelöst, und
zwar in den Nächten des 22./23. und des 23./24. Juli 1944 durch die rechts und
links von ihr eingesetzten Divisionen, und im Raum Montouit – Saint Martin
d'Aubigny gesammelt. Die I. Abteilung des Artillerieregiments 353 verblieb bei
der 91. Luftlandedivision, die IV. Abteilung des Artillerieregiments 353 bei der
243. Infanteriedivision. Am Morgen des 24. Juli 1944 war die 353.
Infanteriedivision vollständig in dem neuen Abschnitt versammelt.
Am 24.7.44
morgens war die Bereitstellung der in der Wasserstellung ostwärts Lessay durch
Teile der 243. und 91.Infanterie-Division abgelösten 353.Infanterie-Division im
Raum Montcuit – St.Martin – D’Aubigny beendet. Generalleutnant von Choltitz
unterrichtete den Divisionskommandeur dahingehend, dass die Division in erster
Linie zum Einsatz nach Osten und Nordosten, in zweiter Linie nach Norden bereit
sein müsse. Es seien Anzeichen eines erwarteten Angriffes im Raum zwischen Vire
und Taute aufgetreten. Ein Durchbruch durch unsere derzeitige Front berge die
Gefahr in sich, dem Gegner den Weg ins Innere Frankreichs zu öffnen, was aber
eine Gefährdung nicht nur der Bretagne, sondern auch der rückwärtigen
Verbindungen der 1.Armee bringe. Deshalb sei es von ganz besonderer Wichtigkeit,
einen Durchbruch durch die jetzige Stellung zu verhindern. Die Division solle
sich in den für Gegenangriffe in Frage kommenden Richtungen orientieren. Ihr
Eintreffen könne von entscheidender Bedeutung werden.
Der Division standen
für neue Aufgabe zur Verfügung:
2 Regimentsstäbe mit Regimentseinheiten,
5 Infanterie-Bataillone,
1 Pionier-Bataillon,
½ Artillerie-Regiment.
Die Stärke der Bataillone waren aber, obgleich in den letzten 3 Wochen das
Feldersatz-Bataillon und das Marsch-Bataillon bis auf den letzten Mann in die
Kampftruppen eingestellt waren – gering. Die 3 Infanterie-Bataillone hatten eine
Stärke von insgesamt 7-800 Mann, das Pionier-Bataillon (zu 1 Kompanie formiert)
30-40 Mann. Die beiden leichten Artillerieabteilungen verfügten noch über etwa
15-18 Geschütze (10,5 cm). Dazu kam die Panzerjäger-Abteilung, von der noch 2
Sturmgeschütze, 4-6 Pak und 6-8 2 cm-Fla MG zur Verfügung standen.
Am 24.
Juli erfolgte ein Angriff mehrerer 100 amerikanischer Bomber auf die Front und
die Artilleriestellungen. Er dehnte sich in der Tiefe bis zur Linie Marigny –
Lozon – Le Mesnil Vigot aus, so dass die Division nicht mehr davon betroffen
wurde. Ihre Kampfkraft blieb infolgedessen erhalten. Am 25.7. um 10.30 Uhr
begann der erwartete Großangriff westlich der Vire und konnte nach starker
Artillerievorbereitung mit Unterstützung durch erhebliche Fliegerkräfte bis zu 3
km Tiefe Boden gewinnen. In der Mittagszeit traf im Divisionsgefechtsstand der
Befehl des LXXXIV. Armeekorps ein, nach welchem die verstärkte
Panzer-Lehr-Division überlegenen Feindangriff in der Linie Hebecrevon – La
Duquerie aufgefangen habe. Die 353. Infanterie-Division sollte sofort mit einem
verstärkten Regiment zum Gegenangriff antreten, um die Höhe südostwärts Lozon zu
gewinnen. Bei La Duquerie sei Anschluss an Panzer-Lehr-Div., bei Lozon an
17.SS-Panzergrenadier-Division zu nehmen. Die Division setzte das der
Einbruchsstelle am nächsten liegende Grenadierregiment 941, dem er die Reste der
Panzer-Jäger-Abteilung 353 unterstellte, ein und befahl dem Artillerie-Regiment
353 die Unterstützung dieses Angriffs. Das verstärkte Grenadier-Regiment 941 und
das Artillerie-Regiment 353 erreichten nur mit Verzögerung infolge mehrfacher
Jabo-Angriffe den Ausgangsraum ostwärts Hauteville La Guichard. Von hier aus
trat das Regiment am Spätnachmittag an. Schwacher, auf dem Höhengelände
eingenisteter Feind wurde geworfen. Der Angriff drang bis nach La Butte vor, wo
er gestoppt wurde. Die Division erhielt am Abend des 25. Juli den Befehl, auch
das 2. Regiment einzusetzen und die Lücke zwischen verstärkter
Panzer-Lehr-Division und 17. SS-Panzergrenadier-Division dauerhaft zu schließen.
In der Nacht zum 26. Juli 1944 wurde das Grenadier-Regiment 942 neben
Grenadier-Regiment 941 eingesetzt. Am 26. Juli erfolgte unter starker
Artillerie- und Fliegerunterstützung ein mit überlegenen Panzerkräften geführter
amerikanischer Angriff beiderseits der Vire, nach Westen bis zur Straße Les
Champs des Losqe, Marigny. Westlich dieser Straße fanden im Bereich der
353.Infanterie-Division nur schwächere Vorstöße statt, von denen einer bis in
die Gegend des vorgeschobenen Divisions-Gefechtsstandes eindrang. Jedoch konnte
dieser eingedrungene Feind abgewiesen bzw. zurückgeworfen werden. Am Nachmittag
drang der Gegner in Marigny ein, wo sich allerdings bei der geringen Tiefe, die
die deutsche Verteidigung aufwies, deutsche Truppen, die hätten Widerstand
leisten können, nicht befanden. Damit waren Flanke und Rücken der 353.
Infanterie-Division bedroht, darüber hinaus aber auch Flanke und Rücken der
westlich der 353. Infanterie-Division kämpfenden Teile des LXXXIV. Armeekorps.
Generalleutnant v. Choltitz beauftragte deshalb die zurzeit am linken Flügel des
Korps befindliche 243. Infanterie-Division mit der Deckung der rechten Flanke
des Korps. In der Nacht zum 27. Juli befahl das LXXXIV. Armeekorps die
Zurücknahme der Front in eine Linie, westlich Marigny über die Straße Marigny –
Coutances nach Norden sprang und dann nach Westen bzw. Nordwesten umbog. Am 27.
Juli 1944 gelang es amerikanischen Einheiten, in der Front Einbrüche zu
erzielen. Zugleich überrollten von der rechten Flanke her feindliche Panzer die
schwache Sicherung des Nachbarn, ebenso den eigenen Flankenschutz und stießen
bis in die Artilleriestellungen vor, wo sie durch das Artillerie-Regiment 353
und die Panzerjäger-Abteilung 353 zur Umkehr gezwungen wurden. Auf der Straße
blieben einige abgeschossene amerikanische Panzer liegen. Am Abend des 27.Juli
waren die Einbruchsstellen in der Front abgeriegelt, so dass die HKL im
Wesentlichen gehalten war. Schlechter sah es aber in der rechten Flanke aus, wo
eine durchlaufende Front fehlte und nur gelegentlich kleine Kampfgruppen zu
finden waren. Für die Nacht zum 28. Juli hatte das Generalkommando LXXXIV.
Armeekorps Absetzen über La Soulle R befohlen, 353. Infanterie-Division in den
Raum von Roncey. Hierfür kam nur der Übergang über La Soulle R südwestlich
Montoinchen in Frage. Lediglich der Umstand, dass die Division ja nur noch aus
einer verhältnismäßig kleinen Kampfgruppe bestand, ermöglichte es, den Abmarsch
auf dem schlechten Wege, der bei Montoinchen zudem noch erhebliche
Höhenunterschiede aufwies, in der kurzen Nacht durchzuführen. Kolonnen standen
nicht zur Verfügung, so dass Fußmarsch erforderlich war. Die letzten Teile der
Infanterie nahmen den Uferwechsel erst nach Tagesanbruch vor. Die Bewegung wurde
vom Gegner nicht gestört, obwohl er dicht an der Ostflanke der Division saß. Die
Division richtete sich zur Verteidigung ein. Zum Schutz der rechten Flanke wurde
die Panzer-Jäger-Abteilung 353 (Rest) am großen Straßendreieck 2 km nordwestlich
Hambye eingesetzt. Im Laufe des 28.7. gelang es den Amerikanern, die rechte
Flanke der Division einzudrücken, am Abend war auch die Verbindung mit St.Denis-le-Gast
abgeschnitten. Teile des Grenadier-Regiments 941 waren aus der Nordfront
herausgenommen und dem Kommandeur der Panzer-Jäger-Abteilung 353 für den Schutz
von Flanke und Rücken der Division unterstellt worden. Das Gelände, Hecken,
Buschwerk, zahlreiche einzelne Bauernhöfe, verhinderte jede Übersicht. An
einzelnen Stellen saßen deshalb schon Amerikaner tief in der eigenen Front.
Spähtrupps zum rechten Nachbarn (243.Infanterie-Regiment) stießen überall auf
Feind. Spähtrupps zum linken Nachbarn (91.Infanterie-Division) hatten am
Vormittag noch über St.Denis-le-Gast – Lengronne nach Süden abfließende Kolonnen
aller Art getroffen – auch die 353. Infanterie-Division schickte vormittags alle
entbehrlichen Fahrzeuge über Gavray auf das Südufer der Sienne – aber mit
Kampftruppe keine Verbindung gefunden. Am späten Abend dieses Tages erhielt der
Divisionsstab folgenden Funkspruch: "Feind in Richtung Brehal durchgebrochen.
Die Divisionen durchbrechen den in ihrem Rücken befindlichen Gegner und
erreichen das Südufer Sienne, welches zu halten ist. Es brechen aus:
243.
Infanterie-Division über Hambye,
353. Infanterie-Division über La Baleine,
91. Infanterie-Division über Gavray.
Der Kommandeur der 353.
Infanterie-Division entschloss sich, durch Nachtangriff eine Lücke in die
feindlichen Absperrlinien zu schlagen und bei Dunkelheit über St.Denis-le-Gast
nach Süden durchzustoßen. Zusammengefasstes Artilleriefeuer beider
Artillerie-Abteilungen auf die Straße St.Mar-tin de Cenilly – Lengronne und zwar
im Ausbruchsraum sollte die außerhalb der Panzer befindlichen Amerikaner
niederhalten, vielleicht auch einige Panzer zum Abfahren oder zum
Stellungswechsel bringen. Nach dieser Schwächung der Abwehr sollte
Grenadier-Regiment 941 antreten. Durch Verzögerung der Vorbereitung dieses
Regiments wurde nicht – wie befohlen – mit dem letzten Artillerieschuss
angetreten, sondern erst verspätet.Während das rechte Bataillon nur auf geringen
Widerstand stieß, hatte das linke stärkere Verluste. Aber schließlich gelang
auch hier der Durchstoß. Unmittelbar danach wurde die Artillerie und sodann alle
anderen Fahrzeuge durch das Loch, das nach beiden Seiten durch Pak und
Sturmgeschütze mit Infanterie-Kampfgruppen abgeschirmt wurde, gezogen und
schließlich folgte die Nachhut. Abgesehen von personellen Verlusten wurden noch
ein Sturmgeschütz und 3 oder 4 Kraftwagen abgeschossen. Alles andere –
insbesondere die gesamte Artillerie – kam durch. Merkwürdigerweise war St.Denis-le-Gast,
wohin die Artillerie nach dem Feuerschlag auf die Straße St.Martin de Cenilly –
Lengronne ihr Feuer gelegt hatte, nicht verteidigt und so floss die Division
nach dem Durchschleusen durch die Durchbruchsstelle unbelästigt nach Süden ab.
Bis zum Erreichen von La Baleine war es heller geworden. Auch an den Übergängen
über die Sienne standen keine amerikanischen Einheiten, auch kamen keine
Jagdbomber, obwohl die Masse der Division bei Helligkeit den Uferwechsel
durchführen musste. Der Ausbruch war der Division unter Erhaltung der Kampfkraft
gelungen. Die bei der 91. und 243.Infanterie-Division eingesetzten beiden
Artillerie-Abteilungen – die I. und IV. – kamen aus der Einschließung nicht
heraus. Fast die geschlossenen Abteilungen werden seit jener Nacht vermisst. Die
Division richtete sich am 29. Juli 1944 auf dem Südufer der Sienne zur
Verteidigung ein. Die rechte Grenze war etwa 2 km südwestlich Hambye, die linke
am Ostrand Gavray. Die im Sienne-Bogen nordostwärts La Baleine eingesetzte
Kampfgruppe Heinz (bestehend aus dem Regimentsstab Grenadier-Regiment 984, 1
Bataillon Grenadier-Regiment 984, 1 Bataillon der 243. Infanterie-Division
– Hauptmann Ellermann) in Stärke von insgesamt rund 400 Mann wurde der Division
unterstellt. In der Front der Division schob sich der Gegner langsam an die
Gefechtsvorposten heran. Gefährlich war die ungeklärte Lage in der Ostflanke.
Das durch Zerschlagen der Panzer-Lehr-Division entstandene Loch war noch nicht
wieder geschlossen, jedoch hinderte wohl der Angriff der 2. und
116.Panzer-Division die Amerikaner an einem energischen Vorstoß nach Süden oder
Südwesten. Die Aufstellung der kleinen Reserven der Division erfolgte in der
Ostflanke. Auch wurden hier Versprengte, die aus dem Raum Maupertuis –Hambye
nach Südwesten abströmten, gesammelt. Mit der Sammlung und Organisation wurde
der Stab eines dort vorgefundenen Feldersatz-Bataillons beauftragt. Am 30. Juli
wurden die Gefechtsvorposten über die Sienne zurückgedrückt. Sodann griff der
Gegner an der vorspringenden Schleife des Flusses (Grenadier-Regiment 984) und
in Gavray an, wurde aber abgewiesen. Bei Wiederholung dieser Angriffe am 31.
Juli gelang es ihm, die Sienne ostwärts des Grenadier-Regiments 984 zu
überschreiten und aus der Flanke bis zum Gefechtsstand des Oberst Heinz
vorzustoßen, wo er durch den Regimentsstab Grenadier-Regiment 984 aufgefangen
wurde. Andere Einbrüche gelangen bei La Baleine (Grenadier-Regiment 941) und in
Gavry (91. Infanterie-Division). Auch am 30. und 31. Juli war es nicht gelungen,
die Lücke in der Ardennenfront nördlich Percy zu schließen. Das LXXXIV.
Armeekorps befahl, in der Nacht vom 30. Juli zum 31. Juli auf Villedieu-les-Poêles
auszuweichen. Der Division war im Laufe des 30. Juli 1944 ein Grenadier-Regiment
der 363. Infanterie-Division (Grenadier-Regiment 957) zugeführt und unterstellt
worden mit der Weisung, es am rechten Flügel zu verwenden, damit es nach
Eintreffen der 363. Infanterie-Division, die rechts neben 353.
Infanterie-Division einzusetzen beabsichtigt sei, dieser ohne Umgliederung
wieder unterstellt werden könne. Das Regiment erhielt – als es am 30. Juli in
Villedieu-les-Poêles eintraf, den Auftrag, die auf diesen Ort von Nordosten,
Norden und Nordwesten heranführende Straße zu sperren und den Einsatz im rechten
Teil des neuen Divisionsabschnitts vorzubereiten. Das Lösen vom Feind und das
Absetzen in die neue Stellung bei Villedieu-les-Poêles geschah ungestört vom
Gegner und planmäßig. Während ein Angriff beiderseits der Straße Hambye,
Villedieu-les-Poêles zwar bei Grenadier-Regiment 941 einbrechen konnte, aber in
den ersten Häusern der Stadt aufgefangen wurde, gelang es amerikanischen
Panzern, das Grenadier-Regiment 942 zu durchstoßen. Die Regiments-Reserve, das
I./Grenadier-Regiment 943, wurde dabei völlig aufgerieben. Nur einige wenige
Soldaten des Bataillons blieben übrig. Sie wurden in das Grenadier-Regiment 942
eingereiht. Die Panzer stießen auch in den Gefechtstross und in die Feldküchen
durch, wo sie Schaden anrichteten. Die feindlichen Panzer stießen bis St.Martin-le-Bouillant
durch. Von den im Osten durchgebrochenen Panzern gelangten einige über St.Maur
des Bois bis zu den Batteriestellungen des Artillerie-Regiments 353 und bis zum
Divisions-Gefechtsstand. Am Spätnachmittag des 1. August unterstellte sich das
Fallschirm-Jäger-Regiment 6 der Division. Es war, von Norden kommend, sehr
abgekämpft und hart mitgenommen. Seine Kampfstärke zählte noch etwa 30-40 Mann.
Mit der Division, der das Regiment bisher unterstellt war, hatte es seit Tagen
keine Verbindung mehr gehabt. Das Regiment bekam den Auftrag, die rechte Flanke
der Division bei St.Maur zu sichern. Für die Nacht auf den 2. August 1944 befahl
das LXXXIV. Armeekorps in eine rückwärtige Stellung am Westrand des Forêt de
St.Sever auszuweichen. Generalleutnant Elfeldt unterrichtete den
Divisionskommandeur darüber, dass aus dem Raum südlich des Forêt de St.Sever ein
Gegenangriff mit dem Ziel, bis Avranches wieder durchzustoßen, geplant sei. Das
Halten des Forêt de St.Sever sei deshalb von besonderer Bedeutung. Am 2. und 3.
August wurde am Forêt de St.Sever gekämpft. Das Fallschirm-Jäger-Regiment 6
wurde zu einem erfolgreichen Gegenstoß im Nordteil des Waldes eingesetzt, wo der
Gegner im Raum der Stadt St.Sever-Calvados in die Nordflanke der Division
vorgestoßen war. An einem dieser Tage wurden der Division auch die Reste der
Kampfgruppe Oberst Böhm, die bisher bei 352. Infanterie-Division eingesetzt war,
wieder unterstellt. Nach Zuführung von Ersatz aus der Heimat konnte zudem das
Grenadier-Regiment 943 in Bataillonsstärke - etwa 120 Mann – wieder aufgestellt
werden. Ebenso wurde das Füsilier-Bataillon als Kampfgruppe von etwa 60-80 Mann
wiederhergestellt. Am 4.August setzten die Amerikaner ihre Angriffe in
verstärktem Maße fort, insbesondere im Raum Le Gast und nördlich. Die Angriffe
erstreckten sich in den Raum weit südlich des Divisions-Abschnitts. Während ein
Grenadier-Regiment seine Stellung halten konnte, gelang es dem Feind, im Südteil
des Forêt de St.Sever einzudringen, wo er jedoch abgeriegelt wurde. Weiter
südlich stießen die Amerikaner bis Perries en Beauficel, St.Barthelemy und
Mortain durch. In der Nacht zum 5. August 1944 wich das LXXXIV. Armeekorps aus
der Linie Vire – Champ-du-Boult – Höhen westlich Gathémo – Höhen bei Sourdeval.
Am 5.August griffen die Amerikaner bei Champ-du-Boult, beim rechten Nachbarn bei
Vire an. Sie erzielten nur einige örtliche Einbrüche. Größere Erfolge errangen
sie tags darauf, als sie in den Wald La Haye eindrangen und auch beim rechten
Nachbarn bei St.Manvieu-Bocage Boden gewinnen konnten. In der Nacht zum 7.
August wurde deshalb auf Befehl des LXXXIV. Armeekorps der vorspringende Bogen
von Champ-du-Boult geräumt. Am 7. August begann der deutsche Angriff aus dem
Raum südlich Sourdeval nach Westen. Auch die Amerikaner griffen an. Bei der 84.
Infanterie-Division erzielten sie bei Gathémo einen Einbruch. Im Übrigen wurde
die Stellung am 7. und 8. August gehalten. An einem der beiden Tage wurde die
363. Infanterie-Division rechts neben der 353. Infanterie-Division eingesetzt.
Das Regiment des Oberst Frhr. von Gall trat damit unter den Befehl seiner
Division zurück, der Abschnitt der 353. Infanterie-Division wurde um die Breite
dieses Regiments verschmälert. Am 9. August erfolgte ein starker amerikanischer
Angriff aus dem Raum von Vire nach Süden, der bis zur Linie La Lande Vaumont –
Höhe 246 an der Straße Vire – Sourdeval (5 ½ km südlich Vire) Boden gewann. Der
Auftrag des LXXXIV. Armeekorps, die Nordflanke des Angriffs der Panzergruppe
Eberbach, die am 10. August 1944 erneut in Richtung Avranches angreifen sollte,
zu schützen, blieb bestehen. Generalleutnant Elfeldt teilte deshalb der 363.
Infanterie-Division und 353. Infanterie-Division seinen Entschluss mit, am 10.
August seinen Auftrag offensiv zu lösen. Am 10. Augustmorgens begann der Angriff
der 363. Infanterie-Division und 353. Infanterie-Division. Das
Grenadier-Regiment 984 brach tief in den Feind ein, nahm die Höhen 264 und 230
und stieß an der Straße nach Vire weiter nach Norden vor. Rittlings der Straße
griff die Kampfgruppe Grenadier-Regiment 943 an und hatte großen Erfolg.
Grenadier-Regiment 941 kam jedoch über die Bachniederungen, die von den
gegenüberliegenden Höhen beherrscht wurden, nicht vor. Die amerikanische
Luftwaffe wurde gegen diesen Angriff nicht eingesetzt. Die Kampfkraft der
Division wurde auch wieder etwas gehoben, da aus zugeführtem Ersatz das
Grenadier-Regiment 942 in Stärke von 2 schwachen Bataillonen und
Regimentseinheiten hatte wiederhergestellt werden können. Auch hatten die
anderen Kampfgruppen der Division verstärkt werden können.
Während der
Vorbereitungen der 7. Armee zum Gegenangriff auf Avranches machte sich die
Bedrohung ihrer Südflanke durch Annäherung amerikanischer Kräfte gegen die Linie
Martain – Alençon bemerkbar. Um Truppen zum Schutz von Flanke und Rücken frei zu
bekommen, verkürzte die 7. Armee die Front. Hierzu wurde in der Nacht 11./12.
August 1944 vom LXXXIV. Armeekorps in die Linie La Lande Vaumont – Höhe westlich
Vengeons – Sourdeval zurückgegangen. Am 12. August versuchten die Amerikaner,
die neue Front einzudrücken. Beiderseits der Straße Gathémo, Vengeons erfolgten
mehrere Angriffe mit Panzerunterstützung, die im Raume La Houlle – Vengeons aber
nur unwesentlich nach Osten eindringen konnten. Ebenso erfolgten ostwärts und
südlich des Divisionsabschnitts amerikanische Angriffe, die aber an der
Gesamtlage nichts änderten. In Fortsetzung der Absicht, die Front zu verkürzen,
um Kräfte frei zu bekommen, wurde das LXXXIV. Armeekorps in der Nacht 12./13.
August 1944 in die Gegend nordwestlich Tinchebray – Truttemer le Grand -
nördlich Domfront zurückgezogen. Der Division war in diesen Tagen ein
Infanterieregiment der 331. Infanterie-Division unterstellt worden. Es handelte
sich um ein frisches Regiment mit vollen Kampfstärken an Personal und Material.
Im Laufe des 13. August erfolgten mehrere Angriffe im Raum von Truttemer le
Grand, die zwar kleine Einbrüche erzielten, aber abgeriegelt werden konnten.
Schlimmer war es am 14. August, an welchem Tage die beherrschenden Höhen bei St.
Sauveur de Chaulieu verloren gingen und die Amerikaner bis in den Wald ostwärts
dieses Ortes eindringen konnten. Auch aus Richtung La Lande Vaumont griffen die
Amerikaner an und erzielten Einbrüche. Die Division hatte hohe Verluste. Diese
konnten nur dadurch ausgeglichen werden, dass ein Marschbataillon, welches aus
„Norwegen-Urlaubern“ bestand, der Division gerade an diesem Tage zugewiesen
worden war. Auch das Regiment des Oberst von Dobeneck (331. Infanterie-Division)
war bei diesem, seinem ersten Einsatz gleich hart mitgenommen worden. Aus der
nicht mehr verteidigungsfähigen Stellung wurde die Division durch Befehl des
LXXXIV. Armeekorps in der Nacht 14./15. August 1944 herausgelöst und in die
Gegend Tinchebray zurückgenommen. Am 15. August schied das Fallschirm-Jäger
Regiment 6 aus dem Verband der Division wieder aus. Es sollte zur
Neuaufstellung in den Raum Nancy abtransportiert werden. Inzwischen hatte sich
die Bedrohung von Flanke und Rücken fortgesetzt. Im Laufe des 16. August wurden
im Raum Flers durch die Amerikaner einige örtliche Einbrüche erzielt. Im Süden
erfolgte ein starker Angriff aus dem Forêt d’Andaine heraus, der zur Bedrohung
des Rückens der 353. Infanterie-Division führte. Es wurde nötig, Infanterie aus
der Front herauszulösen und in der tiefen Flanke der Division bereitzustellen.
Führung und Truppe waren froh, als der Abend kam und die Division sich auf
Befehl des LXXXIV. Armeekorps nach Osten absetzen konnte. Das LXXXIV. Armeekorps
hatte bei dieser neuen Absetzbewegung die Masse der 84. Infanterie-Division
herausgelöst und zum Schutz gegen die drohende Einschließung der 7. Armee
abgegeben. Eine im Abschnitt Briouze zurückgelassene Regiments-Kampfgruppe
dieser Division wurde am 17. August der 353. Infanterie-Division unterstellt.
Briouze war frontal gut zu verteidigen, da westlich vorgelagert der Marais du
Grand Hazze war. Schlecht sah es jedoch in der Südflanke aus. Dort sollte eine
Panzer-Division Anschluss haben. Die Anschlusstruppe war aber nicht zu finden.
So fühlten die Amerikaner am 17. August von Süden her gegen Pointel vor und
brachten die Kampfgruppe der 84. Infanterie-Division in Bedrängnis. Es gelang
der Division, eine weitere Umfassung von Süden her zu verhindern. Die
zerschlagene Kampfgruppe der 84. Infanterie-Division wurde am Abend des 17.
August auf Befehl des LXXXIV. Armeekorps zu ihrer Division wieder entlassen. Mit
der hart mitgenommenen Truppe war ein Abwehrkampf unter Festhalten an einer HKL
nicht mehr zu führen. Um die Abwehr in anderer Weise gewährleisten zu können,
gliederte der Kommandeur der 353. Infanterie-Division seit einigen Tagen die
Division im Einsatz nach nachstehendem Schema: A B C D
A = HKL (vor dieser
nach Möglichkeit Gefechtsposten)
B = 2. Stellung
C = Artillerie-Stellungen
D = 3. Stellung
Die 1. und 2. Stellung wurde besetzt, die 3. Stellung wurde
erkundet und vom Erkundungsstab vorbereitet. Einbrüche in die HKL wurden zwar
nicht mehr bereinigt, aber mit Sicherheit in der 2. Stellung aufgefangen. Die
Besatzung der 1. Stellung wurde bei gelungenem feindlichem Einbruch nach
Herstellung der Verbindung zu den Nachbarn in die 3. Stellung zurückgenommen.
Diese Kampfgliederung bewährte sich und wurde für die Zukunft beibehalten.
Die Nacht vom 17. zum 18. August brachte den Übergang über die Orne, auf deren
Ostufer auf Befehl des LXXXIV. Armeekorps auszuweichen war. Die Absetzbewegung
war über eine für die kurze Sommernacht verhältnismäßig lange Strecke
zurückzulegen. Die Zufahrtsstraßen und Übergänge über die Orne lagen unter
heftigem amerikanischem Artillerie-Störungsfeuer. Als Übergangsstelle wählte die
Division eine Brücke abseits von Ortschaften, bei einer Mühle, die vom
Artilleriefeuer noch am wenigsten belästigt wurde. Mit einbrechender Dunkelheit
verstärkten die Amerikaner ihr Artilleriefeuer auf die Orne so, dass es
pausenlos auf dem tief eingeschnittenen, schwer zu überwindenden Flusslauf lag.
Mehrfach war der Weg durch zerschossene Fahrzeuge oder gefallene Pferde gesperrt
und musste ständig durch Räumkommandos freigehalten werden. Mit Beginn der
Helligkeit hatte die Masse der Division den Uferwechsel vollzogen. Auf der
Feindseite standen nur noch einige Sicherungen. Mit dem ersten Morgengrauen
stürzten sich die amerikanischen Jabos auf die Bewegungen ostwärts der Orne.
Inzwischen war zur Deckung des Rückens der 7. Armee auch die 363.
Infanterie-Division aus der Westfront der Armee herausgezogen worden. Bei dieser
Auflockerung konnten Anschlüsse und Zusammenhang in der Front nicht mehr
festgefügt sein, und so standen die Amerikaner auch bald auf dem Ostufer der
Orne. Nur mühsam und unter Verlusten konnte die Division bei Tage
abschnittsweise bis an die Eisenbahn Argentan, Morteaux Couliboeuf
zurückgenommen werden. Dass dies überhaupt möglich war, ist dem Umstand zu
verdanken, dass in dieser Zeit amerikanische Jabos nicht erschienen. Im Laufe
des 18. August schied die 353. Infanterie-Division auf Befehl des AOK 7 aus dem
Verband des LXXXIV. A.K. aus und wurde dem 2. Fallschirm-Korps unterstellt. In
der Nacht zum 19. August 1944 wurde die Masse der Division an den Westrand des
Bois de Feuille und des Forêt de Couffern zurückgenommen, an der Bahnlinie
blieben nur noch Gefechtsvorposten. Das II. Fallschirm-Korps gab am 19. August
morgens als Vorbefehl aus, dass beabsichtigt sei, in der Nacht vom 19./20.
August hinter die Dives zurückzugehen. Es sei mit der Möglichkeit zu rechnen,
dass die Dives feindbesetzt sei. Das II. Fallschirm-Korps befahl am Nachmittag
des 19. August den Ausbruch aus dem Kessel für die Nacht vom 19. zum 20. August
Es sollten ausbrechen:
3. Fallschirmjäger-Division über Magny, südlich Trun,
353. Infanterie-Division über St.Lambert sur Dives;
alle Fahrzeuge seien über
Chambois aus dem Kessel herauszuschicken. Inzwischen waren aber sowohl
St.Lambert sur Dives als auch Chambois feindbesetzt. Der Divisionskommandeur
entschloss sich daher, mit der Masse der Division bei Chambois auszubrechen, um
die Fahrzeuge vor der Gefahr des Abgestreiftwerdens zu schützen und bei
St.Lambert sur Dives nur die Regimentsgruppe Heinz (Grenadier-Regiment 984) und
die Nachhut (Grenadier-Regiment 942) ausbrechen zu lassen. Während des Tages
wurde die Südflanke der Division immer mehr bedroht. Die Division beauftragte
deshalb die Pionier-Kompanie 353 mit dem Flankenschutz mit Front nach Süden am
Südrand des Forêt de Couffern südlich des Divisionsgefechtsstandes. Kaum dort
angekommen, unterstellte sich das Generalkommando des XXXXVII. Panzer-Korps
diese Pioniere. Die Division erfuhr diese Tatsache erst verspätet und hat von
den Pionieren nachher nur einige wieder gesehen. Sobald die Dunkelheit
einsetzte, traten die Regimentsgruppen 941, 984 und von Dobeneck an. Es sollten
ausbrechen:
Grenadier-Regiment 941 über Chambois, hinter ihm folgend das
Regiment des Oberst von Dobeneck.
Grenadier-Regiment 984 über St.Lambert sur
Dives, hinter ihm folgend die Nachhut, Grenadier-Regiment 942. Als Ziel war der
Westhang des Mont Ormel gesetzt.
Der Divisionsstab beabsichtigte, den Mont
Ormel über Chambois zu erreichen.
Aus Geländegründen ließ sich der Ort
Tournay sur Dives nicht umgehen. Das Dorf brannte, die Straßen waren durch
zerschossene Fahrzeuge, tote Pferde und stecken gebliebene Panzer vollständig
versperrt. Aufräumungsarbeiten verzögerten den Durchmarsch um 3 Stunden. In
dieser Zeit erfolgte alle 5 Minuten ein Artillerie-Feuerüberfall auf das Dorf,
der aber wohl den Ortsrand, aber nicht die Dorfstraße traf, so dass das
Durchschreiten ohne Verluste vor sich ging. In Tournay sur Dives unterstellte
sich der Divisionskommandeur 3 Panzer, die dort – abgekommen von ihrer Truppe –
herumstanden. Der Weg Tournay sur Dives, Chambois lag unter Artillerie-Feuer von
Süden her. Aber auch hier traten keine Verluste ein. Als sich der
Divisionskommandeur am Anfang der rechten Kolonne Chambois näherte, fand er im
Buschgelände von Le Bas Fel einige Panzer unter Führung eines Stabsoffiziers
vor, die den Auftrag hatten, den Raum von Chambois „freizukämpfen“. Mit
beginnender Morgendämmerung (20.8.) trat diese Abteilung an. Der
Divisionskommandeur hing seine rechte Kolonne an und gelangte mit dieser über
die Dives beim namenlosen Ortsteil zwischen Chambois und St.Lambert sur Dives.
Die schnellen Panzer waren aber dann verschwunden und unmittelbar nördlich des
Dorfes war die Lücke vom Gegner wieder geschlossen worden. Im namenlosen
Ortsteil waren außer den Kampfgruppen Schmitz und Dobeneck noch zahlreiche
Soldaten wohl aller Divisionen des Kessels, die als Versprengte hinter den
Panzern und der 353. Infanterie-Division her über die Dives gelangt waren. Der
Divisionskommandeur ordnete die Verbände und bildete Kampfgruppen. Es dauerte
nicht lange, so hatte die feindliche Artillerie erfahren, dass der Ortsteil in
deutscher Hand sei und heftiges Artilleriefeuer setzte auf das voll gestopfte
Dorf ein. Verluste traten ein, die notdürftig gebildeten Kampfgruppen wurden
wieder zersprengt, es entstand ein großes Durcheinander. Trotz allem gelang es
aber endlich, die Masse der Kämpfer einigermaßen zu ordnen. In enger Anlehnung
an das Dorf waren die Büsche und Hohlwege angefüllt mit Soldaten. Spähtrupps
nach Südwesten stießen auf Amerikaner, nach Norden auf Engländer, nach Nordosten
auf Churchill-Panzer. Beim Ordnen der Verbände waren 2 deutsche Panzer
vorgefunden worden. Der Divisionskommandeur entschloss sich, diese zum
Durchbruch durch die enge Lücke zwischen Engländern und Amerikanern anzusetzen.
Kaum hatten sie das Dorf verlassen, wurden sie von Churchill-Panzern
bewegungsunfähig geschossen. Die zusammengewürfelten Kampfgruppen lagen
resigniert und ohne Initiative in Deckung, übernächtigt, müde, abgekämpft,
mutlos. Der Divisionskommandeur griff sich etwa ein Dutzend Soldaten und
erkundete mit diesen einen gedeckten Weg in etwa ostwärtiger Richtung. Er wurde
dabei aus einem Churchill-Panzer angeschossen, erhielt aber nur eine leichte
Kopfverletzung, so dass er nun auf dem erkundeten Weg die Kampfgruppe Schmitz
herausführen konnte. So gelangten wenigstens die Menschen aus dem Kessel heraus.
Fahrzeuge und Geschütze fielen dem Feind in die Hand. Nur 2 oder 3 Volkswagen
waren beim Ausbruch nicht abgeschossen worden. Die zahlreichen Verwundeten, aber
auch andere Soldaten – darunter Teile des Divisionsstabes – fielen als Gefangene
in Feindes Hand. Die freie Fläche nördlich Frenée war bald, nachdem die
Durchbruchsspitze des Divisionskommandeurs angetreten war, von Soldaten des
Heeres, der Luftwaffe und Leuten der SS übervoll. Alles strebte dem Mont Ormel
zu, der hoch aus der freien Fläche herausragte (das Dives-Tal liegt etwa 90 m
über dem Meeresspiegel, der Mont Ormel, in der Luftlinie 4 km von der Dives
entfernt, etwa 250 m hoch). Über der freien Fläche hing ein amerikanischer
Artillerie-Flieger, der auf die zurückströmenden Truppen das Artilleriefeuer
lenkte. Am Mont Ormel wurden die Verbände neu geordnet. Es wurden gebildet:
Kampfgruppe Oberst Schmitz, dem alle Soldaten des Heeres unterstellt wurden,
Kampfgruppe Fallschirmjäger,
Kampfgruppe SS.
Die Kampfgruppe Dobeneck
hatte sich anscheinend verlaufen. Sie kam nach Norden ab und wurde von einer
anderen Division vereinnahmt. Mit dem Grenadier-Regiment 984 war noch keine
Verbindung wieder gefunden worden. Ebenso fehlten Nachrichten von der Nachhut.
Während jedoch Grenadier-Regiment 984 später wieder zur Division stieß, blieb
das Grenadier-Regiment 942 vermisst. Nachbarn oder vorgesetzte Dienststellen
wurden weder rechts noch links gefunden, wohl aber meldete die Kampfgruppe SS,
dass in den Wäldern nördlich des Berges bereits englische gepanzerte Aufklärung
sei. An der Vie waren einige Sicherungen, gestellt worden. Der
Divisionskommandeur entschloss sich daher, hinter die Vie zurückzugehen. Er gab
die Befehle dazu aus und setzte die Kampfgruppen in Marsch. Die Kampfgruppe
Schmitz und Fallschirmjäger trafen auch richtig ein. Die Kampfgruppe SS fehlte.
Aus dem Kessel herausgekommen, war sie jetzt abmarschiert, ohne den ihr
erteilten Befehl, an der Vie in Stellung zu gehen, auszuführen. Bis in die
Dunkelheit hinein suchten Offiziere des Divisionsstabes die SS vergeblich.
Vermutlich war sie in Quartiere abgerückt, die Sicherung den Soldaten des Heeres
und der Luftwaffe überlassend. Der Divisionskommandeur suchte persönliche
Verbindung mit dem vorgesetzten Generalkommando, dem II. Fallschirm-Korps. Auf
seiner Fahrt fand er das Generalkommando XXXXVII. Panzer-Korps. Er bot diesem
die Unterstellung der Division an. Der Kommandierende General lehnte indes ab,
da er weder einen arbeitsfähigen Stab hatte, noch über Nachrichtenmittel
verfügte und sich selbst erst aus dem Kessel herausgeschlagen hatte. In der Nähe
von Le Sap war der Gefechtsstand des AOK 7, auf dem bislang aber nur der Ia,
Oberst Helmdach, anwesend war. Er beließ die Division an La Vie. Solange bis
wieder Generalkommandos verfügbar seien, sollte die Division Befehle unmittelbar
vom AOK erhalten. Für den nächsten Tag wurde in Aussicht gestellt, dass die
Division aus der Front herausgezogen werden würde, um im Raum Le Sap geordnet zu
werden. Am 21. August 1944 wurde dementsprechend die Division in den Raum Terec – Les
Essarts ostwärts Le Sap verlegt. Hier fanden sich zahlreiche Versprengte, auch
das allerdings sehr geschwächte Grenadier-Regiment 984 und 3 Geschütze des
Artillerie-Regiments 353 wieder ein. Das Beziehen der Stellung an La Vie, das
Herauslösen, der Abmarsch in den Raum La Sap und das dortige Ordnen der Verbände
geschah ohne Einwirkung seitens des Gegners. Mit der Schlacht von Falaise endete
für 353. Infanterie-Division die dritte große Schlacht nach Beginn der Invasion.
Im Laufe des 8. September 1944 wurden die der 353. Infanterie-Division
unterstehenden Einheiten (Kampfgruppe Riedel und Versprengten-Einheiten) in
Maastricht gesammelt und geordnet. Divisions-Gefechtsstand Amby, 2 km
nordwestlich Maastricht. Für die nächsten Tage war Einsatz zur Vorbereitung der
Verteidigung von Maastricht vorgesehen. Jedoch kam es nicht dazu, weil das
Generalkommando LXXXI. Armeekorps bereits am 9. September morgens die Division
zu neuer Verwendung herauszog. Nach diesem Befehl sollte die 353.
Infanterie-Division alle nicht divisionseigenen Einheiten der 275.
Infanterie-Division unterstellen und danach im Abschnitt Aachen zur Vorbereitung
der Verteidigung des Westwalles eingesetzt werden. Die nicht divisionseigenen
Einheiten wurden am 9. September in Maastricht belassen. Der Divisionsstab mit
dem Rest seiner eigenen Truppe begab sich nach Würselen (4 km nordostwärts
Aachen). Am 9. September abends traf ein Befehl des LXXXI. Armeekorps ein, nach
welchem auch die Regimentsstäbe der Grenadierregimenter 941 und 984 der
275. Infanterie-Division zu unterstellen seien. Beide Stäbe begaben sich darauf
in den Raum Maastricht zurück. Das LXXXI. Armeekorps hatte der Division
befohlen, den Westwall im Abschnitt Orsbach (ausschließlich) – Wald südlich
Aachen (einschließlich) zur Verteidigung vorzubereiten. Am 10. September morgens
übernahm die Division den Befehl über den genannten Abschnitt. Die
Festungsdienststellen, von denen eine Übernahme der ständigen Anlagen des
Westwalls hätte erfolgen können, waren in personeller Hinsicht qualitativ und
quantitativ so schwach besetzt, dass Zusammenarbeit mit ihnen mehr Erschwerung
als Erleichterung brachte. Auch verfügten sie weder über Waffen, Gerät oder
Material, nicht einmal über eine ausreichende Zahl Karten. Sie waren in den
Jahren, in denen die deutsche Front am Atlantik und am Kanal stand, zu reinen
Verwaltungsdienststellen geworden, so dass weder organisatorische noch
materielle Unterstützung von ihnen zu erwarten war. Die erste Erkundung
des Westwalls ergab folgendes Bild: Die ständigen Anlagen – Bunker und
stellenweise betonierte Panzer-Hindernisse waren unversehrt. Die Bodenbewachsung
war in den Jahren der Nichtbesetzung des Westwalls so gediehen, dass Sicht und
Schussfeld im ganzen Stellungsbereich stark beeinträchtigt waren. Die Bauten
waren nicht armiert: die 1939/40 darin eingebaut gewesenen Waffen waren zum
Atlantikwall überführt worden und dort geblieben, ja selbst Innenausstattung,
Beleuchtung, Sitz- und Schlafgelegenheiten fehlten in hohem Ausmaße. Einige
Bunker wurden von bombengeschädigten Familien als Wohnung benutzt. Vor der Front
befanden sich weder Drahthindernisse noch Minenfelder. Da mit dem Erreichen des
Westwalls durch den Feind erst in einigen Tagen zu rechnen war, hätte noch
manches geschaffen werden können, um die Verteidigungsfähigkeit der Stellung zu
heben. Es fehlte jedoch Personal und Material. In Aachen bestand eine
Kommandantur unter Oberst v. Osteroth. Sie hatte bisher dem Wehrkreiskommando VI
unterstanden und trat jetzt unter den Befehl des Feldheeres. Der Kommandeur der
353. Infanterie-Division ordnete an, dass die Kommandantur sich umgliedere in
eine Kampfkommandantur unter Oberst v. Osteroth und – davon abgezweigt – eine
Ortskommandantur. Dadurch wurde der Kommandant freigemacht von allen
Verwaltungsangelegenheiten und konnte sich um die taktische Führung des
Abschnittes kümmern. Im Westwall selbst waren Truppenteile des Ersatzheeres
eingesetzt und zwar nördlich Aachen Teile der Ersatz-Division Nr. 176, in und
südlich Aachen Teile der Ersatz-Division Nr. 526. Die nördlich Aachen
befindlichen Teile der Ersatz-Division Nr. 176 waren nach Südwesten
vorgeschwenkt und standen bei Maastricht. Der Abschnitt Aachen wurde aus dem
Bereich der beiden Ersatz-Divisionen herausgelöst und der 353.
Infanterie-Division unterstellt. Dabei wurden von dieser folgende Truppenteile
übernommen:
- Festungs-M.G.-Bataillon (neu aufgestellt vom Wehrkreis X,
Hamburg und soeben zugeführt), eingesetzt am rechten Flügel des Abschnittes,
Bataillonsgefechtstands Laurensberg;
- 2 Infanterie-Ersatz-Bataillone,
eingesetzt im Walde südwestlich und südlich Aachen;
- Einige Flak-Einheiten,
die teils zur Panzer-Abwehr, teils artilleristisch eingesetzt waren.
Sämtliche genannten Einheiten waren hinsichtlich Organisation, Ausrüstung und
Ausbildungsstand noch nicht fertig für den Kampf. Sie verfügten über einen Teil
felderfahrener Offiziere und Unteroffiziere, daneben über solche, die vom Krieg
noch kaum etwas gesehen hatten; unter den Mannschaften befanden sich Genesene
neben unfertig ausgebildeten Ersatzmannschaften aller Jahrgänge. Die Bewaffnung
war gering, schwere Waffen waren bei den Infanterie-Ersatz-Bataillonen so gut
wie gar nicht vorhanden. Es galt vor allem, mit diesen Kräften die Stellung
verteidigungsfähig zu machen, so weit das mit dem geringen vorhandenen Material
und Gerät möglich war. Zu den Vorbereitungen gehörte auch die Inbetriebsetzung
des Festungsnachrichtennetzes. Für den späteren Kampf rechnete die 353.
Infanterie-Division wenigstens noch mit Teilen der Fronttruppe. Am 13. September
1944 übernahm die 116. Panzer-Division den Abschnitt mit allen darin
eingesetzten Verbänden des Ersatzheeres. Die 353. Infanterie-Division wurde nach
Vicht verlegt, um den Abschnitt Oberforstbach – Rötgen zur Verteidigung
vorzubereiten. Hier waren ebenfalls Ersatz-Bataillone der Ersatz-Division Nr.
526 eingesetzt unter Führung eines Ersatz-Infanterie-Regimentsstabes. Zum
Einsatz in der 2. Linie des Westwalls wurde der Division ein
Landesschützen-Verband zugeführt. Bei Besichtigung des
Landesschützen-Ausbildungs-Bataillons stellte sich heraus, dass unter den etwa
800 Mann ein großer Teil mit solchen Leiden behaftet war, dass er für einen
Kampfeinsatz überhaupt nicht, für Arbeitseinsatz nur bedingt in Frage kam. 12
Mann waren über 60 Jahre alt. Der Divisionskommandeur ordnete gründliche
ärztliche Untersuchungen an und schickte die am wenigsten brauchbaren Leute
sowie die über 60-jährigen Soldaten - insgesamt über 100 - nach Frankfurt am
Main zurück. Am Morfen des 14. September übernahm die 9. Panzer-Division
den Divisionsgefechtsstand Breinig, die vordere Linie des Westwalls, während der
Stab der 353. Infanterie-Division nach Schevenhütte verlegt wurde. Der Auftrag,
die Verteidigung der zweiten Linie des Westwalls vorzubereiten, blieb bestehen.
Nachdem am 9. September die Regimentsstäbe der Grenadier-Regimenter 941 und 984
zur 275. Infanterie-Division übergetreten waren, besaß die Division keine eigene
Kampftruppe mehr. Von der Infanterie, den Füsilieren und Pionieren waren nur
noch Trosse verfügbar. Vom Artillerie-Regiment 353 waren noch 1 einsatzfähiger
Regimentsstab und 2 einsatzfähige Abteilungsstäbe, dazu Trosse und eine Anzahl
Kanoniere mit 1 Geschütz vorhanden. Der Divisionskommandeur ordnete deshalb am
14. September zunächst die Aufstellung des Stabes Grenadier-Regiment 942 und
eines Bataillonsstabes an. In diesen Tagen traf auch ein kleiner Rest des
Füsilier-Bataillons 353 ein, der als Stamm einer Füsilier-Kompanie formiert
wurde. Dadurch war ein Gerippe aufgebaut, welches bei Zuweisung des in Aussicht
gestellten Ersatzes die Möglichkeit der Auffüllung bot. Die ersten Tage in der
neuen Stellung verliefen ruhig. Am 19. September 1944 begannen die erwarteten
Angriffe. Sie setzten zuerst ein an der Straße Lammersdorf – Hürtgen. Der Feind
bemächtigte sich an diesem Tage eines Bunkers in der Gegend der Straßengabel 4
km nördlich Rollesbroich. (Abzweigung von der Straße Lammersdorf – Hürtgen nach
Zweifall). Versuche des Ersatzregiments Oberst Feind, durch Gegenstoß den
Einbruch zu bereinigen führten nicht zum Erfolg. Als der Gegner am 20. September
seine Angriffe am Südflügel der Division fortsetzte, wurde er abgewiesen.
Inzwischen griff die 12. Volksgrenadier-Division rechts von der 353. Inf. Div.
mit linkem Flügel Richtung Schevenhütte an. Nach anfänglichen Erfolgen blieb der
Angriff aber nach einigen Tagen liegen, und die 275.Inf.Div. wurde zur
Herstellung einer festen Verbindung zwischen der 12. Volksgrenadier-Division und
der 353. Infanterie-Division eingeschoben, nachdem die 9. Panzer-Division
herausgezogen worden war. Erst am 23. September nahmen die Amerikaner den
Angriff im Divisionsabschnitt wieder auf. Es kam zu erbitterten Kämpfen um die
Bunkergruppe bei Jägerhaus (etwa 3-4 km nördlich Rollesbroich). Zwar gelang es
dem Gegner, der mit überlegenen personellen und materiellen Kräften angriff, ein
Einbruch, der aber vom Ersatzregiment Oberst Feind mit Unterstützung durch die
Sturmgeschützbrigade abgeriegelt wurde. Der Druck aus dem Raume Lammersdorf nach
Nordosten hielt auch am 24. September an. Trotzdem das Ersatzregiment Oberst
Feind schon erhebliche Verluste erlitten hatte, hielt es im Wesentlichen seine
Stellungen. Der Kampf im Südabschnitt der Division, in welchem die Front in der
Bunkerlinie verlief, entwickelte sich zu einem Ringen um jeden einzelnen Bunker.
Einige wurden zwar schnell vom Gegner überwältigt, die Masse aber leistete
hartnäckigen Widerstand, manche hielten sich – abgeschnitten und eingeschlossen
– noch tagelang. Etwa am 25. September dehnte sich der Angriff auch auf die
Mitte des Divisionsabschnittes aus, wo es im ersten Ansturm gelang, das neu
gebildete, in sich noch nicht gefestigte, ohne Anlehnung an Bunker frei im Walde
liegende I./Grenadier-Regiment 942 nach Osten über den Roten-Weh-Bach
zurückzudrücken. Das Bataillon, tags zuvor noch etwa 200 Mann Kampfstärke, sank
auf 50-60 Mann herab. Die Division war gezwungen, die
Luftwaffendolmetscherschule in der Mitte des Divisionsabschnittes einzusetzen.
Hier wurde sie dem Grenadier-Regiment 942 unterstellt. In den nun folgenden
letzten Septembertagen setzten die Amerikaner ihre Angriffe in gleicher Weise
fort. Im Norden gelang es zwar nicht, das Grenadier-Regiment 942 zu
durchbrechen, aber es wurde im Waldgelände schrittweise und kontinuierlich
zurückgedrückt. Im Süden gingen trotz weiterhin zähen Kampfes des
Ersatzregiments Oberst Feind täglich ein oder einige Bunker verloren. Bis Ende
September 1944 war beim Grenadier-Regiment 942 die Höhe zwischen dem Roten- und
dem Weißen-Weh-Bach verloren, die HKL führte auf dem Ostufer des
Weißen-Weh-Baches. Auch das Ersatzregiment Oberst Feind war bis Ende September
in Richtung Germeter-Schmidt auf den Weißen-Weh-Bach zurückgedrückt worden. Zwar
war dem Oberst Feind etwa am 26. September eine Kampfgruppe der 347.
Infanterie-Division – Stärke etwa 400 Mann, Grenadier-Regiment 861 – zugeführt
worden. Obwohl auch diese Kampfgruppe sich hervorragend schlug, konnte sie der
erdrückenden Überlegenheit des Gegners auf die Dauer nicht gewachsen sein, zumal
angesichts der guten Wirkung der amerikanischen Artillerie und schweren Waffen
die Verluste beträchtlich waren. Während dieser Kämpfe waren die
organisatorischen Arbeiten zum Wiederaufbau der Division weitergegangen.
Angesichts des raschen Verbrauchs der Truppe kamen sie aber über den Zustand der
Improvisation nicht hinaus. Mitten in diese Aufbauarbeit hinein wurde eine
Organisationsänderung befohlen. Alle im Abschnitt der Division eingesetzten
Truppen sollten von der seit 24. September rechts benachbarten 275.
Infanterie-Division übernommen werden, während der Stab der 353.
Infanterie-Division mit den nicht eingesetzten Teilen und den Nachschubtruppen
der Division dem Generalkommando LXXX. Armeekorps unterstellt und hierzu in den
Raum Bitburg verlegt werden sollte. Auf Befehl des Generalkommando LXXIV.
Armeekorps fand die Übernahme des Abschnitts und der Truppe durch die 275.
Infanterie-Division am 1. Oktober 1944 statt. Diejenigen Truppenteile, die
kriegsgliederungsmäßig zur 353. Infanterie-Division gehörten und im Abschnitt
verblieben, traten zur 275. Infanterie-Division über und wurden in deren
Einheiten eingegliedert. Der Rest erreichte durch Kraftwagentransport bzw.
Landmarsch den neuen Raum.
Am Spätnachmittag des 3. Oktober 1944
traf der Stab der 353. Infanterie-Division im Korpsgefechtsstand des LXXX.
Armeekorps in Schonfelderhof (14 km südostwärts Bitburg) ein. Kommandierender
General des Korps war General der Infanterie Dr. Beyer. Dieser erteilte
folgenden Auftrag: "Der Divisionsstab übernimmt den Befehl über den Abschnitt
Stolzenburg (ausschließlich) – Echternach (ausschließlich). Die dort
eingesetzten Truppen halten seit Bereinigung des amerikanischen Einbruchs bei
Wallendorf (22. September) den Westwall. Dieser ist von der Division weiterhin
zu halten. Von den darin befindlichen Truppen ist der größere Teil zur
Neuaufstellung der Division, welche im Einsatz zu erfolgen hat, zu verwenden."
In der Nacht vom 3./4. Oktober 1944 traf der Divisionsstab in dem als
Gefechtsstand vorgesehenen Ort Bettingen ein. Nach Orientierung im Abschnitt im
Laufe des 4. Oktober übernahm der Divisions-Stab am 5. Oktober den Befehl von
den beiden bis dahin führenden Kommandostellen:
- Kampfgruppe
Panzerlehr-Division
- 5. Fallschirmjäger-Division
Der Auftrag der
Division war somit ein doppelter: Der taktische Auftrag: Verteidigung des
gesamten Abschnittes. Der organisatorische Auftrag: Neuaufstellung der Division.
An Truppen brachte der Divisionsstab nur mit:
- Stab Grenadier-Regiment
942
- Eine Schwadron des Füsilier-Bataillons 353 (etwa 20 Mann)
- Stab des
Artillerie-Regiments 353
- Reste des Pionier-Bataillons 353
-
Divisionskampfschule 353
- Nachschubtruppen 353
Im Zuge der Neuaufstellung
der Division wurden dieser die unterschiedlichsten Einheiten zugeführt:
Grenadier-Regiment 941: bisher
Sicherungsregiment 1. Als solches war es lange Zeit in Paris zum Wach- und
Sicherungsdienst eingesetzt gewesen. Das Durchschnittsalter betrug 38 Jahre. Bei
der Räumung Frankreichs war das Regiment im Zuge der Rückzugskämpfe mehrfach an
Kampfhandlungen beteiligt, hatte also einige Kampferfahrungen, aber nur auf dem
Gebiet von Rückzugskämpfen. In der Bewaffnung fehlte die Masse der schweren
Waffen.
Grenadier-Regiment 942: Vom Regiment war nur ein kleiner Stab übrig
geblieben. Dessen Aufgabe war es, aus den Trierer Alarm- und Ersatzeinheiten,
welche im neuen Abschnitt seit einigen Wochen eingesetzt waren, ein Regiment zu
bilden. Die ihm hierzu zur Verfügung stehenden Einheiten waren recht
unterschiedlich zusammengesetzt: junge Rekruten, Genesene, aufgegriffene
Urlauber. Im Ganzen zeigte sich also ein sehr uneinheitliches Bild und diesem
entsprechend ein uneinheitlicher Kampfwert.
Grenadier-Regiment 943: Das eine
Bataillon wurde aus einem schnell aufgestellten Festungs-Infanterie-Bataillon
gebildet. Mannschaftsmäßig war es im Allgemeinen aus solchen Soldaten
zusammengesetzt, die aus irgendeinem körperlichen oder altersbedingten Grunde
nicht zu einer beweglichen Einheit eingezogen worden waren. Das Bataillon war
besser bewaffnet als das Grenadier-Regiment 941. Als Festungs-Bataillon war es
jedoch vollkommen unbeweglich. Das andere Bataillon war bisher
Luftwaffen-Festungs-Bataillon gewesen. Es bestand meistens aus jungen, aber
körperlich nicht voll verwendungsfähigen Soldaten.
Füsilier-Bataillon 353:
Die eine, aus Resten des ehemaligen Füsilier-Bataillons gebildete Schwadron war
voll verwendungsfähig. Sie wurde als Divisions-Reserve ausgeschieden und von
ihrer derzeitigen Stärke (etwa 20 Mann) langsam durch geeignete Genesene
vergrößert. Die anderen Schwadronen entsprachen in Zusammensetzung und Kampfwert
etwa dem Grenadier-Regiment 942.
Artillerie-Regiment 353: Dem Regiment stand
nur die Alarmbatterie „Trier“ als Stamm für ein neuaufzustellendes Regiment zur
Verfügung, denn die im Abschnitt der Division vorgefundene Artillerie wurde
nicht in das Regiment eingegliedert, sondern blieb ihm nur taktisch unterstellt.
Nur mit großen Verzögerungen konnten dem Regiment Menschen und Material
zugeführt werden und auch das wenige in kleinen Raten, auf einen längeren
Zeitraum verteilt.
Feldersatz-Bataillon 353: Gebildet aus einem
Landesschützen-Bataillon. Der erste Ersatz, auf welchen die Division im
Bedarfsfalle zurückgreifen konnte, bestand also aus Mannschaften älterer
Jahrgänge.
Am 26. November 1944 erhielt die Division vom Generalkommando
LXXIV. Armeekorps den Auftrag, den Abschnitt Merode (ausschließlich) – Wald
ostwärts Kleinhau zu übernehmen und die darin eingesetzten Truppen (Teile der 3.
Fallschirmjäger-Division und der 344. Infanzterie-Division) abzulösen. Die
Ablösung, die bereits vor dem Eintreffen des Divisions-Stabes begonnen hatte,
wurde bis 27. November 1944 morgens beendet. Das
II./Fallschirm-Jäger-Regiment 8 im Walde südwestlich Gürzenich blieb der
Division unterstellt. An einem der folgenden Tage wurde der Division die
neuaufgestellte Panzer-Jäger-Abteilung 353 aus Burg b./Magdeburg zugeführt. Am
2. Dezember begannen die amerikanischen Angriffe im Abschnitt der Division. Im
Walde südlich Merode gelang ein Einbruch am rechten Flügel des
Grenadier-Regiments 942. Das Generalkommando des LXXIV. Armeekorps befahl, ihn
durch Gegenangriff zu bereinigen. Hierzu stand das II./Fallschirm-Jäger-Regiment
8 zur Verfügung. Als dieses am 3. Dezember einen Anfangserfolg hatte, stieß in
das Bataillon ein Angriff überlegener amerikanischer Kräfte hinein. Deshalb
gelang es nicht, die Einbruchsstelle wieder zu begradigen. Die amerikanischen
Angriffe wurden an den folgenden Tagen fortgesetzt. Es gelang, die Front der
Division langsam, aber stetig auf die Roer zurückzudrücken. In der Nacht 15./16.
Dezember wurden die letzten Teile der Division auf das Ostufer der Roer
zurückgenommen und in die dort vorbereitete Stellung eingesetzt. Die Division
verblieb in diesen Stellungen und geriet schließlich im Ruhrkessel in
amerikanische Gefangenschaft.
1943
Datum | Armeekorps | Armee | Heeresgruppe | Ort |
November | LXXIV | 7. Armee | D | Bretagne |
1944
Datum | Armeekorps | Armee | Heeresgruppe | Ort |
Januar | LXXIV | 7. Armee | D | Bretagne |
März | XXV | 7. Armee | D | Bretagne |
Mai | XXV | 7. Armee | B | Bretagne |
Juni | LXXIV | 7. Armee | B | Bretagne (Lagekarte) (Lagekarte) |
Juli | LXXXIV | 7. Armee | B | Normandie |
18. August | II. Fallschirmkorps | 7. Armee | B | Saint-Lô |
August | LXXXI | 5. Panzerarmee | B | Belgien |
September (Reste) | LXXXVIII | 1. Fallschirmarmee | B | Maastricht (Lagekarte) |
Oktober (Reste) | LXXX | 7. Armee | B | Trier (Lagekarte) |
November | LXXX | 7. Armee | B | Trier (Lagekarte) (Lagekarte) |
1945
Datum | Armeekorps | Armee | Heeresgruppe | Ort |
Januar | LXXXI | 15. Armee | B | Düren (Lagekarte) |
Februar | LVIII | 15. Armee | B | Düren (Lagekarte) (Lagekarte) |
April | LVIII | 5. Panzerarmee | B | Rhein, Ruhr |
2. Divisionskommandeure:
20. November 1943 Generalleutnant Paul Mahlmann
Juli 1944 Generalleutnant Erich Müller
August 1944 Oberst Thieme
August 1944 Generalleutnant Paul Mahlmann
15. Februar 1945 Oberst Kurt Hummel
3. Gliederungen:
Divisions-Füsilier-Bataillon 353
Divisions-Nachrichten-Abteilung 353
4. Literatur und Quellen:
Eberhard Tesch: Kurze Geschichte der 353. Infanterie-Division aus Pommern und Mecklenburg im Westen 1943 -1945, Selbstverlag, Landstuhl 2000
Georg Tessin: Verbände und Truppen der Deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939–1945. Band 9. Die Landstreitkräfte 281 – 370, Biblio-Verlag, Bissendorf 1974
Divisionsschicksale - Deutsches Rotes Kreuz - Erarbeitet vom Suchdienst des DRK München, München 1958 - 1960, Band 1 und 2
Generalleutnant Mahlmann: Geschichte der Division in fünf Teilen, NARA MSA 987