Die Bewährungsbataillone der Wehrmacht
Zu Beginn des Krieges wurden Freiheitsstrafen für die Dauer des Krieges
ausgesetzt. Damit sollte vermieden werden, dass der Truppe Personal entging und
dass sich Straftäter vor dem Kriegseinsatz drückten. Der Platz von Straftätern,
deren Straftat ausgesetzt war, war grundsätzlich die Front. Dort sollten sie
sich bewähren. Da viele Einheiten der Wehrmacht Etappeneinheiten waren, konnte
eine Bewährung nicht stattfinden, wodurch die Strafe an sich ihre Bedeutung
verlor.
In der neunmonatigen Feldzugpause nach dem Frankreichfeldzug wurde daher der
sofortige Strafvollzug für die meisten Straftäter angeordnet. Damit sollten
längere Haftstrafen wenigstens teilweise verbüßt werden. Die Praxis raubte der
Truppe jedoch unverhältnismäßig viele Soldaten, da Tausende im Strafvollzug
standen. Als Folge füllten sich die Wehrmachtsgefängnisse und Zuchthäuser mit
Soldaten. Viele dieser Soldaten empfanden ihre Strafen als ungerecht, da
Kameraden während der Feldzüge weit geringer bestraft worden waren.
Aus diesem Grunde wurde eine Bewährungstruppe geschaffen, in der Soldaten aller
Wehrmachtsteile die Gelegenheit bekommen sollten, sich an der Front zu bewähren.
Die Strafaussetzung zur Bewährung konnte sowohl im Gnadenweg wie durch direkte
Vollstreckungsentscheidung des Gerichtsherren verfügt werden. Sie hatte sieben
Voraussetzungen:
- Der Verurteilte mußte sich bis auf die Tat, derentwegen er verurteilt war,
einwandfrei geführt haben und durfte gerichtlich nur unerheblich vorbestraft
sein.
- Die Straftat mußte eine einmalige Entgleisung darstellen und durfte nicht auf
Charaktermängeln beruhen
- Der Verurteilte mußte den ehrlichen Willen haben, sich vor dem Feind zu
bewähren und diesem Willen in einem schriftlichen Gesuch um Bewährung
ausdrücken.
- Der Verurteilte mußte Wehrmachtangehöriger oder Wehrpflichtiger sein oder als
Soldat eingesetzt werden können.
- Der Strafarrest mußte mindestens 6 Monate betragen
- Der Verurteilte mußte zur Verwendung in einem Infanterie-Bataillon fähig sein
- Verurteilte, deren Strafe in einer zivilen Justizvollzugsanstalt vollstreckt
wurde, und Gefangene in den Strafgefangenenabteilungen der Wehrmacht mußten eine
einmonatige Überprüfung in einem Wehrmachtgefängnis bestehen.
Im Laufe des Krieges wurden die Voraussetzungen für die Bewährung in einer
Bewährungseinheit immer weiter herabgesetzt. Schließlich mußte ein Soldat nur
noch körperlich und geistig für den infanteristischen Einsatz geeignet sein.
Bewährungstruppen waren somit weder Erziehungs- noch Strafeinrichtungen. Im
Gegensatz zu verurteilten Soldaten im Strafvollzug (also in Straf- und
Verwahrungsanstalten, Feldstrafgefangenenabteilungen, Strafvollstreckungszügen´,
Straf- bzw. Feldstraflagern) waren die sog. "Bewährungsmänner" verurteilte
Soldaten, bei denen durch Richterspruch bzw. Gerichtsbeschluss als
Gnadennachweis die Strafvollstreckung ausgesetzt war.
Als erste Bewährungseinheit wurde am 1. April 1941 durch das
Wehrkreiskommando IX in Meiningen das Infanterie-Bataillon z.b.V. 500
aufgestellt. Die Angehörigen des Bataillons trugen die weißen Kragenspiegel der
Infanterie. In der grundlegenden Führung vom 21. Dezember 1940 war ausdrücklich
festgestellt worden, dass der Dienst in der Bewährungstruppe "Ehrendienst wie
jeder andere Wehrdienst" sei. Die Einheit habe " in keiner Weise den Charakter
einer Straftruppe". Bei Beförderungen sollte ein strengerer Maßstab angelegt
werden, da bereits die zur Bewährung ausgesetzte Strafe eine Auszeichnung
darstellte. Orden wurden keine verliehen, nur das Sturmabzeichen, das
Verwundetenabzeichen und das Kriegserinnerungsabzeichen wurden verliehen. Urlaub
gab es erst nach der Frontbewährung.
Noch 1941 wurden die Bewährungsbataillone 540, 550, 560 und 561 aufgestellt und
im Osten eingesetzt. Es handelte sich um verstärkte Grenadierbataillone mit drei
Schützenkompanien, einer Maschinengewehrkompanie, einer Stabskompanie, einem
Jägerzug, einem Pakzug und einem Pionierzug. In den Bewährungsbataillonen
dienten Angehörige aller Wehrmachtsteile und des Wehrmachtsgefolges. Bis
Kriegsende hatten etwa 82.000 Soldaten in den Bewährungsbataillonen z.b.V. 500
gedient. Die genaue Zahl der Gefallenen dieser Bataillone ist ungeklärt, man
schätzt, dass jeder zweite fiel. Mindestens 13 Offiziere des Stammpersonals
wurden mit dem Ritterkreuz ausgezeichnet.
Zu den Bewährungseinheiten zählten ferner:
- Sonderstab F und 361er Afrikaschützen
- Feldbataillone z.b.V. der Luftwaffe
- SS-Sonder- und Sturmtruppen
Einen vollkommenen anderen Hintergrund hatten die Verbände mit der Nummer
999. In diesen Verbänden dienten Wehrunwürdige, also entlassene Zuchthäusler und
Strafgefangene. Ausgeschlossen waren Homosexuelle, Landesverräter, Zigeuner und
Juden. Mit diesen Einheit sollte erreicht werden, dass verurteilte Verbrecher
nicht sicher in den Zuchthäusern saßen, während an der Front die Soldaten
starben. Zuerst wurden diese Männer in der Afrika-Brigade 999 zusammengefasst
und in Afrika eingesetzt. Nach dem Verlust Afrikas wurden die Bataillone an
allen Frontabschnitten eingesetzt. Die Männer wurden je nach körperlicher und
geistiger Veranlagung in den Infanterie-Bataillonen, in Bau-Bataillonen oder
sonstigen Einheiten mit der Nummer 999 eingesetzt. Die Schätzungen, wie viele
999er es gab, gehen weit auseinander. Die Schätzungen gehen von 25.000 bis
40.000 Mann.
Zu den Formationen für Wehrunwürdige gehörten neben den 999er Verbände:
- Bewährungseinrichtung der Organisation Todt
Infanterie-Bataillone z.b.V.
Infanterie-Bataillon z.b.V. 491 | Infanterie-Bataillon z.b.V. 500 | Infanterie-Bataillon z.b.V. 540 |
Infanterie-Bataillon z.b.V. 550 | Infanterie-Bataillon z.b.V. 560 | Infanterie-Bataillon z.b.V. 561 |
Festungs-Infanterie-Bataillone 999