Waffen-Sturmbrigade der SS "RONA"
29. Waffen-Grenadier-Division der SS (russische Nr. 1)

 

1. Einsatz und Unterstellung:

Am 17. Juni 1944 wurde die Volkswehr-Brigade "RONA" in die Waffen-SS übernommen und zur Waffen-Sturmbrigade der SS "RONA" umgegliedert. Die Einheit bestand aus russischen Freiwilligen und wurde auch als "Russische Volksbefreiungsarmee" bezeichnet. Die Brigade hatte anfangs eine Stärke von 5.000 Mann und gliederte sich in ein Grenadier-Bataillon mit vier Kompanien und einem schweren Bataillon mit einer Infanterie-Geschütz-, einer Panzerabwehr-, einer Flak- und einer Pionier-Kompanie. Die geplante Umgliederung verzögerte sich durch die am 22. Juni 1944 begonnene russische Sommeroffensive der Roten Armee. Aus den im Raum Djatlowo liegenden Teile der noch als Volkswehr-Brigade bezeichneten Brigade wurde eine Kampfgruppe gebildet und kurzfristig der Kampfgruppe "von Gottberg" sowie der 50. Infanterie-Division unterstellt. Mitte Juli 1944 wurde die Kampfgruppe aus dem Einsatz gezogen und in den Raum Tschentstochau verlegt. Mit Wirkung vom 1. August 1944 befahl das SS-Führungshauptamt SS-FHA die Aufstellung der 29. Waffen-Grenadier-Division der SS RONA (russische Nr.1) auf dem schlesischen Truppenübungsplatz Neuhammer aus den etwa 3.000 verbliebenen Angehörigen der Waffen-Sturmbrigade der SS "RONA". Der Reichsführer-SS hatte bei einem Besuch des Brigadeführers Kaminski bei ihm in Rastenburg diesen mit Wirkung vom 1. August 1944 zum Waffen-Brigadeführer und Generalmajor der Waffen-SS und zugleich zum Kommandeur der auf den Befehl des RF-SS neu aufzustellenden Division ernannt. Die einsatzfähigen Teile der Waffen-Sturmbrigade der SS "RONA" befanden sich seit dem 4. August 1944 im Einsatz zur Niederschlagung des Warschauer Aufstandes. In Folge des dortigen Einsatzes, gegen den sich Kaminski ebenso ausgesprochen hatte wie gegen eine geplante Verwendung an der Westfront, wurde der nominelle Divisionskommandeur, Waffen-Brigadeführer Kaminski, am 28. August 1944 in Litzmannstadt durch ein von SS-Obergruppenführer und General der Polizei Erich von dem Bach angeordnetem Standgericht zum Tode verurteilt und noch am gleichen Abend mit seinen drei Begleitern; seinem Chef des Stabes, Waffen-Obersturmbannführer Schawaykin, dem Divisionsarzt, Dr.Sabora und dem Fahrer, durch Angehörige des SS-Sonderkommandos Bothmann im Ghetto von Litzmannstadt erschossen. Die Leichen wurden zunächst in Chelmno/Kulmhof im dortigen Schloßgelände vergraben, dort aber schließlich am nächsten Tag wieder ausgegraben und im Wald verbrannt. Zum Führer der 29. Waffen-Grenadier-Division der SS wurde zunächst des bisherige SS- und Polizeiführer Lemberg, SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei Christoph Diehm ernannt. Die russische Zivilbevölkerung, die mit der Brigade aus Rußland geflohen war, wurde von den Soldaten getrennt und zum Arbeitseinsatz nach Stettin gebracht, wo sie schließlich 1945 in sowjetische Hände geriet. Nach dem Einsatz in Warschau, aus dem die Teile der Brigade wegen verschiedenen Vorfällen bereits am 27. August 1944 herausgezogen worden waren und zur Sicherung der Stadt nach Nordwesten gegen den Kampinoska-Wald eingesetzt wurden, war zunächst geplant, die Sturmbrigade zusammen mit dem SS-Sonder-Regiment Dirlewanger zur Niederschlagung des Nationalaufstandes in der Slowakei dorthin zu verlegen. Der Reichsführer-SS befahl dazu im September 1944 SS-Obergruppenführer Berger, dem Chef des SS-Hauptamtes und seit 1. August 1944 "Deutscher Befehlshaber in der Slowakei", der mit der Niederschlagung des Aufstandes betraut worden war, aus der Brigade schnellstens eine voll kampfkräftige Einheit zu machen. Auf Befehl von SS-Obergruppenführer Berger wurde der bisherige Chef der Amtsgruppe B im SS-Hauptamt, SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Polizei Heinrich Jürs am 27. September 1944 mit der Aufgabe betraut, die Brigade in der deutschen Schutzzone in der Slowakei neu zu gliedern und von dort zum Einsatz in den mittelslowakischen Raum zu führen. Nach einer Inspektion der Waffen-Sturmbrigade im Raum Kattowitz führten die dortigen Zustände zu einem vernichtenden Urteil über die geplante 29.Waffen-Grenadier-Division der SS. Trotz eines entgegen sprechenden hervorragendem Bericht von SS-Gruppenführer Jürs nahm der Reichsführer-SS Abstand von einer Umgliederung der Waffen-Sturmbrigade der SS RONA zu einer Division der Waffen-SS. Da die Einheit, so wie sie seinerzeit bestand, weder überwachbar noch einsatzbar war, wurde die Aufstellung schließlich im Oktober 1944 abgebrochen. Die Reste der RONA wurden auf den württembergischen Truppenübungsplatz Münsingen verlegt, wo sie Anfang November 1944 aufgelöst wurden. Nachdem zunächst die Masse der Offiziere der RONA ausgemustert und die tauglichen Soldaten herausgesucht waren, wurden diese neu eingekleidet und drei Monate lang ausgebildet. In der Folgezeit bildeten die die Masse der zweiten Grenadier-Regimentes der 600. Infanterie-Division (russisch).
Die Divisionsnummer erhielt am 9.3.1945 (m.W.v. 10.2.1945) die italienische Waffen-Sturmbrigade der SS (italienische Nr.1) als "29.Waffen-Grenadier-Division der SS (italienische Nr. 1).Die Regimentsnummern 72 und 73 erhielten die beiden Regimenter der SS-Sturmbrigade Dirlewanger im Rahmen der 36.Waffen-Grenadier-Division der SS, die Regimentsnummer 74 blieb unbelegt.

 

2. Kommandeure:

17. Juni 1944 Waffen-Brigadeführer und General-Major der Waffen-SS Bronislav Kaminski

4. August 1944 Waffen-Obersturmbannführer und Obstleutnant der Waffen-SS Georgy Belaij (m.d.F.b.)

28. August 1944 SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei Christoph Diehm

27. September 1944 SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Polizei Heinrich Jürs

 

3. Gliederung:

Waffen-Grenadier-Regiment der SS 72 (russische Nr.1)

Waffen-Grenadier-Regiment der SS 73 (russische Nr.2)

Waffen-Grenadier-Regiment der SS 74 (russische Nr.3)

Waffen-Artillerie-Regiment der SS 29 (russische Nr.1)

SS-Füsilier-Bataillon 29

SS-Pionier-Bataillon 29

SS-Panzerjäger-Abteilung 29

SS-Nachrichten-Abteilung 29

SS-Versorgungs-Regiment 29

SS-Veterinär-Kompanie 29

SS-Sanitäts-Kompanie 29

SS-Feldersatz-Bataillon 29

 

4. Literatur und Quellen:

J. Hoffmann Die Geschichte der Wlassow-Armee, Rombach, Freiburg, 1986, S. 63, 327

KG.Klietmann Waffen-SS, S. 265, 266

K.Mehner Waffen-SS und OrPo, Biblio, 1999

R.Michaelis Die Brigade Kaminski, Berlin 1999

Rolf Michaelis: Die Grenadier-Divisionen der Waffen-SS. Teil 2. Michaelis-Verlag, Berlin 1994.

R.Michaelis Russen in der Waffen-SS, Berlin, 2002

Georg Tessin: Verbände und Truppen der Deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939–1945. Band 4. Die Landstreitkräfte 15–30. 2. Auflage. Biblio-Verlag, Bissendorf 1976

Werner Haupt: Deutsche Spezialdivisionen 1935 - 1945. Podzun-Pallas-Verlag, Wölfersheim, 1995

Kurt Mehner: Die Waffen-SS und Polizei 1939 - 1945, Schriftenreihe Führung und Truppe, Militair-Verlag Klaus D. Patzwall 1995